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Ottendorfer Zeitung. Vie „Ottendorfer Zeitung« erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. 8 ezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi» vormittag in Uhr. Inserate werden mit w ps str dl« Spaltzeil« berechn« Tabellarischer Satz nachs d«sond«rem Laris Druck und Verlag von Hermann Rühle in Hroß-Okriklu. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla Nr.50. Mittwoch» den 25. April 1906. 5. Jahrgang. Nachdem die Ergebnisse der diesjährigen Einkommensteuer-Einschätzung den Beitrags" pflichtigen bekannt gemacht worden sind, werden in Gemäßheit der Bestimmungen Z 46 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juli 1900 alle Personen, welche hier ihre Steuerpflicht zu erfüllen haben, denen aber der Steuerzettel nicht hat behändigt werden können, aufgesordert, wegen Mitteilung des Einschätzungsergsbniffes sich bei der unterzeichneten Ortssteuereinnahme anzumelden. Mn-orf-Moritzdorf, den 21. April 1906. Der Gemeindevorstand. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, den 2§. April MS — Ueber die Automobilplage wird geschrieben: Zahlreiche, vielfach tödlichen Verletzungen durch Automobile infolge rücksichtslosen Fahrens ge rade in neuester Zeit lassen die baldige gesetzliche Regelung einer Haftpflicht dringend notwendig erscheinen. Leider aber dürfte der schon seit dem 1. März dem Reichstage vorliegende Gesetzentwurf über diesen Gegenstand nur ge ringe Aussicht auf Erledigung in der lausenden Session haben. Eine andre Frage auf dem selben Gebiete ist die, ob der weiteren Zunahme des Automobiloerkehrs in den Städten nicht hygienische Bedenken entgegenstehen wegen der Luftverschlechterung in den Straßen, die schon letzt recht fühlbar wird und häufig sehr un angenehm berührt Ein Ersatz des Gestank verbreitenden Benzins dürste doch nicht so schwierig sein. — Remontemärkte finden statt: Dienstag, den 1. Mai, in Pirna; Mittwoch, den 2. Mai in Bautze» und in Großhennersdorf: Donners tag, den 3. Mai, in Kamenz: Freitag, den 4. Mai, in Moritzburg und in Kroßenhai : Sonnabend, den 5. Mai, in Lommatzsch Mon tag, den 7. Mai, in Liebertwolkwitz auf dem Marklplatze: Dienstag, den 8. Mai, in Pegau und in Lobstädt: Mittwoch, den 9. Mai, in Rochlitz und in Zwickau; Donnerstag, den 1V. Mai, in Chemnitz: Freitag den 11. Mat, in Freiberg. - In nächster Zeit werden neue Reichs kassenscheine zu 5 Mark ausgegeben werden. Dresden. Nicht weniger als 100 Cigaretten- arbeiterinncn wurde am Sonnabend in einer hiesigen Zigarettenfabrik gekündigt, und zwar gab man als Grund der Kündidung die in Aussicht stehende Zigarettensteuer an. Auch in anderen Zigarettenfabriken sollen Kündigungen aus diesem Grunde stattgefunden haben. — Der an der hiesigen AugustuSbrücke s. Z. havarierte Frachtkahn, der nach mehr als drei wöchiger Dauer dann abgeschleppt werden tonnte, wird jetzt auf dem Schiffsbauplatze der Firma Gebr. Schinke in Schandau auSgebefsert. Weißer Hirsch. Der älteste Sohn des Prinzen Heinrich von Preußen, Prinz Walde war, hat seine Kur im hiesigen Lahmannschen Sanatorium beendet und ist am Sonnabend abrnd nach Kiel zurückgereist. Der jugendliche Prinz war wiederholt Gast im Dresdener Residenzschlosse. Moritzburg. Unter den hier gehegten Beständen von Wildschweinen ist dem Ver nehmen nach die Räude ausgebroche» und zwar infolge fortgesetzter Uebertragung von einem Tiere auf das andere in ziemlich umfang reicher Weise. Die Bekämpfung der Krankheit ist eine außerordentlich schwierige. ES wüsten die erkrankten Tiere von den noch gesunden vollständig getrennt werden und zwar derart, daß die gesunden Bestände in einem vollständig neuen Gehege Unterkunft finden, weil die kranken Wildschweine durch Reiben an den Bäumen und Herumwälzen auf dem Erdboden überall die Krankheitskeime verbreiten. Die erkrankten Tiere können von diesem Uebel nur durch fortgesetzte Waschungen befreit werden. Ob dementsprechende Maßnahmen bereits er griffen »orden sind, ist nicht bekannt, jedenfalls aber birgt die aue-gebrochene Krankheit die Gefahr einer schweren Schädigung des be- ruhmien Moritzburger Geheges in sich. Königsbrück. E n