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Ottendorfer Zeitung : 30.05.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190605309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19060530
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19060530
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-05
- Tag 1906-05-30
-
Monat
1906-05
-
Jahr
1906
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 30.05.1906
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politische Kunälchau. De«ischla«d. "Der Reichskanzler Fürst von vülow ist mit seiner Gemahlin zum Kur- gebrauch in Norderney eingetrofsen. "Die monatlichen KriegSauSgaben für Südwestafrika belaufen sich auf 12 Millionen, während im Etat nur 6V, Mil lionen bewilligt wmden. * Die Zweite badische Kammer beriet den Antrag, nach dem die Regierung ersucht wird, im BundeSrat gegen die Fahrkarten« steuer zu stimmen und dahin zu wirken, daß diese Steuer nicht Gesetzeskraft erlange. Der Antrag wurde mit allen gegen 17 Summen abgelehnt. "Die württembergische Kammer der StandeSherren beschloß bei Beratung der Verfass ungsreviston bezüglich der Budgetrechtsfrage, entgegen der Auffassung des andern Hauses, einstimmig die Gleichberechtigung beider Kammern bei der Aufnahme von An leihen und bei KammsrgutSveräußerungen, so wie hinsichtlich der Abänderung der gesetzlich festgelegten Steuersätze. Die Regierung erklärte sich zur Vermittelung zwischen beiden Kammern bereit. Öfterreich-Ungar«. "Beim Schluffe der Reichsratssitzung richtete Schönerer die Anfrage an den Ministerpräsidenten, ob die Be hauptung auf Wahrheit beruhe, daß der Träger der Krone in seiner Eigenschaft als König von Ungarn am Tage der Thronrede nicht den Mut gefunden habe, auf seiner Budapester Burg die schwarz-gelbe Fahne zu hissen. „Es befremdet uns," sagte der Fragesteller dabei, „daß der Monarch freiwillig oder gezwungen auf die bisher in beiden Staatsgebieten öffent lich verwendete kaiserliche und königliche Standarte verzichtete. ES liegt in diesem Verhalten ein unwürdiges, schmachvolles Zurückweichen, wo gegen Stellung zu nehmen der österreichische Ministerpräsident verpflichtet ist." Der Präsi dent verwies Schönerer das ungebührliche und geschäftsordnungswidrige Vorgehen und erteilte ihm einen Ordnungsruf; die Anfrage ließ er im übrigen unbeantwortet. (So sehr man auch die Form, in der die Anfrage ge kleidet war, verurteilen mag, so muß man doch ihre tatsächliche Berechtigung anerkennen. Die Angelegenheit dürste mit der Antwortverweige rung des Ministerpräsidenten noch nicht er ledigt sein.) Frankreich. "Eine Division deS italienischen MittelmeergeschwaderS, geführt vom Herzog von Genua, der den Panzer „Lepanto" als Flaggschiff wählte, wird während der bevorstehenden Anwesenheit des Präsi denten FalliSreS in Toulon den Präsi denten daselbst begrüßen. Schweiz. * Der zum Inspektor der französisch« spanischen Polizei in Marokko auSer- sshen« Schweizer Major deS Ruhestandes de Boccard, gegenwärtig Polizeichef des Kantons Freiburg, wird sich demnächst auf seinen neuen Posten begeben. Boccard wird vorher von seiner Regierung den Obersten-Rang erhalten. Italien. * Der Weltpostkongreß in Rom ist nach Beratung einiger wichtiger Neuerungen im Weltpostverkehr geschloffen worden. Der nächste Kongreß soll in Madrid stattfinden. »Die Hungerrevolten in Sar dinien nehmen einen erschreckenden Umfang an. Die Bevölkerung vönGonnessa, größten« teis in den Blei- und Silberminen deS Kreises Iglesias beschäftigt, wurde