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Die „Dttendorser Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. B ezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Amuchm« »in Inserate« bi, »«mittig w Inserate werden mit,o Pf filr die Spaltzeüe berechn« LabellarischerfSatz nach besonderem Laris Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag vor- Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Grsß.Vkrilla Nr. 82. Sonntag, den 8. Inti 1906. 5. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Gkrilla, den 7. Juli MS. — Auf den Eisenbahnen sind seit Ein führung der inneren Wagentürklinken auf fallend viel Unglücksfälle dadurch entstanden, daß größere Kinder auf die Klinken treten oder auch daran Herumspielen, so daß die Tür sich öffnet und sie aus dem Zuge stürzen. Erst vor kurzer Zeit hat sich wiederum ein solcher Fall ereignet. In Anbetracht der bevor stehenden Ferien mahnen wir zu besonderer Vorsicht. — Eine volle Million Lachsbrut — aus der Weser und der Ems stammend — wird in diesem Jahre der Elbe zugesührt. Bei diesen Versuchen, die auch andere Jahre wieder gemacht werden sollen, handelt es sich darum, Zuchttiere heranzuziehen, um den Lachsstand der Elbe zu heben. Dresden. Eine sensationelle Betrugs affäre, deren Einzelheiten an das Romanhafte grenzen, ,hat sich vor einigen Tagen hier ab gespielt. Zu der Portiers- und Garderoben frau in dem Dresdener Konzertetablifsement „Stadlwaldschlößchen" am Postplatz kam dieser Tage klagend und händeringend eine elegant gekleidete Dame von distingierten Aussehen und erzählte unter einer Flut von Tränen, daß sie ein Verhältnis mit einem vornehmen Herrn gehabt und einem Kinde das Leben ge geben habe. Der Herr könnte sie aber aus Familienrücksichten nicht heiraten und muffe zu dem eine Kaution stellen. Die Garderobiere tröstete die Unglückliche und erzählte nebenbei, daß sie bereits seit ihrem 11. Jahre in Stellung sei. „Da haben Sie sich wohl etwas erspart", erkundigte sich die elegante Dame Und auf die bejahende Antwort erfolgte sofort die Bitte um Hergabe eines Darlehens. Die Garderobenfrau ließ sich erweichen und borgte der völlig Unbekannten, nachdem diese hoch und heilig versprochen hatte, das Geld innerhalb kürzester Zeit zurückzuzahlen, zunächst — 600 Mk. Die Hochstaplerin kam aber schon nach wenigen Tagen wieder und versuchte von der Frau noch mehr zu verlangen. Sie hatte Glück. Die unbegreiflich Vertrauensselige „lieh" der Dame innerhalb 14 Tagen ihre ge samten, in einem Zeitraum von 15 Jahren er übrigten Ersparnisse in Höhe von ca. 1500 Mk- und erhielt zur Sicherheit einen „Schuldschein" mit dem Namen „Anna Herrmann" unter zeichnet. Nach einigen Tagen stiegen der Betrogenen jedoch Bedenken auf und sie ver traute sich dem Inhaber des genannten Konzertetablifsements, ihremPrinzipal an. Die Betrügerin verkehrte Tag für Tag in dem Lokal und der Wirt beschloß nun, die Polizei zu benachrichtigen und die Hochstaplerin ver haften zu lassen. Als sie nach einigen Tagen in Begleitung eines Herrn abermals im Konzertsaal anwesend war, ließ der Wirt sie nebst ihrem Begleiter in sein Kontor bitten. Alsbald erschien auch die Polizei, und nun erfolgte die Festnahme des Paares. Der Begleiter behauptete, er heiße Kallenbach und die Dame sei seine Frau. Die sofort an gestellten Recherchen ergaben aber, daß diese Angaben alle erfunden waren, vielmehr ergab sich, daß die Polizei eine mehrfach vor bestrafte und wegen zahlreichen Schwindeleien schon lange gesuchte Hochstaplern erwischt hatte, nämlich die ehemalige Holrlieröehefrau Hammer aus Striesen bei Dresden. Die Personalien ihres Begleiters konnten noch nicht