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Eine französische Kirche bcranbt. Die Reliquien und Kunstschätze der Kirche auf dem vielbesuchten Mont Saint-Michel bei Rennes > wurden nachts von verwegenen Einbrechern ge raubt. Das Kostbarste der fehlenden Stücke ist die Krone des heiligen Michael. Ein ungewöhnlicher Verbrecher wurde, wie der ,B L.-A/ berichtet, auf ungewöhnliche Art jüngst in Edgebaston in England ergriffen. Herr Nainbon bewohnt in diesem Städtchen ein einsam gelegenes Landhaus. Eines Nachts wurde er plötzlich durch ein Geräusch aus dem Schlafe geweckt. Das Geräusch kam von der Straße. Herr Rainbon blickte zum Fenster hinaus und sah einen Mann, der an der Schwelle der Haustür kauerte und mit Hammer und Meißel den Türpfosten bearbeitete, daß die Splitter flogen. Herr Rainbon begann aus voller Kehle um Hilfe zu schreien, aber der Mann rührte sich nicht von der Schwelle und arbeitete ohne Unterbrechung weiter. Herr Rainbon lief zum Hintern Teil des Hauses, sprang zum Fenster hinaus und holte die Nach barschaft und die Gendarmerie herbei. Nach einer Viertelstunde kam er, von vielen Menschen begleitet, zurück und traf den unheimlichen Mann noch immer bei der Arheit. Als die Tür eben aus den Fugen gehen wollte, warf ein Gen darm dem Einbrecher von hinten ein Seil um den Hals. Der Mann stieß einen unartikulierten Schrei aus und zeigte das entsetzliche Gesicht des überraschten Verbrechers. Er sprach kein Wort und wurde nach kurzer Gegenwehr be wältigt und gefesselt ins Gefängnis geführt. Lier löste sich das Rätsel der sonderbaren Sorglosigkeit und Hartnäckigkeit des Ver brechers. Er war vollstäMg taub, so daß man ihn auch mit Kanonenschüssen nicht hätte erwecken können. Ein salowonisches Urteil. In Giorgia in Sizilien Huberten zwei Frauen um die Mutterschaft an einem zehnjährigen Knaben. Die eine behauptete, daß die andre das Kind gegen Bezahlung in Pflege hatte, und daß sie es jetzt herausgeben müsse. Die Frauen kamen vor den Richter. Dieser erinnerte sich des historischen Falles in Jerusalem, ließ eine Holz bank holen und das schreiende Kind trotz allen Strampelns und heftiger Gegenwehr auf die Bank schnallen. Dann nahm er ein Messer und begann die Kleider des Knaben zu durch schneiden. Dabei sagte er: „Ich werde den Streitgegenstand zerteilen und jeder der Parteien eine Hälfte geben." Und insgeheim hoffte er, daß die wahre Mutter nicht dulden werde, daß sie lieber auf das Kind verzichten werde, ehe sie es dem Messer preisgäbe. So wollte er die wahre Mutter an ihrer Liebe erkennen. Als die streitenden Frauen aber sahen, was der Richter vorhatte, riefen sie wie aus einem Munde: „Wenn Sie es zerschneiden, dann können sie es für sich behalten, Herr Richter!" Und so muß der Prozeß nun seinen irdischen, gesetzmäßigen paragraphenumzäunten Weg Wandeln. Dieser führt vielleicht zum Ziele. eli. Die höchste wissenschaftliche Station. Die höchste wissenschaftliche Station befindet sich auf dem Gipfel des Mount Misti, einem er loschenen Vulkan im südlichen Peru. Der Apfel liegt 19 300 Fuß über dem Meeres- spiegel. Auf dieser Station lebt niemand, denn die Luft ist dort oben so dünn, daß ein mensch liches Mesen nicht würde atmen können, und das Thermometer zeigt oft 25 Grad Kälte an. Jeden Monat einmal wird von einem An gestellten der Stand der wissenschaftlichen In strumente auf dem Gipfel notiert. Der Aufstieg zur Station dauert über zwei Tage, der Ab stieg nimmt fast die gleiche Zeit in Anspruch. Die Resultate der Beobachtung sollen sehr günstig für die Beurteilung der verschiedenen Meteorologischen Erscheinungen sein. eb Wegen eines Kusses. Ein Kuß hat zur Ausschließung von 20 Studenten der Philips-Andover-Academy in Andover (Massa chusetts) geführt. Einer der Studenten hatte in einer Wirtschaft eine Kellnerin geküßt, und der Wirt soll die Universitätsbehörde von dieser »Ausschreitung" in Kenntnis gesetzt haben. Darauf zogen die Studenten vor das Wirts- ! l > holten den Wirt heraus und warfen ihn > Werken