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Die .Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. L ezugsxrei» vierteljähriich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Gkrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »»n Inserate« tt, »«»mittag 0H»^ ^Inserate w«rd«n »tt zo ps lfiir die Spaltzetl« berechn« LabellarischerzSatz nach brsonderem Laris Druck und Verlag vor. Hermann Rühl« in Grvß-GkriLa. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla Nr. 91. Sonntag, den 29. Inti 1906. 5. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Mttendorf-Vkrilla, den 28. Juli ,90s. — In einem Anfalle geistiger Umnachtung entfernte sich in vergangener Nacht der Wirt» schastsbefitzer B. von hier aus seiner Be hausung und wurde derselbe im Laufe des Vormittags ertrunken aufgefunden. — Vom I. August ab ist bei dem hiesigen Postamte der Schalter an den Werktagen vor mittags von 7 bis l Uhr und nachmittags von g bis 7 Uhr geöffnet. — Für alle Besitzer an der Bahn gelegener Ländereien ist es von Wichtigkeit zu wißen, daß abgemähteü Getreide, Holzhaufen rc. in der heißen Jahreszeit wegen Entstehung von Bränden durch Funkenauswurf aus den Lokomotiven in gehöriger Entfernung von den Gleisen gelagert werden müßen, da bei Nich- beachtung der Vorschriften durch Funken- auswurs Geschädigte keinen Ersatzanspruch an die Eisenbahnverwaltung haben. Dresden. Zum Morde auf der Hochbusch kuppe. SOO Mark Belohnung hat das Justiz ministerium nach einer Bekanntmachung des Ersten Staatsanwalts in Bautzen für denjenigen ausgesetzt, durch dessen Tätigkeit die Ergreifung dti Mörder» des Gastwirts Külbel der Hoch- duschkuppe bei Sebnitz herbeigesühct wird. Der Blumenausschläger Hermann Arnolf Michel, geboren am 15. September 1884 in HertigS- Malde, ist dringend verdächtig, den Mord be gangen zu haben. Er ist flüchtig und wurde iuletzt am 19. d. M. abends gegen 10 Uhr in seinem Geburtsorte gesehen. Er gab sich als Chauffeur aus, der von seinem Herrn, einem Hamburger Mühlenbesitzer, ein paar Tage Urlaub erhalten habe. In seiner Begleitung haben sich zwei Männer befunden, von denen Michel al» seine Kollegen gesprochen hat. Füt die Ergreifung der letzteren beiden Un bekannten ist eine Belohnung von 200 Mark ausgesetzt. Sie haben am 20. d. M. vor mittags auf der Chaußee Neustadt—Sebnitz den Blumenfabrikanten Mehnert aus Lang- burkersdors und nachmittags in Sebnitzer Stadtflur am Hasenberge den Privatmann Böhme vor seinem Hause räuberisch angefallen Die beiden unbekannten Täter werden beschrieben 2V bis 22 Jahre alt, schmächtig, etwa 1,68 und 1,65 m groß; dem Dialekt nach können es Schlesier gewesen sein. Sie machten den Eindruck einfacher Arbeiter und sind möglicher weise nach Niedereinsiedel in Böhmen zu ge flüchtet, doch weist eine Spur auch nach Ulbers dorf zu. Michel ist 21 Jahre alt, sehr lang und schmächtig, hat blondes Haar, hellblondes Schnurrbärtchen, ist dunkel gekleidet und hat glänzenden Regenmantel aus Gummi oder der gleichen bei sich. Alle Wahrnehmungen über Michel und seine beiden Begleiter wolle man der Staatsanwaltschaft in Bautzen mitteilen. — Im Zirkus Sarrasini kam es aus Anlaß des am Donnerstag stattgesundenen Ringkampfes Wischen dem Dresdner Athleten Oskar Seifert und dem Japaner Profeßor Hayaschi zu leb haften Lärmszenen, da das Publikum glaubte der Japaner sei besiegt worden, weil er von 'einem Gegner auf beide Schultern geworfen -vorden. Es werden fortan die Kämpfe durch 'in Schiedsgericht geregelt. — Welches große Jmereße man ersreulicher- tise der 3. Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung !' Dresden entgegenbringt, beweisen am besten « Anmeldungen auswärtiger Vereine. Es and für die nächste Zeit angemeldet; Gewerbe verein Großenhain, Gewerbeverein Greiz, Hand werkerverein Halle, Gnverbeverein Dahlen, iandwerkcrvcrein Jüterbokg, Gewerbeverein Schwerin, Gewerbeverein Kötzschenbroda, Hand- werkerverein Detmold, Gewerbeverein Dippoldis walde, Gewerbeverein Lommatzsch, Gewerbeverein Liebenwerda. Mit Sonderzügen, also mit einer Beteiligung von über 300 Personen, sind an gemeldet: 28. Juli: Gewerbeveretn Plauen i. V. — Tewerbeverein Gotha — Gewerbeverein Oeßau; 29. Juli: Polytechnische Gesellschaft Leipzig; 7. bis 10. August: Gewerbegesellschaft Lübeck — Zentralverein der Provinz Ostpreuß und Königsberg. Eisenberg-Moritzburg. Freitag, den 3. August wird hier Roß-, Vieh- und Kram markt abgehalten. Sörnewitz. Beim Abgehen der Strecke wurde tn der Nacht zum Mittwoch von einem diensttuenden Bahnwärter in unmittelbarer Nähe der Station ein Arbeiter in Hilflosem Zustande auf dem Bahnkörper liegend aufgefunden. Bei einer Schlägerei in der dortigen Restauration war er am Kopfe arg zugerichtet worden. Auf der Flucht von dort ist der Verletzte auf dem Bahnkörper zusammcngebrochen. Ein Weinböhlaer Arzt ordnete seine Ueberführung m das Meißner Ländliche Krankenhaus an. Königstein. Die Blumcnindustrie macht ich nun auch in hiesiger Stadt in vermehrten Maße heimisch. Bisher betrieb man die An fertigung künstlicher Blumen nur als HauS- ndustrie, jetzt soll aber eine fabrikmäßige Herstellung platzgreifen. Die Inbetriebnahme eines solchen Etablissements hat bereits stattge funden. Hauptorte der Blumenindustrie sind und bleiben aber Sebnitz und Neustadt. Neustadt. Gestern kaufte auf dem hiesigen Schützenfestplatz ein Fremder für ein größeres Geldstück eine Kleinigkeit. Während die Verkäuferin auf das letztere herausgab, ließ er eS wieder verschwinden. Eine Revision seiner Taschen usw. war erfolglos, so daß man sich das Verschwinden des Geldstückes nicht erklären ionnte. Beim Weggehen des Fremden mit )em zurückerhaltenen Gelde merkte „man aber daß er das verschwundene Geldstück auf der Rückseite der Hand zwischen den Fingern ver borgen hielt. Es wurde seine Festnahme ver anlaßt, derer sich aber heftig widersetzte. Der Schwindler nennt sich Lippmann und will aus Heidelberg sein. Er besitzt keinerlei Ausweis. Er befand sich in Gesellschaft eines Kumpans, der aber das Weite gesucht hat. Ob Lippmann mit den Straßenräubern, die jetzt in der Sebnitzer Gegend ihr Unwesen treiben, in Verbindung zu bringen ist, wird die Untersuchung ergeben. Seinen Verbleib während der letzten Nächte und Lage vermag er nicht nachzuweisen. Neu-Schmölln. In Bischofswerda stürzte der verheiratete Dachdecker Hartmann aus Rammenau infolge eines Fehltritts aus be trächtlicher Höhe ab. Er erlitt dadurch einen Gentckbruch, sodaß der Tod alsbald eintrat. Meißen. Das Programm für den Ver- bandstag der Saalinhaber Sachsens, der vom 14. bis 17. August hier stattfindet, liegt nun mehr vor. Hiernach findet am Dienstag den 14. August Empfang im Restaurant Kaiser- garten und nachmittags Delegierten-Sitzung im Schützenhaus statt. AdendS 8 Uhr schließt sich hieran ein Festkommers im Hotel zur Goldnen Sonne. Am Mittwoch den 15. August erfolgt vormittags die Eröffnung der Haupt versammlung im Hotel zur Goldenen Sonne, während für abends 8 Uhr Festtafel mit Ball im Hamburger Hof in Aussicht genommen ist. Für Donnerstag steht aus dem Programm: vormittags i/,10 Uhr: Großes Festfrühstück in der Felsenkeller-Brauerei, nachmittags 2 Uhr Festfahrt per Schiff nach den Elborten Diesbar und Seußlitz, abends Rückfahrt mit Höhen beleuchtung. Am Freitag den 17. August findet dann die Abschlußkneipe im Restaurant zum Kaisergarten statt. Rochlitz. In dem Dorf Zaßnitz stürzte der 52 Jahre alte Landwirt Emil Kühnert beim Strohdecken in seinem Gehöft aus beträchtlicher Höhe von der Scheune herab. Der Bedauerns werte, der einen Kieferbruch erlitt, mußte in das Leipziger Krankenhaus übergeführt