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Ottendorfer Zeitung. Vie ,«Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich « Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »sn Inseraten bi, vormittag z, Uhr.^ ^Inserate werden mit zo Pf für di« Spaltzetl« berechn« Tabellarisch«! Satz nach brsond«r«m Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle in Grsß-Mkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla Nr. 67. Sonntag, den 3. Juni 1906. 5. Jahrgang. Pfingsten. Täler und Höhen von Duft umfangen, Lingen und Jauchzen auf allen Pfaden, Und tausend liebliche Blumen prangen An Hellen Leen mit grünen Gestaden Der Lerchen Jubel klingt über die Felder, Aus den Büschen von duftendem Flieder, Aus dem dämmernden Schatten der Wälder Hört man der Nachtigall herrliche Lieder. Da schwebts wie ein Leuchten über die Flur, Da klingt der Glocken melodischer Reigen, Der Zug des Frühlings geht durch die Natur Und rings ertönt es aus allen Zweigen: „Du Frühlingszug im lichten Ltrahlenkleide, Du Aündcr künftiger Lommertage! V, komme nun, heilger Geist der Freude, Und bring' uns das Glück und banne die Klage." Nun schauet zufrieden mit strahlenden All dem Zauber aufTälern und Höhen sBIicken Laßt uns das Fest in frohen Entzücken Mit Dank und Preiß für den Herrn begehen, Lasset die Glocken der Kirchen erklingen, Veffnet die festlich geschmückten Hallen, Lasset uns jauchzend „Te Deum" singen Dem güt'gen Gott, zu dem wir betend wallen. Hebet die Hände und danket dem Vater, Der uns stets gnädig und weise geleitet, Der als ein liebevoller Berater Den reichsten Segen um uns gebreitet. Befehlen wir ihn« all' unsere Sorgen Mit frommen Linn und gläubigen Herzen. Er schafft einen lichtdurchglänzten Morgen All' unsrer Pein und unsern bangen Schmerzen. Nun schmücket das Zimmer mit Birkenreis Und haltet offen die Fenster und Türen, Zum fröhlichen Pfingsten mit Lob und Preis Den heiligen Geist zu euch zu führen. Stimmt in den Hellen Jubel des Frühlings ein, Grüßt die Erde im festlichen Kleide: „Hinaus nun Frau Sorge, die Sonne herein! Du aller Menschen frohe Augenweide!" Max Arendt-Denarr. Oerttiches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, den 2. Juni 490s — Pfingsten steht vor der Türe, und ist es auch nicht mehr das erste, wunderholde Maien grün, in dessen reizvollem Kleide sich das liebliche Fest darbietet, es ist die anmutige Feier voll freudiger Stimmung, die Hundert tausend? hinauseilen läßt in die herrliche Gotteswelt, zu singen und zu jubeln, voll Dank und in froher Hoffnung auf glückliche Tage auch in weiterer Frist. Die frischen Birkenzweige, mit denen wir gern Tür und Fenster kränzen, bezeugen, daß jetzt die rechte frische Lebenslust ihre Zeit haben soll, es ist ein Gruß der ewigen Natur und Schöpfer-All- >Nacht, ein Gruß an Pfingsten. — In dem „Dresdner Journal" vom 89. Mai wird vom Königlichen Ministerium d'S Innern die Einführung eines Wetternach- richtendienstes für Sachsen bekannt gegeben. Nach dieser Bekanntgabe wird täglich bis Ende Oktober dieses Jahres spätestens mittags zwöl "hr an sämtlichen Telegraphenanstalten des Landes und öffentlichen Fernsprechstellen eine telegraphisch übermittelte Wettervorhersage au Neichskosten öffentlich angeschlagen. Diese Wettervoraussage erstreckt sich auf Wind, Be völkerung, Niederschlag und Temperatur. Die Wetterkarten werden mit tunlicher Beschleunigung )urch die Post verschickt. Es soll erreicht werden, daß die Karte noch am Nachmittag über den ganzen Bezirk der