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Ottendorfer Zeitung : 30.09.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190609301
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19060930
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19060930
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-09
- Tag 1906-09-30
-
Monat
1906-09
-
Jahr
1906
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 30.09.1906
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NolMlckL AtMLMhLU. Deutschland. * Der R ei ch s k anzl er teilte dem Re- gentsch a ftsrat des Herzogtums Braun schweig mit, daß der Kaiser mit den Maßnahmen der braunschweigischen Regierung aus Anlaß des Ablebens des bisherigen Regenten sich einverstanden erklärt habe und dem Regent schaftsrat zur endgültigen Regelung der Thron- folgefrage seine volle Unterstützung zusage. * Der braunschweigische Landtag nahm einen Beschluß an, in dem zur endgültigen Regelung der Thronfrage um das Ein greifen des Bundesrats ersucht wird. * Reichskanzler Für st Bülow wird vor aussichtlich bis zum Ende des nächsten Monats in Homburg bleiben. Eine frühere Rückkehr ist nur für den Fall geplant, daß der Gang der politischen Ereignisse die Anwesenheit des Fürsten in Berlin unbedingt notwendig erscheinen lassen sollte. * Die Nachricht, der neue Leiter des Kolonialamts Herr Dernburg werde über ein Jahr in den deutschen Kolonien ver weilen, bestätigt sich. Uber die Abreise sowie über die Dauer der Reise sind endgültige Be stimmungen noch nicht getroffen. * Der „Meteor" - Zwischenfall kann als erledigt gelten. Eine Störung der Be ziehungen zwischen England und Deutschland hat er nicht zur Folge gehabt. Anerkannt muß werden, daß englischerseits in diesem Falle durchaus richtig Verfahren worden ist. Der Kapitän des „Meteor" hat den ihm von der Hafenbehörde erteilten Befehl, von der Admirali tätsboje loszumachen, insofern mißverstanden, als er sofort den Hafen verließ und sich — nicht auf Veranlassung der englischen Behörden — wieder auf die stürmische See begab. *Aus Süd Westafrika ist der Post dämpfer „Gertrud Wörmann" mit 600 Kriegern an Bord, in Kuxhaven eingetroffen. Osterreich-Ungarn. * Kaiser Franz Joseph ist an einem hartnäckigen Kehlkopfkatarrh erkrankt, der ihn vorläufig an das Zimmer fesselt. *Auf der Strecke Triest—Pola wurden einen Tag vor der Durchfahrt des Erz herzogs Franz Ferdinand auf dem Bahnkörper Dynamitpatronen entdeckt. Die der Tat Verdächtigen sind Reichsitaliener und sollen sich in Hast befinden. * Der österreichisch-serbischeZoll- krie g dauert fort. Dieser Tage hat sich die österreichische Zoll- und Handelskonferenz mit der serbischen Note über die Wiedereröffnung der Handelsvertragsverhandlungen beschäftigt. Von österreichischer wie von ungarischer Seite wurde betont, daß die Note keine genügende Grundlage für die Wiederaufnahme der Verhandlungen bilden könne, weil die serbische Regierung den österreichisch-ungarischen Forderungen in keiner Richtung entsprochen habe. Trotzdem wurde beschlossen, der serbischen Regie rung mitzuteilen, daß Österreich-Ungarn zu neuen Verhandlungen bereit sei, wenn die serbische Regierung die bereits früher von Osterreich- Ungarn festgestellten Voraussetzungen erfüllte. Uber den Notenwechsel scheint man nun einmal nicht hinauszukommen. * Das österreichische Abgeord netenhaus hat die Dringlichkeit eines An trages angenommen, der den weiteren Aus bau der Vintschgau-Bahn von Mals bis Landeck bezweckt. Frankreich. * Die Regierung beabsichtigt, sofort nach Wiedereröffnung der Kammer einen Antrag ein zubringen, nach dem die Durchführung des Trennungsgesetzes vom Lande