werden. Lichtenstein. Vermißt wird seit Dienstag der hier in der Lehre stehende Barbierlehrlinc Fritz Unger aus Remse. An dem genannten Tage hat er sich mittags aus dem Geschäfte entfernt, um die Fortbildungsschule in OeiSnitz zu besuchen. Von dort ist er nicht wieder zurückgekehrt. Chemnitz. Dem Bierkrieg folgt nun der Boykott der Brauereien, die die Erklärung ab gegeben haben, daß sie nicht gewillt sind, die Preiserhöhung zurückzunehmen, da sie dazu nicht in der Lage seien. Die sozialdemokratische Volksstimme veröffentlich bereits die Namen der Ring-Brauereien, deren Erzeugniße so lange gemieden werden sollen, als sie am Aufschlag Malten. Für Freitag, hatten die Sozial- lemokraten wiederum sechs Volksversammlungen einberufen, in denen jedenfalls der Boykott der Ring-Brauereien beschloßen wird. — In einer gestern nachmittag abgehaltenen sehr zahlreich besuchten Versammlung der Chemnitzer Gastwirte-Jnnung, wurde einstimmig beschloßen, den Preis für 0,4 Liter Lager und Böhmisch Bier auf 16 Pfennige festzusetzen Ein früherer Beschluß der Gastwirte hatte bekanntlich den Preis auf 17 Pfennige erhöht. Wittgendorf. Ein radaulustiger Gendarm mußte dieser Tage in Chemnitz auf dem Schützen platze festgenommen werden. In dem dortigen Schützenzelte verursachte ein Mann in Zivil einen derartigen Lärm, daß man ihn schließlich an die frische Luft befördern mußte. Bald darauf kam der angetrunkene Mensch aber wie der und er begehrte Einlaß, der ihm verweigert wurde. Da er aus Erregung darüber den zegen ihn vergehenden Schutzleuten gegenüber ;andgreiflich wurde, wurde er mit Hilfe von Zivilpersonen verhaftet. Am Arrestlokal schlug er entzwei, was ihm nur in die Hände kam Als er sich dann auskleidete, legitimierte er sich lurch eine Dienstkarte als ein Gendarm aus dem oberen Erzgebirge. Leipzig. Zu dem Ende des Raubmörders Grete, der bekanntlich den Schlößer Herzog bei Paunsdorf umgebracht und beraubt hatte, wird folgendes berichtet: Während der Zimmer mann Gaudig in Unterkriegstädt bet Merseburg welcher den Raubmörder an der Hand des in den Zeitungen veröffentlichten Signalements er kannt batte, polizeiliche Hilfe requirierte, suchte der Verbrecher, der am Nachmittag des Sonn abends bettelnd durch den Ort gezogen war, ein Gasthaus auf und bestellte sich ein Glas Bier. Der Wirt, der ebenfalls gerade in der Zeitung den hinter Greie erlaßenen Steckbrief las, wurde durch das unstäte Wesen seines Gastes aufmerksam und fragte ihn nach seinen Papieren. Schnell trank Greie sein Bier aus und verließ die Wirtsstube. Im Orte fragte er noch nach dem Wege zum Bahnhof, wahr scheinlich um die Verfolger auf eine falsche Spur zu locken, und schlug einen Feldweg tn entgegengesetzter Richtung ein, Der Wirt aber und einige Einwohner hatten die richtige Fährte nicht verloren und stellten den Ver brecher in einem Weizenfelde, in dem er sich verbarg. Inzwischen war auch der Zimmer mann Gaudig mit dem Gendarmeriewachtmeister nachgekommen. Doch Greie bedrohte jeden, der sich im nahte, mit dem Meßer. In diesem Augenblicke trat der Förster des Grafen Waldeck aus dem angrenzenden Walde und ging mit geladenem Gewehr durch das Feld auf Greie zu. Als dieser jetzt jeden Ausweg verlegt sah, gab er die Hoffnung auf ein Ent rinnen auf und schnitt sich blitzschnell mit einem Rasiermesser erst die Pulsadern und dann die Kehle durch. Blutüberströmt sank der Verbrecher ins Feld und starb nach wenigen Minuten an Verblutung. — Aller Voraussicht nach wird es auch hier zum „Bierkrieg" kommen, da eine große Ver sammlung, in welcher der Reichötagsabgeordnete Schöpflin den sofortigen Bier-Boykott empfahl, den letzteren lediglich aus dem Grunde nich beschloß um der Partei, die sich mit der An gelegenheit in mehreren Versammlungen be schäftigen werde, nicht vorzugreifen. Morgen werden auch die