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Ottendorfer Zeitung : 18.05.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190605188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19060518
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19060518
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-05
- Tag 1906-05-18
-
Monat
1906-05
-
Jahr
1906
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 18.05.1906
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polinlcbe Krmäsckau. Te»tsÄla»d. * Der Kaiser ist von Straßburg aus zu kurzem Besuch auf Schloß Ucville bei Metz > ingetroffsn. Aus Anlaß des Ablebens der Prinzessin Friedrich Karl hat der Kaiser sein ReisediSpositionen geändert und kehrt direkt nac Potsdam zurück. »Prinzessin Friedrich Karl von Preußen ist am 12. d. in Friedrichroda im 69. Lebensjahre an einem Herzschlage g e- st o r b e n. * Der neuernannte preußische Eisen bahnminister stellte sich am Montag im Abgeordnetenhaus vor. »Die Finanzvertreter im Bundes rat werden nach dem Abschlusse der zweiten Lesung der Reicksfinanzreform im Reichstage zu dessen Beschlüssen Stellung nehmen, um den SchatzsekretLr in den Stand zu setzen, bei der dritten Lesung bindende Er klärungen namens der verbündeten Regierungen abzugeben. »In Preuß. Abgeordnetenhause beantwortete Minister v. Bethmann- Hollweg die Anfrage wegen der russi schen Ausweisungen. Der Minister erklärte, daß zwar in manchen Fällen mit einiger Härte verfahren worden und eine Ausweisung zu Unrecht erfolgt sei, daß er aber im großer und ganzen nicht anerkennen könne, die Polize sei willkürlich verfahren. Er werde dafür Sorge tragen, daß Härten für die Zukunft nach Mög lichkeit vermieden werden, müsse sich aber das Recht Vorbehalten, Ausweisungen dort statt- stnden zu lassen, wo sie das Staatsinteresse er fordert. » Betreffs der Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft, die für Deutschland durch das Gesetz vom 1t. Juli 1904 festgesetzt worden ist, macht derReich 8- tanzler bekannt, daß durch die Gesetze des Königreichs Dänemark, des Königreichs Nor wegen und des Königreichs Schweden die Gegenseitigkeit verbürgt ist. »Der Landtag des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt war infolge Obstruktion der Sozialdemokraten, die bei der Abstimmung über die Wahlakt für die erste Klasse den Saal verließen, beschlußunsähig. Eine erneute Auflösung des Landtages ist infolgedessen sehr wahrscheinlich. »Unsre Truppen haben in Deutsch- Südwestafrika und in Deucksch - Ost - afrika wesentliche Eifolge errungen. In Deutsch-Südwestafrika gelang es einer kleinen Abteilung den Bandensührer Morenga auf englisches Gebiet abzudrängen und ihm dort «ine empfindliche Niederlage beizubringen; Morenga selbst wurde verwundet. Gegen die Grenzübertretung erhob die Negiemng der Kavkolonie Einspruch bei der deutschen Regierung, der als gerechtfertigt anerkannt wurde. Der deutsche Botschafter entschuldigte das Vorgehen in London. Damit ist der Zwischenfall als erledigt anzufehen. In Deutsch-Ostafrika wurden die Rebcllrn ebenfalls in mehreren Gefechten geschlagen. Österreich-Ungar«. »Nach der ,Wiener N. F. P/ wird die ungarische Thronrede einen Passus über die auswärtige Lage enthalten, der darauf angelegt ist, den wiederholten Quertreibereien gegen das deutsche Bündms ein Ende zu be- reuen und in feierlicher Weise klarzustellen, daß dieses Bündnis nach wie vor die unveränderte Grundlage der auswärtigen Politik der Monarchie