als dringlich anerkannt wird. Es soll jedoch bei den Durchführungsmaßnahmen von feiten der Behörden mit möglichster Schonung vorgegangen werden, um Ausschreitungen und damit eine Verschärfung des Zwiespalts zu vermeiden. * Die Polizei in Toulouse verhaftete eine junge Russin, die erklärt hatte, sie sei im Besitz einer Bombe und habe die Absicht, eine hochstehende Persönlichkeit zu töten. Die Verhaftete weigerte sich, über ihre Personalien Auskunft zu geben, und gab an, sie hätte die Bombe inzwischen vernichtet. England. *Jn einer langen Rede wies der frühere Kolonialminister Chamberlain darauf hin, daß die Politik des jetzigen Kriegsministers Haldane im großen und ganzen dieselben Ziele verfolge, wie die Politik des Balfourschen (unionistischen) Kabinetts. „Was England auch tut," schloß der schneidige Redner, „es muß immer wieder auf die- See hinaus und seine Kolonien immer fester an sich ketten." (In politischen Kreisen Englands gewinnt übrigens Chamberlains Allengland-Plan wieder von Tag zu Tag Freunde.) Italien. *Der internationale Handels kammer-Kongreß in Mailand beschloß die Errichtung eines ständigen Ausschusses mit vorläufigem Sitz in Brüssel. Schweden. * In Stockholm verhaftete finnische Revolutionäre gestanden, auf Befehl des Zentral-Komitees eine Plünderung der Stockholmer Diskontobank vorbereitet zu haben. Norwegen. * Angesichts der neuen Zusammensetzung des Storthings, die allen Berechnungen zu widerläuft, hat der Ministerrat ernsthaft die Frage erwogen, die Abdankung des Mini steriums anzubieten. Michelsen, der das Präsidium führt, soll bereits sein Entlassungsgesuch gegeben haben. Spanien. *DiekastilonischenBauern richteten an die Regierung einen in scharfen Worten ge haltenen Protest gegen die vorübergehende zollfreie Zulassung ausländischen Getreides und forderten eine Erhöhung der Getreide zölle. Ruhland. * Ernste Bauernunruhen sind in der Nähe von Kischinew ausgebrochen. Wie aus Odessa gemeldet wird, haben dort die Bauern sämtlicher Dörfer auf die Weigerung der Guts besitzer hin, ihnen Land zu verpachten, durch Anzünden von Strohschobern einen großen Brand verursacht, der sich infolge gewaltsamer Verhinderung von Löschversuchen über den ganzen Distrikt verbreitet hat. Die Bauern haben die Gutsbesitzer verjagt und sich bewaffnet, um den anrückenden Truppen Widerstand zu leisten. Balkanstaaten. * Die Angelegenheit der Königsmörder will in Serbien immer noch nicht zur Ruhe kommen. König Peter muß ihnen immer wieder Zugeständnisse machen. An Stelle des zurückgetretenen Divisionskommandanten General Szekonitsch wurde Oberst Bogdan Damjanowitsch ernannt. Diesen hatten in der Nacht vom Königs morde die Verschwörer zum Stadtpräfekten von Belgrad eingesetzt. Er gehört also offen der Gruppe der Verschwörer an. Amerika. * Schon glaubte man in Washington, daß die Verhandlungen, die zwischen den Vertretern der Unionsregierung und den Parteien auf Kuba gepflogen werden, zum raschen Friedensschlüsse führen würden, da stellt der unerwartete Widerstand Palmas wieder alles Errungene in Frage. Den Ver. Staaten liegt so viel daran, die kubanischen Streitigkeiten noch vor den Kongreßwahlen zu schlichten, daß sie den Revolutionären fast sämt liche Forderungen bewilligten, allerdings mit dem Hintergedanken, das so entstandene Provi sorium durch ein militärisches Eingreifen nach den Wahlen rückgängig zu machen. Präsident Palma aber will in keinem Falle den Re bellen so weitgehende Zugeständnisse machen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich der hals starrige Präsident noch den Wünschen der Ver. Staaten fügen wird, vorläufig ist jedoch in den Fliedensverhandlungen