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Die „(Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften GttenöochOkrilla mit Moritzdorf und Amgegend. Mit wöchentlich erscheinender öonntagsbeilnge „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Kandel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Lmiahm« von Inseraten bi, vormittag w Uhr. Inserate werden mit >o Pf "für die Lpaltzril« berechn« TabellarischerZSatz nach besonderem Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühls in Groß-Mrilta. Mr die Redaktion vrraMWortlich Hermann Rühle in Groß-Okrilla Nr. 116. Mittwoch, den 26. September 1906. 6. IAhrgang. Vertliches und Sächsisches. Gtiendorf-Nkrilla, den 25. September ^os. — Ueber die Beförderung von Soldaten- ' briesen find vom Rcichspostamt -um Teil neue Bestimmungen ergangen. Insbesondere soll in Zukunft die Nacksendung portosrei beförderter Briese und anderer Sendungen an Militär- Personen, die vorübergehend beurlaubt oder bereits aus dem Militärdienst entlasten find, ohne Portoansatz geschehen. Mahnbriefe, in denen Soldaten an die Bezahlung für ent nommene Waren usw. erinnert werden, dürfen letzt unter der Aufschrift „Soldatmbrief, eigene Angelegenheit des Empfängers" portofrei be- sirdert werden. In bestimmten Fällen ist die Anwendung des PortofretheitSvermerks „Militär sache" oder „Heeressache" ebenfalls zulässig. — Ueber die Frage, ob das sogenannte Tröpfelbier, das ist das Bier, daß beim Einschänken überläuft zum Verschneiden des frischen Bieres verwandt werden darf, hatte sich bas Schöffengericht Leipzig auszusprechen. Es standen nämlich der Buffeticr, der Zapfer and ein Kellner eines Restaurants unter An- klage, Tröpfelbier wieder in die Gläser gefüllt Und Lagerbier mit Bayrisch vermischt und so «iS echt Bayerisch verschönst zu haben. Da ihnen diese letztere Panscherei nicht nachgewiesm Werden konnte, wurden sie sreigesprochm, denn bas Verschneiden der Gläser mit Tröpfelbicr Wenn cS frisch und gut ist, hat das Gericht - Nicht für zu beanstanden und strafbar gehalten. Und zwar auf Grund des Gutachtens des gerichtlich vereidigten Sachverständigen Re- naurateurs Grimpe. Nach besten Aus- sührungen fist das Ausfällen der Gläser mit Tröpfelbier allgemein üblich. Es ist nicht zu Umgehen, daß bei frisch angesteckten Fässern (namentlich wenn solche unter Lust und Kohlen- läuredruck auSgeschenkl werden und noch dazu, wenn das Bier sehr stark moussiert) eine Reihe der ersten Gläser, wenn sie der Zapfer voll machen will, so stark überschäumt, daß ein Teil dieses dicken Schaumes in einem unter stehenden Behälter aufgefangen wird Falls dieses Tröpfelbier in sauberen Gefäßen aus- gefangen ist und sofort verwendet wird, ist dagegen auch nicht das mindeste Bedenken zu erheben. Wollte der Wirt es nick! verbrauchen dann würde er nicht allein einen sehr großen Schaden haben, er würde auch das gut« Bier Uutzlos verschwenden. Falls er einen am Abend im Faß verbliebenen Nest auf reine Naschen füllt und am anderen Morgen zum Verschnitt mit verwendet, so ist das ganz rationell, denn das Bier bleibt aus der Flasche Noch bester wie im Glase. Das Mischen und Verschneiden von Bayrisch Bier m t Lagerbier »der ist unter allen Umständen eine betrügerische Und strafbare Bicrpanschcrei Dresden. Der neunfache Mörder Dittrich geisteskrank. Die entsetzlichen Grcueltaten, die der neunfache -Raub- und Lustmörder Max Dittrich nach seinen eigenen Angaben seit dem 3ahre 1900 in ununterbrochener Reihe verübt hat, sollen keine Sühne finden. Die Geständ- Uisse des Mörders bei seiner Verhaftung im April d. I. und im Verlaufe der Untersuchung haben in der ganzen Welt das größte Aufsehen hervorgerufen, und zwar um so mehr, als die Mordtaten bis auf das Jahr 1900 zurückgehcn Auch die Umstände bei der Verhaftung des Mörders waren ganz absonderliche. Im April d. I. wurde nämlich der Dresdner