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Q Mit seiner ganzen Familie zum Militär ansgernckt ist dieser Tage ein in Schönlind bei Graslitz in Böhmen wohnhafter Arbeiter, der zur Ableistung einer mehrwöchigen Waffenkbung beim Landwehr-Regiment Nr. 6 in Eger einberufen war. Die Reise nach feinem Garnisonorl unternahm der Mann mit seiner aus Frau und 5 Kindern bestehenden Familie, die er in einem kleinen Planwagen untergebracht hatte, den er selbst zu Fuß begleitete. Wegen gänzlicher Mttellosigkeit wollte er Frau und Kinder nicht zu Hause lassen. Mitleidige Men schen nahmen sich der hungernden Kleinen an und die Polizei in Graslitz gab ihnen Unter kunst für die Nacht. Wie verlautet, wird der ohnedies kränkliche Mann demnächst beurlaubt werden, um wieder für seine Familie sorgen zu können. Waffereinbruch im Tauerntunuel. In folge der ausgiebigen Regengüsse der letzten Tage ist beim Bau des Tauerntunnels Wasser eingebrochen. Die Arbeiten mußten daher ein gestellt werden. Als der Wassereinbruch erfolgte, befanden sich rund 500 Arbeiter im Tunnel. Sie verließen fluchtartig ihren Arbeitsplatz, da eine ernste Katastrophe zu befürchten stand. An der gleichen Stelle ist bereits wiederholt Wasser eingedrungen. Eine Schweiftfriesel-Epidemie ist im französischen Departement Deux - Sevres in heftiger Weise ausgebrochen. Nach einer amt lichen Statistik hat die Krankheit in den Departements Charente und Deux-Sevres nicht weniger als 3777 Personen befallen; an hundert Fälle sollen bis jetzt tödlich verlaufen sein. (Schweißfrieseln sind ein Hautausschlag, be stehend in hirsekorngroßen Bläschen, die mit einer trüben Flüssigkeit gefüllt sind. Sie ent stehen meist im Gefolge von Typhus und Ge- > lenkrheumcuismus oder auch infolge starker Schweißabsonderung.) Unter schwerem Verdacht. In Belfort sind zwei Soldaten von der Wache der Militär brieftaubenstation verhaftet worden. Sie werden beschuldigt, zu dem im vorigen Jahre verurteilten Spion Kilian in Beziehungen gestanden zu haben. Die Funkentelegraphic in England. Das Marconi-System erfreut sich in England besonderer BevoMgung der Admiralität, hat aber die gleiche Wertschätzung bei der Heeres verwaltung nicht finden können. Diese hat die seit langer Zeit fortgesetzt vorgenommenen Prüfungen der verschiedensten Systeme noch immer nicht abgeschlossen, doch soll die Funken telegraphie nach einem englischen System die besten Aussichten auf Einführung im Heeres dienst haben. Entscheidet sich das Kriegsmini- sterium in diesem Sinne, so würde der merk würdige Zustand geschaffen werden, daß in Eng land Heeres- und Marineverwaltung sich ver schiedener Systeme für drahtlose Telegraphie bedienen, daß also der sunkentelegraphische Ver kehr zwischen den beiden Hauptfaktoren der Landesverteidigung zum mindesten erschwert ist. <w. Eine Tragödie aus See. Kapitän Peterson von dem norwegischen Dampfer „Talis man" hatte bei seiner Ankunft im englischen Hafen Barry eine tragische Geschichte zu be richten. Eines Morgens lief das Schiff im Bristol Kanal auf Grund. Der Kapitän, seine Frau, seine drei Jahre alte Tochter, der erste Maschinist und der Lotse nahmen ein kleines Boot, das aber durch den hohen Seegang zum Kentern gebracht wurde. Zwanzig Minuten lang trieben die Unglücklichen in der See, bis sie von einem andern Boot gerettet wurden. Die Tochter des Kapitäns ertrank. Der Dampfer kam mit einem großen Leck später in Barrh an, wohin man die