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Selbstmord durch Erschießt« verübte im Zxerzierschuppen der Kaserne des Infanterie regiments Nr. 58 zu Glogau der Rekrut Elsner. Bei ihm wurde ein Zettel gefunden, wonach er die Tat aus Furcht vor einer ihm dlohenden Disziplinarstrafe ausgeführt hat. Die Strafe sollte ihn wegen einer geringen Nachlässigkeit im Putzen treffen. Ter Entdecker des Radiums gestorben. Professor Curie, der Entdecker des Radiums, bat in Paris einen plötzlichen Tod gesunden. In der Rue Dauphins glitt er auf dem schlüpfrigen Straßenpflafter aus und wurde von einem Lastfuhrwerk überfahren. Man brachte den am Kopfe schwer verletzten Ge- lebuen nach einer nahen SanitätSwache, doch gelang es nicht, sein Leben zu retten. Nach kürzer Zeit verstarb er. Ter Aufruhr im «ordfrauzöfische« Grubengebiet. Immer ernster gestaltet sich die Lage in dem durch das furchtbare Gruben unglück von Couniöres im völlia erschütterten nordfranzöfischen Grübengebiet. Trotz der den Truppen anbefohlenen Zurückhaltung hat sich die Stimmung der ausständigen Arbeiterschaft mit jedem Tage mehr erhitzt, die radikale Rich- nmg har die gemäßigte sozialistische völlig in den Hintergrund gedrängt und getätigt sich in wildem Aufruhr gegen die staatlichen Gewalten. In Lens, das ohne Gasbeleuchtung ist, wurde das Straßenpflaster teilweise aufgenfsen und manche Straßen durch Barrikaden und Draht hindernisse gesperrt. Offiziere und Soldaten wurden zahlreich durch Steinwürfe schwer ver letzt, ebenso mehrere Bergungsmannschaften. Munster Clemenceau begab sich in das Ausstands- Met und verfügte die Verstärkung der Truppen. Die Ausständigen durchziehen Lens mir dem Rufe: „Brot oder Blut!" An der belgischen Grenze Und Maßregeln gegen die befürchteten Übergriffe der französischen Streikenden getroffen worden. Am Donnerstag kam es zwischen Streikenden, die die Bahnstrecke aufreißen wollten und Dragonern zu einem ernsten Zu sammenstoß. Die Dragoner mußten mit ge- 'Mem Bajonett vorgehen, worauf sich dieAuf- rüdrec Himer Barrikaden und Stachelzäunen zurückzogen. Bei einem erneuten Angriff der Rafenoen mußten die Soldaten die Gewehre laden. Die Ruhe scheint jetzt wiederhergestellt zu sein, aber die Stadt bietet ein trauriges Bild. Eine große Anzahl von Soldaten und Pferden und verwundet, von den Ausständigen nur wenige. Das Syndikat der Grubenarbeiter hat einen Aufruf erlassen, in dem gegen blutige Gewaltmaßregeln protestiert wird und die Aus ständigen zum Beharren im Widerstande, aber auch zu ruhigem Verhalten aufgefordert werden. Erschossener Falscher. DaS Haus des Ansiedlers Martin m Palestro (Algerien), das seit zehn Tagen von Truppen und Gedärmen belagert wurde, weil Manin fick einem wegen Fälschung gegen ihn erlassenen Haftbefehl widersetzte, ist mit einem Geschütz zusammen- geschossen worden. Martin wurde unter den Trümmern des Hauses tot aufgefunden saugen- scheinlich ist er einer tags vorher erhaltenen Schußverletzung erlegen. Infolge eine- Ausstandes kam es in CrUmera (Provinz Lecce) zu Ruhestörungen. Die Streikenden warfen eine Bombe gegen das Gemeindehaus. Mehrere Polizeibeamte und der Sohn des Bürgermeisters wurden ver wundet. Als Karabinieri mehrere Verhaftete nach dem Gefängnis bringen wollten, versuchte die Menge die Verhafteten zu befreien und Warf mit Steinen. Die