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Ottendorfer Zeitung. Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Gkrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie -er abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm» von Inseraten bi, »»»mittagUhrH Inserate werden mtt zo Pf fiir di» Spaltztil» brrrchn« Labellarischrr Satz nach d»sond»r»m Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle in «Sroß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla Nr. 64. Sonntag, den 27. Mai 1906. 5. Jahrgang. Oertlichrs und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, den 2b. Mat MS Se. Majestät der König haben geruht, dem hiesigen Oberförster Herrn Fritzsche den Titel und Rang eines Königlichen Forst meister» zu verleihen. — Se. Majestät der König hat aus An laß seines Geburtstages 64 Strafgefangenen aus Gnaden die Freiheit geschenkt. — Die Witterung im Juni dürste sich nach dem hundertjährigen Kalender folgendermaßen gestalten. In den ersten Tagen sehr warm, dann kühl, vom 10. bis 20. schön mit ver einzelten Gewittern und Niederschlägen, vom 21. bis 30. jedoch unfreundlich und ver änderlich. Nach Falb des Jüngeren Prognose bringt uns der Juni im allgemeinen schöne Tage mit großer Wärme, doch sind heftige Gewitter zu erwarten. Der 6. Juni wird von Falb als ein kritischer Termin höherer Ordnung gekennzeichnet, der 21. (oll gleichfalls ein kritischer Termin, wenn auch nicht von so hervorragender Bedeutung, wie der 6. Juni werden. Lomnitz, Am Himmelfahrtstag Nachmittag fand hier das Jahresfest des Radeberger Zweigvereins für äußere Mission statt. Das selbe war erfreulicherweise zahlreich besucht, sowohl von Gliedern der hiesigen Parochie auch von Freunden der Mission aus der näheren und weiteren Umgebung Vom Rittergutshof au» bewegte sich Nachmittags 3 Uhr auf dem Wege, der durch verschiedene Ehrenpforten festlich geschmückt war, nach dem Gotteshause ein ziemlch langer Festzug, bestehend aus Korporationen, Vereinen und Festjungfrauen. Die tiefgründige Festpredigt deü Herrn Jobst- Höckendorf behandelte das Himmelfahrt» - Evangeltum Marc. 15, 14—20. Thema und Disposition lauteten: Der himmlische Herr Jesu« bezeugt sich zu seinem Missionswerk. 1.) der Herr wirkt mit seinen Boten, 2.) der Herr bekräftigt da» Wort durch mitfolgenden Zeichen. Die am Schluß des GottdSdienste« veranstaltete Kollekte betrug 98 M. SO Pfg. Die Nachversammlung fand um 5 Uhr im hiesigen Gasthofe statt- Nach herzlicher Be grüßung und Ansprache deü Herrn Super intendent Kaiser, in welcher derselbe in warmen Worten de» Werkes der Heidenmission ge dachte, da« wir wie eine Münze von Hand zu Hand weitergeben sollen, ergriff Herr Missions inspektor Lic- Dr. Siedel-Leipzig das Wort, um in längeren fesselnden Ausführungen unter Hinweis auf die beiden Arbeitsgebiete der Leipziger Mission in Indien und Ostasrika die große Umwandlung des äußeren und inneren Volkslebens durch die zwar langsam, viel Geduld und Gebet erfordernde, aber auch um so tiefer gehende Arbeit der Mission aufzu zeigen. Dies geschah in besonders wirksamer und volkstümlich anschaulicher Weise an der Hand der 10 Gebote. Herr Oberlehrer Winter aus Radeberg erstattete hierauf den Jahresbericht. Die in der Nachversammlung veranstaltete Kollekte betrug 39 M. Die Feier im Gotteshause und in der Nachversammlung war von Gesängen des hiesigen Küchenchort sowie einigen Herren Lehrer, die sich erfreulicher weise in den Dienst der guten Sache gestell hatten, umrahmt. Möge das Fest, das be schönsten Frühlings-Wetter statlfand, einen bleibenden inneren Segen für alle Teilnehmer hinterlassen und das Interesse für das große hochnötige Werk der Heidenmission, daS leider von vielen noch viel zu wenig gewürdigt und verstanden wird, von neuem belebt