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Ottendorfer Zeitung : 05.10.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190610051
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19061005
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19061005
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-10
- Tag 1906-10-05
-
Monat
1906-10
-
Jahr
1906
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 05.10.1906
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Deutschland. * Der Kaiser wird sich voraussichtlich Ende dieses Monats nach Danzig zur Besichti gung der Werft begeben. *Staatsminister Dr. v. Otto ist aus Homburg wieder in Braunschweig ein getroffen. Unter seinem Vorsitz fand im Staats ministerium eine Beratung statt, der der Inhalt der vertraulichen Besprechung Dr. v. Ottos mit dem Reichskanzler zugrunde lag. Auch ein Schreiben des Herzogs von Cumber land lag dem Regentschaftsrat vor. Darin sollen bedeutsame Äußerungen zur Thronfrage enthalten sein. Es verlautet, der Herzog sei entschlossen, zugunsten seiner Söhne auf die Thronfolge zu verzichten und die Entscheidung völlig in ihre Hand zu legen. *Der Bundesrat wird sicherem Ver nehmen nach bald seine Plenarsitzungen, die einige Monate hindurch unterbrochen waren, wieder aufnehmen. Ende Oktober soll bereits der Reichshaushaltsetatsentwurf für 1907 be raten werden. *Jn Eisenach haben Konferenzen von Vertretern der beteiligten Bundesregie rungen stattgefunden, in denen über einzelne Ausführungsbestimmungen der Vereinbarungen über die Reform- der deutschen Personen- und Gepäcktarife beraten wurde. Über alle wesentlichen Punkte ist ein Einverständnis erzielt worden, so daß nunmehr mit Sicherheit auf das Inkrafttreten des Reformtarifs am 1. Mai 1907 gerechnet werden kann. *Der Hamburger Senat hat die Mitgenehmigung der Bürgerschaft dazu beantragt, daß der Pensionsanstalt deutscher Journalisten und Schriftsteller zur Er richtung- einer Witwen- und Waisenkasse eine einmalige Beihilfe in Höhe von 5000 Mk. bewilligt wird. *Aus Ostafrik« kommt die Nachricht, daß der Häuptling Omari Kuwalla, ein gefähr licher und unermüdlicher Aufwiegler, erschossen worden sei. Sein Sohn, sowie die „Zauberin" Bitereka sind gefangen genommen worden. Da mit hat die Beruhigung jenes Bezirks Wen bedeutenden Fortschritt gemacht. Osterreich-Ungarn. *Jn der gemeinsamen Ministerkon- ferenz wurden vom Kriegsminister für Heeres- und Marinezwecke ziemlich bedeutende M ehrford erung en zur Errichtung von Maschinengewehrabteilungen, Armeeautomobilen und Schiffsbauten beantragt. Die beiderseitigen Finanzminister, die in letzter Zeit wiederholt in Fühlung getreten waren, bekämpften die hohen Mehrforderungen und traten dafür ein, daß die Kriegsverwaltung mit Rücksicht auf die finanzielle und wirtschaftliche Lage der Monarchie sich ans das Notwendigste beschränke. Frankreich. *Der Minister des Innern Clömenceau erklärte in bezug auf das Trennungsgesetz, daß die Regierung in keinem Falle zurückweichen werde. Das Bestreben des gegenwärtigen Ministeriums sei darauf gerichtet, Frieden nach innen zu schaffen und den Frieden nach außen zu sichern. Nach Ansicht der Negierung ist eine Einigung zwischen Kirche und Staat auf dem Boden des Trennungsgesetzes sehr wohl möglich. *Man erwartet in Paris mit Bestimmt heit, daß der Chef des japanischen Ge schwaders, das 1907 den Weg um das Kap der Guten Hoffnung nehmen wird und einige europäische Häfen, darunter