sestgestellt werden. Das Pärchen wohnte gemeinsam im Hotel „Reichspost." Von dem erschwindelten Gelbe hatte die Hochstaplerin nur noch 10 M. im Besitz, außerdem aber eine Flasche Gift und einen mit mehreren Kugeln geladenen Revolver. — Ein furchtbar blutiges Eifersuchtsdrama spielte sich Freitag früh in dem Orte Gommern bei Dresden ab. Der Fabrikarbeiter Bauer aus Mügeln kam in die Wohnung der Witwe Lehmann, um ihr einen Besuch abzustatten. Dort wohnte ein Bauarbeiter Rammisch aus Oesterreich, der mit Frau Lehmann seit längerer Zeit ein Liebesverhältnis unterhielt. Er glaubte nun, durch Eifersucht getrieben, Bauer komme ur Frau Lehmann, um mit ihr auch ein Liebesverhältnis anzuknüpsen. Er geriet dabei n Wut zog einen Revolver heraus und gab drei Schüsse auf Bauer ab, zwei in die Brust und einen ins Gesicht, dann schoß er -noch zweimal auf Frau Lehmann, ohne aber zu reffen. R- flüchtete hierauf in seine Schlaf- 'tube, in der er dann von Frau Lehmann ein« geschloffen wurde. Darauf suchte er das Rasier messer und sprang aus dem zweiten Stock auf )ie Straße hinab und flüchtete in den in der Nähe des Lugturmes gelegenen Wald und schnitt sich dort die Pulsader auf. Beide, Rammisch und Bauer, wurden hierauf schwer verletzt von Samaritern in das Johanniter- Krankenhaus nach Heidenau geschafft. An dem Wiederaufkommen Bauers wird gezweifelt; die Verletzungen des Rammisch sind nicht lebens gefährlich. Coswig. Das Ministerium des Innern wt hier die Errichtung einer Apotheke, welche rm Ortsteil am Bahnhof uuterzubringen ist, genehmigt. Bewerbungen um diese Konzession ind spätestens bis zum 31. Juli bei der König!. Amtshauptmanuschost Dresden einzureichen. Meißen. Um eine Erfahrung reicher und um einen größeren Geldbetrag ärmer wurde ein aus Bautzen stammender Geschäftsmann auf der Meißner Vogelwiese. Er hatte sich in einem Nestaurationszelte mit Speise und Trank erquickt und steckte, nachdem er beides bezahlt hatte, leichtfertigerweise seinen Geldbeutel, in dem sich eine ansehnliche Summe befand, in die äußere Tasche seines Jacketts und begab sich wieder auf den Festplatz. Schon nach kurzer Zeit mußte der gute Lausitzer die Er fahrung machen, daß geschickte Hände ihn seines Besitzes beraubt hatten. Großenhain. Ein frecher Diebstahl wurde vorgestern Nachmittag im hiesigen Restaurant zum „Stern" von einem aus der Ruhlander Gegend stammenden angeblichen Agenten, der Rad fuhr, verübt und zwar in einem Augenblicke, da der Wirt aus dem Zimmer gegangen war. Diesen Moment be nutzte der Langfinger, die Kaffe am Büffet blitzschnell um 6 Mark zu erleichtern, schwang sich aufs Rad und verschwand, wohlgemerkt, vorsichtshalber unter Begleichung seiner Zeche. Erst nachträglich wurde das Defizit entdeckt, und anderen Tags, also gestern, durch einen Zufall der Herr „Agent" in der Reinholdschen Roßschlächterei getroffen und gestellt. Er rückte das Geld wieder heraus und verduftete zu gleich von hier. Daß er noch mehr auf dem Kerbholze zu haben scheint, erhellt aus dem Umstande, daß heute ein Steckbrief hinter dem Herren erlassen wurden. Oschatz. Am Sonnabend, Sonntag und Montag findet hier ein Heimatfest statt, das — nach den Anmeldungen zu schließen — aus nah und fern auf einen sehr starken Besuch zu rechnen hat. Der Fenzug am Sonntag wird 22 Festwagen und gegen 50 Kostümgruppen zählen. Die Gruppen zeigen außer 8 historischen Wogen und der Landsmannschaft-Oschatzta- Leipzig, der Schützengilde in historischer Tracht, 18 Gruppen aus Gewerbe und Industrie, 12 Gruppen aus den verschiedenen Vereinen, 4 Gruppen aus den Schulen, Musikkorps in Kostümen usw. Großzschocher - Windorf. Auf hiesiger Rittergutsflur wurde ein junger Mann erschaffen aufgefunden, der einen Zettel mit dem Namen Schade bei sich führte. Es dürfte dies ein 19 Jahre alter Handlungsgehilfe gleichen Namens sein, der seit 25. Juni aus seiner Wohnung in der Jahnstraße zu L.