vollständig erschöpften vier Personen gebracht hatte. vd Ein unterirdischer Gemüsegarten. Ein erfinderischer Weinhändler in Dublin (Irland) hat seinen unbenutzten Weinkeller in einen Ge müsegarten verwandelt. Dort, wo früher Wein fässer lagerten, gedeihen nun Kohl, Rhabarber und Pilze. Da der unterirdische Gemüsegarten inmitten der Stadt liegt, braucht der Besitzer nicht weit zu fahren, im Gegenteil, seine Kunden kommen, um beim Licht einer Laterne sich das Gemüse selbst auszusuchen. I« der Bukarester Ausstellung explo dierte vor der Aufführung der Kämpfe bei Port Arthur ein Pulverdepot, wobei fünf Matrosen schwer verwundet wurden. GerickwkaUe. Berlin. Vor dem Schwurgericht des Land gerichts hierselbst begann die Verhandlung gegen den des Raubmordes an der eigenen Mutter beschuldigten Schlächter Max Jordy. Der Andrang des Publikums zum Sitzungssaale ist ein so großer, daß der Zu hörerraum völlig besetzt ist. Der Angeklagte ist ein Mann von mittelgroßer, nicht besonders kräftiger Statur, mit schwarzem, sorgsam gescheiteltem Haupt haar und kleinem, dunklen Schnurrbart. Er macht ein bekümmertes Gesicht und weint wiederholt, ins besondere als die Zeugen — 130 an der Zahl — aufgerufen werden und in den Saal treten. Er be teuert wiederholt, an dem ihm zur Last gelegten Ver brechen unschuldig zu sein. Hanau. Vor der Strafkammer stand der Gold warenfabrikant Jean Sturm wegen Hehlerei ge stohlenen Goldes. Sturm soll durch eine fortgesetzte Handlung, insbesondere in der Zeit von 1899 bis 1903 Gold und Silber im Werte von etwa 10000 Mark durch Hehlerei erworben haben. Er bestreitet die ihm zur Last gelegte Straftat und sagt aus, er habe hauptsächlich auf Bestellung gearbeitet und zwar größtenteils für Frankfurter Händler. Das Gericht erkannte auf Freisprechung, da der Beweis für dir Schuld des Angeklagten nicht erbracht wurde. Magdeburg. Das hiesige Schwurgericht ver urteilte den Stcindrucker Ernst Wilde wegen Raub mordes zum Tobe. Wilde hat am 23. März d. den pensionierten Bahnwärter Hennig, der in einem an der allen Heerstraße zwischen Brandenburg und Groß-Wusterwitz gelegenen Häuschen eine Schank- Wirtschaft betrieb, durch Hammerschläge und drei Revolverschüsse ermordet und beraubt. Nach der Tat hatte der Verbrecher große Massen Alkohol getrunken und war infolgedessen eingeschlafen. So wurde er von einem Gaste aufgefunden. Wilde nahm das Urteil ganz gleichmütig auf. R Kerlmer Junior vor 6erickt. Die Kochprobe. In jener Rubrik, die von den Heiratslustigen beiderlei Geschlechts stets mit größtem Interesse gelesen wird, war eines Tages folgendes Inserat enthalten: „Herr in gesetztem Aller, solide, gutmütig, sucht Bekanntschaft mit Dame, 28—35 Jahre alt, die gut kocht, zwecks Heirat." — Fräulein Käthe R. las das Inserat und konstatierte, daß sie für diesen Heiratslustigen die denkbar geeignetste Partie sei. Sie setzte sich also hin und schrieb unter der angegebenen Chiffre, daß sie bereit sei, des Inserenten bessere Hälfte zu werden; eigene Wirtschaft, gute Küche und sonstige Vorzüge wurden gebührend betont. Fräulein Käthe hatte die Freude, daraus eine Einladung des Unbeweibten zum Glase Bier zu erhalten. Die erste Bekanntschaft verlief beiderseits sehr befriedigend und auf dem Nachhausewege lud Fräulein Käthe ihren Zukünftigen für nächsten Sonntag zum Mittagessen ein, um ihm eine Probe ihrer Kochkunst wirksam abzulegen. Leider endete dieser Tag mit einem jähen Mißklang. Die