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Ottendorfer Zeitung. Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abend». Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Amuchme »»» Jusmot«« bi, vormittag „ VH». Inserat« werden nett <o PI ist» di« Spaltz«tl« »«r^n« radell«isch«qSatz «ach d»s»nd«r«m Tarts Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla UNr. 112. Sonntag, den 16. September 1906. 5. Jahrgang. Wegen Reinigung der Amtsräume bleibt das hiesige Gemeindeamt Montag, den 17. September 1906 8tz8vbl0886ll. VtttUdors'Moritzdorf, am 6. September 1906. Der Gemeindevorstand. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, den p. September Ms. — Wieviel die Fahrkartensteuer dem Reiche einbringen wird, davon kann man sich schon jetzt nach den vorläufigen Feststellungen im Eisenbahn-Dtrektionsbezirk Berlin ein unge fähres Bild machen. Dort haben sich die Steuerbeträge im August auf rund 225000 M. summiert. Da die Fahrgeld-Einnahmen des Berliner Bezirks ungefähr den fünften Teil der Gesamt-Einnahme im ganzen Reiche auS- macht, so würde die Steuer in einem so ver kehrsreichen Monate, wie der August e» zu sein pflegt, 1,11 Millionen Mark bringen, wo für da» Jahr 18,82 Millionen Mark au»- Machen würde. — Die Fleischpreise steigen weiter. jDa» ist die betrübende Kunde, die man in einer Versammlung der Berliner Fleischerinnung vornahm. Der Obermeister der Innung er klärte, daß durch die hohen Preise für das Schlachtvieh das Schlächtergewerbe schwer be troffen sei. Erstklassiges Vieh sei nur zu ganz außergewöhnlichen Preisen zu haben. In den letzten 14 Tagen sei das Fleisch um 14 Pfg. für das Pfund gestiegen. Die Flci- schermeister müßten daher überall eine Erhöhung ihrer Verkaufspreise eintreten lassen. Zuletzt beschloß man eine Erklärung, die sich gegen die Absperrung der Grenzen wendet und die Erhöhung der Preise in den Fleischerläden mit den gesteigerten Einkaufspreisen begründet. — Vermeidung von Zugstöben. Zur Ver meidung von Stößen durch Gebrauch der Luftdruckbremse ist beim Zusammensetzen aller Personenzüge vom Zugpersonal auf richtige Gruppierung der Wagen und auf eine vor schriftsmäßige Kuppelung sorgfältig Bedacht zu nehmen. Diese Maßnahme wird seitens der EtaatSeisenbahnverwaltung dem Personal er neut eingeschärft und angcordnet, daß vor allem der kurz vor Stillstand eines mit Personen besetzten Zuges austretende Stoß durch rechtzeitiges Lösen der Bremsen abzu schwächen ist. — Am nächsten Dienstag beginnt die Ziehung der Geldlotterie des Landesvereins vom Roten Kreuz im Königreich Sachsen. Eie dauert vier Tage und beginnt jeden Morgen 8 Uhr im Saale der Kaufmannschaft, Ostra-Allee 9, in Dresden. Die Ziehung der Losnummern und des Gewinnes erfolgt in der gleichen Weise wie bei der Königlich sächsischen Landeslotterie. Dresden. Ein aufregender Zwischenfall «eignete sich am Donnerstage im Verhandlungs saale 2 des hiesigen Amtsgerichtes. Der Markthelfer Haustein, der vor Gericht stand, weil er sich weigerte, seinen bejahrten Vater zu unterstützen, wurde deshalb zu einer Woche und wegen einer während der Verhandlung be. gangenen Ungebühr zu einem Tag Haft ver urteilt. Darauf geriet Haustein so in Wut daß er sich zu töten versuchte, indem er mi einem Schlüsselbund auf sich loaschlug und sich eine blutende Wunde am Kopfe beibrachte Er konnte jedoch überwältigt werden. Au flehentliches Bitten seiner Frau, die in Wein krampfe ausbrach, wurde die Ungebührstrafe zurückgezogen und Haustein vorläufig in