Wetterdienststelle verbreitet wird. Das Abonnement auf diese karten kostet für den Monat 50 Pfg. Mit Hilfs dieser Wetterkarten ist es bei entsprechenden lebunq möglich, den lokalen Veränderungen )es WK-rs rechtzeitig Rechnung zu tragen. — Bauernregeln für den Monat Juni. Bläst der Juni ins Donnerhorn, bläst er inö Land das liebe Korn. — Medardus (8.) gibt keinen Frost mehr her, der dem Weinstock gefährlich wär. — Wies Wetter ist am MedarduStag (8.) bleibt es sechs Wochen lang larnach. — Wies Wetter auf Medardus (8.) ällt es bis zu Mondes Schluß anhält. — Was St. MedarduS (8.) für Wetter hält, olch Wetter in die Ernte fällt- — Regnets an St- Barnabas (11.) schwimmen die Trauben )is ins Faß. — Ist es Corporis Christi (24.) klar, bringt es uns ein gutes Jahr. — Wenn der Kuckuck noch lang nach Johannis schreit, ruft er Mißwachs und teure Zeit- — Var dem Johannistag keine Gerste man loben mag. — Vier Tage nach und vor der Sonnenwende zeigen die Winde bis Sommers Ende. — Stellt der Juni mild sich ein, wirds auch der Dezember sein. — Regen am Siebenschläfer tag (27.) bringt Regen sieben Wochen darnach. — Menschen und Juniwind ändern sich ge- chwind. — Wenn im Juni Nordwind weht, wmmt Gewitter oft recht spät. — Nicht zu naß und nicht zu kühl, nicht zu trocken, nicht zu schwül, warm und naß und kühl und trocken, dann gibt der Vrachmond in die Milch zu brocken. — Vor Johannis (24.) bitt um Regen, nachher kommt er ungelegen. — Ein Feuer und ein Wasserkessel drauf, ist des Brachmonds bester Lauf. - Was bis Sep tember soll geraten, das muß schon im Juni braten. — Auf den Juni kommt es an, ob die Ernte soll bestahn. — Wenn kalt und naß der Juni war, verdirbt er meist das ganze Jahr. — Juni trocken mehr als naß, füllt mit gutem Wein das Faß. — Regen am St. Vitustag (l5.) die Gerste nicht vertragen mag. — Juni feucht aber warm, macht den Bauer auch nicht arm. — Nordwind im Juni gesandt, wehet Korn ins ganze Land — O heilger Veit (15.) 0 regne nicht, daß es uns nicht an Gerste gebricht. — Im Königreich Sachsen giebt es jetzt 653 Millionäre. Die Summe ihres Ver mögens setzte sie in den Stand, die Schulden des Königreichs Sachsen gauz allein zu be gleichen. Dresden. Der hier sehr bekannte Kauf mann und frühere Wettvermittler Reinhold Bruno Raspe wurde heute während einer Ver handlung vor der 5. Stafkammer, zu der er als Zeuge geladen war, unter dem Verdachte der Wechselsälschung und anderer Vergehen verhaftet und sofort in das Untersuchungsgefängnis eingeliefert, — Zur Deckung der Unkosten der im Jahre 1909 in Dresden geplanten Allgemeinen internationalen Hygieneausstellung hat der Dresdener Stadtrat einen Beitrag von 200000 Mk. bewilligt. Dresden. Gin Kongreß der Zigaretten fabrikanten Deutschlands tagt seit Freitag hier. Er ist aus allen Teilen des Reiches stark be sucht. Die Beratungen beziehen sich auf die kürzlich vom Reichstage beschlossene Banderolen steuer. Der Kongreß beschloß, unter Aus schluß der Oeffentlichkeit zu tagen und auch das Ergebnis der Beratungen vorläufig nich zu veröffentlichen. Königsbrück. Gestern Nachmittag besichtigten Se. Exzellenz der Herr Kriegsminister Freiherr v. Hausen und Herr Generalmajor Bartcky mit mehreren anderen Herren Offizieren das zum Truppenübungsplatz mit in Aussicht ge nommen gewesene Gelände bei Krakau, Sella und Zochau. Die Forderungen der dortigen Besitzer in Betracht kommender Grundstücke ind so außerordentlich hohe, in keinem Ver- »ältniste zu deren Wert stehende, daß, sicherem vernehmen nach, von