Pflegcanstalt ein Mann in mittleren Jahren tsi völlig heruntergekommenen Zustande einge- hficrt. besten Papiere auf den Namen des Lederarbeiters Max Dittrich aus Dresden i°utewtt. Nach mehrwöchigen Aufenthalte in °er hiesigen Anstalt wurde Dittrich am April d. I. als geheilt entlasten. Er ver übte ober schon nach wenigen Tagen in Berlin Mehrere Einbruchsdicbstähle und wurde bei AtM derselben festgenommen. In seiner Wohnung, die er bei seiner hier wohnenden. verheirateten Schwester hatte, entdeckte nun die Kriminalpolizei mehrere FrauenbekletdungSstücke, die sich hernach als Eigentum der am 17. Oktober 1905 im Walde zwischen Gohrisch und Königstein in der sächsischen Schweiz er mordeten Frau Privata Opitz, einer im 51. Lebensjahre stehenden in Dresden wohnenden Dame erwiesen. Dieser Fund war di« Ver anlassung zu dem Bekenntnisse des entsetzlichen Verbrechen». Einem nach Berlin entsandten Kriminalbeamten gestand er nach längerem Leugnen den Mord schließlich ein, worauf er am folgenden Tage seine Uebersührung von Berlin nach Dresden erfolgte. Wenige Lage später gestand der Verbrecher noch acht weitere Mordtaten ein, die er teils in Oesterreich, teils in Sachsen und Preußen (bei Berlin) verübt haben wollte. Die von der Dresdner Staats anwaltschaft mit aller Umsicht und Energie gc- ührte Untersuchung hat ergeben, daß Dittrich mindestens drei Mordtaten auf dem Gewissen hat. Wegen der übrigen fünf Morde, die er ich ebenfalls zuschreibt, konnte seine Täterschaft nicht mit positiver Gewißheit sestgestellt werden. In der Gefangenschaft spielte Dittrich den wilden Mann. Ec rechnete damit, daß er, weil er schon einmal in der Irrenanstalt Herz berge interniert gewesen, auch jetzt wieder dort- jin gebracht werden würde, um dann be' rastender Gelegenheit, wie er es schon das erste mal getan, aus der Anstalt zu entweichen. Dittrich ist in Dresden auf seinen Geisteszustand eingehend untersucht worden und die ihn be obachtenden Aerzte sind tatsächlich zu dem Schluß gekommen, daß der Mörder geisteskrank ist. Infolge dieses ärztlichen Ergebnisses ist nun die Untersuchung gegen Dittrich eingestellt worden. Er wird in nächster Zeit zum dauernden Aufenthalt in der Irrenanstalt des Zuchthauses zu Waldheim untergebracht werden. Deuben. Am Sonntag vormittag stürzte das fünfjährige Söhnchen des Mühlenarbeiters Nitzsche in die hochangeschwollme Weißeritz und ertrank- Nach der Aussage anderer Kinder hat der Kleine Holz aus der Weißeritz fischen wollen. Ottcrschütz. Wie die Natur manchmal schäkert, davon ist aus unserem Orte folgendes Beispiel zu berichten: Vor ea, 6 Wochen kaufte Herr Gasthofsbesitzer Frenzel hier von dem Händler Herrn Kunath in Schmorkau eine hochtragende, vom Ritterguts Gräfenhain stammende Ferse, welche in 6 Wochen kalben sollte. Die Ferse schenkte denn auch pünktlich einem Kälbchen das Leben. Aber 0 Wunder: Während sonst ein neugeborenes Kalb seine 40—50 Pfund wiegt, hatte dieses Wunderkalb nur ein Gewicht von nicht ganz 10 Pfund Dabei war das Tierchen durchaus völlig fent» wickelt, eS hat die Zeichnung einer wunder schönen Schecke und ist gesund und kreuzfidel. Jetzt 14 Tage nach der Geburt wiegt das Ding 21 Pfund. Das Kälbchen ist bei seiner Possierlichkeit der Liebling und Spielgefährte der Kinder. Auf seine weitere Entwicklung darf man gespannt sein. Wem es Spaß macht, das Miniatur-Kalb sich anzusehen, dem ist die Besichtigung desselben bei dessen Be sitzer, Herr» Gastwirt Frenzel, gern gestattet. Bischofswerda Unter den Gänsen des Geflügelhändlers Emil Kern im nahen Orte Frankenthal ist die Geflügel-Cholera auSge- brochen. Vermutlich ist die Seuche, hinsichtlich welcher behördlicherseits sofort die strengsten Maßnahmen eiugeleitet wurden, von einem Händler aus Pulsnitz eingsschleppl worden. Pirna. In Mügeln beschäftigten sich au dem dortigen Schuttablagerungsplatze mehren Kinder