zu Streik- und Ge waltakten durch die maßlose Verteuerung der Lebensmittel getrieben. Unter den Rufen: „Nieder mit den Ausbeutern!" warf sich eine johlende Menge in die Kramläden des Städtchens und vernichtete alles, waS nicht niet« und nagelfest war; als Carabinieri einschrttten, wandte man sich gegen diese. Bei dem Hand gemenge wurden sieben Personen getötet und Bulgaren und Griechen verzweifelte Kämpfe. Java«. * DaS japanischeOberhauS forderte die Regierung auf, energische Maßnahmen zu treffen, um Rußland zur Innehaltung der Portsmouther Friedensbestimmungen, insbeson dere die Räumung der Mandschurei betreffend, zu zwingen. Zus äem Keickstage. Der Reichstag genehmigte am Mittwoch in dritter Lesung ohne Debatte die beiden MilitärpensionL- gefetze, während das Schutztruppengesetz von der Regierung zurückgezogen wurde. Darauf begann die dritte Lesung deS Etats. Abg. Bassermann (nat.-lib.) brachte dabei die auswärtige Politik, namentlich das Verhältnis zu Italien und das Telegramm des Kaisers an den Grafen Goluchovsky zur Sprache. Abg. Graf Limburg-Stirum (kons.) kritisierte verschiedene Maßnahmen der Regierung und empfahl die größte Sparsamkeit. Staatssekretär des Auswärtigen v. Tschirschly verteidigte das Recht des Kaisers zum Abschicken von Telegrammen, be stritt, daß das Telegramm an den Grafen Golu- chowSki eine Demonstration gegen Italien oder England bedeute, versicherte, daß der Dreibund rm- erschütteri dastehe, daß auch Verhandlungen zwischen Rußland und England zum Schaden Deutschlands nicht im Gange seien und daß die Verstimmung zwischen England und Deutschland im Schwinden begriffen fei; die deutsche Regierung unterstütze die Bemühungen um die Herstellung besserer Beziehungen zwischen England und Deutschland auf das wärmste und halte an ihrer Friedenspolitik unentwegt fest. Abg. Bebel (soz.) griff die auswärtige Politik, die Finanzreform, die Rechtspflege, das Vorgehen der Metallindustrien«» und die Ausweisung von Rusten an, bezüglich deren er seine Angaben über das Ver fahren deS Po'.izeikommiffarS Schöne gegen einen russischen Kaufmann aufrecht erhielt. Staatssekretär Graf PosadowSky e» klärte nochmals, daß dis Aus weisung Sache der E nzelstaaten sei. In der Einzel beratung empfahl der Abg. GieSbertS iZentr.) eine Resolution zugunsten besserer SicherheitSmaßregeln für die Bergleute, bezüglich deren Graf Posadowsly für die Zeit bei Wiederbeginn der parlamentarischen Arbeiten Entgegenkommen in Aussicht stellte. Am 25. d. wird nach Erledigung einiger Rechnungssachen die dritte Lesung deS Etats beim Etat dek Reichsamtes des Innern, Kapitel Neichsversicherungsamt, mit den dazu ge stellten Resolut'onen der Sozialdemokraten und des Zentrums betr. Reform der UnfallverhütungSVor schriften in Bergwerken fortgesetzt. Abg. PeuS (soz.) polemisiert gegen die Be hauptung deS Reichskanzlers und der .Freien Deutschen Presse', daß die Sozialdemokratie die Krankenkassen zu Parteizwecken ausbeute. Abg. Horn- Goslar (nat.-lib.) wünscht kulantere Behandlung der Berginvaliden. Abg. v. Maltzan (kons.) weist auf den Rück gang der Fleischpreise hin. Die Fleischteuerung sei eine vorübergehende Erscheinung gewesen. Auffällig sei, daß die Schlächter trotz des Sinkens der Bieh- pretse nicht mit den Fleischpreisen herabgehen. Abg. v. Gerlach (frs. Vgg.): Eine Wirkung des neuen Zolltarif« kann selbstverständlich jetzt noch nicht verspürt werden, sondern erst, nachdem einige Monate ins Land gegangen find. Abg. Müller- Sagan (frs. Vp.) führt aus, die Landwirtschaft Verleure das Brot und beschuldige dann die Bäcker. Eingegangen ist ein Antrag Müller-Sagan, in den Hauptetat 100000 Mk. zur Unterstützung der SyphtliSforschung einzusetzcn uud die im NachtragS- etat geforderte gleiche Summe zu streichen. Abg. Rogalla b. Bieberstein (kons.) be spricht die WohnungS- und Bauverhültniffe in Osterode. Abg. Böttger (nat.