beklagenswerter Unfall .di sich in der Nacht von Freitag auf Sonn abend vor. W. auf der Straß- Kamenz- Königsbrück in der Näh- von Koitzsch ereignet. Am Sonnabend früh wurde unweit Koitzsch, nahe der Stelle, wo die Straße nach Pulsnitz abzweigt, der Geschirrführer Karl Friedrich Klement tot aufgefunden, ein Stück weiter nach Königsbrück zu stand an der Slraße ein führerloses, mit Getreide beladenes Geschirr, der Mühl- Gräfenhain gehörig. Wie sich herausstellte, war der tot Aufgefundene der Führer dieses Geschirrs. Geschirr und Führer waren Freitag abend gegen 9 Uhr vom Gast hof zu Koitzsch abgefahren, bald darnach muß der Kutscher vom Wagen gestürzt und über fahren worden sein Der Wagen ist dem Un glücklichen über Schulter, obere Brust und die eine Seite d-S Kopfes gegangen. Die Ver letzungen waren so schwer, daß der Tod als bald eingetreten sein muß. Bemerkenswert ist, daß der Tote von abends 9 bis morgens halb 6 Uhr an der Unglücksstelle auf der Straße gelegen hat, ohne bemerkt worden zu sein; ebenso muß das führerlose Geschirr die ganz. Nacht hindurch unweit der Unfallstelle ge standen haben. Der Verunglückte stammt aus Radeburg, war unverheiratet und stand im 26. Lebensjahre. — Zu dem am Montag stattgefundenen Viehmarkt waren aufgetrieben: 50 Rinder, 31 Läuferschweine und 161 Ferkel. Der Preis für Rinder stellte sich pr. Stck. aus 200—850 M., für Läuferschweine pro Paar auf 100—120 M. und für Ferkel pro Paar auf 40—70 Mark. — Auf dem hiesigen Gescchtsschießplatz bei Königsbrück wird in der Zeit vom 1. bis mit 15. Mai d. I. das Königl. 1. (Leib-)Grenadier- regimcnt Nr. 100 täglich von 7 Uhr vorm. bis 4 Uhr nachmittags Schießen in größeren Abteilungen abhalten. Meißen. Durch einen tödlichen Unglücks fall, der sich am Sonnabend im oberen Rauhentale ereignete, verlor die Familie d-S Zitgemarbeiter» Bester ein im fünften Lebens jahre stehende» Söhnchen. Al» ein beladener Ziegelwagen die Ausfahrt eines Ziegelwertes verließ, war e», wahrscheinlich au« Furcht vor einem dort weidenden Hammel geflüchtet und lief von der rechten Seite aus zwisch-n dir Räder. Das rechte Hinterrad ging ihm über den Leib, so daß der Tod nach einigen Minuten eintrat. Zittau. Ein schweres Brandunglück, dem ein Menschenleben zum Opfer fiel, ereignete sich am Sonntag abend im Dorfe Wald. Im Hause der greisen Witwe Augustin ent stand auf noch unaufgeklärte Weise Feuer. Die alsbald erschienene Feuerwehr drang in das Haus ein, weckte die 80 jährige Greisin und brachte sie in Sicherheit. Die alte Frau, welche sich in guten Verhältnisten befand, eilte jedoch, um ihr Geld zu retten, wieder in das bc-nmude Haus hinein i,und sand in den Flammen den Tod. Das HauS brannte bis auf den Grund nieder. Die verkohlten Ueber- reste der Verunglückten fand man in den Trümmern. Bora. Am Montag früh hat sich der hier wohnhafte 43 Jahre alte Kohlenwerksausseher Schuster auf Lobstädter Flur, in der Nähe des Karlschachtes, vom Zuge überfahren lasten. Der Kopf war ihm vom Rumpfe getrennt, so daß der Tod auf der Stelle eingetreten ist. Grimma. Kurz nach 8 Uhr brach am Sonntag abend in dem Wichtschen Grund stücke in der Brückenüraße ein Schadenfeuer aus. Das Feuer griff sehr schnell um sich, doch gelang es der Feuerwehr unter großen Anstrengungen, die Nachbargebäude zu retten und das Feuer auf seinen- Herd zu be schränken. Das Gebäude wurde vollständig vernichtet. Die Soldatenguartiere im Hornig- scheu Beritt mußten schleunigst geräumt werden. Der den beiden Ladeninhabern er wachsende Schaden ist zum Teil durch Ver sicherung gedeckt. Die Entstehungsursache ist noch nicht aufgeklärt. Leipzig. Ein Einbrecher hat in der Nacht zum Sonntag einer Apotheke in L.