Schuld darau maß Fräulein Käthe ihrer Freundin Frieda B. bei, was zur Folge hatte, daß die beiden Damen hart aneinander gerieten und Frieda B. als die Schwächere verschiedene blaue Flecken und eine erheblich ramponierte Toilette davontrug. Sie hat darauf ihre ehemalige Freundin vor das Schöffengericht zittert, wn für die erlittene Unbill Genugtuung zu fordern. Vors.: An geklagte Käthe N. was haben Sie zu Ihrer Entschuldi gung anzuführen? — Angekl.: Det ick det Opfer von eene janz jemeene Judastai jeworden bin und nich icke uff die Anklagebanke jehöre, sondern diese Person, die mir aus Neid und Mißjunst blamiert und jeschädijt hat. Um Fritzen — so hieß nämlich der betreffende Herr — keenen zweifelhaften Befrist von mir zu jeben, mußte ick mir doch notjedrungen for den Sonntag eene Art Anstands-Wauwau hallen, man hat doch seine Bildung und weeß, wat sich schickt. Ick bestellte mir deshalb die Frieda B., damit se mir 'n bißken bei't Kochen hals und jewissermaßen die Anstandsdame markierte. Eene knusprij jebratenc Jans bleibt det reellste, deswejen machte ick zu den SmmLsg eene Jans mit jefüllte Appel. Fritze saß am weißjedeckten Disch und spielte erwartungsvoll mit die Serviette. Die Jans war prachtvoll geraten; aber kaum Hütte ick se bei Tische uffjeschnitten, um die Mlfisn Appel rauszunehmen, da schluch mir eeu betäubender — Seese-Jeruch entjejen. Entsetzt schneide ick Wetter und stoße nu uff eenen widerlichere Seckbrei, in den die jefüllten Nvpel lagen. Ick war enfieiftert. Fritzen fiel plötzlich in, det er wat sehr Wichtffet versessen hätte. Ehe ick's verhindern konnte, war er zur Düre raus. Die Frieda wollte sich ooch drücken, aber da keiner weiter außer sie und mir an'n Ofen jekommen war, konnte sie mir bloß den Streich gespielt haben un ick rechnete uff der Stelle mit ihr ab. Sie jestand dabei, det se, während ick den Disch deckte, die Jans een Stück Seese in'n Bauch jeschoben hatte. — Der Gerichtshof erkannte in anbe- tracht der von Frieda R. bewiesenen Niedertracht auf nur 5 Mk. Geldstrafe. Kranä cler McdaeUs - Xircbe in Camburg. Eine der schönsten Kirchen Hamburgs, die Michaelis-Kirche, ein Bauwerk, das zu den hervorragendsten der Alsterstadt gehörte, ist fast ganz vom Feuer zerstört wordm. Die Kirche rst 1757 bis 1762 von dem hamburgischen Die Michaeliskirche in Hamburg. Architekten Sonnin erbaut. Der über 130 Meter hohe Turm, ein Wahrzeichen Hamburgs, ist zu sammengestürzt. Der 3. Juli d. wird der lebenden Generation Hamburgs nicht aus dem Gedächtnis kommen. Wie man heute noch von dem großen Brande von 1842, der einen großen Teil der Hansestadt in Asche legte, spricht, so wird man lange, lange des Tages gedenken, der das herrliche Gotteshaus Hamburgs und mit ihm eine große Anzahl weiterer Gebäude einen Raub der Flammen werden ließ. Kaum eine Stunde hatte es gedauert, seit das Feuer zum Aus bruch gekommen war, da erfolgte der Einsturz des Säulenturmes des Gotteshauses. Das all bekannte. weitbin sichtbare Wahrzeichen der Hansestaot stürzte wenige Minuten nach 3 Uhr mit mächtigem Krachen in fich zusammen. In zwischen aber hatte sich das entfesselte Element auch dem Schiff der Kirche mitgeteilt, die in ihrem ganzen Umfange ein mächtiges Feuermeer bildete. Die Feuerwehr stand dem Ereignis, das in der Bevölkerung allgemeines Entsetzen verbreitete, ohnmächtig gegenüber und mußte sich aus den Schutz der Nachbarhäuser be schränken. An ein Retten der Mchaelis-Kirche