ein Stillstand eingetreten. *Die Post hat in Philadelphia eine Höllenmaschine gefunden, die sich in einem an Iakob Schiff an der Börse in New Jork adressierten Paket befand. Man glaubt, daß. sie von russischen Revolutionären gekommen sei, weil Schiff bei der Emission der russischen Anleihe während des japanisch-russischen Krieges geholfen habe. * In Atlanta kam es zwischen Militär und Polizei einerseits und den Negern anderseits zu einem blutigen Zusammenstoß, wobei die Neger die Oberhand behielten. Es scheint, daß die letzten erbarmungslosen Lynch gerichte der jüngsten Zeit schuld an der Rebellion sind. Afrika. * Die neuerdings wieder sehr unsicheren Zustände in Marokko haben die Ver. Staaten zu der Erklärung veranlaßt, daß ihr Gesandter demnächst sich von Tanger nach Fes zum Sultan begeben werde, um ihm ernste Vorhaltungen zu machen. Die Ver. Staaten geben in dieser Erklärung weiter un umwunden zu, daß sie künftighin in Marokko mit der deutschen und englischen E i n- und Ausfuhr in Wettbewerb treten wollen. Trotz der langen Konferenz von Algeciras bleibt also das nordafrikanische Sultanat ein beachtens werter Wetterwinkel. * In Englisch-Nigeria gärt es wieder bedenklich. Nachrichten aus Lagos zufolge sind in Benin Unruhen ausgebrochen. Eine An zahl Kaufleute war gezwungen zu flüchten; es heißt, zwei Europäer seien getötet. Oie Oreslauer Zrbeiter- krawalle vor Gericht. In der Schlußsitzung des Krawall-Prozesses am Dienstag führt Staatsanwalt Dr. Hensel in seinem Plaidoher aus, daß die Angeklagten in zwei Kategorien zerfallen, von denen sich die eine wegen Aufruhrs, Widerstandes und Auflaufes, die andre wegen Vergehens gegen die Gewerbe-Ordnuug und Beleidigung zu verantworten habe. Gegen die letzteren sind eine Anzahl Strafanträge wegen Beleidigung zurückgezogen worden, so daß sie deshalb nicht mehr bestraft werden können. Auf dem Striegauer Platz handelte es sich von dem Augenblick ab, als dem Verlangen des Haupt manns Roll, sich zu entfernen, nicht Folge geleistet wurde, um einen Aufruhr. Der Aufruhr kam erst zum Stillstand, nachdem die Beamten sich zurück gezogen hatten. Die Verantwortung für alles, was vorgekommen ist, insbesondere für die schweren Verwundungen, tragen die Personen, die die Kanoncnschläge losgelassen haben. Gegen Uhr entstand dann auf dem Striegauer Platz, wohin sich die Menge aus den Straßen begab, ein Auf ruhr, an dem sich Tausende beteiligten. Der Ausruhr war auch nicht mehr zu lokalisieren, ob wohl Beamte in großer Zahl anwesend waren. Sie konnten in ihrer Minderheit nichts ausrichten und wirksame Verhaftungen nicht durch führen. Ohne Gefahr konnten sie sich auch nicht zer splittern, denn einzelne Schutzleute waren machtlos. Die Verteidigung hat uns nun hier eine Reihe von Fällen vorgeführt, in denen Schutzleute auf Un schuldige losgeschlagen haben sollen. Das größte Aufsehen hat in dieser Beziehung der Fall Biewald erregt. Es ist aber nirgends bewiesen worden, daß ein Schutzmann sich einer vorsätzlichen Überschreitung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat. Ich be dauere selbst, das der Schutzmann sich nicht gemeldet hat, der dem Biewald die Hand abgeschlagen hat. Wer aber kann wissen, ob er sich nicht geirrt hat, ob er eine HandbeweHUNg des Biewald nicht irrtümlich als einen Widerstand auffaßte und glaubte, von der Waffe Gebrauch machen zu müssen. Dann hat er sich keine strafbare Handlung zuschulden kommen lassen. Man kann nun einwenden, daß sich der Beamte ja hätte melden können, wenn ihn keine Schuld trifft. Aber da ist doch zu betonen, daß ihn sowohl die Furcht vor einer strafrechtlichen Verfolgung als auch vor einem