bildet. Frankreich. » Senator DeStournelles, der Vor sitzende der parlamentarischen Schieds- gerichtsgruppe, har angekündigt, daß er beim Wiederzusammentritt des Senats den Marineminister über die Notwendigkeit einer internationalen Verständigung zur Ein schränkung der Flottenausgaben befragen werde. «ngland. »Das Unterhaus nahm in zweiter Lesung den Gesetzentwurf an, der nach dem Beispiele Deutschlands und Frankreichs die stufenweise Herabminderung der Ar beitszeit in den Kohlengruben bis zum achtstündigen Arbeitstag Vorsicht. Italien. »Die Sozialisten in der Depu tiertenkammer bestehen auf ihrer Man datsniederlegung. Der Präsident verlas ein diesbezügliches Schreiben der fünfzehn sozia listischen Abgeordneten. Die Kammer genehmigte nunmehr die Mandatsniederlegungen und er klärte die betreffenden Sitze sür erledigt. Schweden. » Der Reichstag hat 21744 000 Kronen sür Kasernenbauten für daS Heer auf 4 Jahre bewilligt. Davon entfallen auf daS Jahr 1907 4400000 Kronen. (Und das alles im Zeichen der allgemeinen Abrüstung.) Rußland. » Der bisherige russische Gesandte in Kopen hagen, Kammerherr v. IswolSky, ist zum Minister der auswärtigen An gelegenheiten ernannt worden; der bis herige Inhaber dieses Amtes, Graf Lambs dorff, ist seiner Stellung enthoben und zum Mitglied des Reichsrats ernannt worden. »Die erste Sitzung der Retchsduma verlief in durchaus varlamentarischen Formen. Das HauS verfügt über eine Anzahl ganz be deutender Redner. Die Sitzung vom 12 d. stand völlig unter dem Zeichen der Amnestie forderung. Die Versammlung faßte bei nahe einstimmig den Beschluß, 1) an den Zaren eine Ecgebenheltsadresse zu richten, 2) eine Kommission zu bilden, die die Antwort auf die Thronrede auszuarbetten hat, und end lich eine „Pflichtkommisston" zu ernennen, die für Durchführung der Amnestiefordsrung Sorge zu tragen hat. Die Dringlichkeit der letzteren Frage wurde, um Konflikte zu ver meiden, abgelehnt. — Die Lage im Reiche ist unverändert. Es verlautet, daßGoremykin, der neu ernannte Ministerpräsident, sich mit dem Gedanken trage, wieder abzudanken, da gegen seinen Willen und ohne sein Vorwissen die vom früheren Minister Trepow entworfenen Reichsgrundgesetze erlassen worden find, die die Befugnisse der Duma wesentlich einschränken und da man ihn ferner nicht zur Ausarbeitung der Thronrede herangezogen habe. »Das Rätsel, wohin die Leiche des von den Revolutionären zum Tode verurteilten und Hingerichteten ehemaligen Arbeiterführers Gapon, den sie als einen »Spion der Polizei» bezeichneten, gekommen ist, ist nun mehr aufgeklärt. Man fand den toten Körper des Verschwundenen in einer verschlossen ge wesenen Villa in der bei Petersburg gelegenen Sommerfrische Oserki. Danach ist Gapon jeden- alls auf russischem Boden, vrrmutiick in Finn land, getötet worden, und seine von Berlin aus nach Petersburg gesandten Briefschaften waren nur dazu bestimmt, die Spuren der Tat zu Verwischen. Wie es beißt, ist man den Ver- brechern bereits auf der Spur, wenigstens ist der Mann ermittelt, der wenige Tage vor dem Morde die Villa mietete. «alkanstaate». »Entsprechend dem Inhalt der Note, die üe türkische Regierung als Antwort auf das englische Ultima-um nach London ge richtet hat, ist die Besatzung des Sinai- Ories Tabah auf Befehl des Sultans zurück gezogen worden. Der Sultan hofft jedoch rotz seines augenblicklichen Nach gebens seine Ansprüche gelegentlich durchsetzen zu können. Die türkisch-ägyptische Streitfrage ist jedenfalls zu allseitiger Zufriedenheit