war von vornherein nicht zu denken. Aus allen Öffnungen des Gemäuers schlugen die Flammen: Balken brachen und stürzten nieder, brennende Holzstücke wurden über die Straße geschleudert und sielen auf die Dächer der um» liegenden Häuser, ein Aschenregen ging her nieder und trieb die noch weilenden Menschen zur Flucht, soweit sie nicht durch die umfassen den Absperrungsmaßregeln zurückgehalten waren.! Die Fragen nach der Entstehungsursache des ' Brandes sind schwer zu beantworten, und in! später Abenstunde stand noch nichts Bestimmtes fest, weil niemand da ist, der Auskunft geben könnte. Seit Tagen war man mit der Reparatur des Uhrwerkes beschäftigt, und wahrscheinlich habm Werkleute, die dabei in Tätigkeit waren, eine Unvorsichtigkeit begangen, infolge deren die Holzverschalung Feuer fing. Der alte Turm wächter Bäuerle hatte den Ausbruch des Brandes vom Turme aus der Feuerwehr ge meldet. Seitdem wird er vermißt. Er hat sicher den Tod in den Flammen gefunden, da sich ihm nirgends ein Ausweg bot, um ins Freie zu gelangen. Außerdem sollen ein Dach decker und ein Uhrmacher umgekommen sein. Durch den Einsturz des Kirchturmes nach der Englischen Planke hin wurde , die an die Kirche angrenzende Häuserreihe von den Flammen ergriffen. Die vordersten Häuser sind ausgebrannt. Bald stand die ganze englische Planke in Flammen, dann begannen einzelne Häuser der Mühlenstraße, der Böhmkenstraße,' am Kraienkamp und am Venusberg, am Eichen holz und am Schaarmarkt zu brennen, und die ' Feuerwehr mußte geradezu Unmenschliches leisten, um die gefährdeten Menschen zu bergen. Viele der opfermuttgen Männer trugen dabei selbst schwere Verletzungen davon. Der Dach stuhl der Kirche ist vernichtet. Das Kirchen inventar und die Kirchenbücher konnten gerettet werden. Unter den Trümmern aber sind acht Glocken der Kirche begraben, und der kostbare Mtar und die sonstige innere Ausstattung der ' Kirche find verloren. Bis 7 Uhr abends arbeiteten an der Löschung des Feuers noch zehn Dampfspritzen, die mit 40 Rohren Wasser gaben. Von etwa 20 Gebäuden, meist Fach werkbauten in der Umgebung der Küche, find der Dachstuhl und die oberen Geschosse nieder gebrannt. Herzerschütternde Szenen spielten sich bei dem Bemühen, die Bewohner der angrenzenden Häuser zu retten, ab. In einem Hause an der Eng- - fischen Planke fitzt eine Frau mit ihrer allen Mutter allein. Die Tochter will die gicht brüchige Greisin aus der gefährdeten Wohnung retten. Vor Entsetzen sind aber ihre Kräfte erlahmt. Mit Aufbietung der letzten verzweifel ten Anstrengung schleppt sie die kranke Mutter — die Flammen haben schon das Dach des Hauses angefressen — bis zur Tür. Dort aber bricht sie mit ihr zusammen. Da naht ein Retter. Ein Feuerwehrmann bemerk bei der Umschau über die Dächer die beiden mit dem Tode ringenden Frauen. Unter den unsäg lichsten Mühen bringt er die unglücklichen Frauen aus dem Hause. Neben ihm und den Be freiten fällt ein brennender Balken nieder, doch alle drei bleiben unverletzt und sind gerettet. Der König von Sachsen, der gegenwärtig in Hamburg wellt, sprach den Wunsch Ms, die Brandstätte zu besichtigen. In später Nachtstunde flackert das Feuer immer noch im Junern der Küche Ms, die bis auf die Umfassungsmauern eingeäschert ist. Dank den übermenschlichen Anstrengungen der Feuerwehr gelang es, der Feuersbrunst in den ankegenden Straßen Herr zu werden, so daß die größte Gefahr beseitigt ist. Das Warenhaus Braun