Disziplinarverfahren davon abhalten konnte, und schließlich konnte er auch annehmen, daß Biewald ihn zivilrechtlich zur Verantwortung ziehen würde. Wo so viele Gründe vorliegen, braucht es nicht allein das Schuldbewußtsein zu sein, das den Schutzmann von der Meldung abhielt. Aber alles zugegeben: können sich denn die Ange klagten als Entschuldigung für ihre Ausschreitungen auf die Übergriffe einzelner Beamten berufen, die sie gar nicht gesehen haben? Kein einziger der Angeklagten hat z. B. den Fall Biewald gesehen. Der Staatsanwalt beantragt gegen den Angeklagten Schneider, der nach einem Schutzmann mit einem gezückten Messer gestochen haben soll, Jahr, gegen einen weiteren Angeklagten ebenfalls 1V- Jahr und gegen weitere zehn Angeklagte Gefängnis strafen von zehn bis zwei Monat. Den jugend lichen Arbeiter Schimpf beantragt er freizusprechen. Zur zweiten Kategorie der Anklagen — Vergehen gegen die Gewerbeordnung (Beleidigung von Arbeits willigen usw.) — beantragt der Staatsanwalt gegen 32 Angeklagte die Höchststrafen von 3 Monat Ge fängnis und gegen einige weitere Angeklagten eine Zusatzstrafe von 2 Monat. Von den Verteidigern sprach an erster Stelle Rechtsanwalt Weizmanns der als Anwalt der Mitglieder des Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereins für Freisprechungen bezw. mildernde Umstande für seine Klienten eintrat. — Ausführungen allgemeiner Natur auf die Rede des Staatsanwalts machte Justizrat Hein: Der Staatsanwalt hat ge glaubt, der Polizei ein Leumundszeugnis ausstellm zu müssen. Meine Ansicht geht dahin, daß, wenn die Feuerwehr in Funktion getreten wäre und einen kalten Wasserstrahl abgegeben hätte, das ganzeBlutbad hätte vermieden werden können. Die Angeklagten haben sich in gerechtfertigter Erregung befunden und einer gerechten Entrüstung Luft gemacht. In später Abendstunde sprachen dann Rechtsanwalt Simon und Justizrat Mamroth. Letzterer besprach die Vorgeschichte des Prozesses. Es gereiche ihm zur besonderen Genugtuung, daß der Staatsanwalt in seinem Plaidoher und auch die Richter die Glaub würdigkeit des Zeugen Biewald nicht bezweifelt haben, wodurch bewiesen sei, daß Biewald an jenen Krawallen nicht beteiligt sei. Der Redner schloß mit der Bitte an das Gericht, ein Urteil zu fällen, das dem Volksempfinden entspreche. — Der Ge richtshof verurteilte wegen Gewerbevergehens, Be leidigung, Widerstandes gegen die Staatsgewalt und Auflaufs 38 Angeklagte, und zwar zwei zu 6, einen zu ö, vier zu 3 und neun zu 2 Monat Ge fängnis. Die übrigen erhielten geringere Strafen. unct fern. t. Die Flurschäden im letzten Kaiser manöver sind sehr umfangreich gewesen, trotz der Anordnung des Kaisers, möglichst auf be stellte Ländereien Rücksicht zu nehmen. Nament lich die großen Reiterattacken, das Auf- und Abfahren der Artillerie haben große Schäden verursacht, da hierbei weder auf Kartoffel- noch auf Gemüse- oder Futterland geachtet werden konnte. Nach den bisher - aufgestellten Rech nungen zu urteilen, dürften zur Deckung der Flurschäden im Kaisermanöver 300 000 Mk. nicht ausreichen. Hat doch ein einziger Besitzer nicht weniger als 20 000 Mk. Schaden in Ansatz gebracht. — Die Flurschäden, die das Garde korps verursacht hat, sind nicht sehr groß. Bei kleinen Manövern ist es eher möglich, auf wert vollere Bestellung Rücksicht zu nehmen. Ein Galopp über ein Kartoffelfeld vernichtet selbst die kleinste Fruchtknolle. t. Kaiserliches Geschenk. Gelegentlich der Liegnitzer Kaisertage hatten es zwei Arbeiter unternommen, zweimal den 70 Meter hohen Petersturm auf dem Königlichen Schlösse zu Liegnitz zu erklettern, um die Kaiserstandarte zu hissen und niederzuholen. Der