auch franzö sische, anzulaufen beabsichtigt, irgend einen An laß wahrnehmen werde, über die Javan zu geschriebenen Absichten auf europäische Besitzungen in Asien (Indochina usw.) ein beruhigendes Wort zu sprechen. Noch vor Beginn dieser japanischen Reise dürfte zwischen den Kabinetten von Paris und Tokio eine Abmachung wegen Zulassung jüngerer franz ösischerOffi- ziere zuni zeitweiligen Dienste in der j ap a - nischenArmee und Marine zustande kommen. England. * Kriegsminister Halb ane ist wiederholt! den weitgehenden Wünschen seiner liberalen Parteigenossen auf Einschränkung der militärischen R ü st ungen entgegengetreten; jetzt hat er seinen Standpunkt offen und unum wunden in einer längeren hochbedeutsamen Rede dahin erläutert, daß er sür k e i n e A b r ü stung zu habeu sei. * Das Vorgehen des amerikanischen Kriegs sekretärs Taft in Kuba bat in den ein flußreichen Kreisen Englands verstimmend ge wirkt. Man fürchtet, daß der amerikanischen Zwischenregierung auf Kuba bald die Besitz ergreifung folgen werde und damit die durch die Einführung des amerikanischen Hochschutzzoll- Systems bedingte Verdrängung des englischen Handels. In Regierungskreisen wird angeblich die geeignete Stellungnahme zu den amerika nischen Maßregeln erwogen. Italien. * Der Papst hat in einem Rundschreiben erneut das französische Trennungsgesetz verworfen, das für die Kirche solange unannehm bar sei, bis die Regierung nicht ganz bedeutende Milderungen eintreten lasse. Belgien. *Jm Kongostaat haben, wie gerücht weise verlautet, die Eingeborenen drei Europäer von der Grenzregulierungskommission ermordet. Es ist bereits eine Strafexpedition nach dem Orte der Tat aufgebrochen. Holland. *Die Lage der Holländer auf der Sunda-Jnsel Bali hat sich jetzt wesentlich gebessert, da sich der Fürst von Tabanan und sein Sohn, der Thronfolger, selbst den Tod gegeben haben. Spanien. * In der K a r l i st e n - A n g e l e g e n h e i t ist ein besonderer Untersuchungsrichter ernannt worden, der zahlreiche Verhaftungen ange ordnet hat. Portugal. * Der König eröffnete die Cortes mit einer Botschaft, die die internationalen Be ziehungen als ausgezeichnet und zahlreiche inner politische Gesetzentwürfe ankündigt, die von allen Ministerien den Cortes vorgelegt werden sollen. Unter den Vorlagen befindet sich ein Gesetzentwurf über eine Reform einiger Artikel der Verfassung, ferner eine Vorlage, durch die die Tabakkontrolle genehmigt wird, sodann ein Entwurf über Regelung der Wein- und Likörausfuhr und schließlich ein Gesetzentwurf betr. Umwandlung der inneren Schuld. Ruhland. * Der G e s u n d h eit s z u st a nd der bei dem Attentat auf den Ministerpräsidenten verwundeten Kind er Stoly pins hat sich wesentlich gebessert. * Gegen 180 Unterzeichner des W y b o r ger Manifestes gegen die Auflösung der Reichs duma soll st r as r e ch t li ch vorgegangen werden. * Die Bildung eines über ganz Kurland ausgedehnten Selbstschutzes ist gesichert. Zahlreiche Meldungen von jungen und älteren Männern, darunter sechzig- und siebzigjährige, die bereit sind, mit den Waffen Güter und Bauernhöfe gegen revolutionäreBanden zu schützen, sind eingegangen. Die kurländische Ritterschaft bewilligte 120 000 Rubel zur Be waffnung und Organisation dieses Selbstschutzes. BalkanstaaLen. * Im Jildiz zu Konstantinop el fand eine außerordentlicher Ministerrat statt, der sich angeblich mit der Haltung Bul gariens beschäftigte. Es verlautet, daß an der bulgarischen" Grenze