ist bis jetzt noch herzlich wenig zu sagen." „Ich hätte ja gar nichts gegen Ihre freund liche Absicht einzuwenden. Mein Gott, der Kampf ums Dasein fordert nun einmal solche 'leine Zugeständnisse. Aber mein Bruder — Wird denn auch seiner in Ihrem Artikel Er wähnung getan?" „Mit keiner Silbe! Das würde den Effekt M sehr abschwächen. Höchstens könnte ich irgendwo einfließen lassen, daß Sie in edler Hochherzigkeit auch noch für diesen minder be gabten Bruder sorgen und —" „Nein, nein, das nicht!" unterbrach ihn Bruno Meinardi hastig. „Es ist wohl genug, wenn er gar nicht genannt wird. Ließe sich's Mir verhindern, daß er den Aufsatz überhaupt zu Gesicht bekommt! Sie wissen, er hat so pedantische Schrullen." „Ja, ja, ich weiß, er leidet am Ehrbarkeits- rappel, wie alle rechten Philister. Aber er liest o wenig Zeitungen. Es müßte schon ein Zu- M sein, der ihm das Blatt in die Hand spulte. Und schließlich waschen Sie Ihre Hände m Unschuld und wälzen alle Verantwortung auf mich." „Sie sind ein wahrer Freund, Doktor I Ich weiß kaum, wie ich mich Ihnen nach Gebühr erkenntlich zeigen soll. »Na, dazu wird schon Rat werden. Bei ww heißt es immer: Eine Hand wäscht die andre! Darauf können Sie sich verlassen! Ist °enn übrigens wahr, daß Ihr Bruder auch '"eu Entwurf für die Denkmalskonkurrenz ein- Seüefert Hst?" Sprache gebracht werde. Sollte das Gericht sein Gesuch nicht berücksichtigen, so würbe er sich daN« an den Kaiser wenden. Der „tolle Mullah" wieder aus dem Uriegspfade. Man ist im englischen Kolonialamte in großer Verlegenheit darüber, was dem „tollen Mullah" gegenüber zu tun sei. Seinerzeit hatte man, einsehend, daß dem Wüstenmahdi nicht beizu kommen sei, schließlich nach Italiens Beispiel mit dem langjährigen wilden Gegner Frieden geschlossen und dabei die Sache so darzustellen gesucht, als habe der Mullah sich unter eng lisches Protektorat gestellt. Natürlich lag die Sache wesentlich anders. Der Mullah be ttachtete sich und blieb auch tatsächlich durchaus unabhängig, er galt auch den eingeborenen Stämmen selbstredend als das, was er wirklich war, nämlich als Sieger in dem vierjährigen Kriege, den England, schließlich sogar im Bunde mit Italien und dem Negus, Wider ihn ver geblich geführt hatte. Nach dem vor kaum 18 Monaten besiegelten Friedensschlüsse ruhte der Mullah, wie es scheint, um seine Truppen zu reorganisieren und seineHerrschaft über die Stämme der Küste wie des Hinterlandes entsprechend seiner neuen Stellung zu befestigen. Jetzt hat er gerade die Stämme nahe der Küste, die Oghadem, überfallen, Taufende von ihnen er schlagen und zur Strafe 10000 Kamele ihnen genommen, well sie seinerzeit im Dienste der Engländer wider ihn gekämpft hatten. Mit andern Worten, der Mullah hat jetzt, nachdem er sich von den Folgen des Krieges erholt und seine Herrschaft auf feste Füße gestellt hat, be gonnen, mit seinen alten Feinden, den den Eng ländern befreundeten und mehr oder weniger er gebenen Stämmen abzurechnen. An der Somaliküste hat das plötzliche Er scheinen des Mullah an der Spitze eines sieges trunkenen Heeres natürlich eine Panik hervor gerufen. Die angegriffenen Stämme sind ihrer seits von den Engländern seinerzeit entwaffnet worden, zumal man ihnen keineswegs traute, und können sich natürlich mit ihren schwachen Eingeborenenwaffen gegen den Mullah nicht verteidigen, der nicht nur über moderne Ge wehre, sondern auch über Revolvergeschütze verfügt. Sie rufen selbstredend den Schutz Großbritanniens an. Dieses aber will unter keinen Umständen gerade jetzt sich in einen Kolonialkrieg verwickeln, am allerwenigsten gegen diesen Mullah, der sich immer nur in das un zugängliche Wüsteninnere seines Landes zurück zuziehen braucht, um unangreifbar zu werden. Und doch kann man die Küstenstämme nicht schutzlos lassen, will man nicht den letzten Rest von Autorität in deren Augen versieren und das britische Prestige vor der ganzen moslemi- tischen Welt, besonders den Arabern und nicht zuletzt den Ägyptern und den Abessiniern, schwer