-Schleußig vermiß wurde. Liebeskummer soll den Mann zum Selbstmord getrieben haben. Klein-Crostitz. In der Bierbrauerei er litt der 16 Jahre alte Brauer Gustav Fritsche von hier beim Ausziehen von Fässern durch pritzendes Pech derart schwere Brandwunden m Gesicht und an den Händen, daß er sofort in das Leipziger Stadtkrankenhaus übergeführt werden mußte. Frohburg. In der Nähe der Haltestelle Jägerhaus der Frohburg-Kohrener Bahnstrecke wurde am Mittwoch Mittag ein vierspänniges Langholzfuhrwerk, das den Bahnübergang nicht rechtzeitig passieren konnte, von dem von Kohren ömmenden Zug angefahren. Dadurch wurde >as Fuhrwerk beiseite gedrängt und der Geschirr- ührer und die Pferde in den Böschungsgraben geschleudert, wobei der Geschirrführer unter die Pferde zu liegen kam. Ec erlitt mehrfache Verletzungen. Leipzig. Die hiesige Handelshochschule er regt einiges Aufsehen durch ihren erschienenen 8. Jahresbericht insofern, als daraus hervor geht, daß die Zahl der ausländischen Studierenden erheblich größer ist als die der inländischen. Das kaufmännische Diplomexamen wurde im Berichtsjahre nur von 19 Inländern, dagegen von 43 Ausländern abgelegt! Be- onders auffallend ist, daß seit dem Jahre 1901 die Zahl der inländischen Studierenden !eine nennenswerte Zunahme mehr erfahren hat. Sie betrug schon im Jahre 1901 über 300, sank 1903 sogar unter 300 und hat ich jetzt nur auf 338 gehoben. Die Zahl der Ausländer dagegen betrug 1901 erst 167, ist dann aber stetig stark gestiegen und hat jetzt 382 erreicht. Besonders auffallend ist dabei, daß von den deutschen Studierenden die weit aus größere Zahl im Alter von über 20 Jahren stand, von den Ausländern aber ein viel größerer Prozentsatz jünger war. — Eine neue Gcmeindesteucrordnung wird in kurzer Zeit die hiesigen Stadtverordneten beschäftigen, nachdem der Rechts- und der Verfassungsausschuß mit der Durchberatung eines von einem auf Zeit eingesetzten Aus schusses fertiggestellten Entwurfes fertig ist. Der Entwurf sieht die Deckung des Gemeinde bedarfes in der Weise vor, daß ein Achtel durch die Grundsteuer, sieben Achtel durch die Einkommensteuer aufgebracht werden sollen. Die Einkommensteuer beginnt bei Einkommen von 400 Mk. jährlich. Leipzig. Am Freitag früh kurz vor 6 Uhr wurde bei Groß-Deuben von dem von München 5 Uhr 57 Min. hier eintreffenden D-Zug ein die Gleise passierendes Kleefuhr werk überfahren. Hierbei wurden beide Pferde und der Knecht sofort getötet. Vermutlich hat der Führer des Fuhrwerkes infolge des starken Nebels das Herannahen des Zuges nicht be merkt. Der Zug setzte nach kurzer Unter- brecbung die Fahrt fort. Chemnitz. Endlich ist es gelungen, den Handarbeiter Friedrich Max Schönfeld, der weit über 1000 schwere Einbrüche in der Chemnitzer Umgegend begangen hat, festzunehmen. Schönfeld wurde heute von Tharandt mit der Bahn nach Chemnitz befördert und in das hiesige Untersuchungsgefängnis am Nachmittag eingeliefert. Auf sein Ergreifen waren 500 Mark Belohnung ausgesetzt. — Hier wurde von einem größeren Schadenfeuer die Herberge zur Heimat mit evangelischem Vereinshaus heimgesncht. Das Gebäude befindet sich im feuergefährlichsten Teile der Stadt. Der Schaden ist beträchtlich. Das Feuer konnte bewältigt werden. Crimmitschau. Die Crimmitschauer Feuer wehr — bisher schon die stärkste im ganzen Königreich Sachsen — hat durch die Ein verleibung LeitelShain eine weitere Verstärkung erfahren: dadurch, daß die LeitelShainer Wehr jetzt dem Kommando der Crimmitschauer unter steht, ist sie, in 12 Kompagnien geteilt, etwa 500 Mann stark. ! — Die hier im Ausstand befindlichen Maurer, Erd-, Bau- und Hilfsarbeiter haben nummehr, nachdem der Streik seit Anfang Mai dauert, das Gewerbegericht al» Einigung»- amt angerufen. Annaberg. Hier haben die Gehilfen der Glasereibranche, 24 an der Zahl, Ende voriger Boche die Arbeit niedergelegt. Die dortigen Meister, die schon bei der Vergebung der lrbeiten für jden Bau des StadtbadeS nicht mit konkurrieren konnten, lassen nun die nötigen Arbeiten in auswärtigen Großglasereien Her tellen. Oberlungwitz. Hier ist man einer großen Dieberei in der Fabrik von Julius Fischer auf die Spur gekommen, wo seit etwa einem Jahre aus verschiedenen NiederlagSräumen etwa 50 Zentner Baumwollabfälle, Bänder und dergl. im Werte von gegen 1200 Mk. ge- tohlen worden sind. Der Dieb ist jetzt in >em Hausmann des Bestohlenen ermittelt worden. Johanngeorgenstadt. Tödlich verunglückt st auf einem Fabrikneubau der Monteur Hart mann aus Leipzig. Beim Auflegen eiserner Träger glitt er aus und stürzte etwa 8 Meter ief in den Jnnenraum des Banes, wo er so unglücklich mit dem Kopf ausschlug, daß er eine Schädelzertrümmerung erlitt, die seinen alsbaldigen Tod zur Folge hatte. Der 34 ährige, so jäh Verunglückte erwartete seine in Leipzig wohnende Frau um mit ihr eine Reise nach Karlsbad zu machen. — Auf einem hiesigen Fabrikneubau war am Dienstag der Monteur Hartmann au« Leipzig in der Höhe des zweiten Stockwerkes mit dem Legen schwerer eiserner Träger be- chästigt, als er abglitt und 8 Meter tief zerunterstürzte, und einen so schweren Schädel deckenbruch erlitt, daß schon nach wenigen Minuten der Tod eintrat. Plauen i- V. Am Freitag früh gegen 3 Uhr stürzte sich von der 18 Meter hohen König Friedrich August-Brücke, die 25jährige Tochter des Tischlers Ullrich hier in die Tiefe- Sie ist kurz darauf den erlittenen Verletzungen erlegen. Liebeskummer soll die Ursache de« Selbstmordes sein. Das Mädchen war am Abend vorher noch zum Konzert und Tanz vergnügen gewesen. Plauen. Der Mordbrenner Thoß, der seinerzeit die entsetzliche Tat in der Jößnitzer- straße verübte, ist in die Strafanstalt Waldheim eingeliefert worden zur Beobachtung seinen» Geisteszustand. Der 27 jährige Verbrecher trägt ein ziemlich stumpfsinnige» Wesen zur Schau. Bad Elster. Ueber den Badeaufenthalt der kleinen sächsischen Prinzessinnen und Alex im Bad Elster wird folgendes geschrieben: Die Prinzessinnen bewohnen mit ihrer Begleitung die aus der Hofdame Frl. von Schönberg-Roth schönberg und der Gouvernante Frl. Gallery besteht, eine Etage des Villenquartiers „Deutscher Kaiser" an den Kurhausanlagen. Jeden Morgen in der 9. Stunde gehen die KönigS- kinder nach der Moritzquelle, ihren Brunnen zu trinken, wobei Prtnzefssin Magarethe einen mit der Krone geschmückten Becher benutzt, den sie sehr vorsichtig behandelt. Als die Prinzessin erstmalig in diesem Jahre im Badehause ein Bad nahm, empfing sie der fünfjährige Sohn des König!. BadekommiffarS Regierungarat» von Alberti als kleiner Badediener verkleidet, an der Zelle und überreichte mit frommen Kinderwünschen das Glas. Einen Tag um den anderen baden die Prinzessinnen und tag täglich sind sie, wenn sie nicht die Ruh« pflegen müssen, immer an der Luft. Die Spaziergänge gehen meisten» nach dem niedlichen Prinzeß Margaretha-Borkenhäuschen in die Nähe der Waldquelle; aber auch den Spiel platz lieben die Prinzessinnen sehr, und be wegen sich hier vergnügt, als Kinder unter Kindern. Die Bewohner und Badegäste Bad Elsters haben an den Prinzesfinen viel Frrud«.