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Ottendorfer Zeitung : 08.04.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190604084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19060408
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19060408
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-04
- Tag 1906-04-08
-
Monat
1906-04
-
Jahr
1906
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 08.04.1906
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poUnfcke KunZfckau. Le«tschla«t * Der Kaiser ist von Krefeld wieder in Berlin eingetroffen. * Der Kaiser empfing die Mitglieder der Kommission für das neue Exerzier-Regle- ment, um sich Beucht über das bisherige Ergebnis ihrer Arbeiten, die infolge der Erfahrungen des letzten Krieges zwischen Japan und Rußland auf einige Neuerungen abzielen, erstatten zu lassen. *Der Kaiser wird Anfang Mai als Jagdgast-des Fürsten zu Dohna» Schlobitteu in Prötelwitz weilen. * Das durch den Kaiser in seine neue Garnison Krefeld eingesührte zweite Westfälisch Husarenregiment Nr. 11 soll anläßlich seiner Übersiedlung fortan den Namen der Kronprinzessin Cecilie führen. * Die deutschen Vertreter auf der Kon ferenz in Algeciras, Botschafter v. Rado» Witz und Graf Tattenbach, sollen durch Ver leihung hoher Orden ausgezeichnet werden. *Jn das Osfizierpensionsgesetz wurde von der Reichstagskommisston eine gegen den Zweikampf gerichtete Bestimmung aus genommen. * Die preußischen Wahlrechts vorlagen wurden in dritter Lesung mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der frei sinnigen Parteien angenommen. Das Haus ging dann in die Osterferien. *Jn Berlin leben zurzeit etwa 7000 russische Flüchtlinge, die ohne jede Existenzmittel find. Falls die deutschen Hilfs komitees sich nicht ihrer in durchgreifender Weiss annehmen, sieht sich die Behörde ge zwungen, die „lästigen Ausländer* aus zu» weisen. Auch in andern deutschen Groß städten nimmt daS russische Auswandererelement täglich zu. Österreich-Ungar«. * Das fürstliche HauS von Schaum burg-Lippe ist durch das Ableben zweier seiner Angehörigen in 'lese Trauer versetzt worden. Am 4, d. stütz 7 Uhr ist auf seinem Schlöffe Nachod in Böhmen Prinz Wil helm zu Schaumburg-Lippe im 70. Lebensjahre unerwartet einem Herzschlage erlegen, und wenige Stunden später, morgens S Uhr, wurde seine Schwiegertochter, die erst 31 Jahre alte Prinzessin Luise zu Schaumburg-Lippe in Schloß Ratiboritz von ihren langen, schweren Leiden (Gehirn hautentzündung) durch den Tod erlöst. * Unter dem Vorsitze des Kaisers Franz Joseph fand in der Hofburg zu Wien ein Kron rat statt, an dem der ungarische Ministerpräsident Baron Fejervary, der Reichs- stnanzminister Baron Burian und Graf Golu» chowski teilnahmen. — Im Kronrate wurde entschieden, daß die ungarischen Neuwahlen jetzt im April nicht stattfinden sollen. Sie sollen erst iür den Herbst, wahlscheinlick für September ausgeschrieben werden, und die Regierung hofft, durch diese eine Majorität wie 1867 zu erhalten. Es bleibt abzuwarten, wie die oppositionellen Ungarn sich zu diesem entscheidenden Entschlusse stellen werden. * Dem Krainer Landtage unter breitete der Präsident eine Regierungsvorlage bett. Änderung der Landesordnung und der Landtagswahlordnung, nach der eine Kurie des allgemeinen Wahlrechts mit 10 Ab geordneten an die bis jetzt bestehenden Kurien anqegliedert werden soll. Die Vorlage enthält außerdem Bestimmungen, die daraus abzielen, eine ungestörte Tätigkeit des Landtages sicher zu stellen. Die Vorlage wurde einem Aus schuß überwiesen. Ara»kreich. * Auf