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Politische R.unäscdau. Deutschland. * KaiserWilh elm und Zar Nikolaus werden, wie nunmehr amtlich bekannt wird, in diesem Jahre nicht mehr Zusammentreffen. Der Zar hat selbst den Wunsch ausgesprochen, angesichts der inneren Wirren sein Land nicht zu verlassen. *Der Gouverneur vonKiautschou, Konteradmiral Truppel, der sich seit mehr als einem Jahre in Deutschland aufhält und sich zurzeit in Wernigerode a. H. bei Verwandten befindet, tritt am 1. August von Genua aus die Reise nach der ostasiatischen Kolonie an, um dort die Dienstgeschäfte wieder zu übernehmen. * Der frühere kommandierende General des XV. Armee-Korps, General der Infanterie v. Lewinski, ist in Görlitz g e st o r b e n. * Wie verlautet, wird die schwedische Flotte in der letzten Augustwoche zu einem Besuch in Kiel eintreffen. ' * Ausführungsbestimmungen zum Reichs- stempelgesetz vom 3. Juni d. werden jetzt amtlich bekannt gemacht. Aus den allgemeinen Bestimmungen ist die strenge Vorschrift hervor- Zuheben, daß für verdorbene Reichsstempel marien und für Reichsstempelzeichen, mit welchen demnächst verdorbene Vordrucke oder Wert papiere versehen sind, nur dann Erstattung be ansprucht werden kann, wenn der Schaden mindestens 3 Mk. beträgt. *Jn Kopenhagen ist Sonntag nacht der Reichstagsabgeordnete Jens Jessen gestorben, der an Stelle des ver storbenen Abgeordneten Johannsen seit dem Jahre 1903 den ersten schleswig-holsteinischen Wahlkreis Hadersleben-Sonderburg im Reichs tage vertrat und stets ein scharfer Vorkämpfer des schleswiger Dänentums war. *Zum Kongresse christlicher Ge werkschaften in Breslau sind 70 Dele gierte aus allen Teilen Deutschlands einge troffen. Auch die sozialdemokratische General kommission hat einen Delegierten dorthin ent sandt. * Die Erste badische Kammer nahm das,. Vermögens st euergesetz unter Be seitigung der von der Zweiten Kammer be schlossenen höheren Progression der gewerblichen Kapitalien und der Besteuerung des landwirt schaftlichen Betriebskapitals mit 24 gegen 2 Stimmen an. * Die durch den Aufstand in Südwest - afrika geschädigten Farmer beabsichtigen, sich an dem Vermögen der Hereros, das durch kaiserliche Verordnung eingezogen ist, schadlos zu haften. Man beabsichtigt, über das gesamte Stammesvermögen der Eingeborenen den Konkurs zu eröffnen, da befürchtet wird, die vorhandenen Summen werden nicht einmal ausreichen, um die deutsche Reichsregierung in ihren Kriegs entschädigungsansprüchen zu befriedigen. Osterreich-Ungar». * Dem österreichischen Wahlreform- Ausschuß wurde der neue Vergleichsvorschlag unterbreitet, durch den die bisherige Mandat zahl um 19 vermehrt, bezw. die Gesamtzahl auf 518 erhöht wird. Von den neuen Mandaten sollen entfallen auf Böhmen fünf deutsche und drei tschechische, auf Mähren ein deutsches und zwei tschechische, auf Galizien vier deutsche und vier slawische, darunter ein ruthenisches, auf Tirol zwei deutsche und ein italienisches und auf Steiermark ein deutsches Mandat. Der Vergleichsantrag, nach dem die Mandatszahl für Böhmen auf 430 erhöht wird, wovon 75 Mandate den Tschechen und 55 den Deutschen zufallen sollen, wurde in nament licher Abstimmung mit 28 gegen 19 Stimmen angenommen. Frankreich. , * Im Hofe der Militärschule, woDreyfus im Jahre 1895 degradiert worden ist, vereinigten sich Abteilungen aller Korps der Garnison zur Zeremonie der Übergabe des Kreuzes der Ehrenlegion an Dreyfus. Der Familie Dreyintz wurde gestattet, an einem Hoffenster diese Ehrung des Majors Dreyfus