Freihei gesetzt. — Das Aktionskomitee der hiesigen ver- Einigten Gaflwirtsvereine beabsichtigt nicht, eine Vereinsbrauerei zu errichten, sondern nur eine Interessengemeinschaft mit der Brauerei er Plauenschen Lagerkeller herbeizusühren. Das Aktionskomitee hat eine Anzahl Aktien der enannten Brauerei zum Nominalwerte von >00 Mk. an sich gebracht und bietet diese einen Mitgliedern zum jKurse von 130 an. Bei Abgabe der Aktien werden diejenigen Virte bevorzugt, die regelmäßige Abnehmer er Biere der Brauerei sind. Meißen. Die Hoffnungen der hiesigen Leinbergsbesitzer auf eine gute diesjährige Weinernte, die der reiche Lraudenanhang er warten ließ, werden sich jedenfalls nicht er- üllen. Ganze Strecken der Weinberge sind nämlich vom falschen Mehltau trotz häufigen und ausgiebigen Bespritzen« mit Kupferkalk brühe befallen worden, sodaß die Beeren ver- »orren und schließlich abfallen. — Zur 200000 Mark-Erbschaft, über die ürzlich verschiedene Mitteilungen durch die Presse gingen, gibt der Stadtrat zu Meißen olgende Darstellung: Mit Rücksicht auf die vielen falschen Nachrichten über den von uns gesuchten Löbel sei mitgeteilt, daß Löbel am i6. November 1838 in Halle a. S. geboren ist. Sein vollständiger Name ist Friedrich Ernst Hermann Löbel. Er ist zuletzt in Magdeburg gesehen worden, und zwar im Jahre 1895, vielleicht auch noch 1896 oder 1897. Seitdem ist er verschollen. Alle Nachrichten darüber, daß er später wieder ge sehen worden ist, haben sich bisher als nicht stichhaltig erwiesen. Die Erbschaft von rund 200000 M. stammt von der am 8. Februar 1903 in Meißen verstorbenen Mutter Löbels. Löbels Frau wohnt jetzt noch in Magdeburg und kennt seinen Aufenthalt selbst ebensowenig wie wir. Kinder, Geschwister und sonstige Verwandte besitzt Löbel nicht. — Nicht bestätigt haben sich insbesondere die nachstehenden Notizen, die in letzter Zeit durch verschiedene Blätter gingen: 1) daß der gesuchte Löbel aus Böhmen Lamme oder dort gesehen worden sei; 2) daß er Gustav oder Nikolaus heiße; 3) daß er 1866 in der Hartmannschen Fabrik in Chemnitz gearbeitet habe; 4) daß er in letzter Zeit in einer Herberge in Plauen übernachtet habe; 5) daß sich die Gemeinde Grottau in Böhme» in der Löbelschen Angelegenheit an die Stadt Meißen gewandt habe; 6) daß er in Ossegg erfroren aufgefunden worden sei; 7) daß er in Chemnitz und Mittweida aufgetaucht sei; 8) daß er 1866 und 1870/71 als sächsischer Reiter an den Feldzügen teilgenommen habe. Dagegen beruht es auf Wahrheit, daß die Stadt Meißen demjenigen 300 Mark Be lohnung zahlt, der ihr zuerst nachweist, daß Löbel vor dem 8. Februar 1903 verstorben ist. Pulsnitz. Einen Finger zerquetschte sich während einer Arbeit der etwa 40 Jahre alte Bauunternehmer Hermann Berndt in Ober steina bet Pulsnitz. Infolge dieser Verletzung trat Kinnbackenkrampf bet dem Manne «in Tags darauf ist Berndt, der noch sehr rüstig und kräftig war, gestorben. Kamenz. Ein auf dem Rittergut« Räckel witz bediensteter Knecht sollte am Donnerstag m einer unweit d«S Dorfes befindlichen Grube eine Fuhre Sand holen. Von hereinbrechenden Sandmafsen wurde er dabei so unglücklich ver schüttet, daß er nur noch als Leiche geborgen werden konnte. Lommatzsch. Die überaus reichliche Obst ernte in der hiesigen Pflege hat die Sächsisch- Böhmische DampfschiffahrtS - Gesellschaft ver ¬ anlaßt, bis auf weiteres Dienstags, DonnerS- ags und Sonntags, also tags vor den dresdener Hauptmarkttagen, auf der Strecke Niederlommatzsch-Dresden ein besonderes