-lib.) wünscht Ausbau deS gewerblichen Rechtsschutzes und Ausbesserung der Bezüge der Hilfsarbeiter im Patentamt. Abg. Bernstein (soz.): Die deutsche Arbeiter schaft ist durch die Breslauer Krawalle aufs heftigste erregt. Redner verbreitet sich eingehend über die Verhältnisse, die zu den Krawallen geführt habm. An den ganzen Krawallen sei die Polizei schuld, ihr Vorgehen sei, auch nach dm Angaben der bürgerlichen Zeitungen, unentschuldbar und rigoros gewesen. Poitzeihauptleute und -Offiziere hätten mit Revolvern geschossen. — Redner legt eine platt- gedrückte Kugel auf den Tisch des Hauses. Die Polizei sei mit geradezu wahnsinniger Berserkerwut vorgegangen, selbst unschuldigen, unbeteiligten Leuten gegenüber. Einen solchen Mann hat die Polizei bi» auf die oberste Treppe seines HaussS verfolgt und ihn durch Abschlagen einer Hand zeitlebens zum Krüppel gemacht. Diese Tat in noch nicht gesühnt. Als Redner den Polizei-Präsidenten von Breslau einen Banditen nennt, wird er zur Ordnung ge rufen. Auf seine Bemerkung, daß des System der Breslauer Polizei darin bestehe, die Schutzleute zu verhetzen, erfolgt ein zweiter Ordnungsruf. Uber achtzig Leut« habe man in Anklagezustand versetzt, aber gcgm die wahrhaft Schuldigen gehe man nicht vor, und eine so blutige Tat, wie das Abschlagen der Hand, bleibe ungesühnt. Ich protestiere hier im Namm der deutschen Arbeiterschaft gegen solche Ge walttaten. Staatssekretär Graf PosadowSky: Die Polizei iß Angelegenheit der Elnzelstaatm. Für die preußische Polizei iß die russische Regierung verantwortlich. Es ist für mich physisch, nssort- mäßig und geschäftlich unmöglich, hüc übec die RussmauSweisungen und die Breslauer Kravclle Rede und Antwort zu stehen. Wenn der preußische Minister de» Innern iw preußischen Abgeordneten hause dm Sachverhalt darfiellm wird, so werden die weitesten Kreise deS deutschen Volkes ein ganz andres Bild von der Sache bekommen. Eines steht fest, daß bei solchen Krawallen wie den Breslauern die Unschuldigen mit den Schuldigen leiden. E» leiden sogar häufiger Unschuldige, weil die Schuldigen sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Aber die öffentliche Ordnung muß vor allem aufrecht er halten werdm. Auch die Poli-eibeamtm find Menschen, deren Nerven bei ständiger Reizung schließlich versagen. Abg. Nacken (Zmtr.) wünscht Unterstützung dss deutschen ReichSfeuerwehrverbandes. Abg. v. Oldenburg (kons.): Angesichts der Tatsache, daß Polizeipräsidenten hier Banditen ge nannt, daß General v. Trotha als Meuchcrmörder be zeichnet und General v. Roon, der durch den höchsten Orden geehrt wurde, hier noch viele Jahre nach seinem Tode beschimpft wurde, ehrt eS mich besonder», daß ich in einem sozialdemokratischen Blatte der „blutrünstigste Stallknecht von Januschau" genannt bin. ES fehlt mir der parlamentarische Ausdruck, um die Hoch achtung auszudrückm, die ich für Sie (zu dm Soz.) empfinde. Seit einiger Zett sind gewisse Bundes staaten dabei, ihre Verfassung aus radikalster Basis umzugestalten und zwar ohne sich mit dem Bundes staat Preußen in Verbindung zu setzen. Das ver- ßößt gegen die Bestimmungen, aus