Kaffer, welchem von dem Wagestück Kenntnis gegeben worden war, hat jetzt den kühnen Turmsteigem durch das Hofmarschallamt ein Geldgeschenk von je 10 Mark überweisen lassen. Bischofsjubiläum. Aus Anlaß des 25jährigen Bifchofsjubiläums des Bischofs Komm fand eine kirchliche Feier im Dom zu Trier statt, der zehn Kirchenfürsten, Oberpräsidenl Frhr. v. Schorlemer, Korpskommandeur v. Deines und Oberbürgermeister v. Bruchhausen beiwohnten. Von der Bürgerschaft wurde abends eine große Festlichkeit veranstaltet. Die Stadt errichtete zu Ehren des Bischofs eine Stiftung im Betrage von 10 000 Mk. zum Schutze verwahrloster Kinder unter dem Namen „Korumstiftung". Der Bischof stellte eine Erhöhung der Stiftung aus seinen Mitteln in Aussicht. Brillantendiebstahl. Aus der Villa des Prinzen Adalbert in Kiel sind zwei wertvolle Brillantringe gestohlen; der Täter, ein Matrose, wurde verhaftet. X Ein Steckbrief aus Amerika. An Bord des Dampfers „Kaiserin Augusta Viktoria" verhastet wurde bei seiner Ankunft in Hamburg ein Galizier, hinter dem die amerikanischen Sttas- behörden einen Steckbrief erlassen haben. Der Verhaftete, der sich auf der Rückreise in seine Heimat befand, wird beschuldigt, in einem Orte im Staate New Jork einen Raub verübt zu haben. Er wurde einstweilen in Polizei gewahrsam genommen, bis Amerika seine Aus lieferung beantragt. K Auf schiefer 8akn. 24j Roman von Reinhold Ortmann. (Fortsetzung.) Nach Verlauf weniger Monate aber, wenn die wieder aufgenommenen Bohrungen jenes günstige Ergebnis geliefert hatten, das Julius Löwengaard mit voller Sicherheit erwartete, mußte die Sachlage mit einem Schlage ein ganz andres Aussehen gewinnen. Dann konnte sich der Wert seines Antefls über Nacht verzehnfachen und er brauchte nur ein Viertel oder ein Fünftel davon zu ver kaufen, um bis zu dem Tage, an welchem Cäsar Löwengaard volljährig wurde, die von seinem Vermögen veruntreuten Summen zu er setzen. Es war ein Millionengewinn, der ihm da zufallen mußte, aber um sich die Anwart schaft auf diesen Gewinn zu sichern, hatte er alles auf eine einzige Karte gesetzt. Es gab da kein Zurück mehr und keine Möglichkeit einer Sinnesänderung. Mit geschlossenen Augen mußte er auf dem einmal emgeschlagenen Wege weitergehen, an dessen Ende ihn entweder der größte Erfolg seines Lebens oder zerschmetternder Sturz in einen schauerlichen Abgrund erwartete. Darum hatte er sich, alle Bedenklichkeiten unter drückend, an die Brüder Tobias gewendet und darum hatte es ihn wie ein vernichtender Schlag getroffen, daß sich diese scharfsichtigen Raubvögel selbst durch die lockende Verheißung eines wucherischen Gewinnes nicht zur Hergabe deS Darlehns hatten bestimmen lassen. Es mußte in der Tat sehr schlimm um seinen geschäftlichen Ruf bestellt sein, wenn eS dahin hatte kommen können, und er zweifelte nicht, daß es Maximilian Geißlers Maulwurfsarbeit sei, die ihm den Boden unter den Füßen ab grub. Zugleich aber erkannte er mit voller Klarheit den schweren Ernst seiner Lage. Auf die Verschwiegenheit der Gebrüder Tobias durfte er gewiß nicht rechnen, und die Folgerungen, die man aus seiner Annäherung an diese ver rufenste Sorte moderner Freibeuter unfehlbar ziehen würde, mußten in hohem Grade ver hängnisvoll für ihn werden, wenn es ihm nicht gelang, seinen Verpflichtungen pünkt lich nachzukommen. Einen Angenblick dachte er daran, die Summe, die ihm fehlte, wieder von Cäsars Vermögen zu erheben; aber er verwarf den Gedanken sogleich. Seitdem der Bankier Mißtrauen gegen ihn hegte, war die Gefahr einer Entdeckung zu groß. Eine ein fache Anfrage bei dem Oberstleutnant hätte Alles ans Licht gebracht, und dann blieb ihm