mit anzu sehen. Italien. *Der frühere Ministerpräsident Fortis ist nach London abgereist, um dort als Vertreter des italienischen Parlaments dem internationalenFriedenskongreß beizuwohnen. Bei seiner Rückkehr wird Fortis in Paris Aufenthalt nehmen, wo er mit ver schiedenen Persönlichkeiten Unterredungen haben wird. Spanien. * Der Finanzminister erklärte, er habe niemals beabsichtigt, die innere oder die äußere Rente zu besteuern. Eine solche Maßregel würde mit dem Kredit Spaniens unvereinbar sein. Der neue Ministerpräsident Stolypin, n ci WÜMüiiWM > > «u Mi Balkanstaaten. * Ernste Unruhen sollen inHedjaz, der nördlichen der beiden türkischen Provinzen Arabiens, ausgebrochen sein, und die Be- Der frühere Ministerpräsident Goremykin. Hörden sollen außerstande sein, der Aufständischen Herr zu werden. Trotzdem die türkische Re gierung alle Nachrichten aus Hedjaz verschleiert und womöglich ganz unterdrückt, wird jetzt be kannt, daß die Lage in Hedjaz für die türkische Regierung immer ungün stiger wird und die Aufständischen immer mehr die Gewalt in die Hände bekommen. Amerika. * Präsident Castro hat ein neues Ministerium gebildet, in dem Josö de Jesus Paul die auswärtigen Angelegenheiten, Eduardo Colis die Finanzen und Julio Torres Cärdenas das Innere übernommen haben. *Der Friede zwischen Guatemala, Honduras und San Salvador ist an Bord des amerikanischen Kreuzers „Marblehead" unterzeichnet worden. Afrika. * In A d d is - Ab eb a der Hauptstadt Abes siniens ist der neue italienisch-abes sinische Handelsvertrag unterzeichnet worden. Japan. "'Der Chef des Generalstabs der japanischen Armee, General Kodama, der die Seele des siegreichen Krieges gegen Rußland war, ist plötzlich gestorben. * In dem neuen japanischen Heeres etat wird nach einer Meldung aus Tokio das Ordinarium, das im vorigen Jahre 35 Millionen Den betrug, auf 45 Millionen, das Extraordi- narium sogar von anderthalb Millionen auf 36 Millionen erhöht werden. Die russische Reichsduma aufgelöst. Was nach der Entwickelung der Dinge in den letzten Tagen immer wahrscheinlicher wurde, ist jetzt zur Tatsache geworden: Durch Ukas des Zaren ist die Reichsduma aufgelöst und die Einberufung einer neuen Versammlung für nächstes Jahr verfügt worden. Zugleich wird der Minister des Innern Stolypin an Stelle Goremykins zum Ministerpräsi denten unter Beibehaltung seines bisherigen Portefeuilles ernannt und über Petersburg der Belagerungszustand verhängt. Es ist eine überaus betrübende Wendung der Dinge, an der die Volksvertretung absolut schuldlos ist. Die Mehrzahl der D u m a mi tg l i ed er be gab sich noch in der Nacht, als der Ukas des Zaren, der die Auflösung des Parlaments ver fügte, erschien, nach Finnland, um über die Lage und die etwa zu ergreifenden Schritte zu beraten. In der Residenz herrscht vollkommene Ruhe, und nur wenig Menschen bewegen sich auf den Straßen. Die Stimmung in intelligenten Kreisen ist angesichts der Tatsache, daß die Regierung den Kampf aufnimmt, teilweise gedrückt, teilweise aber befriedigt mit Rücksicht darauf, daß die Duma keine praktischen Ergebnisse erzielen konnte und ihre Tätigkeit zu wenig dem Wohle und der Wohlfahrt des Landes galt. Die Residenz wimmelt von Militär, jeder Versuch zur Unruhe soll sofort niedergeschlagen werden. Ein poli tischer Generalstreik wird jetzt ernstlich befürchtet. Der Kongreß der revolutionären Parteien, der in Moskau hierüber beriet, hat die Berufung einer konstituierenden Versammlung auf Grund des allgemeinen gleichen, direkten und geheimen