haben. L. Königsbrück. Da in dem schon ca. acht Wochen währenden Streik der Breslauer Töpfer sich eine Einigung bisher nicht hat herbeiführen lasten, haben sich sämtliche Mitglieder des Ver bandes deutscher Kachelosenfabrikanten mit ihren Breslauer Kollegen solidarisch erklärt und be- schloffen, die Werkstubenarbeit vom 4. Juni ä aufhören zu lasten. Es ist deshalb in sämtlichen Verbandsfabriken Deutschlands, zu denen neben fast allen größeren Ofenfabriken auch die hiesige gehört, sämtlichen " Töpfern und Arbeitern, die irgend einer gewerkschaftlichen Organisation an gehören, per 2- Juni gekündigt worden. Dresden. Dresden wird nun doch einen stabilen ZirkuSbau erhalten, den der Zirkus Wulff noch im Laufe des bevorstehenden Sommers errichten lasten wird. Mit den Vorstellungen im neuen Bau soll schon im Oktober begonnen werden. Der Zirkus wird m modernsten Stile erbaut, erhält eine 'önigSloge, eine versenkbare Manege für die iiesen-Wasterspiele, eine Bühne und ein ele gantes Entree. Leisnig, Das Automobil III/823 Oschatz >aS dem Arzt Dr. Sulzberger, Oschatz, gehörte uhr am Himmelfahrtsabend 11 Ubr von Leisnig aus mit sechs Personen ab. Am ogenannten Harling, in der Nähe des Grund- 'tückes des Pferdehändlers Schilling in Fischen dorf rannte es so gewaltig an einen Baum an, daß dieser umbrach. Das Automobil iürzte mit den Insassen in den Graben und tand im Nu in Fiammen. Bezirksarzt )r. Schmidt (verheiratet), Oschatz, uud der Chauffeur Ernst Adam, Oschatz, kamen unter >a» brennende Automobil zu liegen, während ie anderen Insassen herausgeschleudert wurden Bezirksarzt Dr. Schmidt brannte licherloh und 't seinen fürchterlichen Verletzungen am Freitag rüh gegen einviertel vier Uhr erlegen. Der Chauffeur liegt im Krankenhaus- ebenfalls chwerverbrannt, ist jedoch nicht gefährdet. )r- Sulzberger hat sich beim Rettungswerke an Händen und Beinen Brandwunden, die edoch nicht gefährlich sind, zugezogen. Er wurde in die Behausung des Pferdehändlers Schilling gebracht, welch letzterer sich wacker am Rettungswerke beteiligt hat, denn es war zöchst gefährlich und schwierig, die beiden Ge nannten unter dem umgestürzenden brennenden Automobil, das eine fürchterliche Hitze ver breitete, hervorzuziehen. Amtsrichter Benndorf Döbeln, ebenso ein Herr Horst Wichenberg, Leipzig kamen mit geringeren Verletzungen davon. Referendar Facius, Döbeln, war schon unterwegs ausgestiegen, um seinen verloren ge gangenen Hut zu suchen und ist dadurch einer großen Gefahr entgangen. Das Automobil wurde nicht vom Chauffeur, sondern vom Be sitzer geleitet. Die Krankenträger-Kolonne des Roten Kreuzes von Leisnig trat sofort nach Meldung in Aktion und hat Dr. Schmidt nach dem Krankenhause befördert, während der Chauffeur im Wagen des hinzugezogenen Arzte» Dr. Klinger dahin gebracht wurde. Ein während des Unglückes vorüberfahrender und um Hilfe gebetener Wagen hat leider nicht gehalten, vielmehr wurde unter Schimpf reden Hilfe abgelehnt. Heute ist die Unglück stelle von vielen Menschen umlagert, Mügeln bei Oschatz. Eine Sammlung für die vom Unwetter Geschädigten leitete Herr Bürgermeister Börngen im Namen der Stadt gemeinde ein. Lindenthal. Ein hier in der Leipziger Straße wohnfter Buchhalter kam heute beim Aufsteigen auf sein Fahrrad so unglücklich zu Falle, daß er einen Beinbruch davontrug. Mittels Krankenwagens wurde der Mann in das Leipziger Stadtkrankenhaus übergeführt. Zwenkau. In hiesiger Gasanstalt verun glückten die Arbeiter Käser, Thiemicke un Heilmann dadurch, daß sie beim Einschieben eines Ventils von dem ausströmenden Gas betäubt wurden. Herrn Inspektor Schmäh und dem Schlaffer Popp gelang es, die Arbeiter Thiemecke und Heilmann sofort aus dem Raum herauszubringen und wieder zu beleben, doc gelang es nicht, den Arbeiter Käser zu bergen