erledigt. Amerika. * Der bekannte deutsch-amerikanische Politiker Karl Schurz ist in New Jork im Alter von 77 Jahren gestorben. »Das Staatsdepartement in Washington hat in Etfahrung gebracht, daß in San Domingo eine neue Revolution mit Portoriko als Haupiplatz vorbereitet wird. Die bei San Domingo stat onierten Kriegsschiffe der Ver. Staaten werden Auftrag ! erhalten, die Landung feindlicher Streitkräfte zu verhindern. Afrika. » Der Bei von Tunis, Sidi Moham med El Hadschi, ist gestorben. Aste«. »Ein Edikt desKaisers vonChina, das zwei chinesische Beamte zu General direktoren des Steuer wese ns mit der Vollmacht zur Beaufsichtigung des See-Zoll wesens ernennt, hat größte Bestürzung und Er regung in den kaufmännischen Kreisen Tientsins Hervorgemfen. Die Zeitungen erblicken darin den Beweis für das Auskommen gefährlicher Strömungen bei der chinesischen Regierung, die geeignet sein könnten, die Sicherheit der Unter pfänder sür die auswärtigen Alüeihen Zu er schüttern und Chinas Kredit und Wirtschafts leben zu gefährden. Aus äem Keickstage. Der Reichstag hat am 12. d. die DiSienvorlage beraten und in der Fassung der Kommission ange nommen. Der Vorschlag der Regierung, daß die Besch'ußfähigkeitSnffer für rein formale Abstimmungen betr. den Geschäftsgang, z. B. Schluß der Debatte und dergl., herabgesetzt werd«, wurde abgelehnt. Bei der eigentlichen D-ätenvorlage verhielt sich die Rechte in ihrer Mehrheit ablehnend, inoem sie an den Ge sichtspunkten festhielt, die seinerzeit den Fürsten Bismarck zur Ausschließung der Diäten bestimmt hatten. Die Herabsetzung der im Falle der Ab wesenheit abzuziehcnden Summe von 30 auf 20 Mk. wurde dem Vorschläge der Kommission entsprechend aufrecht erhalten; eoenso wurde beschlossen, daß die freie Eifenbahnfahrt während der Session einschließ lich acht Tage vor und nach derselben für das ganze Reich gelten soll. Ein Amrag des Abg. Singer lsoz.), die Bestimmung zu beseitigen, daß das Fehlen bet einer namentlichen Abstimmung auf jeden Fall als Abwesenheit angerechnet werden solle, wurde abge lehnt, nachdem Graf Posadowsky angedeutet barte, daß die Regierung in diesem Falle ihre Genehmigung nicht erteilen werde. Am 14. d. steht auf der Tagesordnung die zweite Beratung der Novelle zum ReichS- stempelgefetz. Nach der Vorlage sollen vom 1. Juli 1907 ab auch für Inter im sscheine von Aktiengesellschaften (ungeborcne Aktien) die im Stempeltarif vorgesehenen Abgaben entrichtet werden. Ferner fieht die Vor lage Erleichterungen für den Arbitrageberkehr und Ermäßigungen der Abgabe beim Handel mit Neichs- und Staatsanleihen vor. Ein von den Abgg. Dietrich (kons.), Müller-Fulda (Zentr.), Büsing (nat.-lib.) gestellter Anirag will die Stempelpflicht der vorhandenen Aktien, Interims- Scheine über Grundkapitalserhöhungen schon am 1. März 1907 beginnen lassen. Abg. Kämpf sfreis. Vp.) erblickt in dem über die Regierungsvorlage hinausgehenden Beschluß der Kommission und in dem vorstehenden Anträge eine Uristisch bedenkliche Bestimmung, da dadurch einem Steuergesetze rückwirkende Kraft gegeben wird. Abg. Müller-Fulda (Zenlr.): Er ist gar kein Grund vorhanden, nahezu eine Milliarde Aktien, deshalb, weil sie sich bisher der Steuei Pflicht ent zogen haben, auch in Zukunft sreizulaffen. Bei der etzigen Reichsfinanznot sind auch die zu erwar- enden nicht unbeträchtlichen Mehreinnahmen nicht zu verschmähen. Abg. Mommsen (srs. Vgg.l bekämpft scharf das Prinzip der rückwirkenden Kraft. Um lumpige 10 Millionen etnzuheimsen, wird