ernste Zwischenfälle vorgekommen seien, bei denen mehrere Bataillone beteiligt waren. *Die bulgarische Regierung be schloß, gegenüber den griechischenVolks- schul en die Bestimmung des bulgarischen Schul gesetzes durchzuführen, wonach Kinder bulgarischer Untertanen bulgarische Volksschulbildung erhalten müssen. Dadurch werden die Griechen genötigt sein, ihre Emder in bulgarische Schulen zu schicken und ihre eigenen Volksschulen zu schließen. Gleichzeitig verfügte die Regierung eine strenge Überwachung der Schulpläne und Schulbücher in dem griechischen Gymnasium in Philippopel. O. Auf Wieser 8abn. 26j Roman von Reinhold Ortmann. (For!seenng.j Der Bildhauer hatte es mit lachendem Munde gesagt, Herta aber blieb unverändert ernst und ruhig. „Sie sind im Irrtum, Herr Meinardi, und Ihre Vermutungen, die vor wenigen Tagen vielleicht richtig gewesen wären, treffen heute nicht mehr zu. Der Reichtum meines Mannes hat für mich keinen Wert und keine Bedeutung mehr; denn ich bin im Begriff, dieses Haus für immer zu verlassen." Eine grenzenlose Betroffenheit malte sich auf deni Gesichte des Bildhauers. Ein paar Sekunden vergingen, ehe er erwiderte: „Ich muß Ihnen wohl glauben, daß Sie ernstha'ft reden; denn mit solchen Dingen treibt man am Ende keinen Scherz. Wer was, um Gottes willen, was bestimmt Sie zu einem solchen Schritt?" „O, das ist eine lange Geschichte, die ich Ihnen lieber ein andermal erzählen möchte — später, wenn Ihre Freundschaft wirklich schon einige Proben bestanden hat. Für jetzt müssen Sie sich mit der Erklärung begnügen, daß es mein fester, unabänderlicher Wille ist. Und Sie begreifen nun wohl, zu welchem Zwecke ich diese Juwelen zu veräußern wünsche?" „Nein, ich begreife es noch immer nicht. Denn daß Sie es in der Absicht tun könnten, um sich die Mittel zu einer — Flucht zu ver schaffen, wäre doch eine gar zu abenteuerliche Vermutung." „Und wenn sie nun doch die Wahrheit träfe, würden Sie mir dann Ihren Beistand verweigern?" „Wie könnte ich Ihnen darauf antworten, so lange ich über Ihre Pläne vollständig im Ungewissen bin? Sie müssen doch einsehen, daß ich hier vor einem Rätsel, vor etwas geradezu Unfaßbarem stehe. Angenommen selbst, daß eine zwingende Notwendigkeit für Sie vor läge, sich von Ihrem Gatten zu trennen, wes halb kehren Sie denn nicht einfach in das Haus Ihres Vaters zurück? Er ist doch in solcher Situation Ihr natürlicher Beschützer, und er ist zum Glück in der Lage, Sie bei sich aufzu nehmen, auch wenn Sie mit leeren Händen kommen." „Wer ich kann nicht zu ihm. Er würde den Schritt niemals gutheißen, den ich zu tun doch unwiderruflich entschlossen bin. In dem Augenblick, wo ich meinen Mann verlasse, habe ich unfehlbar auch meinen Vater verlassen." „Sind Sie dessen auch ganz gewiß, gnädige Frau?" „Wenige Minuten, bevor Sie hier eintraten, war ich von meinem Vater zurückgekehrt. Zwi schen ihm und mir ist alles aus." „Und trotzdem beharren Sie auf Ihrem Vor haben ? Wenn Sie nicht bei Herrn Löwengaard Schutz suchen können, wohin gedenken Sie sich dann zu wenden, und was wollen Sie be ginnen, um sich vor den peinlichsten Verlegen heiten zu bewahren?" „Ich habe noch nicht darüber nachgedacht, denn ich bin nicht in der Stimmung, Pläne zu entwerfen. Für den Augenblick bin ich wohl Amerika. * Die L a g e auf Ku b a hat sich auf fried lichem Wege augenscheinlich nicht geklärt. Den neuesten Meldungen zufolge haben der Prä sident Palma und der Vizepräsident, sowie