ist in seiner ganzen Ausdehnung den Flammen zum Opfer gefallen Mit ihm find an der Englischen Planke zwölf Fachwerkgebäude vernichtet. In den andern in Mitleidenschaft gezogenen Süaßen sind 13 Baulichketten mehr oder minder stark durch Feuer zerstört. Der Schaden läßt sich indessen noch nicht in seinem ganzen Umfange annähernd schätzen. Die Bevölkerung ist in furchtbarer Aufregung Kuntes Allerlei. Unerwartete Schlußfolgerung. Junge Frau (hysterisch und ewig nörgelnd): „Ich sage dü, Onkel, Eduard behandelt mich wie ein befferes Dienstmädchen!" -- Onkel: „Für einen so rücksichtsvollen Gatten kannst du dem Himmel gar nicht genug danken'" cM-ss') > Das erste Wort. „Kann Ihr Kleiner schon „Papa" und „Mama" sagen?" — „Nein, aber „Friedrich" . so heißt nämlich der Bräuti gam von unserm Kindermädchen 1" J-hrh.-; Günstig. Er „Mem Kollege ist ein merk würdiger Kauz - alles, was er sieht, will er haben" — Sie' Do stelle ihm doch einmal unsre Tochrei vor -kam die Nacht --- die Nacht seines Todes, als ernstlich mit ihm stritt. Unter dm Männern, °ir, wie es scheint, in der Villa sich versammelten, befand sich auch ein verabschiedeter Hauptmann Gontard, den sie Ms ihrer Jugendzeit her kannte Md den sie verabscheute. Als Grund siü ihren heftigen Widerwillen gegen diesen Mann gab sie ihrer Überzeugung Ausdruck, daß er ihren Gatten ins Verderben stürze; und ohne Zweifel b>ar der Hauptmann ein Falschspieler. Sie weigerte sich, ihn zu schm; ihr Gatte bestand darauf; sie wechselten bittere Worte, und sie Erließ ihn — ging Ms dem Hause und über- «eß es ihm allein, seine Gäste zu unterhalten." „Und?" — Es ist nur dies eine Wort, und doch verrät es das Interesse, das Georg be- ttits fühlt. Bruno Stauffer wartet einen Augenblick, um seine Gedanken zu sammeln und die Er zählung ruhig und juristisch genau fortzusetzen. „Die Spieler versammelten sich natürlich M der Abwesenheit der Hausfrau. Wie es scheint, spielte man sehr hoch. Aber die Mehr- öahl der Gäste, die alle als Zmgen aussagten, "erließen die Villa zwischen zwei und drei Uhr sorgens, so daß zuletzt nur noch Hauptmann Gontard mit Karl Forster zurückblieb." . Nach einer augenblicklichen Pause fährt er bann fort: „Alles, was nun geschah, beruht ^"zig und allein auf den Aussagen des Haupt- wanns. Dieser gibt zu, daß hoch gespielt wurde, daß Forster bedeutende Verluste erlitt, er sehr erregt wurde und manches un- weundliche, bittere Wort über das Verschwinden inner Frau sprach. Er behauptet, um halb fünf Uhr morgens Forster am Tische fitzend, des Kopf in die Hände gestützt, verlassen zu haben." Wieder eine Pause, aber Baumbach findet in diesem Augenblick kein Wort, denn dieser un geschminkte Bericht bewegt ihn gar seltsam. „Was wir nun weiter wissen," fährt Stauffer etwas umständlich fort, „ist, daß Frau Forster, die in einem befreundeten Hause ein Obdach für dü Nacht gesucht hatte, dm Zwist imt ihrem Gatten bereute, und da sie die ganze Nacht nicht geschlafen — wohlverstanden, das ist ihre Aussage — sie sich gegen sieben Uhr morgens ankleidete und nach ihrem eigenen Hause zurück kehrte, wo sie mittels eines Drückers eiutrat. Die Advokaten der gegnerischen Sette machen nun geltend, es müsse einige Zett verstrichen sein, ehe die Dienstmädchen durch heftiges Ge klingel herbeigerufen wurden. Es befanden sich zwei Dienstmädchen im Hause, und beide be zeugen übereinstimmend, daß sie beim Eintreten in das Zimmer ihres Herm diesen in furcht