Karabinieri schossen. Mehrere Personen wurden verwundet. Kaukasische Räuber. Eine Bande von zwölf Personen drang in Tiflis in das inmitten der Stadt belegene Gebäude der landwirischaft- 'ichen Kredit-Gesellschaft ein und raubte 6000 Rubel in Silber und 6000 Rubel in Papier. Der Banklc-iter wurde durch Schüsse tödlich, eine andre Person leichter verwundet. Außer dem wurde der Portier durch eine Boryve ge tötet, die die Räuber beim Verlassen des Ge bäudes zur Explosion brachten. Die Verbrecher find entkommen. Zugentgleisung in Sibirien. Auf der sibirischen Bahn zwischen den Stationen Toche- bula und Ojatsch erfolgte die Entgleisung eines Militärzuges, wobei 9 Soldaten getötet und 50 schwer verwundet wurden. Viels Pferde find umgekommen; 28 mußten sofort erschossen werden. Die Ursache ist schlechtes Bahngleis. Fälsch«« englischer Wertpapiere in Koustanimopel. Auf Veranlassung der Lon doner Polizei, die vermutete, saß gefälschte englische Bankbillets in Konstantinopel hergestellt würden, gelang es der türkischen Polizei in Siambul, eine Druckerei zu beschlagnahmen, in der ein Italiener und ein Armenier seit Jahren Wertpapiere fälschten. Die Schuldigen wurden verhaftet. Es wurden hauptsächlich Scheine der „Transvaal Consolidated Land and Exploration Company" hergestellt, die auch an der Kon könnte, die Explosion auf elektrischem Wege herbeizuführen. Wartensberger hatte bisher den Sprengstoff stets durch Zündschnur zur Explosion gebracht. Als er fiw in seinem Laboratorium mit der elektrischen Zündung des Stoffes beschäftigte, trat unvermutet eine Ex plosion ein, die ihn lebensgefährlich verletzte. Wartensberger wurde sofort nach dem Deutschen Hospital geschafft. An seinem Aufkommen wird gezweifelt. GerickrskaUe. 88 Berlin. Ein Chauffeur F. aus Charlotten burg war auf Grund einer Oderprästotawolizei- verordnung angeklagt worden, weil er im Mai o. widrig gehandelt, indem er ohne zu bremsen, weiier- aefahren sei. Während der Oberstaatsanwalt di« Vorentscheidung für nicht rechisürip erachtete, er klärte das Kammcrgericht die Vorentscheidung für sehlsam, hob sie auf und wies die Sache zur anderwciten Verhandlung und Entscheidung an da» Landgericht zurück, indem u. a. auSgcsührt wurde, wenn der Vordernchter sage, F. sei mit nomi-Lsr Geschwindigkeit gefahren, so sei dieser Ausdruck nicht völlig klar. Nach der maßgebenden Pslizeivno^d- nung sollen aber auch Amowobile an unübersicht lichen Stellen so langsam fahren, daß sie zu jeder Zeit zum Hatten gebracht werden können. Gletwltz. Die Slraskawmer verurteilte den Kohlengroßhändler Hugo Wechselwann aus Breslau zu einem Jahr Gefängnis und 809 Mk. Geldstrafe, die Grubenspediteure Smiadek und Ronjalla euS Ruda zu sechs bezw. vier Monat Gefängnis. Wechiel- VUäer aus San Francisco vor äer Zerstörung. stantinopeler Börse gehandelt werden. Von diesen brachten sie dort 12 000 Scheine in Umlauf. Unfall emeS Erfinders im Labora- kormm. Ein deutscher Chemiker, Franz Wartensberger, der einen neuen Explosivstoff erfunden hat, der weit kräftiger als Dynamit wirken soll, ist in seinem Laboratorium in New Jork bei Versuchen schwer verunglückt. Die amerikanische Kriegsverwaltung hatte ihm eine Summe von einer Million Dollar sm das Sprengmittel geboten, falls er es ermöglichen eine Frau überfahren und verletzt habe. Al« F. dis Frau auf dem Fahrdamm