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Ottendorfer Zeitung : 03.06.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190606034
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19060603
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19060603
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-06
- Tag 1906-06-03
-
Monat
1906-06
-
Jahr
1906
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 03.06.1906
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Pestkranke Ratte» a« Bord eines Dampfer» t« Hamburg. Auf dem von Buenos Aires in Hamburg eingetroffenen Dampfer „Arad" find Ratten gefunden worden, Lei denen der Verdacht besteht, daß fie mit Pest hehaftet find. DaS Schifi wird auSgegast. Menschen find bisher nicht erkrankt. Die Durchsuchung -es Torpedobootes „8. LS«" nach Leichen ist bisher eifrig be trieben worden, aber ergebnislos verlaufen. Bei den Leichen, die bis jetzt geborgen wurden, wurde festgeftellt, daß die Heizer Beltzig und Grasse durch Verbrühen, Cremer durch Quetschung bei dem Zusammenstoß geMet wurden. Infolge Versagens der Bremse fuhr ein auS vier Wagen bestehender Zug der Klein bahn Köln—Königsforst beim Passieren des Eisenbahnüberganges bei Kalk durch die ge schloffene Wegeschranke über den Eisenbahn körper hinweg, als eben eine Lokomotive jene Stelle passiert hatte. Jüngst ist an derselben Stelle eine Lokomotive auf Wagen der elektrischen Straßenbahn gestoßen, infolgedessen mehrere Personen schwer verletzt wurden. In diesem Falle wäre das Unglück noch größer gewesen, da der Kleinbahnzug mit Passagieren dicht besetzt war. Vergiftung durch Blüte». Die sechs- jährige Tochter des Gemeinde-VorsteherS HarmS in Iddensen bei Harburg ist an Goldregen vergiftung gestorben. Ei» unglücklicher Schutz. In Langen buch bei Plauen im Vogtlande erschoß beim Taubenschießen der Arbeitsbursche Berthel den dreijöhrigen Sohn seines Dienstherrn. x Ei« Ort-armer alS Hauptgewinner. Der Hauptgewinn der kürzlich gezogenen Königs berger Pserdelotterie ist diesmal einem wirklich Bedürftigen zugefallen. Der glückliche Gewinner ist der Ortsarme Böttcher in Sandluß bei Heinrichswalde (Kreis Niederung), er kann nun vierspännig bei seinem Armenvorsteher vorfahren. (Woher hatte der Ortsarme daS Los?) Zu der Uuterschlagurg von 300 000 Frank Mündelgeldern wird noch bekannt, daß der dem früheren Sekretär der spanischen Botschaft Gutierrez Brito gehörige Tresor in der Bank zu Paris im Beisein des spanischen Konsul? eröffnet wurde. Natürlich fand man weder Geld noch Wertpapiere. Gegen den süchtigen Brito wurde ein Steckbrief erlassen. Die Angelegenheit erregt peinliches Aufsehen, weil Brito bis vor kurzem die Geschäfte deS Pariser spanischen Konsulats leitete. ob. Vom «uglische« Teezoll. Auch England hat, ebenso wie Deutschland, seinen Teezoll herabgesetzt. Die Folge ist natürlich eine bedeutende Erhöhung der Tee-Einfuhr. So hat eine einzige Firma kürzlich die von ihr eingeführten 5 368 721 (engl.) Pfund Tee mit einem Scheck über 111848 Pfund, also etwas über 2 300 000 Mark bezahlt. ed. Loudou» Rteseuverkehr. Eine Kom mission deS englischen Unterhauses hatte fich vor wenigen Tagen mit der Frage zu befassen, ob neben den „Busses", den so sehr beliebten Omnibussen, auch andre für den MaffenkanSport geeignete Fahrzeuge zugelassen werden sollten. Bei diesen Erhebungen stellte fich heraus, daß im vorigen Jahre die Station „Liverpoolstraße" von 55 Millionen Wagen passiert wurde. Die Zahl betrug täglich also durchschnittlich 150000 Wagen, Omnibusse usw. S E«gla»dS Millionäre. Die Millionäre scheinen in England doch etwas dünner gesät zu