eine Anfrage, das Gruben unglück von Couniöres betreffend, erklärte der Minister der öffentlichen Arbeiten in der Kammer, man müsse daS Ergebnis der Untersuchung, die sehr gewissenhaft und durch aus unpMkiifch geführt wird, abwarten, ehe man die Gmdenverwaltung beschuldigen dürfe, sie habe überlebende geopfert, um die Grube zu retten. Nachdem der Sozialistenführer Jamös den Ausführungen des Ministers zugestimmt hatte, nahm die Kammer eine Tagesordnung an, die das Vertrauen ausspricht. — Es wird übrigens bekannt, daß am Mittwoch noch ein Überlebender aus den Kohlengruben von Couriöres gerettet wurde. * Im Ministerrat wurde Kriegsminister Etienne ermächtigt, in der Kammer einen Ge setzentwurf einzubringen, der dahin geht, daß die Kriegsgerichte in Zukunft ihre Entscheidungen werden begründen müssen. Etienne wird der Kammer zur Kenntnis bringen, daß die Re gierung bereit sei, eine Reform der Kriegs- gerichte zu beraten. Der Fall Drcy'us hat also, wenn auch sehr spät, segensreich gewirkt. S«gl««d. * Im Unterhause fragte ein Liberaler an, ob angesichts der Tatsache, daß England, Deutschland und Frankreich die Gebiete in Westafrika zur Ausbreitung der Zivilisation in Besitz genommen haben, möglich sein würde, zu verhüten, daß Feindseligkeiten, die in Europa ausgebrochen seien, nach Westasrika übergreifen. Der Staatssekretär des Auswärtigen, Sir Edward Grey, erwiderte ihm, er fürchte, dies sei nicht möglich. Italien. * Gerüchtweise verlautet, der Papst werde demnächst den Namurer Bischof Heylen zum Kardinal ernennen; danach erst werde der neue Erzbischof von Mecheln, Mercier, den KardinalShut erhaben. Belgien hat bis her nur einen Kardinal, den jeweiligen Erz bischof von Mecheln, gehabt. * Zum Gesandten beim päpstlichen Stuhl ist, wie nunmehr amtlich bekannt wird, der bisherige bayrische Gesandte in Peters burg, Frh. von und zu Guttenberg, ernannt worden. * Der frühere Minister Nasi, der sich noch immer vor der Polizei verborgen zu halten weiß, und dessen Wahl im Januar von der Kammer für ungültig erklärt wurde, weil er sich nicht zur Eidesleistung eingefunden hatte, wurde in seiner Vaterstadt Trapani mit 3256 Stimmen gegen 14 S immen in dieKammer wieder- tz e w ä h l r. *Jn der Deputiertenkammer er klärte auf eine Anfrage der Unterstaatssekretär des Auswärtigen di Scaiea, die Nachricht, Deutschland habe eine besonders Konzession von der Pforte zum Fischen von Schwämmen erhalten und habe eine wissenschaftliche Expe dition nach Tripolis inS Werk gesetzt, sei vollkommen unbegründet. Schwede». * Die ordentlichen Ausgaben für das Ministerium des Auswärtigen be- traaen nach dem Kommissions-Vorschläge 1 350 oao Kronen, was eine Mehrausgabe von 462 000 Kronen bedeutet. Auch haben sich die Kosten des Auswärtigen Amtes seit Auf lösung der Union um ein Drittel vermehrt. Evamie«. * Dem günstigen Ergebnis derKonferenz in Algeciras wird nun auch der Wider spruch der marokkanischen Vertreter keinen Ein- trag wehr tun können, nachdem beschlossen worden ist, daß der Sprecher des diplomatischen Korps, der italienische Gesandte in Tanger, Molmufi, dem Sultan persönlich die Beschlüsse vorlegen soll. AlS tiefer Kenner der maurischen Kultur, der das Arabische .wie seine Mutter sprache beherrscht, und als Doyen deS diplo matischen KorpS in Tanger genießt Signor Malmufi das besondere Vertrauen der Marokkaner wie der Europäer. Von allen Regierungen treffen für die einzelnen Delegierten Glück wunschtelegramme anläßlich der Be endigung der Verhandlungen ein. Sinstland. * Der Zar hat angeblich den Mächten