Studenten zu der Bier- Verteuerung Stellung nehmen. — Ein 20 Jahre alter Student aus Böhmen entwendete in der Universitäts-Bibliothek wert volle Bücher, welche er bei Antiquaren zu zu Gelde machte. Der Dieb ward verhaftet. Annaberg. Ein teures Andenken an Anna berg, nicht etwa in Gestalt eines Erinnerungs gegenstandes, sondern eines erleichterten Geld beutels, nahm ein am Heimatfest-Sonntag dort weilender Motorfahrer mit hinweg. Dieser kam mit noch einem Kollegen auf der Apothekenseite des Marktes entlang gefahren und bog mit seinem Rade nach der Museumfront ein. Dort waren anläßlich des Heimatfestes Tische und Stühle zur Hälfte der Fahrbahnbreite aufgestellt. Bei dem Bemühen, einem Kinde auszuweichen, fuhr der Radler mit seinem Fahrzeuge an einen Tisch, auf dem gegen 200 Biergläser standen, wobei dieser umstürzte, und mit gewaltigem Getöse der gläserne Vorrat in Scherben ging. Sofortige Bezahlung erledigte alles weitere. Plauen. Am Mittwoch abend wurde ein chrecklicher Selbstmordversuch von der etwa 32 Meter hohen Syratalbrücke (Eisenbahnbrücke der Linie Plaucn-Eger) verübt. Die Wärterin des hiesigen Armenhauses, Klara Spranger aus Reichenbach, kletterte in der 7. Stunde am Felsen im Syratal empor, begab sich auf die genannte Eisenbahnbrücke und stellte sich auf die Brüstung der Steinbrücke. Die Wärterin schwang sich dann, einen weithin hörbaren Schrei ausstoßend, über die Brüstung und stürzte sich in das tiefe Tal hinab, mit furcht barer Gewalt unten aufschlagend. Von Spazier gängern wurde die Unglückliche, die ohne Besinnung war und stark blutete, aufgefunden Sie hat sehr schwere Verletzungen, Schädelbruch Arm- und Beinbrüche usw. davongetragen. Ihre Ueberführung ins Krankenhaus erfolgte sofort. An ihrem Aufkommen wird gezweifelt. Plauen i. V. Das Töchterchen des Gärtner- Model in der Händelstraße stürzte au» einem Fenster aus der zweiten Etage herab. Der Körper des Kindes, das sofort tot war, wurde zerschmettert. — Zwei Räubernester sind am Sonntag nachmittag im Reißiger Walde und am Diens tag mittag im Walde^bei Jößnitz „ausgehoben" worden, Mehrere Kinder aus Reißig gingen am Sonntag nachmittag in den Wald, um Pilze zu suchen. Als ein Knabe in unmittel barer Nähe der Hauptstraße hinter der Reißiger Schule in eine mannshohe Anpflanzung trat, wurde er durch ein dumpfdröhnendes „Mr da?" verscheucht. Darauf liefen die erschrockenen Kinder nach Hause und teilten ihre Wahr nehmung den Eltern mit. Gleich darauf machten sich einige handfeste Männer auf den Weg, um eine gründliche Durchsuchung des Dickichts vorzunehmen, Sie fanden eine etwa 2 Quadratmeter große, mit einem Loch, das gerade zum Durchkriechen genügte, versehene Unterkunftstätte, die in Streugeflecht ausgeführt und mit anscheinend gestohlenen Kleidungs stücken dicht verhängt war. Bei näherer Untersuchung förderten die Leute allerlei Sachen, die von Diebstählen, namentlich solchen aus Gartenhäusern am Kauschwitzer Weg und in Jößnitz, herrührten, ans Tageslicht, Die Diebe müßen schon längere Zeit vort gehaust haben, denn sie hatten sich ganz häuslich ein gerichtet. Aber die Vögel waren ausgeflogen, auch nachts sind sie nicht zurückgekehrt. In der Nähe der Haltestelle Jößnitz wurde das zweite „Lager" entdeckt. Leider auch leer. Die Jnsaßen hatten es recht wohnlich einge richtet, anscheinend hatte man die „gute Stube" vor sich. Inzwischen hat man er mittelt, von welchen Einbrüchen die Sachen herrührten. Zwei der Diebe, ein Dienstknecht aus Großkamsdorf (Kreis Ziegenrück) sowie ein Buchdrucker aus Sulza sind festgenommen worden. Sie haben in Gemeinschaft mit einem Bäcker aus Kahla, der ebenfalls erst wegen Diebstahls in Haft genommen wurde, Einbrüche in Gartenhäuser, die schon Wochen zurückreichen, verübt. Die Diebe haben bis I jetzt zehn Gartenhaus-Einbrüche eingestanden.