da bei dem Versuch, auch diesen herauszuholen Herr Schmahl wie auch Herr Popp bewustlos wurden, konnte der Unglückliche nur als Leiche herausgetragen werden. Er hinterläßt eine Frau und 4 Kinder, wovon eins noch schulpflichtig t. Die beiden anderen Arbeiter befinden sich m Krankenhaus. An ihrem Aufkommen wird gezweifelt. Waldheim. Der König hat 28 Insassen, der hiesigen Landesanstalten den Rest ihrer Strafzeit in Gnaden ertasten. Unter diesen befinden sich drei zu lebenslänglicher Zuchthaus rafe bereits Begnadigte, zwei Männer und we Frau, die 44, 19 und 26 Jahre verbüßt toben. Freiberg. Die Maurerarbeiten für den hiesigen Kasernenbau müssen noch einmal ver- eben werden, da die Dresdner Unternehmer ;r Angebot zurückgezogen haben. Bekanntlich hatte sich eine Differenz von über 70000 M. zwischen den teuersten und billigsten Angebot ergeben, Hohenstein-Ernstthal. Die hiesigen Stadtverordneten beschäftigten sich in der üngsten Sitzung nochmals mit der Dörfeltschen Zrbschaftsangelegenheit. Es handelte sich um die Prozeßkosten in Höhe von 4207 Mark, welche die Stadt, da der Prozeß zu ihren Un gunsten aussiel, auch noch bezahlen muß. Die Kosten wurden einstimmung bewilligt. Die ganze Summe die einschließlich der Zinsen an ne Erben zurückgezahlt werden muß, beträgt 52 000 Mark, wozu dann noch die oben er wähnten Kosten kommen. Leipzig. Die Fleischpreise beginnen endlich herunterzugehen, die Bierpreise steigen. Der Konsumverein Leipzig-Plagwitz machte gestern bekannt, daß er die Preise für Schweinefleisch und alle andere Fleisch- und Wurstwaren ermäßigt habe. Dagegen beschäftigte sich )er „Verein Leipziger Gastwirte" mit der von den hiesigen Brauereien angekündigten Bierver- euerung und kam zu dem Entschluß, den Mehr- letrag den Biertrinkern aufzuhalsen. Der Schoppen Bier soll demnach in Zukunft einen Pfennig mehr kosten. Mehr noch al» über die höheren Bierpreise regte sich der Gastwirts verein Über die Eingabe der verschiedenen ziesigen Kellner-Verbände auf, die den Zweck verfolgt, in Leipzig wieder die vor einigen Jahren abgeschaffte Polizeistunde einzuführen. Die Kellner fühlen sich durch das Fehlen einer lehördlich festgesetzten Grenze hinsichtlich ihrer Arbeitszeit beschwert, die Wirte dagegen möchten >en „Einfluß" auf ihre Gäste nicht durch Polizeimaßregeln unterbunden sehen. Leitels ha in. Genehmigt hat die StaatS- regierung die vom Bezirks- und Kreisausschuß Zwickau empfohlene Vereinigung von Leitrls- hain mit Crimmitschau. Sie erfolgt am 1. Juli Schönheide, In großer Anst befand sich ein Dieb. Dem Fleischermeister Louis Schwot zer man bemerkt hatte, konnte aber, da alle Türen sofort abgeschloffen wurden, das Haus nicht verlasten, und hatte sich auf dem Ober boden im Stroh versteckt. Als am Abend der Heuboden durchsucht wurde, fand man die ent leerte Kassette. Auf Geheiß eines Schutzmanns durchstach Herr Schwotzer das Stroh; da erklang eine ängstliche Stimme: „Fei net! Loris!" und der Dieb war entdeckt. Er hatte das Geld tn einem Beutel auf der Brust und in seinem Portemonnaie untergebracht. Medizinische Aochenplauderei. Ein neues Verfahren zum Konservieren der Kindermilch wird in dänischen und schwedischen Molkereien angewandt. Nach seinem Erfinder Budde wird es mit dem geschmackvollen Namen Buddeffierung der Milch bezeichnet. Es besteh darin, daß die mit peinlichster Sauberkeit ge wonnene Milch mit einem gewissen Quantum Wasserstoffsuperoxyd versetzt und mindestens 3 Stunden lang auf 52 Grad Celsius erwärmt wird- Hierbei hat sich herausgestellt, daß eine Temperatur unter 48 Grad wirkungsvoll ist eine solche über 55 Grad der Milch schädlic ist. Die Wärme bewirkt ein Zerlegen des Wasserstoffsuperoxydes in seine Bestandteile, nämlich Wasser und Sauerstoff. Letzter ist im Zustande de» Entstehens