damit, das vom Wasser der Müglitz mit angetriebens Holz herauszufischen. Hierbei geriet das si ben Jahre alte Kind des Arbeitern Symmank zu weit in das Wasserbett und ver schwand sofort in den Wellen. Die von dem herbeigeeilteu Vater des Kindes augsslellte!. RaKungLvCtsuche blichen erfolg'. S, doch getan es dem Maschinenführer Bochmann aus Gommern, der an der Eisenbahnbrücke das bereits bewußtlose Kind im Master bemerkte, es unter eigener Lebensgefahr herauszuziehen. Die Wiederbelebungsversuche, die sofort von Samaritern angestcllt wurden, waren glücklicher weise mit Erfolg gekrönt, sodaß die Eltern ihr Kind lebend zurückerhielten. Schweinitz. Hier vermißte der Einwohner T. einen Hundertmarkschein. Schon wurde der Verdacht des Diebstahls laut, da erzählte der älteste Sohn des T-, sein siebenjähriger Bruder Franz habe einen Schulkameraden für ein paar Haselnüsse einen blauen Zettel ge geben. Als man nachforschte, fand fick der Hundertmarkschein bei einem kleinen Knirps vor, der ihn mit den Worten „Hier ist der Zettel" herausgab. Drei Tage lang war der „Zettel" unter den Jungen herumgewandert. Burkersdorf. Einen jähen Tod fand das sechsjährige Söhnchen der verw. Molkerei- Pächterin Selma Rössel. Der Knabe bestieg einen Kahn auf dem Rittergutsteiche, wobei er infolge einer unvorsichtigen Bewegung ins Master stürzte. Obwohl Hilfe sofort zur Stelle war, konnte er nur als Leiche aus dem Teiche gezogen werden. Freiberg. Eine fette Pleite bildet der be endete Konkurs über den Nachlaß des Hoteliers Fischer, Besitzer des Hotels „Stadt Altenburg" in Freiberg. Als verfügbare Teilungsmaste verbleiben nach Abzug der Kosten 105,78 M. Davon entfallen 65,58 M. auf bevorrechtigte Forderungen. Der Rest von 36,50 M. ist prozentual auf weitere bevorrechtigte Forderungen n Höhe von 115 M. zu verteilen, das sind etwa 32 Prozent. Die nicht bevorrechtigten Gläubiger erhalten auf ihre insgesamt 41684 M betragenden Forderungen - nichts. Grimma. Durch die Flut der Mulde wurde in Grimma die im Zeichen der Ab rüstung stehende Schrödsrfihe Badeanstalt ab« getrieben. Diese stieß mit solcher Heftigkeit auf die städtische Badeanstalt, daß auch diese von den sie haltenden Ankertauen abgerissen wurde und nun auf die Tonnenbrücke schwamm Durch den Anprall wurde auch diese losgeristen und nun trieb alles im wilden Durcheinander über das Großmühlenwrhr, den reißenden Fluß abwärts. Der kleinere Teil des Stadt bades wurde in Gölzern, der Hauptteil in Wurzen ausgehalten, während die Tonnenbrücke die gleichfalls aus den Fugen ging, in Zöhda und in Wurzen abzuholen ist. Ksirchberg. Eine Spende von dreißig tausend Mark hat Stadtrat Kramer anläßlich seiner Wiedergenesung von längerer Krankheit zur Errichtung einer Badeanstalt gewährt. Nus der Woche. Das rätselvolle Küstenland sorgt allwöchentlich für interessanten Zeitungsstoff. Aus Peters burg kommt tagtäglich eine Anzahl von Nach richten aus denen die Wahrheit herauszuschälen dem unbefangenen Beurteiler schwer fällt. Die letzten Tage aber brachten solcher Nachrichten eine nie gesehene Blütenlese: Der Zar auf der Flucht, in Peterhof der Plan zu einer Palast revolution entdeckt, General Trepow, der grau same Diktator, der Palastkommandant Peterhoss, durch Gift gestorben und daneben die Mit teilung, daß die Regierung zu einer ganzen Anzahl von Reformen sofort bereit sei. Der Zar ist in den Finnischen Meerbusen gefahren. Er tats in früheren Jahren, und wenn man wie Nikolaus mit einem jfreiheitdürstenden, in manchen Elementen zum Aeußerstcn entschlossenen Volke im offenen Kampfe liegt, so fühlt man sich nach monatelanger unfreiwillig-freiwillig übernommener Haft wirklich e leichtert, wenn man einmal fern von allen Menschen auf hoher See weilt, wo nicht (so leicht) Verrat umher- schleicht, wie im festen Sa lo se vor. Peterhos Es klingt durchaus glaubwürdig, daß Nikolaus länger als