sein, als man im allgemeinen annimmt. Der letzte parlamentarische Bericht über die Einkommensteuer gibt zu diesem Punkt Inler- rffante Auskunft. Nach diesem Bericht gibt es in England nur neunzehn Glückliche, die fich eines Vermögens von einer Million Pfund rühmen können. DaS find die großen Grund besitzer. Unter den Troßkaufleuten und Groß industriellen haben etwa zweihundert ein jähr liches Einkommen von 200 000—1000 000 Mk. Ermordet worden ist in London auf rätsel hafte Weise der Maler Archibald Walley, dessen Bild „Die schlafende Schönheit" in der Akademie Aufsehen erregt hat. Man nimmt an, daß er C ndrecher überraschte und von ihnen erschlagen wurde. An daS Haus, in dem der Mord statt fand, stößt nämlich das Zweiggeschäft einer Londoner Bank. Schiffsuufall. Der dänische Dampfer „Peter Berg", der von Glasgow nach der Elb- Mündung unterwegs war, ist unweit der eng lischen Küste gestrandet und verloren. Die Mannschaft konnte gerettet werden. Di« Eröffnungsfeierlichkeit«»! aus An laß der Inbetriebsnahme deS Simplontunnels nahmen einen glänzenden Verlauf. Mehr als 2000 Gäste aus aller Herren Länder find in Genf zusammengekommen, darunter Fürsten, Diplomaten und Politiker. Im Luftballon über di« Alpe». Die Augsburger Luftschiffahrtsgesellschaft ließ in Davos einen Ballon aussteigen, der nach glück licher überfliegung der Alpen, der nach kurzer Zeit wohlbehalten in Sondzio-Veltlin ge landet ist. Lawine« find in den Alpen in letzter Zeit zahlreich niedergegangen. Auf einer Alp ober halb Fluelen wurde eine Schafherde von 170 Stück in den Abgrund gerissen. Der letzt« AuSbruch d«» Vesuvs ist noch nicht ganz beendet. Noch immer ist eine erhöhte Tätigkeit an dem feuerspeienden Berge zu beobachten. Am Dienstag erhob fich plötz lich eine dichte Rauchsäule aus dem Vesuv, begleitet von leichten donnerähnlichen Ge räuschen. Infolge des fallenden Aschenregens mußten die Touristen, die daS Observatorium besuchen wollten, auf halbem Wege wieder umkehren. Großer Schrecken brach unter den Bauern von Refina und Torre del Greco auS. Die Arbeiten für die neue Straße auf dem Vesuv wurden auf eine Anordnung des Prof. Matteucci hin eingestellt. In Fachkreisen glaubt man jedoch, diese Ausbrüche des feuerspeienden Berges ats ungefährlich bezeichnen zu können. Der Zigeuner Rigo, der fich durch die romantische Verbindung mit der Prinzessin Chimay einen Namen gemacht hat, ist angeb lich kürzlich in einem Hospital in Amerika ge storben. Seine frühere Geliebte ist auf dem Wege nach Amerika, um ihm zu helfen, kommt aber zu spät. H Et«« Spielhölle für Millionäre. Eine Spielhölle, die nur für die amerikanischen Kupfer-, Stahl- und Ol-Millionäre und ein paar „Eisenbahnkönige" in einem kostbaren Palast eingerichtet war, ist entdeckt worden. Der „Kupserkönig" August Heinze, der im Waldorf-Astoria-Hotel auf einen Bekannten wartete, und eine halbe Stunde Zeit hatte, ging währenddessen in diese Spielhölle und verlor in dieser müßigen halben Stunde 200 000 Mk. Da er sich über diesen kostspieligen Zeitvertreib ein wenig indiskret äußerte, so kam die Polizei der Geschichte auf die Spur und hob die Spiel hölle auf. Sie war von einem gewissen Gott lieb Weinbaum für die alleinigen Bedürfnisse der Herren Multimillionäre begründet und er freute fich sehr regen Zuspruchs, so daß viele Millionen täglich umgejetzt wurden. vk. Der Liebesroman «ine» fra»zöfi- sch«« Zimmermädchen-. John Alston Moorhead, ein Mitglied der Stahlmagnaten- familie in Pittsburg, ist der Held einer roman tischen Liebesgeschichte, die in der New Korker Gesellschaft allgemeines Aufsehen erregt. Die Heldin ist Fran?oise, daS