denen da» Deutsche Reich gegründet ist. Bei solchen Ände rungen geht e» um Zepter und Krone. Freilich find die Äußerungen deS bayrischen Thronfolger» nicht traglich zu nehmen; er ist verantwortlich, wenn er regiert. Redner schließt mit einer Anekdote: Ein Prinz versprach, wenn er erst regieren würde, so würde da» ganz radikal sein. Ein erfahrener Offizier erwiderte ihm: Dann lassen Sie sich nur eine Schuppenkette an Ihre Krone machen, damit sie Ihnen nicht vom Kopfe fällt. Bayrischer Gesandter Graf v. Lerchenfeld- Ko esering: Der Vorredner hat sich über alle» mögliche und unmögliche verbreitet. Zu dem Un möglichen gehört, daß sich die Einzrlstaaien für Änderung ihrer Verfassung die Erlaubnis bei Preußen einholen. Preußen würde das ganz ent schieden ablehnen. Die Regierungen stehen auf dem Boden der ReichSverfaffung und lassen sie von niemand Vorschriften machen. Abg. Bärwinkel (nat.-lib.) spricht sich gegen die sozialdemokratische Resolutton bett. Unfallverhütung im Bergwerksdetriebe MS, derartige allgemeine Be stimmungen wälzten nur die Verantwortung Ms die unteren Stellen, wie Häuer usw. Dagegen stimmen wir der Resolution de» Zentrum» zu. Abg. Sachse (soz.) bemängelt da» Fehlen von Rettung»- und Feuerlöschapparaten in den Gruben. Die Schuld an dem schlechten preußischen Bergarbeiter« gesetz trägt da» Zentrum, denn wäre da» Zentrum fest geblieben, so hätte der BundeSrat nicht umhin gekonnt, die Sache reichsgesetzlich zu regeln. Abg. Herzfeld (soz.): Staatssekretär Gras PosadowSky hätte die Pflicht gehabt, sich die nötigen Einzelheiten über die Vorgänge in Breslau zu ver schaffen, um hier Auskunft geben zu können. Redner bespricht dann die Seemannsordnung, deren Bei« besserung dringend nötig sei. Abg. Erzberger (Zentr.): Redner wie die Oldenburgs wachen Preußen in Süddeutschland nicht beliebter. Redner polemisiert weiter gegen die Sozial demokratie und klagt über ungleiche Vergebung der Gelder der Versicherungsanstalten, evangelische Stif tungen würden bevorzugt. Abg. Wallau (nat.-lib.) bespricht bessere Aus gestaltung des Wetternachrichtendienfies unter Berück sichtigung von Frankfurt a. M. Abg. Bernstein (soz.): Die Angelegenheit der Breslauer Krawalle ist durchaus nicht eine rein preußische Angelegenheit, sondern interessiert da» ganze Reich. Nach weiteren Bewirkungen mehrerer Abgeord neter Wird die Diskussion geschloffen und der Elm des Reichsamts deS Innern genehmigt. Präsident Graf Ballestrem teilt mit, daß das Gesetz bett. ReichstagSdiäten am 26. d. in Kraft trete. Hierauf vertagt sich das Haus. über 40 schwer verwundet. (Durch ähnliche Straßenkämpfe wurde der Sturz des Mi nisteriums Sonnino herbeigeführt, da 27 Abge ordnete ihre Mandate niedergelegt hatten wegen der Mehner den Haltung der Kammermehrheit gegenüber den Zuständen im südlichen Italien. Beruhigend wirken diese Aufstände im Augen blick der politischen Wirren gerade nicht). Tchlveve«. "Beide Häuser deS Parlaments haben dem deutsch - schwedischen Handelsverträge mit großen Mehrheiten zugestimmt. Norwegen. * Gerüchtweise verlautet, KönigHaakon Habs verschiedene Storthingmitglieder Reich stagsabg Graf Rebeutsow starb am 22. d. im Krankenhaus« zu Wiesbaden. befragt, was die Volksvertreter tun würden, wenn Mitglieder deS russischen Kaiserhauses zur Krönung nach Norwegen kämen. N«hla«d. * Der Präsident des russischen Ministerrats, Goremykin, legte dem Zaren das Re- gierungsprogrammzur Bestätigung vor, welches er in der Reichsduma als Antwort auf die Adresse