ein kräftige» Des- nsektionsmittel, das die Milch von Bakterien befreit. Am Ende des Verfahrens soll da» gesamte Wasserstoffsuperoxyd zerstörn sein und omit kein Antiseptikum in der Milch zurück- sinken. Das durch die Zerstörung des Wasser« toffsuperoxydes gebildete Wastel ist für die Milch belanglos. Nach diesem Prozesse wird sie Milch sofort in Flaschen gezogen nnd hat Aussehen und den Geschmack der frischen Milch sildet Rahm, ist frei von allen Keimen und bleibt selbst im Hochsommer 8—10 Tage süß. Selbst Milch, die mit verschiedenen Bazillen verunreinigt wurde, zeigt sich in den meisten Fällen nach der Budde'isierung als keimfrei. )aS Verfahren ist einfach und billig, und da es äußerst wirksam zu sein scheint, wird ihm eine große Zukunft in der Kinder- und Kcankenernährung Vorbehalten sein. Während sisher nur die schlechten Wirkungen des Tabak rauchens geschildert worden sind, hat ein eng lischer Forscher auch einmal eine gute Seite am Rauchen entdeckt. Der Tabakrauch hat nämlich eine keimzerstörende Eigenschaft Schon das Nikotin hat eine stark desinfizierende Kraft allein es kommt tm Rauche nur in sehr ge lingen Mengen vor. Hauptsächlich besteht der Tabakrauch aus Kohlenoxyd, das bekanntlich leicht verderbliche Sachen vor Fäulnis bewahrt und insofern desinfizierend wird. Jedoch die Untersuchung-« obigen Forschers haben gezeigt, daß im Tabakrauch noch ein anderer Körper vorkommt, der besonders desinfizierend wirkt, und das ist das Formaldehyd, eines der kräftigsten Desinfektionsmittel der Neuzeit. Schon eine Lösung von 1 : 10 000 genügt, um alle Bakterien abzutöten, während diese Lösung auf den menschlichen Körper noch keine giftige Wirkung ausübt, Die Menge dieses Desinfektionsstoffes hängt von der Be schaffenheit und Güte de» gerauchten Tabaks ab, und zwar hat die Zigarre mehr Formal dehyd als die Pfeife und letztere mehr al» die Zigarette. Infolge dieser Eigenschaft de» Tabakrauches glaubt man, daß viele Keime, die sich im Munde, in der Nase aufhalten, da durch zerstört werden, daß man den Rauch durch die Nasenöffnungen hindurchgehen läßt. Auch will man bemerkt haben, daß Tabak raucher vor gewissen Krankheiten bewahrt bleiben. Nachdem diese Tatsachen festgestellt worden sind, schlägt jedoch den betreffenden Forscher sofort wieder sein medizinisches Ge- wisten, indem er in demselben Atemzuge trotz aller desinfizierenden Eigenschaften des Tabak rauches vor dem übermäßigen Gebrauche des Tabaks warnt und auf seine hohe Giftigkeit aufmerksam macht. — Von den Fliegen als Träger von Jnfektionsstoffen ist schon viel berichtet worden. Nunmehr wird mitgeteilt, daß !der schon früher angeregte Verdacht, daß die Fliegen in hohem Maße zur Uebertragung von Tuberkelbazillen beitragen, seine Be stätigung findet. Ein in den Körper einer Fliege hineingelangter Bazillus vermehrt sich in ganz enormer Weise. Ein einziger Fleck, den eine Fliege hinterläßt, enthält zirka 5000 Bazillen, sodaß 30 angesteckte Fliegen in 3 Tagen nach Berechnung eine» englischen Forschers zwischen 6 und 10 Millionen Tuber kelbazillen ausscheiden. Hieraus wird geschloffen daß bei der Uebertragung der Tuberkulose weniger die Luft in Betracht kommt, wie es bisher angenommen wurde, sondern die Ab sonderungen infizierter Fliegen auf Nahrungs mittel. Ob die« in diesem hohen Maße ge schieht, mag dahingestellt sein, soviel aber ist sicher, die Tuberkulose wird wir viele andere Krankheiten häufiger durch Fliegen übertragen, als man bisher vermutet hat. Für Typsus ist die Frage der Uebertragung durch Fliegen be reits sicher bewiesen. Es ist daher besonders in den Sommermonaten, wo die Fliegenplage unvermeidlich ist, von außerordentlicher Wichtig keit, daß die Nahrungsmittel mit äußerster Sorgfalt vor dem Zutritt der Fliegen geschützt werden.