Stimmrechts ohne Unterschied der Religion und Nationalität beschlossen. Die Leitung des Streiks übernimmt der Rat der Arbeiter-Deputierten in Moskau. Das Dumagebäude blieb am Sonntag geschlossen. Polizei bewachte die Eingänge und gestattete nur dem Präsidium der Reichsduma den Zutritt. Da viele Abgeordnete im Duma gebäude Briefe aufbewahren, erwartet man, daß die Polizei diesbezüglich neue Weisungen er halten werde. Die bei dem im Dumagebäude befindlichen Büfett angestellten Personen wurden in der Nacht geweckt und mußten, nachdem ihnen die Schlüssel der verschiedenen Räumlich keiten abgenommen worden waren, das Inventar fortschaffen. In Moskau, Kiew und andern Städten kam es zu ernsten Ruhestörungen, als der Staatsstreich bekannt wurde. Das Militär oder die Polizei vermochte jedoch immer wieder die Ruhe herzustellen. Tur Auflösung äer Duma. Wie vorauszusehen war, hat der Zar dem Mas bezüglich der Duma-Auflösung nunmehr ein Beruhigungsmanifest an das Volk folgen lassen. Dieses Manifest legt zunächst die Gründe dar, die den Zaren zur Auslösung des jungen Parlaments zwangen, betont sodann, daß die Lösung der Land frage, die Hebung des B au e r n st and e s nach wie vor das Hauptziel der Negierung sei, und ver sichert, daß nach dem festen Willen des Zaren die Einrichtung der Volksvertretung an sich er halten bleiben solle. Wie wohl der Staatsstreich seit einigen Tagen von der zarischen Regierung vorbereitet war, läßt der Umstand klar erkennen, daß 40 Linienbataillone, die gesamte Gardekavallerie, die zweite Gardedivision und vier Maschinen gewehrkompanien in Petersburg zusammen gezogen sind. Die Stimmung ist in allen Teilen des Landes sehr gedrückt. Ans Blätter meldungen ist jedoch nicht viel zu erfahren, da, wie erst jetzt bekannt wird, seit dem 21. d. alle links st ehendenBlätterunterdrückt worden sind. — Von Wiborg (in Finnland) aus, wohin sich die meisten der bisherigen Duma-Abgeordneten zur Beratung der Lage begeben haben, werden sie ein Manifest an das russische Volk erlassen, das mit den Worten schließt: „Die Regierung ist nicht berechtigt, ohne Einverständnis mit der Volksvertretung vom Volke Steuern zu erheben und das Volk zum Militärdienst einzuberufen. Daher seid Ihr jetzt, wo die Regierung die Duma aufgelöst hat, berechtigt, weder Geld noch Soldaten zu geben. Wenn die Regierung jedoch, nm sich Geld zu verschaffen, Anleihen machen sollte, so sind der artige ohne Zustimmung der Volksvertretung gemachte Anleihen ungültig. Das russische Volk wird sie niemals anerkennen und braucht sie nicht zu bezahlen. Gebt also bis zur Berufung der Volksvertretung keine Kopeke der Krone und keinen Soldaten der Armee. Seid standhaft in Eurer Weigerung; Eurem einigen, unbeugsamen Volkswillen kann keine Macht widerstehen. Bürger! In diesem erzwungenen, doch unumgänglichen Kampfe werden Eure Ver treter mit Euch sein." Die Lage des Nussenreiches ist durch die Auflösung der Duma überaus ernst und eS er scheint fraglich, ob die Zusicherungen im Mani fest des Zaren genügen werden, den aufziehen den Sturm zu beschwören. "Von unci fern. Zur eisernen Hochzeit. Anläßlich der eisernen Hochzeit des Stadtrat Schemioneckschen Ehepaares in Elbing wurden diesem durch Ge heimrat Elditt ein Glückwunschschreiben des Kaisers und eine Ehejubiläumsmedaille überreicht. Ei» heiteres Erlebnis des Grosther- zogs von Baden wird aus Villingen berichtet. Der Großherzog und die Großherzogin weilen dort für einige Zeit zum Luftkuraufenthalte. Bei einem Spaziergange im Walde trafen sie einen