das ganze Kabinett ihre Ämter endgültig nieder gelegt. Daraufhin hat Staatssekretär Taft, der Vertreter der Ver. Staaten, einstweilen die Regierung übernommen. Zu gleicher Zeit aber hat die amerikanische Regierung Maßregeln ergriffen, um die Durchführung der Neuordnung der Dinge mit Waffengewalt zu unterstützen. Der stellvertretende Kriegssekretär Oliver hat angeordnet, daß die erste Abteilung in Stärke von 5500 Mann sich bereit halten solle, sobald wie möglich nach Kuba zu gehen. Englische Nachrichten besagen, die kubanische Bevölkerung sei entschlossen, jetzt die Amerikaner, wie ehemals die Spanier, zu bekämpfen. *Wie aus Caracas, der Hauptstadt Venezuelas, gemeldet wird, ist Präsident Castro schwer erkrankt, so daß an seiner Ge nesung gezweifelt wird. * Zwischen den Staaten Costarica, Guatemala, Honduras und Sal vador ist ein Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag abgeschlossen worden. Nica ragua ist in die Verhandlungen nicht einbegriffen. In dem Vertrage wird Amerika und Mexiko die Rolle von Schiedsrichtern zuerteilt. Internationale Konferenz für MKentelegraphie. Der auf der in Berlin tagenden internatio nalen Konferenz zur Regelung der Funken telegraphie zu beratende Vertragsentwurf enthält folgende Hauptbestimmungen: Dem internationalen Funkentelegraphen verkehr dienen die Küstenstationen und die Schiffsstationen (unter Küstenstation ist jede feste Station zu verstehen, deren Wirkungsbereich sich aus das Meer erstreckt, unter Schiffsstation jedes mit funkentelegraphischen Apparaten ausgerüstete Schiff). Beide Arten von Stationen sollen ver pflichtet sein, untereinander Telegramme aus zutauschen ohne Rücksicht auf das von ihnen verwendete funkentelegraphische System. Jede Regierung wird verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die Küstenstationen durch besondere Leitungen mit dem internationalen Telegraphennetz ver bunden werden, oder daß sonstige Einrichtungen bereit gestellt werden, die einen unverzögerten Austausch der Telegramme zwischen den Küsten stationen und dem Telegraphennetz gewähr leisten. Die Namen der dem allgemeinen Verkehr dienenden-Küsten- und Schiffsstationen sind bekannt zu geben; dabei sind alle An gaben zu machen, die zur Erleichterung und zur Beschleunigung des funkentelegraphischen Ver kehrs dienen können. Die Regierungen dürfen jedoch zulassen, daß die Stationen neben den Einrichtungen für den allgemeinen Verkehr noch weitere technische Anordnungen für besondere Zwecke der funkentelegraphischen Nachrichten beförderung treffen und benutzen, ohne daß diese Anordnungen der Veröffentlichung bedürfen. Der Betrieb der funkentelegraphischen Stationen ist nach Möglichkeit so einzurichten, daß der Betrieb andrer funkentelegraphischer Stationen nicht gestört wird. Die Stationen werden ver pflichtet, die Notanrufe von Schiffen in See mit Vorrang vor jeder andern Korrespondenz zu beantworten und aufzunehmen. Uber die Zu sammensetzung der Telegraphen-Gebühr werden nähere Bestimmungen getroffen. Der abzu- chließende Vertrag wird durch eine Aus- ührungsübereinkunft ergänzt, zu deren Durch- icht in gewissen Zeiträumen Verwaltungs konferenzen stattfinden sollen. — Außerdem sollen folgende Punkte geregelt werden: Einrichtung eines internationalen Bureaus für Funken telegraphie; Verhalten gegenüber Stationen, die sich den Bestimmungen des Vertrages nicht unterwerfen; späterer Beitritt andrer Staaten; auf die internationale Funkentelegraphie