daS Programm der zweiten Friedens konferenz überreichen lassen. Die Konferenz findet in der zweiten Hälfte des Juli statt. Das Programm ist ziemlich allgemein gehalten. * General Kuropatkin beendet angeblich auf seinem Gute im Gouvernement Pskow eine umfangreiche Arbeit über den letzt en Krieg. Die beiden ersten von den geplanten vier Teilen, die Schlacht bei LiMjang und die Kriegsoperationsn Ende 1904 betreffend, wurden bereits m der Mandschurei verfaßt. Balkanftaaten. *Rußland protestiert gegen jeden Plan für Konzessionieruug eines Petroleum depots in der Türkei, verlangt bindende Ver sprechungen von der Morte und macht davon seine Zustimmung zur Zollerhöhung abhängig. Amerika. *Jn Indianapolis scheint eS doch noch zu einem Vergleich zu kommen. Die Bergwnksbssitzer haben Roosevelt um seins Vermittelung gebeten, der sich an die Führer der 596 000 Streikenden mit Vergleichs vorschlägen gewandt Kat. Die Entscheidung soll in diesen Tagen getroffen werden. -Zus ciem Keickstage. Der Reichstag hat in seiner Sitzung vom 3. d. den Militäretat ohne lebhafte Debatte erledigt. Abg. Zubeil (soz.), der in 2V. stündiger Rede heftig die V rmaltung der MilitörwerkstStten angriss, mußte hören, daß seins Kritik im letzijShrigen Etat eine nicht ganz berechtigte gewesen sei. General major von Armin, der Dezernent für die Militör- werkstätten, gab im übrigen die Versicherung, daß die gerügten MMände nach Möglichkeit beseitigt werden sollten. Nach der Bew'lligung des Kapitels „Mlitärwerkstätten* ging die Beratung des Militär etats flott vonstattsn. Nach dem Militäretat wurden noch die Etats für die Expedition nach Ostaflen und den Reichsmilitärgerichtshof bewilligt. Die Beschlüsse der Kommission wurden überall unver ändert angenommen- Die Sitzung am 4. d. begann mit dem Etat der Zölle. Abg. Dove (frs. Vgg ) führt Klage über die vom Bundesrat erlassene Tara-Ordnung, die gleich zeitig mit den neuen Handelsverträgen am 1. März d. I. in Kraft getreten ist. Auf Grund dieser Tara ordnung werden Umhüllungen wie Karton? usw. mit zu dem Reingewicht gerechnet werden. Es ist z. B. vorgekommen, daß bei der Versendung von Seidengarnen, Straußenfedern usw. die Kartons schwerer wogen und demgemäß höher verzollt wurden al? der Inhalt selbst. Di- neue Zollgesetzgebung trifft ohnehin Handel und Industrie aufs schwerste. Es ist aber durch da« Reichsschatzamt auch bereits Abhilfe erfolgt. Im vorigen Monat ist seitens de« Reichskanzlers an die Bundesregierungen mit eigner Zollverwaltung ein Rundschreiben ergangen, worin eS heißt, daß die Umhüllungen, die für gewöhnlich mitgegeben werden, nicht zu verzollen find und daß unter Kleinverkauf nicht aufgefaßt werden soll der Verkauf der Großhändler an die Kleinhändler. Beim Etat der Verbrauchssteuern be antragt die Budgetkommitfion bei der Zucker steuer eine Resolution, die die Herabsetzung der Zucker- steusr von 14 auf 10 Mk. pro Doppelzentner noch in dieser Session und die Gleichstellung des deutschen Zuckers mit dem kubanischen Zucker, wie überhaupt mit dem Rohrzucker auf dem amerikanischen Markte, fordert. Der Etat und die Resolution werden ohne Debatte angenommen. Der Etat der Stempelabgaben wird ohne Debatte bewilligt. Es folgt darauf die zweite Beratung der beim Etat für Ostafrika im März wegen Beschlu ß- unsähigkeit unerledigt gebliebenen Position bett, die Regierungsschulen in Ostafrika. Abg. Arendt (freik.): ES war befremdlich, daß die Sozialdemokratie diese Kolonialsorderung der Regierung bewilligen wollte, und durch die Art, wie dies geschah, find die Konservativen, die