Zimmermädchen seiner Mutter, ein sehr hübsches kleines Mädchen, daS Frau Moorhead erst im Herbst aus Frankreich mit nach Amerika nahm. John Alston Moorhead und Fransoise wurden in der vorigen Woche auf Long JSland getraut. Schon seit längerer Zeit waren Gerüchte verbreitet, daß der junge Mann die Französin heimfkhren wolle, aber die Eltern des Jünglings waren Gegner des Plans ruck hatten Fransoise einfach aus dem Hause gejagt, als fie entdeckten, daß ihr Sohn ein Verhältnis mit ihr angeknüpst hatte. Als John zur Rede gestellt wurde, erklärte er, daß seine Beziehungen zu dem Mädchen durchaus ernster Natur seien. Alle Drohungen und Bitten fruchteten nichts, und sogar eine große Abstandssumme hatte keine Wirkung. Als Fransoise nach dem Osten abgefchoben wurde, folgte der junge Mann ihr, und nun ist die Französin die Frau eine« der reichsten Erben, vorausgesetzt, daß der heftige und jähzornige Vater feinen „ungeratenen" Sohn nicht enterbt. M.7. .. . .7 Gericktsballe. D«iSb«rg. Die Strafkammer verhängte über den Besitzer der Milchkuranstalt in Beekerwerth die verhältnismäßig hohe Strafe von 8 Tagen Ge fängnis und LOO Mk. Geldbuße, weil er der Milch 35 Prozent Wasser zugefögt hatte. Der Staats anwalt hatte zwei Monat Gefängnis beantragt. Kiel. Die Strafkammer verurteilte den Guts besitzer von Levetzow-Sieibeck wegen eines Pistolen duells mit einem ungenannten Oberleutnant zu sechsmonatiger Festungshaft. Die Verhandlung fand wegen event. Gefährdung guter Sitten unter Aus schluß der Öffentlichkeit statt. Der Angeklagte war bei dem am 13. Oktober v. stattgehabten Duell am Bein verwundet worden. 88 Lübbe«. Ein Apotheker v. D., der hier eine Apotheke gekauft halte, war im Hinblick auf da« Privilegium mit 886 Mk. zur Umsatzsteuer heran gezogen worden. Nach fruchtlosem Einspruch er kannte der Bezirksausschuß auf Freistellung. DaS OberverwaltungSgericht hob aber di« Vorentscheidung auf und wies die Klage ab, weil das Privilegium im Jahre 1830 dem fraglichen Grundstück auf An trag deS berechtigten Apothekers zugeschrieben und dadurch Bestandteil deS Grundstücks geworden sei. Grundsätzlich nimmt dar Oberverwaltungsgericht an, daß nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch die Apotheken berechtigungen, die mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind, rechtlich als Bestandteile deS Grundstücks zu betrachten find. Sie gehen zu gleich mit dem Grundstück auf den Erwerber über und verbleiben ihm dauernd. Sie werden als Gegenstand des Grundstückserwerbes behandelt und ihr Preis oder Wert bildet einen Teil des Grund- stückSpreiseS. Der dem Werte einer solchen Ge rechtigkeit entsprechende Betrag ist dem Werte einer solchen Gerechtigkeit hinzuzurechnen; beide Werte zu sammen kommen bei der auf den Grundstückserwerb gelegten Umsatzsteuer in Betracht. -MM» Liebesheiraten in Europas Herrscherhäusern. H Die Hochzeit deS Königs Alfons von Spanien, die in diesen Tagen stattfindet, entspringt, wie die englischen Blätter be tonen, einer tiefen Neigung, die der junge Herrscher für Prinzessin Ena gefaßt hat. Aber nicht immer ist es den Königen vergönnt, der Stimme ihres Herzens zu gehorchen, sondern meistens zwingt ihn die Rücksicht auf seine hohe Stellung und das Wohl seines Landes zu einer Wahl, die weniger feiner eigenen Neigung als politischen Rücksichten entspricht. Immerhin hat doch bei vielen Fürsten die eigene Neigung über alle Bedenken des Verstandes und der Diplomatie triumphiert. Der Vater des jungen Königs, Alfons Xll., ist seinem Sohne darin mit einem markanten Beispiel voran gegangen. Seine erste Heirat mit der Prinzessin Mercedes, der