anzu wendende Bestimmungen des internationalen Telegraphenvertrages von Petersburg; Bildung eines Schiedsgerichts bei Meinungsverschieden heiten über die Auslegung und die Ausführung des Vertrages oder der Aussührungsüberein- kunft; Dauer und Kündigung des Vertragsver hältnisses. Von unä fern. Die Hochzeit vo« Frl. Berta Krupp ist auf den 15. Oktober festgesetzt. Der Kaiser hat bekanntlich seine Teilnahme an der Feier zugesagt. Die Trauung findet in der an der Terrasse vor dem Hauptgebäude errichmen provisorischen Kapelle statt, die bis zur Trauung von Frl. Barbara Krupp im nächsten Frühjahr stehen bleibt. t. Kaiser und Kronprinz — Pate in einer Familie. Vor Jahresfrist hatte der Kaiser bei dem 7. Sohne des Schneidermeisters Eggert zu Schneidemühl Palenstelle über nommen. Jetzt hat der Kronprinz bei dem 8. Sohn des biederen Meisters ebenfalls die Ehre eines Paten angenommen und als Paten geschenk in einem mit goldener Krone ge schmückten Etui 30 Mark in Gold übersenden lassen. Schiffszusammenstotz auf der Unterelbe. Der von Hamburg nach Frankreich abgehende französische Dampfer „Susanne et Marie" stieß auf der Unterelbe mit dem aufkommenden eng lischen Dampfer „Ashbrooke" zusammen und schnitt ihn an der Backbordseite mittschiffs voll ständig auf. An der Stelle des Zusammen stoßes befanden sich die Kojen des Steuermanns und des Stewards. Die beiden Männer schliefen in ihren Kojen. Sie wurden bei dem Zusammenstoß entweder gleich totgedrückt oder so eingeklemmt, daß sie nicht mehr ins Freie gelangen konnten, und sind, als gleich darauf der „Ashbrooke" tiefer versank, ertrunken. Die übrige Besatzung rettete sich auf das französische Schiff, dem es noch gelang, den sinkenden „Ash- brooke" auf die Südseite des Fahrwassers hin- überzuschieben. Die Geretteten beklagen sich bitter darüber, daß ihnen von den Franzosen nicht die geringste Hilfe in ihrer Not gewählt worden sei; sie mußten in ihrem durchnäßten Zustande verbleiben, weil man ihnen angeblich auf der „Susanne et Marie" weder Speise und Trank noch warme Kleider verabfolgen wollte, was besonders unangenehm empfunden wurde, da die englischen Seeleute nur sehr mangelhast bekleidet das sinkende Schiff verlassen hatten. X Seine Handtasche mit 80 000 Mk. Inhalt vergessen hatte ein Reisender beim Verlassen des Leipzig-Kölner Schnellzuges aut Bahnhof Gotha; von dort setzte er, ohne seinen schweren Verlust gewahr zu werdeu, die Fahr! nach Tambach sort. Unterwegs entsann er sich der Handtasche und er telegraphierte nun nach Eisenach und Kassel zur Ermittelung des Wert stückes. Inzwischen hat aber der Oberkellner des Speisewagens die Tasche gefunden und in Verwahrung genommen und übergab sie später dem Bahnhofsvorsteher in Gotha, der sie sofort nach Tambach weiter befördern ließ. In einer Lehmgrube getötet. Im Bad Salzschlirf bei Fulda verunglückte der 28 Jahre alte, erst kurz verheiratete Mühlenbescha Wilhelm Post dadurch, daß in einer Grube eine Lehmwand einstürzte und den Post W quetschte, daß er auf dem Heimtransport starb. Eine ganze Familie durch Gas vcr gistet. In Mistet (Schlesien) wurde die ganze, aus acht Personen bestehende Familie des Fleischermeisters Witte bewußtlos in ihrer Woh nung aufgefunden, in die im Laufe der Nacht infolge eines Rohrbruchs Gas eingeströmt war. Frau Witte und fünf Kinder sind gestorben. x Selbstmord eines Platzmajors. Selbstmord verübte in Pillau der dortige Haupi- mami und Platzmajor v. Sydow, indem er