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X-216,17. September 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. a) die kurzfristigen Schulden: b) die fremden Mittel: I II I II 1927: 104.8 59,7 109,5 91,1 1928: 110,9 37,0 134,2 60,9 Bezeichnend für die Art der Geschäftspolitik einerseits, die Zahlungsweise und Absatzverhältnisse andererseits ist die Ent wicklung der teilweise liquiden Betriebsmittel der beiden Be triebsgattungen, die sich gegenüber dem Vorjahre in gegensätz licher Richtung bewegt. Es betragen die Außenstände in Prozenten des Eigenkapitals: I II 1927: 66,8 60,6 1928: 80,8 37,2 Anscheinend hat sich hier die allgemeine Wirtschaftslage be sonders stark ausgewirkt, sei es, daß sie zu einer Erweiterung der Kreditgewährung an die Kundschaft, sei es, daß sie zu unverhält nismäßig hohen Rückstellungen, in denen mehr oder weniger Verlustgefahrcn ruhen, gedrängt hat. Deshalb ist es wohl vom Standpunkte der Kreditversicherung verständlich, aber auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht beachtenswert, wenn von jener Seite betont wird, daß sie auf Grund ihrer geschäftlichen Erfah rungen in der Kreditversicherung »schon seit langem und nicht immer mit Erfolg gegen eine zu starke Ausdehnung des Waren kredites habe ankämpfen müssen. Nicht alle unsere Kunden haben Verständnis dafür gezeigt, wenn wir darauf aufmerksam machten, daß die von den Lieferanten ihren Abnehmern ein geräumten Warenkredite sowohl der Höhe als der Länge des Zieles nach in keiner Weise dem freien Vermögen des Schuld ners entsprachen. Der Warengläubigcr ist eben leider immer mehr zum Bankier seines Kunden geworden, ohne die gleichen Vorsichtsmaßregeln hinsichtlich der Sicherung des Kredites wie ein sonstiger Geldgeber anzuwenden. Auch die Überwachung des Warenkredites ist schwieriger geworden als in früheren Zei ten-*). »Kredit soll vielmehr eine Zielsetzung zur Geschäfts erleichterung sein, mir dem Ergebnisse des Geldeinganges nach Fristablauf mit höchstprozentiger Wahrscheinlichkeit. Leider be steht keine Statistik, die uns sagt, wie hoch in einzelnen Gruppen unserer Wirtschaft oder gar im Durchschnitte der Gesamtwirt schaft der Prozentsatz der Verluste ist, berechnet auf den Gesamt umsatz. Und doch wäre dies, mindestens bei einzelnen Organi sationen, durch Rundfragen sicher möglich. Die sich alljährlich oder etwa vierteljährlich ergebenden Zahlen wären wohl ein weit zuverlässigeres Wirtschaftsbarometer als die Zahlen der Konkurse und Vergleiche sowie die Berichte über Konjunktur forschung- "*). Das trifft nur zu sehr auch auf die Abnehmer kreise des Verlagsbuchhandels und der sonstigen buchgewerb lichen Zweige zu. Neue und brauchbare Methoden der Kredit überwachung und Kreditsicherung sind nicht nur zur Aufrecht erhaltung der Liquidität, sondern auch zur Steigerung der Ren tabilität unerläßlich. Bei der Betrachtung der illiquiden Betriebsmittel wird er neut ein Problem berührt, das in der Öffentlichkeit während des Berichtsjahres viel erörtert worden ist, und es ist erfreulich zu sehen, daß die wiederholten Hinweise auf dieses wichtige Pro blem kaufmännischer Geschäftsführung — die auch an dieser Stelle erfolgten — nicht ohne praktischen Erfolg gewesen sind; denn die diesmaligen bilanzmäßigen Feststellungen ergeben in Prozenten des Eigenkapitals folgende Entwicklung der Wa renvorräte: 1 II 1927: 85,7 32,4 1928: 79,4 18,7 Es sei deshalb hier nur kurz auf die Ergebnisse hingewiesen, die umfangreichere neutrale statistische Feststellungen in dieser Beziehung gezeitigt haben. Aus einer Enquete der Deutschen *> Elfter Geschäftsbericht der Hermes, Kreditversicherungsbank A.G., Berlin. **> Grundlagen der Kreditgewährung in »Industrie-, Handels- u. Börsen-Zeitung«, Leipzig vom 31. 