kompromittieren. Das aber geht unter keinen Umständen. Ägypten gilt als „in latenter Gärung" befindlich, und die Araberstämme sind feit dem Erfolge des Mullah 1900—1904 sehr unzuverlässig und ungebärdig geworden. Man darf also dem Mullah die Somalistämme nicht einfach opfern, da man sonst an andrer Stelle sehr teuer dafür zu zahlen hätte. Das ist das Dilemma, vor dem die britische Regierung steht, und es könnte sich schließlich selbst das Unwahrscheinliche wiederholen, daß ein liberales Kabinett, das den Frieden xsr «xslisnos und aus innerster Überzeugung predigt, gezwungen würde, einen Kolonialfeldzug zu unternehmen. Aber man darf annehmen, daß Ke Regierung schließlich selbst einem so un bändigen und ungebündigten Halbwilden gegen über, wie es der Mullah ist, einen Ausweg findet. Für Geld ist auch der Mullah zugäng lich, und schließlich wird Italien noch einmal den ehrlichen Makler spielen. buntes Allerlei. ob. Dec Waschtag der Welt. Er mittelungen haben festgestellt, daß auf der ganzen Erde, einerlei ob Europa, Asien, Amerika oder Australien, als Waschtag allgemein der Monta- angesehen wird. 50 Mark Geldstrafe verurteilt. Im März 1904 war Einer der Ausgebliebenen hatte tagt werden. der damalige Gastwirt und jetzige Oberschweizer B. i in großer Not zu ihm gekommen und hatte sich ß sei ihm daher zu fatal, wenn bei seiner Ver- j nehmung diese Geschichte wieder öffentlich zur i ——————————————— in großer Not zu ihm gek .... ... . . , ein Darlehen von 100 Mark geben lassen, für das er einen zum 1. Juli fälligen Wechsel über 130 Mark ausstellen mußte. R. behauptet nun, schwurgcrichtlich verurteilt einem längeren Schreiben sich damit ent- wegen Meineides worden, und cs i er sei einwal in den nahen Teich. Zwanzig der Beteiligten sind darauf von der Universität ausgeschlossen worden. Gericktskalle. Halle. Der Schankwirt und Agent Karl R. wurde, wegen Wuchers zu 1 Woche Gefängnis und van B.'S Notlage nichts gewußt und ihm für das Darlehen „nichts direkt abverlangt" zu haben. B. habe ihm die 30 Mk. „Provision" freiwillig ange boten. B. bestritt das aber sehr entschieden, R. habe seine damalige Notlage sehr wohl gekannt und anfangs 40 Mk. „Entschädigung" für das Merleljahr haben wollen. — Äußer diesem Fall standen noch drei weitere unter Anklage. Die Verhandlung über sie mußte aber wegen Ausbleibens der Zeugen ver- 0- Tur bräbeben-k^ataltropke in Okile. DaS Erdbeben in Chile scheint ein ähnliches Zer störungswerk verrichtet zu haben wie das Erdbeben in San Francisco. Am meisten hat Valparaiso ge litten. Die Deutschen haben ihre Geschäfte in der Lalle Blanco, in der sich auch das deutsche Kon- ulat befindet, und die ebenfalls vollständig zer- 'tört ist. Außer Valparaiso ist auch Mendoza (Ar gentinien) Von dem Erdbeben heimgesucht worden. Valparaiso (Paradiestal) ist die zweite Stadt der Republik Chile und der bedeutendste See- und Handelsplatz der Westküste Südamerikas. Zwei Fahrstraßen und eine 187 Kilometer lange Eisen bahn verbinden Valparaiso mit der Hauptstadt des Landes Santiago. Im Handel spielen Engländer und Deutsche die erste Rolle. Die Stadt besteht Ms zwei Hauptteilen, dem Puerto (Hafen) und dem fast ganz in der Ebene liegenden Almendral. Mendoza, die Hauvtstadt der Provinz gleichen Namens in Argentinien, hat schon einmal durch Erdbeben schwer gelitten, und zwar im Jahre 1861. Sie liegt in gesunder Lage am Ostfuße des Schiefergebirges Sierra de Uspallata und hat etwa 30000 Ein wohner. Das Erdbeben hat nur fünf Sekunden gedauert. Diese kurze Zeit hat genügt, um ganze Provinzen zu zerstören und Tausende von Menschen leben zu vernichten. „Ja, aber er will nicht, daß davon ge sprochen wird. Natürlich rechnet er nicht auf einen Preis. Er hat das Ding wohl mehr zu seiner eigenen Unterhaltung gemacht und viel leicht in. der naiven Absicht, mich dadurch anzu feuern." „Aber es ist ihm nicht gelungen, wie? Wenn ich die Sachlage richtig beurteile, besteht Ihre Tätigkeit an der Skizze da seit vier Wochen einzig