bemerkte, gab er ein WarnungSfignal mit der Huppe. Die Frau be wegte sich aber anscheinend vor Schreck nicht von der Stelle und geriet daher alsbald unter das Kraftfahrzeug, welches einem Warenhause gehörte. Dos Schöffengericht sowohl wie das Landgericht sprachen den Chauffeur gänzlich frei, weil F. nicht fahrlässig gehandelt habe; er habe daS vor- geschriebene WarnungSfignal gegrben, auch habe sich das Automobil nur mit normaler Geschwindigkeit fortbewegt. Gegen das freisprechende Urteil des Landgerichts legre die verletzte Frau Revision beim Kammergericht ein und behauptete, F. habe Pflicht mann batte letztere zu betrügerischen Handlungen bei der Kohlenablieferung veranlaßt, durch die Graf Ballestrem um etwa 20 000 Mk. betrogen wurde. Wechselmann senior wurde freigesprochen. Kuntes Allerlei. Vorschlag zur Güte. „Gewiß, Herr von Raden, mein Mädel können Sie gleich haben — aber Geld gibi's erst bei meinem Tode!" — „Wollen wir's nicht umgekehrt machen, Herr Goldmann?" vor das Beil des Faoukherrn gesührt wurde, welcher ihn freundlich begrüßte, während er daS Schreiben in Empfang nabm. Reuser öffnete und las dasselbe sofort in Gegenwart d«S Sergeanten. Wie der alte Oberst Donner, so starrte auch er die Zeilen Heinrich Seegers an, als stelle fich ihm aus demselben etwas Ungeheuerliches entgegen. Nachdem der Kommerzienrat zu Ende gelesen hatte, schwang er sich anS dem Veit und griff nach seinen Kleidern. „Ich danke Ihnen, lieber Seeger!" sagte « hastig. „Ihr Bruder hat mir einen wichtigen Dienst geleistet und Sie ebenfalls. Ich werde das uicht vergessen. Für jetzt muß ich jedoch eilen, nach dem Gericht zu kommen, jede Sekunde ist kostbar." Seeger entfernte sich und zwei Minuten später befand sich der Kommerzienrat auf dem Wege nach der Stadt. AH Reuser das Bmeau des Gerichtsdirektors denm, war er nicht wenig erstaunt, in dem- ielhen eine höhere Militärperson anwesend zu finden. Der General uüd der Direktor hatten sich bereits oerständigt und letzterer stellte die beiden sich fremden Herrn einander vor. Die stumme Verbeugung, welche beide dabei machten, fiel sehr gezwungen aus. Der General zeigte sich überhaupt niedergedrückt und in hohem Grade erschöpft. „Sie haben ein Schreiben von Heinrich Seeger bekommen," sagte der Direktor Straube »u Reuser. „Darf ich dasselbe einsehen?" Der Fabritherr bot das empfangene Schreiben dar, der Richler überflog eL; ein Beamter des Gerichts erschien und machte dem Direktor leise eine Mitteilung. Dieser deutete auf emr im Zimmer befindliche Seftentür. Der Beamte zog sich dann durch dieselbe zurück, ohne dieselbe völlig wieder zu schließen. Zwischen den drei Herren im Bureau des Direktors begann jetzt eine Unterhaliung, durch welche der so sehr bedauernswerte General v. Huldringen erst die völlige sittliche Ver kommenheit seines Sohnes kennen lemte. Die Ankunft zweier fremder Personen im Vorzimmer machte den Erörterungen ein Ende. Der alte Kanonendonner hatte sich inzwischen auf den Weg zur Wohnung des sauberen Herrn Referendars gemacht. Daß der alte gerade Haudegen von seiner Sendung nicht sehr erbaut war, läßt sich leicht denken. Er sand den Rese- rendar bereits außerhalb des Bettes beim Früh stück. Der junge Herr hatte hoch ausgehorcht, als ihm der Oberst gemeldet wurde, und er machte auch noch Augen, als derseldebeiihm