anfänglich vsrgekehrn. im Finnischen l -Meerbusen weileu wird weil die ernste Er- «frcmkung der Kaisena-Mmier die m Kopen ¬ hagen weilt, bald eine Fahrt dorthin nötig machen könnte. General Trepow. über den wenn erst die Todesursache unanfechtbar durch die Leichenöffnung festgestellt ist, noch manch interessantes und erklärendes Wort zu sagen sein wird, war seit langem leidend. Man kann nicht sagen, er sei vergiftet worden, weil Tausende im Zarenreiche ihn, der in seiner Weise ein treuer Diener seines Herrn war, haßten. Im übrigen ist nach wie vor er wähnenswert, daß die Regierung zwar stark in Entschlüssen, schwach aber in ihrer Ausführung ist und bleibt. — In Oesterreich-Ungarn haben die Ausgleichsverhandlungen aufs neue be gonnen. Es darf nicht vergessen werden, daß auf beiden Seiten die Sehnsucht nach endlichem Frieden stärker wird. Aber weder Herr Wekerle in Ungarn noch Frhr. v. Beck in Oesterreich können die Schalmei in geeigneter Weise blasen. Natürlich schreien die Politiker beider Reichshälsten: Abdanken, Geeigneteren Platz machen. Ja, du liebe Güte, wie oft denn Platz machen? Ein Ministerwechsel bringt doch keinen Wechsel in der Anschauung eines Volkes mit sich. Die beiden Männer sitzen gut auf ihren Plätzen und werden, Wenns ihnen die Vorsehung schenkt, recht lange den Karrm vor- und rückwärts schieden. Für Habsburgs zweigeteiltes R ich gibtS nun ein mal keine andre Devise: „Es wird fortge« wurstelt." — In England hat man endlich seine wahrhafte Stellungnahme zu der viel besprochenen und noch mehr gepriesenen Ab rüstungsfrage einmal in deutliche Worte gefaßt Kriegsminister Haldane, der einige Tage al» Gast Kaiser Wilhelms in Berlin weilte, um dort militärische Einrichtungen zu studieren, wies in einer beachtenswerten Rede darauf hin, daß England seine Heercsmacht immer ver- tsidigungsbereit halten müsse, und das gerade die kontinentalen Mächte berufen seien, die Abrüstung ins Werk zu setzen. Das ist Englands Heimlichs und schmerzhafte Sehnsucht, auch mit seinen Truppen den andern Nationen überlegen zu sein. Die deutsche und japanische Diplomatie, die seinerzeit die Abrüstungsfrage vom Programm der zweiten Haager Konferenz gestrichen haben wollten, durchschauten England» klugen und seit langem vorbereiteten Schachzug. — Das Trennungsgesetz hat in Frankreich auf neue eine Kundgebung der Bischhöfe veranlaßt, die sich gegen die Regierung wendet. Da» Kabinett befindet sich der neuerlichen Ablehnung gegenüber in einer peinlichen Lage, obwohl sie längst vorauszusehen war. — In Deutschland ist die Frage zur brennenden geworden, ob der neue Mann im Kolonialamt, der ehemalige Bankdirektor Dernburg, nunmehr Exzellenz Bevollmächtigter zum Bundesrat, den Er wartungen entsprechen wird, die man in ihn setzt. Hoffentlich macken ihn Widerwärtigkeiten nicht allzuleicht amtsmüde. Als der Beherrscher eines unendlichen Reiches (unsere Kolonien übertreffen das Mutterland um vielfaches an Ausdehnung und der Kolonialdirektor ist selbständiger, fast unverantwortlicher Verwalter) ist ihm ein weites Feld ernster und mit der Zeit auch erfolgbringender Tätigkeit gegeben. — Die Ver. Staaten haben in Kuba, wo wieder einmal Revolution herrscht, schweren Stand. Sie möchten gern mit Gewalt die Rebellen zur Ordnung weisen, und fürchten sich, denn daheim stehen di- Wahlen bevor, die keinen Stoff irgend welcher Art zur Werbe arbeit für die Demokraten finden dürfen. Roosevelt seufzt — er muß seinen Welt» hcrrschafistraum aus kleiner RücksichtSnahme aufgeben. — In Persien Hais eine Verfassung gegeben und wie es heißt, wird der Schah nach den Wahlen in der ersten Parlament»« fitzung den Vo-'fitz führen. Dos ist unge« wöhrlich. Hoffe > lich Harri er bis zum Schluß aus und nimmt nicht etwa Mitten in der Sitzuno Veranlassung, das Haus aufzulösen und die Verfassung im ersten Z-w" über politische Gegner zurüüzuzirhen,