Tochter des Herzogs von Mont- penfier, war ein rechter Liebesroman. Die Königin-Mutter Isabella widersetzte fich auf daS entschiedenste dieser Vereinigung, denn nicht anders wie bei Romeo und Julia waren die beiden Häuser seit langem verfeindet und suchten beide die Liebenden zu trennen. Aber der König besiegte alle Hindernisse und heiratete Mercedes. Sein Glück sollte jedoch nicht von langer Dauer sein, denn die junge Königin starb früh zur großen Trauer ihrer fie hochverehrenden Untertanen. Auch die Königin Viktoria hat — so plaudert eine englische Zeitung, der wir diese Schilderung der Liebes- glschichten auf Königsthronen entnehmen, — den Prinzen Albert auf den ersten Blick geliebt. „Er ist so schön, so liebenswürdig l Er hat mein ganzes Herz gewonnen," so schrieb fie an ihren Onkel und Vertrauten, den König der Belgier. Auch ihr Eheleben war voll unge- trübten Sonnenscheins, aber nur kurz. Zar Nikolaus II. hat fich ebenfalls sterblich in Prin zessin Alix von Hessen verliebt, obwohl der Verbindung schwerwiegende politische Bedenken entgegenstanden. Die Erziehung der Prin zessin in Darmstadt war mehr als einfach, fie besuchte nach unserm Bericht eine Mädchenschule und war in nichts von ihren Mitschülerinnen unterschieden. Mit vierzehn Jahren bekam fie so wenig Taschengeld, daß ihre Gefährtinnen sie öfters damit neckten. Wahrlich ein ge waltiger Abstand von der Pracht, die jetzt die Herrscherin aller Reußen umgibt. Von roman tischer Leidenschaft und Ritterlichkeit verklärt ist die Liebesgeschichte des österreichischen Kaisers, der seine spätere Gattin im Sturm eroberte. Er traf Prinzessin Elisabeth aus einem Ball zu Ischl, wo er während der Anwesenheit der jungen bayrischen Prinzessin weilte. Der junge 23jährige Franz Joseph tanzte an jenem Abend nur noch mit der reizenden Prinzessin, die eben sechzehn geworden war. So verliebt war er in dir junge Schönheit, daß er fich den ganzen Abend um niemand anders be kümmerte. Um Mitternacht, als fie länge genug geplaudert hatten, blätterten die beiden jungen Fürstenkinder in einigen illustrierten Büchern und stießen auf Abbildungen der National kostüme aus verschiedenen Teilen Österreichs. „Das find meine Untertanen," sagte der junge Herrscher, „ein Wort von Ihnen und Sie werden über fie herrschen." Am nächsten Morgen sandte er Elisabeth einen mächtigen Strauß von Alpenblumen und wenige Tage später hielt er beim Herzog Max um ihre Hand an, ohne seine Minister um Rat zu fragen, so groß war seine Ungeduld. Er konnte die Verbindung mit der Geliebten gar nicht erwarten, beschleunigte alles und am Tage der Hochzeit noch durch brach er alle Etikette, die ihm befahl, in seiner Hauptstadt ihre Ankunft zu erwarten und eilte nach der Grenze seines Landes, um der Erste zu sein, der die Braut bewillkommnete, wenn fie den Fuß auf österreichischen Boden setzte. Auch bei der Heirat unsres Kaisers Friedrich hat das Herz allein den Ausschlag gegeben. Als er zum erstenmal die junge englische Prin zessin sah, die seine Braut werden sollte, ta war fie erst 11 Jahre alt. Aber ihr Liebreiz und ihre Anmut machten einen solchen Eindruck auf ihn, daß er ausrief: „Was für eine ent zückende Frau wird dieses kleine Mädchen eines Tages sein." Vier Jahre später kam er wieder nach England und fand seine kleine Prinzessin noch reizender. Er machte ihr nun allen Ernstes den Hof und ging mit ihr deS öfteren in den königlichen Gärten spazieren. Eines TageS brach er von einem Busch einen Zweig Stechginster ab und gab ihn dem Mädchen als ein Zeichen seiner Neigung. Auf diese schlichte und poetische Weise Landen fich die Herzen deS