derselben entwickeln wird. "Seitdem der Gedanke der Einberufung einer Volksvertretung in Rußland laut geworden, hat eS nicht an konservativen Stimmen gefehlt, die eifrigst gegen diese Neuerung, die geeignet wäre, die Selbstherrschaft des Zaren und den Bestand der alten russischen Rechtsordnung zu gefährden, protestieren. Nach der Aniwortadreffe der Duma, die in Empfang zu nehmen der Zar bisher unterließ, hat sich die Abneigung gegen die radikalen russischen Volksvertreter, besonders bei den Gardeoffizieren, zu offenem Haß ge steigert. In den letzten Tage« veranstalteten die Offiziere der vier in Petersburg garni'o- liierenden Garde-Regimenter häufige Versamm lungen, in denen die Tätigkeit der Duma als reichsfeindlich gebrandmarkt und der Plan ausgearbeitet wurde, die Duma zu vernichten und die Diktatur Trepows durchzusetzen. Daß solche Nachrichten auf die berufenen Volks vertreter sehr verstimmend wirken, ist erklärlich. * Dem Admiral Roschdjestwensky ist mit Rücksicht auf seine geschwächte Gesundheit der erbetene Abschied bewilligt worden. «alkanstaate«. "Ein allgemeiner Albanesen aufstand scheint unmittelbar bevorzustehen. Die Albanesen erstreben nicht die Unabhängig keit von der Türkei, sondern nur die Anerkennung ihrer Nationalität und ibrer Sprache. Ferner wollen sie, daß die albanesischen Provinzen nur durch albanestsche Beamte verwaltet werden. MS Tag deS Aufstandes wird der 29. d. be zeichnet. Infolge dieser beunruhigenden Nach richten wird das dritte türkische Armee korps mobil gemacht. — In der Gegend von Saloniki finden übrigens saft täglich blutige Zusammenstöße statt, ohne daß eS gelingt, die Rädelsführer festzunehmen; insbesondere führen O Vie Mage äer Gerechtigkeit. 12) Roman von Maximilian Brytt. lFortsrtung.) „Ihre Unvorsichtigkeit hat dann ein schweres Verbrechen erleichtert," sagte der Unter suchungsrichter. „sie hat dem Mörder Kalwodas die Waffe in die Hand gegeben." „Guter Gott!" preßte der junge Mann zwischen den blaß gewordenen Lippen hervor. „Aber wer soll deuu die Untat begangen haben? Hatte Kalwoda denn überhaupt einen Feind?' „Es muß jemand gewesen sein, der mit Ihrer Gewohnheit, den Revolver aus dem Rade mit sich zu führen, vertraut war." „Nun, Stadelmann wußte es vielleicht — auch wohl daS Stubenmädchen, dem ich aber streng untersagt habe, daS Rad anzu rühren." „Herr Eckevbrecher, Ihr Jagdbekannter, der Mühlenbefitzer aus Neu-Ruppin, wußte gleich falls darum." Behr sah ihn fragend an. „Eckenbrecher? . . . Richtig, wir erneuerten gestern unsre Be kanntschaft im Hamburger Schnellzug. Ja, und nun entsinne ich mich auch: wir sprachen über die Unsicherheit ans märkischen Chausseen, und ich zeigte ihm mein Schutzmittel." „War noch ein Dritter oder Vierter Zeuge dieses Gesprächs?" „Ein Reisender, der in der Ecke saß, aber ein paarmal unruhig den Platz wechselte — uns schließlich auch in unserm Abteil allein ließ." „Haben Sie eine Ahnung, wer es war?" Behr zuckte die Achsel. „Ich entsinne mich dunkel — es war ein brünetter Herr, dem Auftreten nach vielleicht ein Marine-Osstzier. Er schien jedenfalls Seeluft gewöhnt, und in dem engen Eisenbahnwagen mochte er sich nicht wohl fühlen, übrigens mutz eS ein Bekannter deS Fräuleins v. Reck gewesen sein." „Von Fräulein v. Reck, der Verwandten Ihrer Qberwohner?" „Ich kenne die alte Dame nur vom Sehen. Natürlich steht man Ms Grützsutz. Ich enisinne mich: sie kam, als der Zug in die Halle einlief, direkt auf unsern Wagen zu, dann verloren wir einander aus dem