baren Krämpfen auf seinem Bette liegend sahen, daß die Herrin ihnen auftrug, einen Arzt Herbei zumfen, und daß die Frau selbst ganz außer sich vor Schmerz war." „Und dann?" Georg bringt kein Wort »lehr über die Lippen. „Der Arzt kam, gab Gegengift und redete mit dem Mann, der im Sterben lag. Er er klärte ihm mit aller Deutlichkeit, daß er ver giftet sei, und beschwor ihn, zu sagen, ob er das Gist selbst genommen oder ob es ihm von andern verabreicht worden wäre. Der Arzt er innerte sich genau der Worte, dü er an den Sterbenden gerichtet: „Sie werden sterben. Spreche« Sie also die Wahrheit I" Und der in den letzten Zügen lügende Mann, der bisher keinen Laut von fich gegeben, richtete mühsam den Kops empor und blickte nach seiner Frau Md sprach ganz deutlich diese Worte: „Fragen Sü Mathilde, sie weiß es." Kurz nachher ver schied er." „Gerechter Himmel!" ruft Baumbach, „ein fürchterliches Wort, das gegen sü zeugt." „Gewiß, oberflächlich bettachtet, ein fürchter liches Worch" versetzt Stauffer ruhig. „Ab«c bei einem Morde handelt es süh immer auch darum, dü Beweggründe zum Verbrechen zu erforschen. NM hatte sie aber keine Ursache, ihren Gatten tot zu wünschen; ttn Gegenteil, sie hatte allen Grund, ihn am Leben zu erhalten. Hätte er seine Mutter, eine alle Dame, überlebt, so hätte er ein großes Vermögen geerbt; hin gegen ist sü jetzt infolge seines Todes arm, sehr arm, ja tief verschuldet allein auf dieser Welt zurückgeblieben." „Und dann kam natürlich die gerichtsärztliche Untersuchung — die Totenschau. MM fand, er hätte Selbstmord begangen I" „Es war der einzig vernünftige Schluß. Der Verlust ttn Spül, der Zwist mit seiner Frau hatten den Mann hochgradig erregt. Wenn man noch außerdem seine etwas exzentnsche Ver anlagung, feine Geneigtheit zu heftigen Wut anfällen und Aufwallungen in Betracht zog, so schien dieser Schluß ganz gut möglich. Auf dem Waschtisch fand man eine leere Flasche einer Flüssigkeit, von der noch einige Reste in einem danebenstehenden Glase zurückblüben. MM nahm an, er hätte diese Flüssigkeit irrtümlich als Schlafmittel genommen, obgleich das fast kaum mögfich war, denn dü Etikette auf dem Flacon war deutlich genug. Der Arzt erklärte, wohl mehr Ms Sympathie für dü arme Frau als Ms innerer Überzeugung, daß die Ursache des Todes Selbstmord infolge augenblicklicher Störung gewesen sei." „Aber es ist auch sicher," bemerk Georg mit jener Klarheit des Urtells, die er in seinen früheren Bemerkungen bereits bekundet, „daß, wenn sie das Verbrechen begangen, sü doch zu allererst das Glas Md die Flasche beiseite ge schafft hätte, ehe sü die Dienstboten herbeirüf. Wie konnte man also den Fall noch einmal vaL Gericht zerren!" „Es geschah aus Haß gegen dü Frau. Seine Verwandten weigerten sich, es bei dem Urteil der Totenschau bewenden Kl lassen, und veranlaßten den Staatsanwalt, einzuschcetten. Sie hatten keinen genügenden Grund, um dü Frau direkt zu beschuldigen; aber ihre Be mühungen zielten darauf ab, zwischen Haptmann Gontard und Frau Forster ein heimliches Ein verständnis zur Ermordung ihres Mannes zu beweisen." „Aber ich meinte doch, sie haßte den Haupt mann," ruft Baumbach. „Und daß sie seinet wegen gerade das Haus verließ." „Man versuchte zu beweisen, daß dieser ihr angeblicher Haß nur eine zu diesem Zweck an genommene Nlaske war, daß er früher ihr Ge liebter gewesen. Dies zu beweisen jedoch miß' lang der Gegenpartei vollkommen l" r (Fortsetzung folgt.)