alten Waldarbeiter, den der Großherzog an redete und allerlei fragte, ohne daß ihn der Mann zu kennen schien. Als er dann angab, daß er schon 60 Jahre Waldarbeiter und 77 Jahre alt sei, da meinte der Großherzog teilnehmend: „Da sind Sie ja nur drei Jahre jünger als ich!" Jetzt blinzelte der Alte den Großherzog an und sagte: „Dann seid Ihr der Großherzog un sälli ischt Euer Frau!" Und als beide lächelnd be jahten, erklärte der Alte sehr herablassend: „Sell kann ich Euch sage, 's Volk ischt aber au sehr z'friede mit Euch!" Uber dieses unverlangte Zeugnis haben sich Großherzog und Großherzogin nicht wenig gefreut. Der Dampfer „Deutschland" der Ham- burg-Amerika-Linie, der vor einigen Tagen im englischen Hafen Dover Havarie erlitt, ist unter eigenem Dämpf von Dover nach Southampton abgegangen, um dort zu docken. Todesstnrz den» Radrennen in Halle. Bei dem Nennen um das Goldene Rad stürzte der Dauerfahrer Huhndorf aus Lindenau und wurde als Leiche vom Rennplatz getragen. Der Mörder Franz Köhler und seine Geliebte verhaftet. Der von Leipzig aus wegen Totschlags, begangen an dem Schutzmann Talg, verfolgte Tischler Franz Köhler, auf dessen Ergreifung eine Belohnung von 600 Mk. aus gesetzt war, und dessen Geliebte, die angebliche Schauspielerin Johanna Lange, sind in Hannover von der Kriminalpolizei festgenommen worden. K Ein frauenleben. Erzählung von Fritz Reutter. iForlsetzmig.I .Du verstehst also," fährt Georg nach einer Weile fort, als er sieht, daß Bruno nichs antwortet, „sie wagte mir nicht unter die Augen zu treten. Sie hat alles im Stich gelassen. Für mich bleibt nichts als — vergessen." Di« Worte klingen tapfer und die Stimme gefaßt; aber in den müden Augen, im er zwungenen, ruhigen Ausdruck des Antlitzes liest Bruno die Schmerzen, die es ihm bereitet, ver gessen zu müssen. „Tatest du nichts, ihrer Spur zu folgen?" fragt Bruno plötzlich fast unwillig. „Es ist doch nicht möglich, daß eine Frau heutzutage so ohne weiteres verschwindet. Wohin ist sie gereist?" „Ich eilte nach der Bahnstatton," erzählt Georg weiter. „Man sagte mir, sie hätten eine Fahrkarte nach Berlin gelöst. Weiter fragte ich nicht. Es ist alles vorüber. Sie ist fort." „Es ist alles aus." Die Wiederholung dieser Worte ruft in Bruno jenes Gefühl eigener Ohn macht wach, so daß er von neuem beginnt, seine Kleider in den Reilekosser zu drücken. „Was tust du denn?" fragt Baumbach plötzlich. „Du scheinst zu packen — willst du abreisen?" „Ja, ich werde abreisen," antwortet Bruno dumpf. „Dies ist kein Aufenthalt für mich." „Du willst uns verlassen, weil wir jetzt in Sorge und Kummer sind? Ich hätte das von dir üichi erwartet." „Ich gehe fort," versetzt Bruno fast wild, „weil du mich hassen mußt. Bevor ich kam, warst du glücklich. Ja, bei Gott, wenn ich daran denke, wie dein ganzes Wesen voll Glück strahlte an jenem ersten Wend, wo ich eintraf, so kann ich das Elend jetzt nicht länger mit an sehen." Georgs Lippen zittern. Zum erstenmal ver rät sein Antlitz eine nicht zu unterdrückende Er regung. Einen Augenblick scheint er nachzu denken, dann antwortet er mit der früheren Freundlichkeit: „Miß dir keine Schuld an meinem Unglück bet. Du tatest, was du tun mußtest und was jeder andre Mann an deiner Stelle auch ge tan, und was die meisten wohl weniger nach sichtig und gütig ausgeführt hätten." Er kommt einen Schritt näher und legt die Hand auf den Arm des Freundes und fährt bittend fort: „Bleibe bei uns, Bruno. Hilf uns unsern Schmerz tragen. Ich werde wohl kein amüsanter Gesellschafter sein, aber es