Fracht- chiff verkehren zu lasten. Riesa. Nachdem am Donnerstag abend ^egenwetter eingesetzt hat, welches die ganze Nacht über anhielt und auch am Freitag noch ortdauerte, ist wieder Hoffnung vorhanden auf ine baldige Besserung des schlechten Elbwasier- Landes. Der Pegel an der hiesigen Elbbrücke war aus 140 Zentimeter unter Normalnull ge« Liegen' Die Elbfahrzeuge können daher von fier aus stromaufwärts bis an die böhmische Grenze wieder mit einem Tiefgange von 90 Zentimeter fahren. Seit Freitag wird auch vom Laufe der Moldau und Eger Wasterwuchs gemeldet. — Der Umschlags verkehr im Gröbaer Hafen ist am Freitag vor mittag, da keine weiteren Kähne bergwärts an- «kommen sind, schwach. Nossen. Ein Schadenfeuer zerstörte hier einen Teil der Stadtbrauerei. Die Haupt gebäude wurden gerettet. Der Betrieb der 3rauer«i erleidet keine Störung. Zittau. In Nieder-Gersdorf erstach die 20jährige Fabrikarbeiterin Sitte ihren 28jährigen Geliebten, den Fabrikarbeiter Fritzsch«, Vater hrer beiden Kinder, weil er nicht mehr für ihren Unterhalt sorgte. Freiberg. Hier hat sich nach der Inge brauchnahme der neuen Trinkwasierleitungs- anlage, die au» den Gimmlitztalquellen bei Frauenstein gespeist wird, herausgestellt, daß ras Master freie Kohlensäure in mehr al» ge wöhnlicher Menge enthält und auf die Haus- anschlüsie eine bleiauflösende Wirkung ausübt. Man hat diesem Uebelstande dadurch abzu helfen versucht, daß man für die neu einzu- richtenden Anschlüsse die sog. Bleimantelrohre (Blei mit Zinnschicht von innen) vorschrieb, die aber erheblich teurer als gewöhnliche Rohre sind. Wie aber jetzt verlautet, wird man nicht umhin können, eine besondere Ent- äuerungSanlage bauen zu müssen, die nicht unerhebliche Kosten verursachen dürfte. Mittweida. Am Freitag wurde von den Zerren Geh. Finanzrat Gasterstädt aus Dresden Vorstand der Verkehrsabteilung der Königlichen Generaldirektion der Staatsbahnen und Eisen bahndirektor Mehr aus Chemnitz die neue Bahnstrecke nach dem Zschopautale geprüft und für fahrbar erklärt. Am Freitag früh wurde der erste Bauzug abgelaffen, die Lokomotive war mit Kränzen und Fähnchen geschmückt. Chemnitz. Die hiesige Kriminalpolizei nahm einen 46 jährigen Leipziger Kaufmann fest, der unter Vorlegung gefälschter Schrift stücke bei mehreren hiesigen Familien Geld beträge erschwindelte, die angeblich armen und erwerbslosen Leuten zu gute kommen sollten. Ferner hat er schon Anfang August hier eine größere Geldsumme auf schwindelhafte Weise einer Frau abgenommen. Die Leipziger Staatsanwaltschaft verfolgt den Schwindler ebenfalls wegen Rückfallbetrugs steckbrieflich. Thalheim. Um ein Stückchen mitzufahren hatte sich der 14 Jahre alte Schulknabe Emi Nebel barfuß auf das Hinterrad eines jungen radfahrenden Freundes gestellt. Dabei kam er mit dem Fuße in die Kette, wodurch ihm so fort zwei Zehen abgerissen und die anderen drei schwer verletzt wurden. Geyer. Am Sonntag Vormittag lief der einjährige Knabe der Anna Wild in Geyer im Laufständer über die Stube in der großelterlichen Wohnung. Auf der Ofenbank stand ein Tops mit heißem Kaffee. Das Kind griff darnach der Topf fiel um und der heiße Inhalt «rgo sich über das kleine Wesen. Leider verbrüht« es sich dabei dermaßen, daß es unter un säglichen Schmerzen bald darnach seinen Geis aufgab. Grimma, Auf hiesigem oberen Bahnhofe ist am Freitag nachmittag gegen dr«ivierte 1 Uhr beim Rangieren eine» Güterzug«» ein Wagen vermutlich falscher Weichenstellung ent gleist und umgestürzt, wodurch beide