das ganze bisherige Prinzip deS SsmpelgesetzeS auf den Kopf gestellt. Erfreulicherweise lehnt wenigstens die Rsichsregterung die Verantwortung für diesen Schritt nach dem sozia listischen Zukunstsstaate ab. Abg. Arendt lfrcikons.) tritt sür die Kom missionsfassung ein. Abg. Singer (soz.): Eine gewisse Rückwirkung kommt auch bei andern Steuern vor, z. B. bei der Einführung einer neuen Grundsteuer. Ich steue mich, daß in diesem Falle von unS vertretene Grund- Stze von der Rechten akzeptiert werden. Bei andern Gelegenheiten wird freilich die Rechte nebst dem Zentrum mit der freisinnigen Volkspartei gegen das Prinzip kämpfen, das sie hier proklamiert. Abg. Dove (sts. Vgg.): Nach der hier vor- gebrachten Logik kann man in Zukunft auch den jenigen zur Fahrkartensteuer heranziehen, der nicht mit der Eisenbahn fährt, sondern z. B. mit dem Automobil. Hiermit schließt die Debatte. 8 5a wird gegen die Stimmen der Freisinnigen in ver KommissionS» fassung angenommen. — Es folgen Bestimmungen über die Ermäßigung des Umsatzstempels sür einige Wertpapiere (Renten- und Schuldverschreibungen des Reiches und der Bundesstaaten, Kurscheine, Ge nußscheine, ausländische Banknoten usw.). Die Herabsetzung soll bis zur Hälfte deS jetzigen Be trages gehen. Unter Ablehnung aller hierzu ge stellten Abänderungsanträge werden die Kommission-- beschlüsse angenommen mit einem Zusatzantrage Kämps-Mommsen, wonach die Ermäßigung auch auf den A-bitrageverkehr zwischen inländischen Börsen- stätien Platz greifen soll. DaS Gesetz soll am 1. Juli 1996 in K-aft treten. ES folgt die erste Lesung eines Gesetzentwurfs über die Ausgabe von Reichskassen scheinen von 10 Mk. (statt der bisherigen zu 50 und zu 20 Mk., die durch Reichsbanknoten ersetzt werden sollen). Abg. Arendt (freikons.) beantragt Absetzung dieses Gegenstandes von der Tagesordnung, weil er erst in Muße die kürzlich erschienene Denk schrift über die Ausprägung eines 3-Markstücketz studieren will. Abg. Bassermann (nat.-lib.) widerspricht dem Anträge und leugnet jeden Zusammenhang zwischen der Denkschrift und dieser Vorlage. Gegen die Rechte wird die Beratung der Vor lage beschlossen. Abg. Arendt (freikons.) befürchtet das Ein reißen einer Zettelwirtschaft und beantragt Über weisung der Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern. ReicySschatzsekretär Frhr. v. Stengel erklärt; daß trotz der Vermehrung der Einwohnerzahl Deutsch lands um 50 Prozent die verbündeten Regie rungen es ablehnen, die 120 Millionen Kassenscheine zu vermehren, weil sie ebensowenig wie der Vor redner eine unsolide Zettelwirtschaft fördem wolle» Abg. Oertel (nat.-lib.) befürwortet die Vor lage imd bittet, den Antrag Arendt auf Kommission-- beratung abzulehnen. Abg. Kämpf (frs. Vp.) hält im Einklang mit dem Rcichsschatzsekretär eine Vermehrung der Reich-- kassenscheine nickt für angebracht. Damit schließt die Diskussion. Der Antrag aus KcmmissionSberatung wird gegen die Stimme de- Abg. Arendt abgelehnt. Abg. Arendt beantragt jetzt Aussetzung der zweiten Lesung. Der Antrag wird abgelehnt. Abg. Arendt beantragt nunmehr die Ver tagung. Zur Unterstützung deS Antrages erhebe« sich einige Konservative. Die Unterstützung reich' nicht aus. Präsident Graf Ballestrem eröffnet die zweite Beratung des 8 1 und schließt sie sofort, da da- Wort nicht verlangt wird. Abg. Arendt bezweifelt die Beschlußfähigkeit deS Hauses. Präsident Graf Ballestrem: DaS Bureau schließt sich dem Zweifel an; wir müssen also die Verhandlung