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Ottendorfer Zeitung. Die .Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen t,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendsrf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm« v«n Inserat«» bi» »«»mittag i« Nhr.H Inserate werden mit ,o Pf fiir di» Spaltzeilr bertchn» Tabellarischer Satz nacht b«sonderem Tarif Druck unö Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla Nr. 61. Sonntag, den 20. Mai 1906. 5. Jahrgang. Orrtlichrs und Sächsisches. tvttendorf-tvkrilla, den fg. Mai HOK — Der Goldregen hat jetzt wieder seine prächtigen Blütentrauben entfaltet. Diese Blüten verlocken viele Kinder und Erwachsene zum Abbrechen von Zweigen. Nirgends gilt aber mehr da» Sprichwort: „Der Schein trügt", als hier, da die herrlichen Blumen in allen ihren Teilen ein stark wirkendes Gift enthalten. Schon beim Berühren des Stengels mit den Lippen, wie es bei Kindern ost Brauch ist, stellen sich, wenn Hautritze vorhanden, so fort Schwellungen ein. Das Gift wirkt so stark, daß der Tod de« Menschen einireten kann. — Wetterpropheten. Hierüber schreiben die „Leipz. N. Nachr.": Nächst den Prognosen, die uns das Barometer stellt, hat uns auch die Natur noch eine Anzahl tierischer und pflanz licher Wetterverkündiger beschieden, die sich meistens als durchaus zuverlässig erweisen. Da nun gerade die jetzige Zeit der Ausflüge, Fußwanderungen und Reisen es einem jeden wünschenswert macht, schon vorher außer durch die Einsicht in Lokalnachrichten, über die mut maßliche Witterung zu informieren, so glauben wir, unsern Lesern einen Dienst zu erweisen wenn wir ihnen nachstehend au» unserer heimischen Faduna und Flora eine Anzahl WetterprophetenZvorstellen und sie mit der Art und Weise bekannt machen, in der diese ihre Prophezeiungen äußern. Der Frosch klettert, wenn gute« Wetter in Aussicht steht, auf se;ner Leiter empor und seine Färbung ist dann eine Mehr gelbliche, während sie sich bei drohendem Regen in ein dunkle« Braun verwandelt. Fliegen die Schwalben tief am Boden, so haben wir in Kürze Niederschläge zu ge wärtigen, krächzt jedoch die Eule im Regen, so gibt es bald wieder gutes Welter. Arbeitet die Spinne morgen» fleißig an ihrem Netz, so ist sür die nächsten Stunden kein Regen zu besürchten, hören wir aber die Pfauen an haltend kreischen, dann müssen wir uns schon aus etwa« nasses gefaßt machen. In der Pflanzenwelt soll speziell die Roßkastanie eine zuverlässige Wetterprophetin abgeben, indem sie bei schöner Witterung ihre fünf Blätter breit ausstreckt, sie aber bei herannahendem Regen wie die gespitztem Finger einer Hand fest zu- sammenzirht. Auch der Klee pflegt seine Blätter zusammenzuklappen, wenn Niederschläge beoorstehen, desgleichen faltet sich die wollige Kugel de» Löwenzahnes bei bevorstehendem Regen enger zusammen. Sie nimmt dann eine mehr tütenförmige Gestalt an. So weit die Theorie I Des Lesers Aufgabe ist es nun, ihre Lehren im praxi zu verwerten I — Nachdem die Obstbäume sämtlich abge blüht haben, ergibt sich, daß der Fruchtansatz sowohl bei Kirschen und Pflaumen, als auch bei Birnen und Aepfeln, sowie Aprikosen und Psirsischen im allgemeinen ein sehr guter ist. Nur hier und da hat den Aepfelbäumen der Apfelblütenstecher nicht unbeträchtlichen Schaden zugesügt, der durch das rechtzeitige Anlegen von Insekten - Fanggürteln hätte verhindert werden können. Not tut den Bäumen nun mehr ein ergiebiger Regen. Neben den Bäumen haben, so wird im „Meißn. Tgbl" ^schrieben, auch die Weinstöcke gut angrsetzt. Sie wachsen bei der obwaltenden warmen Witterung so rasch vorwärts, daß die Zeit der Rebenbreche nicht mehr fern sein würde, so fern man diese wenigstens, was das richtige