ist mW um Getrud, die dich nun sobald wieder verlieren soll — auf alle Fälle wird es für uns besser sein, wenn du bei uns bleibst." Damit wendet er sich zum Gehen. Plötzlich bricht Bruno hastig hervor: „Es ist noch ein andrer Grund, weshalb ich abreisen will. Es sollte doch jemand versuchen, ausfindig zu machen, was aus der armen Frau geworden ist." Georg bleibt unter der Türe nachdenklich stehen. „Sie machte mir den Eindruck," fährt Bruno halb verlegen fort, „als wäre sie eine zur Verzweiflung getriebene Frau und damit jeder Torheit fähig. Man sollte sie vor sich selbst retten, wenn es möglich ist, sie zu finden." „Wenn sie jemand aufsuchen sollte, so müßte ich es tun," sagt Georg langsam. „Du magst recht haben. Ich will's überlegen. Wenn ich sie aber aufsuche, so wird es nicht als Geliebter, sondern als Freund geschehen." Damit geht er aus dem Zimmer. Und Bruno Stauffer reißt hastig seine Kleider wieder aus dem Koffer und wirst sie in den Schrank und sendet die Reisetasche selbst mit einem energischen Fußtritt nach der Zimmer ecke. — Die Gäste verabschieden sich und Baumbach erklärt, daß er nach der Station gehen müsse, um einige Erkundigungen einzuziehen. Gertrud bleibt allein zu Hause; denn auch Bruno hat wieder einen seiner Spaziergänga durch Feld und Wald unter nommen. Seine Schutte bringen ihn in die Nähe der kleinen Villa, wo Frau Forster ge lebt. Sie liegt abseits von der Hauptstraße und hinter dichten, düsteren Bäumen verborgen. Wie er über das niedere Gartentor lehnt und in den öden Garten nach den leeren Fenster scheiben blickt, beschleicht ihn ein überwälttgeirdes Mitleid für die Frau, wie er es nie zuvor gefühlt. Der fürchterliche Sinn jener ver zweiflungsvollen Worte: „Ich habe das eine Leben probiert — jetzt will ich auch das andre versuchen," wird ihm vollauf klar. Beim Mittagessen fehlt Baumbach, und Stauffer ist genötigt, den Platz seines Freundes am Tisch einzunehmen; er bemüht sich so viel er kann, die Angst und Besorgnis der Schwester um ihren Bruder zu verscheuchen. Auch gegen Abend ist Georg noch nicht zurückgekehrt. Bruno befindet sich allein auf der Terrasse und blickt hinaus in die ersten Herbstnebel. Die Wendstille wird vom Aufschlagen von Pferdehufen unterbrochen. Georg fährt im Galopp vor das Haus, und sobald er seinen Freund sieht, wirft er dem Knecht die Zügel zu, und eilt nach der Terrasse. Sie blicken sich fragend an. „Du hast sie nicht gefunden?" fragt Bruno. Das Gesicht des Freundes verrät ihm die Antwort, noch ehe dieser spricht. „Nein, ich habe sie nicht gefunden; vorher wußte ich auch gar nicht, wie sehr ich sie zu finden wünschte, und wie hoffnungslos nun all mein Suchen ist. Ich entdeckte ihre Spur wohl bis nach Berlin — aber weiterhin nichts — sie ist verloren in der Großstadt." Er hält einen Augenblick inne, wie um seiner Stimme und seiner Worte Herr zu werden. Dann fährt er ruhig, aber entschlossen fort: „Bruno, alter Freund, sie ist für mich für immer verloren. Ich werde nicht mehr ver suchen, ihr zu folgen. Ich weiß selbst kaum, was ich getan, wenn ich sie gefunden hätte. Während meiner Reise, all der aufregenden Stunden des Suchens, kamen mir immer diese Worte, die du einst gesprochen, in den Sinn. Vielleicht entsinnst du dich ihrer nicht mehr. Du sagtest, sie wäre das reizendste Werb, in ihrem Wesen liege jener weibliche Zauber, der einen Mann jeder Torheit, jeden Verbrechens fähig machen könnte. Diese Torheit bleibt mir, Gott sei Dank, erspart; und ist's auch nicht meinet wegen, so doch Gertruds wegen."