abbrechen. Darauf vertagt sich das Haus. ^on uns fern Bier deutsche J»serate»schwindlek wurden in Nizza durch die Polizei verhaftet- Sie ließen in deutschen Zeitungen Inserate ver öffentlichen, worin sie an Bankiers Kapital gegen mäßige Zinsen auszuleihen bereit seien. Sie ließe« sich dann eine Provision auszahien und ant worteten schließlich immer, daß das Geschäft nicht zu machen sei. Innerhalb weniger Tas' haben die Schwindler auf diese Weise über 100 000 Frank erzielt. x Eiu flüchtiges Liebespärchen wurde in Stralsund wegen Zechprellerei in Haft nommen. Der 28 jährige Uhrmacher Theodor S- ans Guben Katte in Berlin mit der 24 jährige" Vr-ILuserin Ida K. aus Dirschau ein Liebes' Verhältnis angeknüpst und da zu einer ehelicht Verbindung keine Aussicht vorhanden war, be schloß das Paar, wenigstens eine „Hochzeit^ reise" zu machen. Sie fuhren von Berlin nächst nach Stettin, amüsierten sich dort einigt Tage und reisten dann nach Strcüsund weitest wo sie im Hotel „Schweriner Ho?" Logis be zogen, ohne un Besitz genügender Barmittel L sein. Nachdem ihre Zechschulden auf 1000 M- alMwachsen waren, nahmen sie polnisch^ Abschied und fiedelten nach dem Hotel „Zu^ Kronprinzen" über. Weil jedoch ihr Gepäck A „Schwertner Hof" zurückgeblieben war, schöpft« der Hm-lbefcher Verdacht und verlangte innek' halb 24 Stunden Begleichung der Rechnung- Da diese nicht erfolgte und alle schönen sprechuugen des Liebespaares keinen Glaube« fanden, wurden die Zechpreller verhaftet um> dem AmlsgerichtSgefäugnis, als drittem Log'»- zugeführt. U VieAlsge äer Gerechtigkeit. 7 s Roman von Maximilian Brytt. KorUeyungp Man hatte in ein paar Gruppen Pflicht geladener den unzufriedenen Ausdruck auf dem sonst so jovialen Antlitz Kalwodas wohl be merkt. Man unterzog nun auch das Benehmen der Brautleute gegeneinander — eigentlich waren sie ja schon verheiratet, wenn auch erst standesamtlich und noch nicht kirchlich — einer scharfen Kr'tik. Stephanie war matt zum Umfinken. Das Durcheinandergewoge der Gäste, das Lachen und Schwatzen wirkte betäubend auf ihre Sinne. Als nun ihr Bräutigam, der ihre Hand erfaßt und heftig gepreßt hatte, zu ihr sprach, klang's ihr wie aus weiter, weiter Kerne. Seine Stimme schien ihr auch so seltsam fremd und farblos. „Du hast die Karte nicht geschrieben, Fanny, — ich danke dir!" Sie sah ihn fragend au. „Du dankst mir?" KalwodaS Antlitz verlor nun. vollends den letzten Zug der gezwungenen Heiterkeit. Etwas wie Herbheit, wie Trauer tauchte in seinen Mienen auf. „Ich wußte ja nicht, daß er dir so nahe stand, Fanny. Verzeih, daß ich dich damit quälte. Verzeih — und — hab Dank!" Noch einmal drückte er ihre Hand. Er war so bewegt, daß er sich rasch abweuden mußte. Dann sah fie ihn den Pottier herbeiwinken, mit dem er ein paar Worte sprach, um darauf durch eine andre Tür auf ein paar soeben an kommende Gäste — sein Freund Eckenbrecher befand sich darunter — zuzuschretten. Stephanie konnte, ohne von Franz gesehen zu werden, den Portier im Korridor noch erreichen. Der Alte hatte ihr heute schon gewiß fünfmal gratuliert. Er tat es nun ein sechstes Mal. „Schon gut, lieber Stadelmann I" wehrte fie ab. „Ich wollte Sie nur noch bitten, dafür zu sorgen, daß im Hause Ruhe eintritt. Sie haben doch Zett, ein bißchen aufzupaffen, wie? Oder hat Ihnen mein Bräutigam einen andern Auftrag gegeben?" „Unser gnädiger Herr?" fragte der Alte strahlenden Gesichts. „Nein, Fräulein Plügge — oder vielmehr gnädige Frau muß man jetzt doch schon sagen — es handelt