ist, noch vor der Rebenblüte vorzunehmen und zu Ende zu führen gedenkt. — Nach den neuesten amtlichen Statistik be trug für den Kopf der Bevölkerung in Deutsch land der jährliche Verbrauch von Wein 5,82 Liter, Bier 123,4 Liter und Branntwein 8,52 Liter. Die jährliche Ausgabe für alkoholische Getränke betrug 2826 Millionen Mark. Zieht man in Rechnung, daß dieser Aufwand in der Hauptsache von den männ- ichen Einwohnern im Alter von mehr als 15 Jahren aufgebracht und verbraucht wird, o ergibt sich für jeden erwachsenen Mann eine jährliche Ausgabe von etwa 150 Mark ür alkoholische Getränke. Selbst wenn man wch einen Teil abzieht, der auf den Verbrauch rurch das weibliche Geschlecht entfällt, bleibt >ie Gesamtsumme immer noch eine beträchtliche )ie umso mehr in die Augen fällt, wenn man >edenkt daß unsere Reichöschulen 2933 Millionen ausmacht und daß die jährlichen Aufwendungen ür Landheer und Marine 858 Millionen Mark, für die öffentlichen Volksschullehrer 414 Millionen Mark betragen. — Zur Erhöhung der Betriebssicherheit auf )er sächsischen Staatseisenbahn werden die Hauptbahnstrecken nach und nach mit Strecken, ernsprechern ausgerüstet. Die Fernsprecher -esiyen gemeinschaftliche Batterie. Alle Be- Kensteten der Staatseisenbahn, welche in die Lage kommen, den neuen Fernsprecher zu be nutzen, sollen mit seiner Handhabung so ver trant gemacht werden, daß sie ihn auch in Fällen der Gefahr völlig sicher zu bedienen wissen. Das mit der Bedienung beauftragte Bahnbewachungspersonal wird deshalb von dem Telegrophenmeister oder den Bahnmeister unter- viesen, auch ist von jetzt ab das Personal durch )iejenigen Beamten, welchen die Revision des unteren BahnbewachungS-, Stations- und Fahr personals obliegt, auf die Fernsprecherbedienung gl prüfen- Auf denjenigen Strecken, auf denen nicht ständig besetzte Fernsprecher vorhanden sind, fällt die Bedingung dem Zugbegleitungs personale zu. Medingen. Am 1. Juni wird der Gendarm Herr Schoch von Medingen nach Lauter im Erzgebirge versetzt und tritt an besten Stelle Herr Gendarm Anders aus Hochkirch. Dresden. Der König begab sich am Freitag vormittag mit dem Prinzen Johann zur Besichtigung von Truppenteilen der vierten Division Nr. 40, des 2. Pionierbataillons Nr. 22 und des 1. Ulanenregiment» Nr. 17 nach dem Truppenübungsplatz Zeithain. Die Rückkehr erfolgte nachmittags einhalb zwei Uhr. - In geheimer Sitzung verhandelte das Schwurgericht gegen die 1884 in Morttzdorf geborene, bisher unbestrafte Ditnstmagd Emma Franziska Kliemann wegen Kindestötung ver handelt. Die Angeklagte, welche bereit» am 5. Juli 1904 von einem unehelichen Kinde entbunden wurde, ist beschuldigt, am 14. oder 15. Dezember 1905 in Dresden ihr außer der Ehe geborenes Kind in oder gleich nach der Geburt vorsätzlich getötet zu haben, Die An klage vertritt Staatsanwalt Papsdorf, die Verteidigung führt Rechtsanwalt Dr. Knoll- Die Geschworenen billigen der Angeklagten mildere Umstände zu, Das Urteil lautet auf 2 Jahre Gefängnis, 2 Monate gelten als verbüßt. — Gestern nachmittag veranstaltete der Verein zur Förderuug Dresdens und des Fremdenverkehrs ein Korsosahren und Korso reiten im Königlichen Großen Garten, das zwar Teilnehmer und Publikum genug herbei gelockt hatte, aber durch den um dieselbe Zeit einsetzenden Gewitterregen stark zu leiden hatte. — Am Freitag abend in der 9. Stunde ist auf der Marienbrücke ein 8 jähriger Knabe von einem Motorwagen der Straßenbahn über- fahren und auf der Stelle getötet worden. — Zum Vorstand der benachbarten Ge meinde Briesnitz, deren Oberhaupt kürzlich vor Gericht stand, ist der Gemeindevorstand Röger in Eibau gewählt worden. Radeberg. Auf der Schönen Höhe in Augustusbad fand die Eröffnung des vom