Auge." „Und der Empfang deS FränleinS von Reck galt also Ihrem unbekannten Mitreisenden?" „Ja, sie gaben einander die Hand. Ich sah sie dann später, während ich mich vor dem Bahnhof aufS Rad schwing, MfS Spreeufer zugehen." „Dann ist kein Zweifel mehr, daß Ihr Mitreisender mit Herrn Ingenieur Struck identisch ist." „Siruck — der Name ist mir übrigens auch nicht ganz unbekannt." „Arnold Struck ist der Meter deS hier oben im Giebel gelegenen Ateliers. Und vor der Tür jenes Zimmers hat man heute abend Kalwoda erschaffen ausgesunden. Diese Waffe lag daneben. Zwei Schüsse find Ms ihr ab gegeben worden!" Das Entsetzen des jungen MmneS war nicht gespielt. Haushofer beobachtete seine Miene genau. Nach mehreren Reden und Gegenreden schüttelte ihm der Landrichter die Hand und sagte: „ES war, wie Sie sehen, ein höchst trauriger Anlaß der mich bewog, Sie zu so später Stunde noch aufzusuchen. Haben Sie nun besten Dank für Ihre Auskunft und gestatten Sie, daß ich mich wieder zurückziehe. Ich wünsche Ihnen — soweit eS nach solchen Auf regungen möglich ist — beste Ruhe!" Zunächst suchte der Landrichter darauf wieder den Portier auf. AIS er Stadelmann nach dem Zweirad des jungen Henn Behr fragte, kraute sich der Alte verlegen Hinterm Ohr. „Potz Wetter — gestern Haft' ich in dem Trubel ganz vergessen, daS Ding in Ordnung zu bringen." „Verstehen Sie denn auch mit Waffen so gut umzugehen, daß Ihnen Herr Behr daS alles so vertrauensselig überläßt?" „Ich habe nm sürs Rad zu sorgen. Die Taiche und die Peitsche — und gewöhnlich auch die Laterne — nimmt der junge Herr immer mit in die Wohnung hinein." „Diesmal bat er's vergessen. Und eben der Revolver, der sich in seiner Radtasche noch vor fand, ist das Objekt, mit dem Kalwoda getötet wurde." „Aber den jungen Herrn Behr kam doch kein Verdacht treffen?" Haushofer schüttelte den Kopf. „Begeben Sie sich jetzt gleichfalls zur Ruhe, Stadelmann. Morgen ist ein arbeitsreicher Tag; da müssen Sie auf dem Posten sein." Damit verließ er selbst das Haus. Auch ihm hatte sich die Überzeugung von Strucks Schuld mit voller Klarheit aufgedrängt. Zum Glück war der Verhaftsbefehl gegen den Ingenieur vom Staatsanwalt schon ausgefertigt. Es konnte nicht schwer sein, den Flüchtling, der ja erst in später Abendstunde Berlin verlass'" hatte, noch im Inland« zu erreichen. Zmächß mußte der Telegraph nach allen wichtigeren Durchgangsstationen spielen. .... Eine furchtbare Nacht lag Hintee Stephanie. Nach kurzem, unruhigem, trau«' beschwertem Schlaf schreckte sie empor — unv bis in den Morgen hinein peinigten sie auf» neue die Erinnerungen an die Einzelheiten des durchlebten Abends. Auch Tante Gusti und Benjamin zeigien übernächtige Gesichter. Die Unruhe des Er lebten zitterte noch in ihren Gliedern. waren alle drei wie zerschlagen, und vou Grauen gedachten sie der Anforderungen, die der bevorstehende Tag noch au sie steue" würde. Nur mit Überwindung zwangen sie sich A zu, etwas zu sich zu nehmen. Stephanie Md während der hastig genommenen Mahizeu wieder an die ursprüngliche Bestimmung ves heutigen TageS denken: dem die erste Blumen spende traf ein — von Bekannten, die ihr dem Fest ihren Glückwunsch senden wollten- Da brach Stephanie denn wieder »' Schluchzen aus, und der UntersuchungSrick!»' der sich bald darauf im Hause einstellte, sie in Tränen aufgelöst. Haushofer hatte eine größere kriminaM^ Erfahrung als der verhältnismäßig noch Staatsanwalt. Er bewies, um die ihm äusen
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