vorder die Regierungsforderung befürwortet hatten, kopfscheu gemacht worden. Der Vergleich zwischen dem Schulwesen in der Kolonie und unserem heimischen Schulwesen greift vollkommen daneben. Die Regierungsschulen find dazu bestimmt, daß die mohammedanischen Kinder dem Deutschtum näher geführt werden. Wir können nur dem praktischen Bedürfnis in Afrika Rechnung tragen, und dar tun die RegirrungSschulen. die Forderung vernünftig gewesen sei. Darum werden wir auch jetzt gegen den obigen Anttag stimmen. Geheimrat Dr. Seitz verweist auf die frühere Erklärung deS Erbprinzen zu Hohenlohe. Die Forderung ist in den Etat eingestellt worden, weil sie der doch sachverständige Gouverneur als not wendig und empfehlenswert beantragt hatte. Abg. Spahn (Zentr.) tritt für den obigen Ant ag ein. Abg. Ledebour (soz.) Wendel sich gegen de« Vorredner. Wenn für die Buren am Meruberge eine reformierte Schule notwendig wäre, so hätten sie das schon selbst beantragt. Abg. Paasche (nat.-ltb.) erklärt sich für di« Regierung? forderung, also gegen den Anttag Schwerin-Bachem. Wenn dessen Prinzip befolgt werden würde, müßte man doch auch moham medanische Schulen errichten, und das wolle man doch gerade verhindern. Der Anttag Schwerin-Bachem wird darauf ab gelehnt und die Regierungssorderung angenommen. Es folgt die zweite Beratung des an die Bud- getkommisfion zurückverwiesenen Titels im Etat für Kamerun „Für Bauten usw." Ohne Debatte wird der Titel gemäß dem Anträge der Kommission mit einer Streichung von 166 250 Mk. bewilligt. Darauf iolgt die zweite Beratung der ebenfalls an dis Kommission zuriickoerwiesenen Positionen deS Etats für Südwestafrika Die Kommission beantragt für Baggerungen an der Mole und Landungibrücke bei Svakopmund 100 060 Mk. zuzusetzen, die Wiederherstellung der dortigen Hasenanlage abzulehnen, zur Verlängerung und Unterhaltung der Landungsbrücke aber 100000 Mark und zu Vorarbeiten für Verbesserung der Lan nmge Verhältnisse 20060 Mk. neu einzustellen. Das HauS tritt diesem Anträge ohne Debatte bei und nimmt auch die von der Kommission be schlossene Resolution an, die Verträge über Liefe rungen für die Schutzgebiete, die über 'ne Dauer eines EtatSjahreS hinausgehen, sofort zu lösen, nach dem in kürzerer Debatte getrennte Abstimmung über daS Wort „sofort" beantragt und dessen Streichung abgelehnt worden war. Damit ist die zweite Lesung des Kolonialetats erledigt. ES folgt die zweite Beratung deS Gesetzentwurfs bett. Aoänoeruno des Gesetzes über die Bewilli gung von W ohnuNgs g eldzuschüssen vom 30. Juni 1873 und des Gesetzentwurfs bett, den SsrviStaris und die Klasseneinteilung der Orte. Abg. Eickhoff lfr. Vp.i, erklärt die Zustimmung seiner Partei zu beiden Vorlagen, die jetzige Re gelung aber dürfe nicht als endgültige erachtet werden, zumal auch insbesondere die mittleren Be- amteuklaffen einer Aufbesserung der WohnungSgeld- zuschüsse dringend bedürften. Nach weiteren zustimmenden Erklärungen werden dir KowmisfionSbeschlüsse gebilligt. E? folgt die zweite Lesung eines Gesetzentwurfs bett. Abänderung deS Gesetzes über die Natural leistungen sür die bewaffnete Macht im Frieden. Die Regierungsvorlage fuhr als Vergütung für Noturalverpfl gung des gemeinen Mannes für die volle Taget kosi mit Brot 1 Mk. und ohne Brot 85 Mg., dis Kommission dagegen 1,20 Mk. bczw. 1,05 Mk. Vor. Auch bei den son stigen Veipfleaungsartcn schlägt die Kommission eine entsprechende Erhöhung vor. Nachdem eine Anzahl von Rednern die Zu stimmung ihrer Parteien ausgedrückt haben, werde« die KommssstonSbeMüsse angenommen. Darauf