Landesverein für innere Mission errichteten Bethlehemstiftes statt, zu der sich eine stattliche Anzahl Ehrengäste, Gönner und Freunde, da runter der Vorsitzende des Landesvereins sür innere Mission Graf Vitzthum von Eckstädt, Graf Brühl auf Seisersdorf usw., eingefunden hatten. Gegenwärtig find 80 Kinder in das Stift ausgenommen, die sich zumeist aus der vernachlässigten Grobstadtjugend der ärmeren Stände zusammensetzen. KesselSdorf. Ein aufregender Vorfall er eignete sich hier. Man hatte die Leiche eines Selbstmörders aus dem nach Kestelrdorf ein- gepfarrten Oberhermsdorf mit einspännigem Geschirr nach der Totenhalle gesendet. Dem Geschirrführer ging aber infolge eines nahenden Eisenbahnzuges das Pferd mitsamt dem Wagen durch, es jagte den Dorfweg entlang und schleuderte an einer Wegebiegung den Wagen gegen eine Mauer, sodaß der entseelte Körper aus dem geborstenen Sarge auf die Straße fiel. Das Pferd konnte erst weit entfernt von der Unfallstelle eingefangen werden. Wilsdruff. Bei einem am Dienstag Nachmittag hier aufgelroffenen Gewitter ist ein in der Parkschenke bedienstetes Mädchen, das auf dem Felde mit Distelstechen beschäftigt war durch einen Blitz schwer verletzt worden. Der Blitz hat der Unglücklichen das Kopfhaar ver- wannt, die Kleider den Rücken hinunter auf- geristen und an den Beinen Brandwunden zu gesügt. Da das Mädchen allein auf dem Feloe beschäftigt war, hat es längere Zeit ammernd dagelegen, ehe ihm Hilfe gebracht verden konnte. Das im Krankenhause unter gebrachte Mädchen klagt bei Bewußtsein sehr über Schmerzen in der Brust und in den Brandwunden. Nossen. Im Mühlgraben der Obermühle in der Nähe des Badeplatzes des Königlichen Seminars, ist am Dienstag abend der 11jährige Sohn des Eisenbahnschaffners Grotjan beim Baden ertrunken. Der Unfall geschah dadurch daß den schwimmenden Knaben die starke Strömung des ziemlich tiefen Mühlgrabens mit fortnahm, wobei ihn die Kräfte verließen. Mittweida. In ein Schaufenster fuhr am Donnerstag nachmittag ein 15 Jahre alter Zimmerlehrling, der mit seinem Rade von der Leisniger Straße nach der Bahnhofstraße ein biegen wollte. Der Verunglückte prallte so heftig gegen die Glasscheibe, daß sie zer trümmert wurde. Chemnitz. In einem der Chemnitzer Düngerabfuhrgesellschast gehörigen Düngerwagen dem ein Göppersdorfer Gutsbesitzer nach Burgstädt hatte kommen lasten, sand man beim Entleeren de» Wagens den Leichnam eine» etwa sechs Monate alten Kindes weiblichen Geschlechts. Es scheint ein Verbrechen vorzu liegen. Leipzig. In Verlust geraten ist am Mittwoch nachmittag gegen 5 Uhr vermutlich in einem Restaurationslokal im Brühl ein braunledernes Handtäschchen, enthaltend Schmuck sachen im Werte von 1775 Mark. Hierbei befanden sich ein Paar mattgoldene Ohrringe, je mit einem großen und drei kleinen Brillanten ein goldene Damenring mit 2 Brillanten und einem Saphir, eine wattgoldene Brosche, fünf blätteriges Kleeblatt darstellend, mit einem Brillant besetzt, ein mattgoldenes Kettenarmband mit einem Brillant, eine goldene Brosche, ein Pfeil mit Herz darstellend, mit einem Saphir und 6 bis 8 kleinen Diamanten besetzt, einen goldenen Herrenring mit einem großen Diamant ein goldenes doppelt geflochtene» Armband, eine goldene Herren-Panzeruhrkette. Die Eigen tümerin der Juwelen hat auf deren Wieder erlangung 100 Mark Belohnung ausgesetzt. — Ein heftiges Gewitter trat gestern nach mittag hier auf, welches leider auch ein junges Menschenleben vernichtete. Der zehnjährige Max Erich Fritzsche war am Nachmittag mit einem gleichaltrigen Hans Grzywotz und einem dritten Spielkameraden nach dem Germania bade gegangen, um sich zum Schwimmunter richt anzumelden. Gegen 5 Uhr verließen die Knaben das Bad