dem Ankäufe dieser Flurteile wohl Abstand genommen werden dürfte. Ist es doch nicht selten der Fall gewesen, daß ür erst vor zwei oder drei Jahren erworbene Flurstücke heute das fünf- und sechsfache des >amaligen Kaufpreises gefordert wurde. Die »treffenden Besitzer haben eS sich nummehr elbst zuzuschreiben, wenn sie die ihnen gebotene Gelegenheit, ihre Grundstücke zu einem sehr gute Preise verkaufen, zu können unbenutzt ge ästen haben. Kamenz. Vollständig niedergebrannt ist in Höflein das Besitztum des Wirtschaftsbesitzers Schwarz, bestehend in Wohnhaus nebst Scheune, Stall- und Schuppengebäude. Meißen. Ein bedauerlicher Vorfall hat sich m Ländlichen Krankenhause ereignet. Einem ungen Mädchen aus Siebenlehn, das sich seit etwa sechs Tagen Wegen einer Kieferentzündung m Behandlung befand und das so weit wieder hergestellt war, daß es aus dem Krankenhause entlasten werden sollte, wurde, da es am Man age über Schmerzen in der rechten Schulter klagte noch ein Dampfbad verordnet- Das Mädchen nahm das Bad in einem Dampf- ladestuhl am Montag Nachmittag. Da die vorstehende Schwester der Frauenabteilung sich gegenwärtig auf Urlaub befindet, leitete eine fingere Schwester die Behandlung und ließ ich vorher durch die Oberschwester und den Heizer über die Behandlung des Dampf- >adestuhles unterrichten. Als die Kranke über zu große Hitze klagte, wurde von der Schwester )er Dampf zurückgeschraubt. Als man die Kranke aus dem Stuhle herausnahm, zeigten ich an ihrem Körper erhebliche Verbrennungen. In der vorvergangenen Nacht ist das Mädchen zestorben. Meißen. Eine große Rohheit beging dieser Tage eine Frau auf dem Kalkberge, indem sie einen Knaben, der angeblich aus ihrem Garten Blumen gepfückt und sich an der Garten umzäunung zu schaffen gemacht hatte, derart mit einem Hammer auf den Kopf schlug, daß der Knabe bewußtlos zusammengebrochen ist. Die behördliche Untersuchung ist sofort angestellt worden. Niederau. Ein Eisenbahn-Waggon der hiesigen Chemischen Fabrik, der mit Ladung nach Italien entsandt worden war, hatte sich zur Zeit des Vesuvausbruchs in Neapel befunden. Als der Waggon nun dieser Tage zurückkam, fand man seinen Boden mit einem ziemlich großen Quantum Asche und Steinen bedeckt, die wahrscheinlich von dem Asche- und Stein regen herrühren, der während des Ausbruches des Vesuvs im Gebiete diese« feuerspeienden Berges niederging. Siebenlehn. Im „Sieben!. - Nossener Wochenblatt" macht die hiesige Fleischerinnung bekannt, daß von jetzt an das Pfund Schweine fleisch auf 65 Pfg. herabgesetzt worden ist. Ehe es jedoch soweit gekommen ist, hat es einer kräftigen Maßregel aus Konsumentenkreisen be durft. Die Siebenlehner Fabrikanten drohten nämlich mit Selbsthülse; sie erließen ein Rund schreiben, in welchem sie ankündigten daß falls die Fleischermeister 'sich immer noch nicht be quemten, die Fleischpreise in Einklang mit dem gesunkenen Schlachtviehpreisen zu bringen, sie sich zusammentun und selbst schlachten würden. Dies hat geholfen und zeitigte be der Fleischerinnung den obenerwähnten Beschluß. Bautzen. Die Bauarbeiter, die seit Anfan dieser Woche streiken, haben sich gestern un vorgestern an mehreren Bauten zusammen gerottet, um die noch arbeitenden Kameraden von der Arbeit abzuhalten. Sie mußten von der Polizei zerstreut werden. Oschatz. Der Arbeitgeber-Verband für das Baugewerbe in Oschatz, Döbeln, Waldheim macht bekannt, daß er, da eine Einigung mi den organisierten Zimmerer und Maurer in Döbeln und Waldheim nicht zustande