sich in seiner Privatwohnung eine Revolverkugel in den Koof jagte; als sein Bursche das Zimmer betrat, war bereits der Tod eingetreten. Kur; nachher erschien der Kommandant von Pillau, Oberst Lehmann, im Hause, um Hauptmann v. Sydow einen Besuch abzustatten. Der mut maßliche Beweggrund ist in einem Anfalle von Geistesstörung zu suchen; denn schon seit einiger Zeit trug der Verstorbene ein schwermütiges Wesen zur Schau. noch vor eigentlicher Not gesichert, und dann kann ich ja arbeiten. Ich habe mancherlei ge lernt — malen, musizieren — im äußersten Falle kann ich sogar noch Komödie spielen —" Bruno Meinardi unterbrach sie mit einer fast unwilligen Bewegung. Es war durchaus nichts sehnsüchtig Schmachtendes mehr in seinem Blick, und nicht mehr wie leidenschaftliche Zärtlichkeit, sondern wie strenge Mißbilligung klang es aus seinen Worten: „Verzeihen Sie — aber von alledem können Sie nichts! Sie haben eben keine Ahnung von den Verhältnissen des prak tischen Lebens und von der unerbittlichen Grau samkeit des Daseinskampfes. Mit all' Ihren hübschen Dilettantenkünsten können Sie sich nicht eine Woche über Wasser halten, glauben Sie das einem Manne, der an sich selbst die bittersten Erfahrungen machen mußte, obwohl er ein wirk licher Künstler ist." „Und hat man nicht auch mir hundertmal versichert, daß ich echtes, großes Talent besitze? Haben nicht Sie selbst mir noch am Wend des Künstlerfestes gesagt —" „Aber, mein Gott, Sie werden doch einen Unterschied zu machen wissen zwischen den Artig keiten, die man einer schönen und verwöhnten jungen Frau sagt, und zwischen der Aufrichtig keit, die ich Ihnen jetzt in Ihrem eigensten Interesse schuldig bin. Von all' den Hunderten, die Sie auf dem Künstlerfest wie toll beklatscht haben, würde auch nicht ein einziger die Hand rühren, wenn Sie etwa dieselbe Leistung als berufsmäßige Schauspielerin auf einer wirklichen Bühne zum besten gäben. Wer Sie würden nicht einmal Gelegenheit haben, die Probe auf die Wahrheit meiner Versicherung zu machen; denn auf alles andre könnten Sie eher rechnen, als darauf, daß ein Theaterdirektor Sie engagiert." „Es ist eine sehr grausame Enttäuschung, die Sie mir da bereiten." „Wenn ich Ihr Freund sein soll, gnädige Frau, muß ich vor allem ganz offen gegen Sie sein." „Nun wohl, ich will Ihnen glauben, daß Sie nur in der redlichsten Absicht zu mir sprechen. Aber warum soll ich mir über diese Dinge schon jetzt den Kopf zerbrechen? Ich werde unter keinen Umständen ganz verlassen sein, da ich jo in Ihnen einen hilfsbereiten, uneigennützigen Freund besitze, dem ich ohne Rückhalt vertrauen darf. Sie werden mir schließlich schon Helsen, einen Ausweg zu finden." Das Gesicht des Bildhauers wurde neck finsterer. Die unerwartete Wendung des Aben teuers, das er mit ganz andern Hoffnungen be gonnen hatte, war zu verdrießlich, als daß er sich noch lange hätte bemühen sollen, die Ko mödie weiter zu spielen. „Hören Sie mich gütigst noch einen Augen blick an. Ich würde es als das größte GM ansehen, wenn ich Ihnen als Beschützer zur zur Seite stehen dürfte; aber ich habe doch weist die heilige Pflicht, zuerst an Sie und au Ihre Zukunft zu denken. Der Schritt, den Sic da tun wollen, würde selbstverständlich das grösste Aufsehen erregen, und es wäre unmösM unsre Freundschaft der Welt verborgen zu hallen. Keiner aber — verzeihen Sie, daß ich es so un umwunden ausspreche! — Keiner würde an
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