Dresden- Leipziger Hauptgleise gesperrt waren. Während ein Gleis bis gegen 2 Uhr wieder freigemacht werden konnte, war das zweite Gleis erst egen 5 Uhr wieder fahrbar. Glücklicherweis« t bei dem Unfall« niemand verletzt worden. Leipzig. Vor der Ferienstrafkammer 8 ollte sich am Donnerstag der 28 Jahre alt« Tischler Alfred Hirsch aus Leipzig wegen eine» fier verübten Bodenkammerdiebstahls ver antworten. Hirsch war am 20. August vom siestgen Landgericht wegen anderweitiger Ein brüche mit 2 Jahren 6 Monaten Zuchthaus und 5 Jahren Ehrenrechtsverlust bestraft worden. Da er in jener Verhandlung den ihm noch weiter zur Last fallenden Bodenkammer diebstahl bestritt mußte dieser Fall abgetrennt und auf Donnerstag vertagt werden, um neu« Zeugen laden zu lassen. Als der Terichtsdiener )en Angeklagten Hirsch nun au» d«r Ver wahrungszelle in den Verhandlungssaal führen wollte, war der Vogel ausgeflogen. Der ver- wegene Einbrecher hatte di« Gittrrstäb« dt» oberen Fenster» der Zell« umgebogen, war au»- gestiegen und hatte sich am Blitzableiterdraht eruntergelaffen. Da Hirsch nicht wieder- rlangt wurde, mußte natürlich die Verhandlung zu welcher vierzehn Zeugen geladen worden waren, vertagt werden. Werdau. Die bei dem Kutscher Sch. in der Weberstraße wohnhafte 28—30 Jahre alt« und au» Bayern stammende Wirtschafterin, wollte mit Sch., wie oerlautet, in nächster Zelt die Ehe eingehen, doch scheint ihr von den Kindern, welche die erste Frau nach ihrem "ode den Sch. hinterlassen, da» zwei Jahre alte Mädchen ein Dorn im Aug« gewesen zu ein. Wiederholt mußte dasselbe harte Schläge und Mißhandlungen au» nichtigen Gründen von er angehenden Stiefmutter erdulden. Am Donnerstag stütz nun wurde da» arme Kind aus geringfügiger Ursache in so bestialischer Leise von der rabiaten Frauensperson miß handelt, daß es bald darauf seinen Geist auf gab. Die ärztliche Untersuchung ergab, daß der Körper des Kindes vielfach mit Schwielen und Flecken bedeckt war. Die Todesursache ist aber von allem darin zu suchen, daß da» arme Wesen mit dem Kopfe mehrfach auf einen Gegenstand gestoßen worden ist. Die rohe Person wurde am Nachmittag verhaftet. Glauchau. Auf der Straße von Lichten stein nach St. Egidien stürzte am Donnerstag abend der von Hohndorf kommende Kohlen händler Kleindienst aus Albertstal bei Glauchau so unglücklich von seinem mit Kohlen beladenen Wagen, daß dieser über den Kopf des Klein dienst hinweg ging und ihn vollständig zer quetschte. Der Tod trat auf der Stelle ein. Plauen i. V. Ein gräßlicher Unglücksfall hat sich am Dienstag in Schönbach zugetragen. Dart kletterte in einer Waschküche der 8 Jahre alte Krämerssohn Johann Georg Wölfel auf dem Keffelofen herum, trotzdem sich in dem Waschkesiel siedendes Wasser befand. Plötzlich verlor der Junge das Gleichgewicht und stürzte rücklings in den Kessel, dessen schwerer Deckel zuklappte. Mit Hilfe seiner zufällig hinzu kommenden 11jährigen Schwester gelang e» dem Knaben, au» dem kochenden Wasser zu kriechen, er brach jedoch sofort zusammen. Nach 7 Stunden erlöst« der Tod da» Kind von seinen entsetzlichen Schmerzen. Reichenbach. Der nunmehr zirka achtzehn Wochen andauernde Maurerstrrtk ist beendet. In einer am Mittwoch abgehaltenen Ver sammlung beschlossen dir streikenden Maurer de» Bezirks Reichenbach« Mylau-Netzschkau, da» Angebot der Unternehmer, wonach dir- zehn- stündige Arbeitszeit eingeführt und ein Stundenlohn von 39 Pfg, für diese» Jahr und 40 Pfg, für nächstes Jahr gezahlt werden soll, anzunehmen.