vertagt sich das HauS. Von und fern. „Kaiserin AngNstk Viktoria", der größte für die Hamburg-Amerika-Linie gebaute Per sonendampfer der Welt, der am 23. August v. in Gegenwart des Kaiser Paares auf der Vulkan» werft in Stettin vom Stapel lief, ist jetzt bis aus wenige Einzelheiten seiner prächtigen inneren Ausstattung fertig. Das Schiff wird am 23. April d. die Vulkanwerft verlassen und nach Swinemünde geführt werden, von wo bis zum 30. d. Probesahrien in der Ostsee vorgenomme« werden sollen. Schon am 10. Mai wird das Schiff von Hamburg aus seine erste Fahrt nach New Jork machen. Abg. Erzberger (Zentr.) wendet sich gegm diese Darlegungen und befürwortet einen Antrag Bachem, nach welchem 48000 Mk. für die jetzigen Regierungsschulen und 11200 Mk. für eine Buren schule bewilligt werden sollen. Abg. Bebel (soz.) gibt seinem Erstaunen Aus druck, daß von der Kolonialverwaltung niemand zu dem Anträge Stellung nehme. Die Sozialdemokratie habe die Forderung der Regierung unterstützt, weil Die Legung des »euer« deutsche« Pacifie- kabels von Schanghai nach Aap (Karolinen) ist in diesen Tagen vollendet worden. Die Ent fernung beträgt 2000 englische Meilen. An einer Stelle liegt das Kabel 26 247 Fuß unter dem Meeresspiegel, die größte Tiefe, die je bisher erreicht wurde. Das Kabel bildet den Abschluß der ersten völlig nichtenglischen Tele graphenverbindung um die Welt. A Vie letzte Kate. 15) Roman von Karl Schmeling. lA-rveS-xg.) Der General begann zu lesen und laS immerzu. DaS heißt, er begann immer wieder von vorn, wenn er zu Ende gekommen war. Sein Gesicht bildete dabei den Schauplatz eines ungemein lebhaften Mienenspiels. Nach diesem zu urteilen, schien er etwas begreiflich finden zu wollen, was er doch nicht begreifen konnte. Der Oberst Donner betrachtete seinen Vor gesetzten einige Zeit, endlich schaute er gelang, weiligt durch daS Fenster auf d'e Baumgipfel vor demselben. Behaglich fühlte er sich jedeu- sallS in seiner Lage nicht. „Es ist rein um überzuschnappen I* rief der General endlich. „Dieses Papier bläst alle dem Leutnant von Weilmann günstige Ansichten wie Kartenhäuser über den Haufen.' „Ich mache die Bemeikung, Exzellenz,' sagte der Oberst grollend, „daß schon so etwas wie eine Beobachtung deS Leutnants v. Well mann in Lühne statistndet —' „Nicht auf meine Veranlassung, lieber Donner!' rief der General eifrig. „Diese Nachrichten erhalte ich seit gestern ohne mein Zutun, und bis vor wenigen Stunden wünschte ich noch, daß ich damu verschont geblieben wäre. Jetzt freilich —' „Wenn die Nachrichten nicht in amtlicher Eigenschaft gegeben werden,' brummte der alte Donner, „so spricht die Aufdringlichkeit nicht besonders für den Berichterstatter; das in Be- kracht zu ziehen, wäre wohl nötig, Exzellenz!' „Ist bereits geschehen, mein Alter,' ant wortete der General. „Gestern sogar bis zur völligen Ablehnung der Angaben. Aber ich muß denselben heute Glauben schenken. Hören Sie nur —' Der General begann zu lesen: „ES wird nicht schwer halten, eine nam hafte Zahl vou Personen ausfindig zu machen, welche Weilmann an bestimmten Tagen auf der Fahrt nach Berlin oder dort selbst gesehen haben, und eS würde hiernach festzustellen sein, ob er an jenem Tage Urlaub, besonders nach Berlin gehabt hat. Für heute will ich mich begnügen, zwei Zeugen für meine Behauptungen aufzustellen, welche «ine besondere Wichtigkeit haben dürsten. ES find dies die Braut Weil- mannS und deren Vater, der Fabrikant Reuser. Der letztere hat mir heute mitgeteilt, daß er um die heimlichen Reisen deS Leutnants wisse und auf