7. 1S27. 1006 Bank bei ihrer Kundschaft geht hervor, daß einen Hauptgrund der Lagerpolitik die Konjunktur bilde. »Dabei ist nicht so sehr an Preisentwicklung für die Bewertung der Lager gedacht, deren Einfluß vielmehr im großen und ganzen für unsere Statistik ausgeschaltet wurde, als viel mehr an die Entwicklung der Ab satzverhältnisse. In den allermeisten Fällen wird diese Ab hängigkeit von der Konjunktur als natürlich, zum Teil sogar als notwendig angenommen; nur in relativ wenigen Fällen scheint man sich bewußt geworden zu sein, daß die Höhe des Lagers und sein Verhältnis zum Umsatz auch dem menschlichen Willen und nicht nur den dunklen Mächten der Konjunktur unterstellt find. Im ganzen sind es an die 10 Prozent aller Firmen, die sich der Möglichkeit planmäßiger Lagerpolitik bewußt geworden find, während etwa 85 Prozent die Fratze der eigenen Lagerpolitik und ihrer Mittel ignorieren und 5 Prozent anscheinend gar di« Möglichkeit jeder solchen .Rationalisierung' bestreiten-*). Letztere Auffassung wird jedoch durch andere Erfahrungen widerlegt, die hinsichtlich des Einflusses der Lagerpolitik auf die finanzielle und wirtschaftliche Struktur der Betriebe gemacht worden sind. »Ob das im Lager liegende Kapital häufig oder langsam um geschlagen wird, das hat ja nicht nur Bedeutung für die Ver zinsung, sondern auch für das Maß von Warenverderb, allge meiner Kapitalbeanspruchung und Modcrisiko, dem ein Handels zweig ausgesetzt ist. Hier zeigen die üblichen Zahlen wieder eine erstaunliche Gleichmäßigkeit, aber auch, wenn man Deutschland zum Beispiel mit Amerika vergleicht, eine relativ hohe Bean spruchung von Betriebskapital in Deutschland, demgegenüber eine oft erheblich niedrigere in Amerika- **). «»Ein« wirtschaftlich vernünftige Vorratsbeschränkung bei der Lagerhaltung ist betriebs- und volkswirtschaftlich von ein schneidender Bedeutung, da durch sie die Rentabilität und Ent wicklung der Unternehmung wie auch die Kaufkraft breiter Volksschichten günstig beeinflußt wird. Kapital ist knapp und teuer. Daher bedingt die Borratsbeschränkung eine rationelle Kapitalwirtschaft, d. h. Reduktion der Kapitalansprüche für pro duktive und handelswirtschastliche Zwecke. — Dieser betriebs- und volkswirtschaftlich gesunde Entwicklungsgang, der einer Be schränkung der Lagerhaltung aus ein wirtschaftlich vernünftiges Mindestmaß entspringt, vermag sich noch nicht in dem Maße auszuwirken, wie es wohl möglich wäre, wenn sich alle Betriebe einer rationellen Lagerhaltung, die bisher nur von wenigen Be trieben (ungeschlagen wird, befleißigen würden- "*). Befinden sich doch auch unter den vcrlegerischen und buchgewerblichen Betrie ben solche, bei denen die Lagervorräte bis zu 200 Prozent der eigenen Mittel betragen. Hat sich nun und in welcher Weise die Lagerpolitik bei den statistisch erfaßten Betrieben auf deren Rentabilität aus gewirkt? Es wurde erzielt ein Betriebsgcwinn Reingewinn in Prozenten des Eigenkapitals: III III 1927: 93.9 54,7 5,15 7,6 1928: 83,5 48,6 10,9 5,6 Mese Rentabilitätsergebnisse sind zunächst durch folgende Verlustunternehmungen beeinflußt worden: Aszahl der I II 1927: 7 5 1928: 3 5 Verlustsumme der Berlnstunter- nehmungen in Prozenten des Eigenkapitals: I II 21,4 7.9 12,3 16,9 Sowohl die Anzahl der Verlustunternehmungen als auch die Höhe der Verluste hat sich nur bei den Verlagsunterneh- mnngen vermindert, während die Verlufisnmme bei den gemisch- *> Zur Frage der Lagerhaltung von vr. M. Palyl in »Deutsche Bergwerkszeitung« Nr. 149/1929. **) Kennzahlen der Wirtschaftlichkeit von Pros. vr. Jul. Hirsch in d. »Handels-Zeitung« b. Berliner Tageblattes Nr. 233/1929. ***> Vorteile der Borratsbeschränkung in »Handels- u. Jndu- strtezeitung« der L. N. N-, Leipzig, Nr. 223/1928.