sich Mr um den Herrn Ingenieur. Er will doch heute abend noch abreisen, der Herr Ingenieur. Unser gnädiger Herr läßt ihn aber dringend bitten, doch wenigstens über Nacht dazubleiben und ihm morgen eine Unterredung zu gewähren — in aller Frühe — Herr Struck soll selbst be stimmen, wann und wo!" Stephanie hielt sich an der Tür, während fie mit einem entlastenden Kopfnicken sagte: „Tun Sie nur, was der Herr Ihnen befohlen hat." Im nächsten Augenblick sah sich Stephanie — die Tür zum Salon war ausgegangen — von einem halben Dutzend junger Mädchen, ihren Brautjunfern, umringt, die fie mit dem Bräutigam zusammen im Triumph nach ihrem Ehrenplatz vor der Bühne geleiten wollten. Die Einleitung bestand in der poetisch ein- gekleideten feierlichen Überreichung von allerlei finnigen Geschenken an daS Brautpaar. Stephanie hatte mit ihrem Bräutigam fest vorhin kein Wort wieder wechseln können. Sie hatte seinen Arm nehmen müssen, saß mm aber fremd Md kalt neben ihm. ES war ihr eine Wohltat, daß man den Saal — um die BühuenerscheiMngen wirksamer zu gestatten — verdunkelt hatte. So brauchte fie sich nicht zu bemühen, ihrem Antlitz das von einer Braut nun einmal verlangte glückselige Lächeln ab- zuzwingen. Ein Sturm ging durch ihre Seele. Arnold liebte fiel... Jetzt erfuhr fie das, am Tage ihrer Hochzeit mit einem andern. War ihr bisher doch gesagt worden, eine un glückliche Liebe erfülle ihn ganz und gar. . . Sie selbst also verkörperte seine unglückliche Liebe I Warum hatte er nie zu ihr darüber ge sprochen? Warum hatte er, als fie ihm ihre Verlobung mitteilte, seinen Gefühlen nicht Ausdruck verliehen? Doch er sagte ja: er habe ihr geschrieben! Also ein verlorener Brief war an dieser verhängnisvollen Wendung ihres Schicksals schuld? Langsam glitt Stephanies Rechte, die ihr Bräutigam bis jetzt festgehalten hatte, herab. Bei der standesamtlichen Trauung heute früh hatte fie überhaupt nicht nachzudenken vermocht. Die nüchterne Geschäftsmäßigkeit auf dem Bureau hatte keinerlei Stimmung auf- kommen lassen. Es war noch daS für fie Verdrießliche hinzugetreten, daß Benjamin, der als Trauzeuge hatte mitkommen sollen, durch eine Geschästsangelegeuheit in letzter Stund« verhindert worden war. So hatte der Akt d» Ziviltrauung etwas durchaus Formelles, persönliches für fie gehabt. Aber woher sollte fie die Kraft nehm^ um morgen in der Kirche das Gelöbnis^ Gott zu tun, daß er, der Gatte, ihr ein uA alles sein sollte, daß fie in Freud und N mtt ihm ausharren wollte, bis daß der fie schied?! Wie ein Grab lag ihr künftiges Leben A ihr. Ein Grab, das fie selbst sich gegradA und in dem sie ihre goldenen MädchentrüM' bestattet hatte. Von Glück und Liebe, von Treue und Hau^ ehre, von Heim und Herd war wieder un» immer wieder in den poetischen Spielen o* vor ihr die Rede. Kleine Kindererlebmu waren von einer dichterisch veranlass Freundin in ein Poem geflochten. Eine weg mutsvolle Rührung überkam fie. Doch wieder erschien daS Bild des wettergebräun^ großen Mannes vor ihrem geistigen Auge und leise ausschluchzend barg fie dann Antlitz in dem seidenen, mit Spitzen besetz" Taschentüchlein. Kein Mensch wußte, weshalb die Szene u so tief ergriff; aber man war es ja gewoyu- daß die Bräute weinten. Vor der Aufführung eines längeren EM akters, der den künstlerischen Höhepunkt Abends bedeutete, sollte eine Pause emtretU in der an den inzwischen aufgestellten Bute» Hunger und Durst gestillt werden konnten.
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