darin, daß Sie täglich die nassen Tücher erneuern." Bruno warf einen mißmutigen Blick nach dem verhüllten Aufbau inmitten des Ateliers. „Ich bin rechtzeitig fettig geworden — was weiter!" sagte er achselzuckend. „Die ganze Sache hatte keinen besonderen Reiz für mich und es ist mir nun einmal nicht gegeben, nach Kommando zu arbeiten." „Na, die Trägheft ist ja gewöhnlich eben falls ein Merkmal des Genies. Und man kann es auch so zu etwas bringen, wenn man's nur richtig aufzufassen versteht. Ich würde mich wahrscheinlich nicht für Sie ins Zeug legen, wenn ich nicht wirklich Vertrauen zu Ihnen hätte. Sie haben ein so famoses Talent, sich in Szene zu setzen. Ich habe gestem bei den Sieve- kings meine aufrichtige Freude an Ihnen gehabt." In Brunos müden Augen leuchtete es wieder auf, als der Doktor den Namen nannte. „Ein entzückendes Geschöpf, diese Frau Herta! Man müßte ein Eskimo sein, um bei ihrem An blick nicht in Flammen zu geraten." „Ah, es hat also wahrhaftig gezündet? Ich hatte ihre auffällige Kurmacherei, offen gestanden, nur für Berechnung gehalten." „Berechnung? Diesem berauschenden Wesen gegenüber? Nein, Doktor, so erbärmlich dürfen Sie nicht von mir denken." „Nun, um so besser, wenn Sie es kein Opfer kostet, sich diese Gönnerin zu erhalten. Und verderben dürfen Sie's nicht mit ihr, das rate ich Ihnen in Ihrem eigensten Interesse." „Sie haften Frau Sievekmg also für eine sehr einflußreiche Dame?" „Jedenfalls hat sie zufolge ihrer gesellschaft lichen Stellung sehr viele und ausgebreitete Be ziehungen. Und sie ist die Gattin eines reichen Mannes. Das ist auch der Umstand, der für ihre Freunde zu gewissen Zeiten von beträcht lichem Wette sein kann." „Da Sie gerade ihren Gatten erwähnen — ist der Mann denn gar nicht eifersüchtig?" „Ach der ist ja bloß Staffage — eine Marionette. Man sagt ihm nach, daß er ein tüchtiger Kaufmann sei, und er steht in dem Rufe unantastbarer Rechtschaffenheit. Aber Sie wissen ja, diese rechtschaffenen Leute hinters Licht zu führen, ist zumeist kein Kunststück. Machen Sie sich also wegen des Herm Richard Sieve- king keine übergroße Sorge. Er wird Sie nicht so leicht vor seine Klinge fordern." „O, es geschieht nicht deshalb, daß ich fragte. Ich fürchte mich nicht." „Schade, daß ich nicht so ein Leines Duell übers Schnupftuch in meinen Artikel bringen kann. Das imponiert den Männem nicht we niger, als den Frauen, wenigstens in den Kreisen, auf die es für Sie zunächst ankommt. Aber es geht diesmal noch nicht, es paßt nicht zu dem übrigen. Vielleicht später. Da schwirrte übrigens gestem noch so ein aller liebster kleiner Käfer in Frau Herthas Salon umher, Fräulein Hilde Löwengaard, ihre jüngere Schwester. Das reizende Kind ist Ihrem Künstlerauge unmöglich entgangen." Bruno Meinardi machte eine geringschätzig abweisende Bewegung. „Das unreife Ding konnte einem höchstens durch seine Naseweisheü auffallen," meinte er verdrießlich. Ich glaube allen Ernstes, dieser Backfisch hatte die Keckheit, sich hinter meinem Rücken über mich Listig zu machen." „Das wäre allerdings ein Majestäts verbrechen gewesen," lachte der Doktor, „aber, beim Zeus, es sähe ihr ähnlich! Ein Teufels ding, diese kleine Hilde! Man sicht's ihren blauen Augen förmlich an, daß sie den Dingen auf den Grund zu gehen wissen. Hat sich die erst ein Jahr lang in dem verlogenen Getriebe bewegt, das wir hier gute Gesell schaft nennen, so wird ihr keiner mehr un gestraft eine Komödie Vorspielen, dafür stehe ich ein! Deshalb gehen Sie ihr lieber bei zeiten aus dem Wege, mein teurer,jungerMeister." Der Bildhauer machte ein etwas gekränktes Gesicht; aber Maximilian Geißler war nicht der Mann, sich viel um solche Empfindlich keiten zu kümmern. Er schüttelte seinem Schütz ling zum Abschied die Hand und begab sich schnurstracks in das Bureau der,Tagespresse', um dem Chefredakteur einen schwungvollen Auf satz über den großen Bruno Meinardi, das neu ausgehende Gestirn am Himmel der Kunst, per sönlich zu überreichen. b (Fortsetzung folgt.)