und hielten sich noch einige Zeit auf der über die Pleiße führenden Brücke auf, um einigen Schwimmern zuzusehen. Als dann das Gewitter aufzog und der heftige Regen einsetzte, flüchteten die Knaben unter eine alte Eiche, die zwischen dem von der Kronprinzstraße au» nach dem Freibade führenden Fußweg uud dem Pleißenbett steht. Hier kroch Fritzsche in den hohlen Stamm, während Grzywotz und der dritte Knabe vor dem Baumloch stehen blieben. Plötzlich fuhr ein Blitzstrahl unter großer Flammenbildung in die alte Eiche. Er tötete den Knaben Fritzsche aus der Stelle. Grzywotz schien ge- ähmt. Er fiel zur Erde. Der dritte Knabe, dessen Lederschuhe zu brennen begonnen hatten, konnte noch um Hilfe rufen. Als der Bade meister aus dem Germaniabade herbeieilte, brannte noch ein Teil der Baumrinde, die dann in das nahe Master geworfen wurde. Der Knabe Fritzsche wurde in das Germania- vad getragen und Grzywotz nach Hause ge bracht. Trotz der eifrigsten Wiederbelebungs versuche war es nicht gelungen, den kleinen Fritzsche ins Leben zurückzurufen. Der Blitz satte den hoffnungsvollen Leben ein jähes Ende bereitet. Hans Grzywotz dagegen hat sich be reits erholt und dürfte bald genesen. Die Leiche des kleinen Fritzsche ist aus der Bade anstalt nach dem Pathologischen Institut ge bracht worden, von wo aus sie bestattet werden wird. Der kleine Leichnam wies keine merk baren Veränderungen auf. Nur die Unter lippe war intensiv blau gefärbt. Den be klagenswerten Eltern wird allseitig große Teil nahme entgegengebracht. Werdau. Am Dienstag nachmittag ver- uchte sich die 18 Jahre alte Tochter eine» SchlostermeisterS in der Pleiße zu ertränken. Es gelang aber im letzten Augenblick zwei be herzten Männern, die Lebensmüde wieder dem nasten Elemente zu entreißen und ins Leben zurückzurufen. Dagegen fand am Donnerstag vormittag ein in einem hiesigen Konfektions geschäft in Stellung befindliches Dienstmädchen den Tod, indem e» in einen der Landwehr teiche sprang und erst nach einigen Stunden als Leiche geborgen werden konnte. Schön hei de. Der Stationtaspirant Schwab der erst vor kurzem von Oelsnitz nach hier versetzt worden ist, geriet bei Ausübung seines Dienstes zwischen die Puffer zweier Wagen. Der Schwerverletzte wurde in das Kreiskranken stift Zwickau gebracht. Eibenstock. Der Vorstand de» hiesigen kaiserlichen Postamtes, Postdirektor Singer, ist am Mittwoch im besten Mannesalter infolge Herzschlages plötzlich verschieden. Aue. In einem von Chemnitz nach Adorf fahrenden Zuge wurden auf hiesigem Bahnhofe einem drei Jahre alten Kinde beim Schließen der Tür des Wagenabteils die Finger abge quetscht. Dem armen Kinde wurde sofort ein Notverband angelegt. Garnsdorf. Hier brach in dem Wohn hause des Gutsbesitzers Bernhard Metzler Feuer aus, welches das Wohnhaus in Asche legte. Der Brand war von dem zwölfjährigen Kuhjungen Fasel unter Zuhilfenahme eines Feuerwerkskörpers angelegt norden, um, wie er bei seiner Festnahme angab, aus seinem Dienste kommen zu können. Der jugendliche Brand stifter wurde dem Königlichen Amtsgericht Frankenberg zugeführt. Zwickau. Im benachbartem Mülsen wurde ein?^4edige Fabrikarbeiterin erschaffen aufge funden. Es erfolgte Sektion der Leiche zur Feststellung, ob Selbstmord oder Verbrechen vorliegt. Plauen i. V- Der hiesige Sportplatz ist nunmehr in den Besitz des dortigen Bau meisters Meyer übergegangen und zwar zum Preise von 44700 Mk. Der Stickmaschinen besitzer Hollmann, der bei der Versteigerung dieses Höchstgebot abgegeben hatte, hat seine Rechte an Meyer abgetreten. Gerichtlich war das Grundstück auf 68 600 Mark geschätzt worden. Das erste Rennen wird am ersten Pfingstfeiertag stattfinden. Für diese» ist Rabl bereits fest verpflichtet.