späteren Kaiserpaares in einem stillen Vrrlöknis aneinander. Die Heirat deS verstorbenen Königs Humbert von Italien war ebenfalls eins romantische Liebesgeschichte, wenngleich ihm erst spät die Vereinigung mit der Erwählten seines Herzens gelang. Schon früh hatte er fich in seine Cousine Marguerite von Savoyen verliebt, aber die Politik forderte es, daß er eine österreichische Prinzessin heiratete, und die Wahl seiner Minister fiel auf eine junge Erzher- zogin. Der Fürst entsagte seiner ersten Neigung und fügte fich den Wünschen seiner Diener und seines Volkes. Aber kurz nach der Heirat wurde die junge Königin durch einen furcht baren Unglücksfall getütet. Nunmehr erklärte der Fürst, er würde niemals wieder heiraten, wenn es nicht seine Cousine Marguerite wäre, die damals wohl die schönste Prinzessin der Christenheit war. Der Wille des Herrschers setzte fich durch und er vereinte fich mit seiner Jugendgeliebten zu einer glücklichen Ehe. Kuntes Allerlei. A Die Federkron« deS Prinze« von Wales. Der Prinz von Wales besitzt einen Büschel wunderbarer Federn, die einen Wert von 200000 Mk. darstellen sollen. Es hat zwanzig Jahre gedauert, bis diese Federn zu- sammengebracht worden find, und fie Haden das Leben wohl von einem Dutzend Jäger gefordert. Der Vogel, aus dessen Schweif die Federn stammen, wird Feriwah genannt, eine besondere Art Paradiesvögel, die außerordentlich selten ist. Um die Schwanzfedern tu ihrer vollen Schönheit zu erlangen, ist es notwendig, fie dem lebenden Vogel auszureihen, da sogleich f nach dem Tode dir Federn glanzlos werden. ! D e Jagd auf den Feriwah ist deshalb so - gefährlich, weil er fich in der Nähe der Tiger i aufzuhalten pflegt. - Sie kam fich beschimpft vor. Es war ihr, als sei fie mit an dem Betrüge schuld, durch den Benjamin ihre Ehe mit Kalwoda ermög lichen zu müssen geglaubt hatte. Nun wußte fie fich auch Arnolds Erstaunen über ihren Bericht von Benjamins glänzenden Aussichten in Genua zu erklären. Warum er nicht auf der Stelle das Mgengebilde zerrissen hatte! Sie erhob fich, noch fester fich einhüllend, und schritt nach der Klingel. „Was befiehlst du?" fragte der Bruder zögen c. „Arnolds Adresse muß ich in Erfahrung bringen! Einen Wagen nach Pegli will ich! Ich stelle dir's frei, hierzubleiben, wenn du mich nicht begleiten willst." „Ich — ?! Nein, ich kann ihm nichi mehr gegenübertreten. Ich bringe es nicht über mich. Laß mich hier." Sie nickte schweigend. . . . Eine Stunde später rollte bereits eine der stattlichen, mit den großen, schweren, stark- hüftigen Rappen bespannten Genueser Karossen auf der breiten, glatten Uferstraße zwischen dem Golf und den mit Oldäumen, Maul beeren, Weingeländen und dunkelgrünen Gärten reich besetzten Berghängen dahin, auf Pegli zu. Stephanie war das alles, was fie seit Wochen erlebt hatte, ein vielgestaltiger wirrer Traum. Ihre Krankheit bildete in der Rück erinnerung Mr einen einzigen Tag — so hatten die wichtigen, großen Ereignisse das ihr unweftntlich Erscheinende zeitlich zusammen- schrumpfen gemacht. Auch daß fie nun an der Riviera war, daß fie den Golf von Genua sah mit den wie Kulissen an den Biegungen der Straße fich immer von neuem wieder vor schiebenden Felspartien, den bronzefarbenen Fischersegeln, dem lebhaften Durcheinander an den kleinen Chausseestalionen, das ergab Mr ein neues, DchtigeS Bild, das fich ihrer Phantasie eirprägte, ohne daS Herz beschäftigen zu können. Dies Herz war so wund, so leidend, daß eS nicht mehr imstande war, große Eindrücke aufzunehmen. Eine starre Ruhe hatte fich ihrem ganzen Wesen mitgeteilt. Sie wußte nun, daß fie dem Geliebten würde