gekommen ist, sich genötigt sieht, die organisierten Zimmerer und Maurer am 2. Juni zunächst in Döbeln und Waldheim und, falls bi» zum 9. Juni die Arbeit nicht wieder ausgenommen wird, im anzen Bezirk des Verbandes auszusperren. )ie Zimmerer und Maurer erhielten in )öbeln und Waldheim seit 1. April 33 Pfg. pro Stunde, sie verlangen 36 Pfg. pro Stunde rei 10 stündiger Arbeitszeit. Die Arbeitgeber jaben vom 1. Januar 1907 ab eine Lohn erhöhung zugcstanden, danach würde der Stundenlohn 35 Pfg. betragen. Die Arbeit nehmer haben dagegen ihre Forderungen auf recht erhalten und sofortige Lohnerhöhung auf 36 Pfg- verlangt. Dippoldiswalde. Hier stieß eine rangierende Lokomotive mit dem 10 Uhr 15 Min. ein reffenden Personenzug zusammen. Zwar ist ein nicht unbeträchtlicher Materialschaden ent- tanden, glücklicherweise sind jedoch Personen nicht verletzt worden. Lobstädt. Beim Spielen mit einem ge« adenen Terzerol, welches sich plötzlich entlud, kam gestern der 13 jährige Sohn eines hier wohnhaften Arbeiters zu Schaden, indem ihm das Geschoß in die Brust drang. Der verletzte Knabe wurde von den Eltern noch dem Leipziger Stadtkrankenhause gebracht. Leipzig- Im Pleißenfluß oberhalb der Hakenbrücke wurde am Freitag vormittag der Leichnam des Fischermeisters Franz Wilhelm Töpfer, geboren am 29. Oktober 1846 in Leipzig, Scharnhorststraße 10 wohnhaft, auf gesunden und behördlich aufgehoben. Der be- muernswerte Mann litt an Krämpfen- Er ist wahrscheinlich beim Sandbaggern von einem Anfalle heimgesucht worden, hierbei in da« Master gefallen und ertrunken. Der Unfall ereignete sich jedenfalls bereits am Donnerttag nachmittag, da Töpfer an diesem Abend nicht in seine Wohnung zurückgekehrt ist. Pegau. Der Student Karl Kölbe au» Brohl am Rhein und die Kaufmannstochter Törber aus Braunschweig wurden heute im Hotel Schwan erschossen aufgefunden. E« liegt offenbar beiderseitiger Selbstmord vor. Beide hatten am nachmittag in dem genannten Hotel Wohnung genommen. Blankenhein. Ein Landwirt hatte seine entleerten Chilisalpetersäcke in einem Trog aus gewaschen und ließ das Master im Hofe stehen. Als die Schafe aus dem Stalle gelassen wurden löschte eine Anzahl derselben ihren Durst an diesem Wasser. Die Folge davon war, daß sieben Schafe verendeten. Der aufgelöste Chili« salpeter hatte al» Gift gewirkt. Plauen. Eine aus Zeitz gebürtige Ver käuferin nahm in ihrer Wohnung in der Schillerstraße Karbolsäure ein. Die Lebens müde, die die Tat aus Liebeskummer beging, liegt recht bedenklich im Krankenhause darnieder. Bad Elster. Der dreiste Angriff auf dir hier zur Kur weilende Dame geschah zwischen und 5 Uhr in Mühlhausen zwischen der Carolaruh und dem nahen Wald. Frau Richter ging den in den Nachmittagsstunden meist stark belebten Weg, und als sie in den Wald ein« treten wollte, kam ein junger Mann auf sie zu und schlug ohne ein Wort zu sagen, mit einem etwa meterlangen Knüppel die Wehrlose einige Male über den Kopf. Dann verschwand der Attentäter wieder nach dem Walde zu. Frau Richter hat am linken Ohr, sowie an der linken Stirnseite stark blutende Verletzungen davongetragen. Ein Raubanfall liegt nicht vor. Trotz sofort vorgenommener Ermittelungen konnte der Wegelagerer noch nicht festgenommen werden. Die überfallene Dame gibt von der Person ihres Angreifers folgende Beschreibung: Etwa 22 Jahre alt, anständig gekleidet, an scheinend Kaufmann, Gestalt unter mittel, An flug von blonden Schnurrbart, blasses magere» Gesicht, trug graues Jakett, schwarze Hose, Filzhut.