eintrat. „Ah, der Herr Oberst erweisen mir die Ehre," sagte er jedoch m seiner gewohnten reichten Weise, „darf ich bitten — ?" Anur v. Huldringen, welcher sich erhoben, machte eine Handbewegung nach einem Lchn- fessel. Der Oberst beachtete aber beides uicht. „Mein Besuch ehrt Sie nicht, junger Mann," sagte er dagegen schroff. „Ich komme im Namen Seiner Exzellenz des Herrn Generals von Huldringen. Derselbe befindet sich beim Gerichts- rat Straube. Ich habe von Seiner Exzellenz den Auftrag, auch Sie dorthin zu führen." Artur erbleichte und sah den grimmig blickenden Oberst so überrascht wie ängstlich an. WaS er vernahm, erschien ihm jedenfalls wie eine Einladung unter bedrohliches Vor zeichen. „Papa hier? — Papa beim Direktor?" stotterte er. „Und warum denn? Ich habe doch bei Herrn Straube nichts zu tun!" „Nur keine Weitläufigkeiten!" brach der alte Donner los. „Ich bin so wenig gewohnt zu unterhandeln wie zu warten, noch weniger, mich bei Ausführung eines Befehls auf Erörterungen einzulaffen. Also vorwärts, junger Mensch!" Das war dem jungen Herrn denn doch zu arg. Unter einer Botmäßigkeit dieser Art hatte ernoch nie gestanden. Trotz allerHLrie und Strenge war der Direktor Straube vor einigen Tagen so nicht mit ihm umgespmr.gen, ganz abgesehen davon, daß der Direktor über ihn zu bestimmen hatte, der Oberst jedoch nicht. „Herr Oberst," begann Artur daher sich em Herz fassend, „ich bitte Sie, nicht außer acht zu lassen, daß ich nicht Ihr Unter gebener bin." „Kennen Sie mich? Haben Sie mich ver standen ?' rief der Oberst auffahrend mit seiner gewaltigen Stimme. „Vorwärts!" sage ich, oder ich werfe mir Ihr klappriges Gebein über die Schulter und nage Sie dayin, wo man Sie zu haben wünscht!" Der alte Kanonendonner war imstande zu tun, was er androhte. Das wußte Artur von Huldringen nur zu genau. Im übrigen war er, wie alle Leute seines Schlages, nur mutig, wenn er Schwächeren gegenüberstand. Das rauhe Wesen des Oöersten tat daher voll kommen seine Wirkung. Artur wurde einge- schüchrert, beeilte sich in die Kleidung zu fahre«, und war in wenigen Minuten bereit, seinem grimmigen Dränger zu folgen. Schweigend verließen der Oberst und Artur von Huldringen die Wohnung des letzteren. Schweigend legten sie tzen Weg bis zum Rat hause zurück. Auf jenem mochte sich Anur wohl wie ein Opferlamm Vorkommen. In dessen hatte er auch Zeit gehabt, fich zu fassen und das Gleichgewicht seines Gemütes einiger maßen wiederzügewinnen. Als er mit dem Obersten das Bureau des Direktors betrat, trug er das Haupt bereits wieder recht keck er hoben. Freilich versetzte ihm die Anwesenheit des Fabnküerrn im Zimmer sofort einen neuen heftigen Schlag. Der Oberst Donner verbeugte fich gegen die drei Herren, machte mit einem Blick cuf den General eine Handbewegung gegen den Sohn desselben und trat zur Serre. Eine weitere Erklärung sür sein und seines Begleiters Erscheinen hielt der alte Haudegen offenbar nicht sür nötig. Artur von Huldringens Verbeugung ver unglückte infolge der ihm gewordenen Über raschung ein wenig. Doch er war formgewandt genug, fich in andrer Weise und Zwar mit Worten zu helfen. „Papa, du bist im Orte anwesend und ich Weitz nichts davon?" lauteten dieselben. „Ver zeihen Sie meine Herren, ich weiß diese Malinee im Kreise so würdiger Männer gebührend zu schätzen." DR r> (Fortsetzung folgte