einer solchen dessen Bekanntschaft ge macht habe. Er behauptete ferner, daß er auch den Zweck kenne, welchen Wellmann durch die Reisen verfolge, und denselben auch billige. Auf diese Äußerungen werde ich noch später zurückkommen usw. — — Was sagen Sie dazu, aller Freund?' Der alle Herr sagte garnichts. Er saß viel mehr da, als sei ihm eine Granate im Kopfe geplatzt. Die dreiste Angabe, welche er soeben mit angehört und die er seinem geraden Charakter nach sür völlig wahr halten mußte, hatte ihn sprachlos gemacht. „ES kommt indessen noch besser,' sagte der General nach kwzer Pause. „Hören Sie Mr weiter — eine andre Stelle.' Der General hob das einige Zeit nieder« gelegte Schreiben wieder auf und las weiter: „Daß Weilmann mit den Geldverleihern Epban und Lauterheim in Verbindung stand, wußte ich schon früher. Durch Zufall erfuhr ich heute, daß er auch mit dem Pfandleiher GernSbach zu tun habe. Mein« Nachforschung ergab, daß Weilmanu bis heute dessen Schuldner gewesen war, daß er jedoch seine ziemlich be deutende Schuld gleich nach seiner Rückkehr aus der Hauptstadt abgetragen hat.' „Da muß der Satan geradezu sein Spiel treiben!' brummte der alle Kanonendonner. „Ich weiß nicht mehr, was ich dazu sagen soll!' Der Oberst war ganz blaß geworden. „Genau so geht eS mir mit den nach folgenden Stellen,' sagte der General und laS Wetter: „Durch die Erklärung deS Fabrikanten, daß er den Zweck der Reisen des Leutnants kenne, find natürlich die Gerüchte oder An sichten widerlegt worden, welche diesen Zweck in großstädtischen Ausschweifungen suchen wollten. Man kann nicht annehmen, daß der Vaier von Weilmanns Braut dergleichen gut- heißen würde. Doch dadurch wird die An rüchigkeit der Angelegenheit nicht besser, sondern nur schlechter. Reuser hat keinen gmen Ruf in Lühne. Er gilt nicht sür einen Patrioten. Ihm ist in politischer Hinsicht nicht zu trauen, weshalb auch die Dluunaßung ihre volle Be rechtigung hat, daß Reuser und Weilmann sich an politischen Umtrieben beteiligen und mit landeSvenäterischen Absichten umgehe». Daraus erklärt sich denn auch, weShalb der Millionär dem armen Offizier seine einzige Tochter zur Frau geben will —' „Die leidige Politik fehlte uns gerade noch!* rief der General, als er feine Vorlesung ab gebrochen hatte. MaS meinen Sie zu dies«« Andeutung?' Der alte Knabe wurde einen Augenblick blutrot im Gesicht. Daun aber brach er in ei» wieherndes Lachen MS, wie er eS heute schon einmal hatte hören lassen. Der General fuhr erschreckt zurück und bettachtete seinen in st» plötzliche Md so heftige Heiterkeit auSbrechende« Untergebenen mit erstaunten Augen. „So wollte ich doch,' rief der alte Donner mit seinem tiefsten Baffe, „daß dem Kerl ein Sckock Granaten im Grützen Magazine seines Schädels platzte! Setzt ein paar alle wetter feste Haudegen in Verdruß, daß fie fast eine Krokodilshaut auf den Rücken bekommen, und ist doch nichts weiter, als ein elender Spitz bubendetektiv, ein phantastischer Polizeispion; ein Kerl, dessen Herr Papa und Frau Mama sich schämen müßten, ihn in die Well gesetzt zu haben!' Der General war erst bleich, dann jedoch dunkelrot im Gesicht geworden. Der Zorn stand ihm deutlich auf dem Gesichte geschrieben; nur das Übermaß desselben verhinderte ihn viel leicht am Sprechen. Er ließ jedenfalls außer acht, daß der Oberst nicht wußte, wer der Be richterstatter war, und daß seine Worte den Sohn seines Vorgesetzten belasteten. „Jetzt bin ich zufrieden!' fuhr inzwischen der Oberst fort. „Der Verleumder gehört
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