gegenübertreten können, ohne daß der Sturm der Gefühle fie niederzu zwingen vermochte. Sie war nicht sie selbst; eS kam ihr vor. als beobachte fie fich in ihrem TM md Denken und Sprechen wie eine Fremde Auch der Wunderbau, den ihr der Kutscher als die Villa des reichen Bonziani bezeichnete, vermochte ihr kein Staunen abzunötigen; fie verließ den Wagen an dem reichgcschmück.en hohen Eisengitter, dessen vergoldete Spitzen in der Sonne funkelten, und schritt durch die im üppigsten Pflrnzenwuchs prangenden Anlagen zu dem hohen schloßähnlichen Frührenaiffance- bau empor, mit einer Ruhe und Gelassenheit, als sei ihr dieser Weg schon seit Jahren vor gezeichnet. An einzelnen Wegkreuzungen, von denen man besonders herrliche Ausblicke genoß auf den Golf, die Küste, Genua mit dem hoch ¬ ragenden Leuchtturm und das Gebirge, blieb fie stehen. Unwillkürlich nahm ihr Auge diese Bilder auf. Sie entsann fich noch lange nach her jeder, auch der kleinsten Einzelheiten dieses Ganges, und doch war's ihr im Augenblick, als gäbe es nichts für fie mehr auf der W 'lt zu tun, als den verirrten, von der Leidenschaft zur Sünde getriebenen unglücklichen Geliebten Ws den rechten Weg zurückjubringen — den Weg der Buße! Am Portal des MarmorPalaiS, dessen Ve stibül von schier märchenhafter Pracht war, trat ihr ein Kastellan entgegen. Sie wußte selbst nicht, wie fie die kurze Unterredung geführt hatte; eS war ihr selbst verständlich, daß alles so kommen mußte. An die Möglichkeit, etwa unverrichteter Sache wieder abziehen zu müssen, hatte fie überhaupt nicht gedacht. Sie wunderte fich auch gar nicht etwa darüber, daß der Kastellan sofort Arnold Strucks Namen nannte. „Die Sprechstunde de« Signor Arnoldo Struck, der unsern Maestro Bonziani während dessen großer Reise vertritt, ist zwar schon vor über, aber da Sie eine Landsmännin von ihm find . . ." Sie nannte ihren Namen, und der Kestellan führte fie in einen hellgetäfelten, mit Spring brunnen Md Blumen geschmückten kleinen Da mensalon, von dessen Fenster MS fie daS seit Stunden nicht mehr verlassende Golfbild vor fich sah, hier besonders wirksam durch den Rahmen von wunderbarem künstlerischem Gärtner- wirk, das die herrliche Aussicht nach drei Seiten abfchloß, während sich darüber nur das ewige dunkle Blau deS Himmelsdomes wölbte. Nach kurzem Warten schon vernahm fie Ms Ler vom oberen Stockwerk herrbführenden breiten Marmortreppe hastige Schritte. Noch ein paar Augenblicke, und er mußte die Tür hier aufgestoßen haben und ihr in dem duf tigen, Hellen, freundlichen Gemach gegenüber- stchen. Ob Angst und Reue tiefe Furchen in sein Antlitz einaegraben hatten? Ob er, erfaßt vo» der Tragik dieser Sekunde, vor ihr nieder- stürzen würde . . .?! Doch da stand er bereits im Türrahmen, etwas bleicher als damals in Berlin, aber ohne jeden Schreck, ohne alle Furcht. Freilich zitterte feine Stimme, als er ihren Namen ausrief, aber Freud« zitterte Ms seinem Ton. Er breitete die Arme Ms, als ob er auf fie zu eilen wollte. Doch zugleich ließ er fie schlaff wieder finken, und ein müdes, unendlich trau riges Lächeln umspielte seine Lippen. „Da find Sie also, meine liebe, liebe Freun din! Wie gut Md wie — grausam von Ihnen, daß Sie an mich gedacht haben!" Beim Klang seiner warmen, herzlichen Stimme wich die Starrheit von Stephanie. Sie hätte jetzt weinen können, so weich ward ihr's plötzlich ums Herz. Reden konnte fie nicht. Aber fie ließ es willig geschehen, daß er ihre Hände erfaßte und fie küßt«. AlS seine Lippen ihre Haut berührten, ging ein Frösteln über fie hin. Ä n (Fortjetzung solgty
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