nichts mehr als eine Kugel. So mußte es also doch Richard Sieveking sein, von dem ihm Rettung kam. Er hatte seinen Schwiegersohn seit dem Abend des Künstlerfestes nicht wieder gesehen und war inzwischen zu der Überzeugung gekommen, daß jener seine Drohungen unmöglich ernst gemeint haben könne. Wie schlecht auch immer ine Aus sichten in dem Hamburger Konkurse sein mochten, ein Mann, dem solche Hilfsquellen zur Ver fügung standen, wie Richard Sieveking, durste die Mnte nicht ins Korn werfen, ehe das Äußerste versucht war. Und wenn er sich ein mal dazu entschloß, seinen fast unbegrenzten Kredit noch weiter m Anspruch zu nehmen, so war es ihm sicherlich auch ein leichtes, den Vater seiner Frau aus allen drängenden Ver legenheiten zu befreien. Heute noch wollte Löwengaard mit ihm reden; und wenn es auch keine angenehme Aufgabe war, die ihm da be vorstand, er rechnete doch mit Zuversicht auf einen günstigen Erfolg Was Hertas Gatte um seiner selbst willen vielleicht nicht getan hätte, das würde er doch gewiß nicht länger ver weigern, wenn er die Überzeugung gewann, daß es die Existenz seines Schwiegervaters war, die hier auf dem Spiele stand. Es kam nicht ungelegen, als ihm der Diener beim Eintritt in seine Wohnung meldete, daß ihn Frau Sieveking schon seit einer Viertelstunde er warte. Vielleicht konnte ihm Herta irgendwie behilflich sein, wenn er auch natürlich nicht daran dachte, sie rückhaltlos zur Vertrauten seiner schweren Sorgen zu machen. Mit seiner liebens würdigsten Miene trat er in das Arbeitszimmer ein, wo sie seiner harrte. Aber er sah sofort, daß ihr Besuch irgend eine unerfreuliche Ursache haben müsse; denn Herta kam ihm nicht heiter und lebhaft wie sonst entgegen, sondern sie wandte ihm ein auffallend verstörtes Gesicht zu und sagte mit allen Anzeichen einer großen, mühsam niedergekämpften Erregung: „Dem Himmel sei Dank, daß du endlich kommst! Ich hätte die Qual dieses ungewissen Wartens nicht lange mehr ertragen." „So hast du mir etwas Besonderes mitzu teilen, Kind? Es ist dir doch hoffentlich nichts Schlimmes widerfahren?" „Ich weiß nicht, ob es etwas Schlimmes ist. Fast sollte ich es bezweifeln, denn mein Mann war der Meinung, daß ich mich eigent lich darüber freuen sollte. Er gibt sein Ge schäft auf, weil er große Verluste erlitten hat und sich für ruiniert hält. Und er schickt mich zu dir zurück, weil es ihm unter den obwaltenden M- ständen zu kostspielig ist, sich eine Frau zu halten. Wir sind soeben übereingekommen, uns scheiden zu lassen." Julius Löwengaard stand vor ihr mit dem Gesichtsausdruck eines Mannes, vor dessen Füßen sich plötzlich ein klaffender Spalt der Erde geöffnet hat. Mit beiden Händen packte er den Stuhl, der ihm am nächsten stand, und stütz ihn auf den Teppich nieder, daß er in allen Fugen krachte. „Ist er wahnsinnig geworden — dein Mann' Oder hast du etwas so Ungeheuerliches begangen, daß er berechtigt war, ein derartiges Ansinnen an dich zu stellen?" Herta zuckte die Achseln. „Vielleicht > Aber du wirst wohl die Güte haben müssen, ihn selber zu befragen, denn ich bin einiges maßen darüber im ungewissen, wann und wodur« ihm die Überzeugung meiner Unwürdigkcit ge kommen ist." ' . Löwengaard machte ein paar Schritte dural das Zimmer. „Erzähle mir, was sich Zwischen euch zugetragen hat," sagte er, sich energffm zu äußerlicher Ruhe zwingend. „Ihr battet Streit miteinander, nicht wahr? Du bist heRS geworden, und da hat Richard sich Hinreißen lassen -" ,, Aber die junge Frau fiel ihm kopfschüttelnd in die Rede: „Nichts von alledem! Wir haben uns ganz freundschaftlich und in aller Ruhe
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