-Eutritzsch eine Visite abgestattet. Der Dieb, welcher vermutlich durch ein Oberlichtfenster einstieg, erlangte aus der Kaste einen Geldbetrag von 100 Mark- - Von einer Ohrfeigcnaffäre im Opern hause wird dem „Leipz. Tagebl." von hier be richtet: Während einer der letzten Vorstellungen kam es im hiesigen Opernhause zu einem großen Skandal im Zuschauerraum. Ein höherer Gerichtsbeamter ertappte im Theater sein- Frau, die ihm vor einigen Tagen mit einem Offizier durchgegangen war, in Gesell schaft ihres Entführers. Nach einem heftigen Wortwechsel verabreichte der betrogene Ehe mann dem Offizier und seiner Frau ein paar schallende Ohrfeigen und bedrohte den Offizier als dieser sich auf ihn stürzen wollte, mit dem Revolver, bis die beiden Männer von da- zwischentretendcn Zuschauern getrennt wurden. — Gewaltsam entrissen wurde am Sonn abend in der neunten Stunde im Grundstück Humboldstratze Nr. 31 einer Dame, als sie die Treppe zu ihrer Wohnung emporstieg, von einem Unbekannten, der ihr in das Haus ge folgt war, ein Handtäschchen aus braunem Leder mit Nickelkügel. In demselben befand sich ein grüuledernes Portemonnai mit 24 M. D-r Dieb entkam mit seiner Beute durch die Flucht. Er wird geschildert als ca. 22 bis 24 Jahre alt, von mittler, hagerer Gestalt mit blondem Schnurrbärtchen. Die Kleidung bestand u. a. aus dunklem Jacketanzug und grauer Sportmütze. — Ein schwerer Unfall ereignete sich am Sonnabend abend kurz nach 10 Uhr auf dem Windmühlenweg. An den L.« Thonberger Familienzirten prallte ein Motorradfahrer mit einem Radfahrer zusammen, wobei beide niedergeworfen wurden. Ersterer, der 27 Jahre alte Schlostermeister Bruno Stammer, Lützow- straße wohnhaft, erlitt anscheinend einen Schädelbruch, der zweite, der in Stünz, Mittelstraße 3, wohnhafte Tapezierer Max Haferkorn, 20 Jahre alt, trug erhebliche innere Verletzung«» davon. Beide Verunglückte von denen der Erstgenannte besinnungslos war, wurden mittel» Krankenwagens in das Krankenhaus St. Jacob gebracht. Schönheiderhammer. Am Montag Abend brach plötzlich kurz nach 8 Uhr in dem An wesen des WirtschaftSbesitzerS Friedrich Thomas Feuer aus. Die Flammen ergriffen in kurzer Zeit die Scheune, und das Wohnhaus des Wirt- schastsbesitzers Thomas, das angrenzende Wohn gebäude der Witwe Thomas und einen der selben gehörigen Schuppen. Wassermangel be günstigte das Feuer. Nur wenig Mobiliar wurde gerettet, von dem Verbrannten war nichts versichert. Aus der Woche. Nachdem kaum die Notrufe der Bewohner des blühendenden Campanienü verhallt sind, nachdem man kaum Notiz genommen hat von den beruhigenden Nachrichten über den feuer speienden Berg, dringt übers Weltmeer eine Kunde, so erschütternd, so wuchtig, daß sie alles in den Schatten stellt, was wir in der abgelaufenen Woche aus der Welt gehört haben. In Kaliformien (im westlichen Teile der Ver. Staaten) hat ein gewaltiges Erdbeben ungeheure Verwüstungen angerichtet. Fünf blühende Städte sind zum Teil San Franzisko, der Haupthandelsplatz am „Goldenen Tor',,! ist gänzlich zerstört. 10000 Tote und Ver wundete hat das rasende Element gefordert und 200000 Menschen obdachlos gemacht. Was an den Abhängen der Sierra Nevada sich abspielte, ist ein fürchterliches Schauspiel. Und dennoch wie di- Bewohner der campanischen Ebene immer und immer wieder sich an feuer speienden, verderbenbringenden Vesuv ansiedeln, obwohl sie misten, daß ihr Leben ständig be droht ist, so auch die Leut« au« „Frisko", wie die Amerikaner diesen größten Handels platz an der Westküste nennen: Man kannte die Gefahr, wußte, daß man auf vulkanischem Boden lebte. Aber die Berge rings umher und das Land in der Runde bergen ungeheure Goldreichtümer, wie der Vesuv unendlichen Segen birgt in seiner Fruchtbarkeit, die dem feurigen Wein Lacrimae Christi zum Werden verhilft. Daher baute man bis vor kurzer Zeit nur Holzhäuser — und wird in kurzer Zeit abermals beginnen, Steinpaläste auf dem Trümmern der verbrannten und zerstörten Stadt aufzubauen. Das Unglück nahte in der schweigenden Nacht, der lachende Morgen sah die Zerstörung und die Verzweiflung —- die Mittagssonne aber wird den rastlos wirkenden Menschen bescheinen, wie er das Verlorene wieder ausbaut. — Gegenüber der elemantaren Katastrophe in den Ver. Staaten treten die übrigen Ereignisse der vollendeten Woche ein wenig in den Hintergrund. Die Politik stand im Zeichen des italienischen Rechtfertigungs versuches. Nachdem die Vertreter der einzelnen Staaten Algeciras verlaffen hatten, glaubte man die Akten über Marokko geschloffen. Aber Deutschland ließ mit der Abrechnung nicht warten. Während Rußland sich ver geblich bemühte, seine neue, dringend ge brauchte Anleihe auf dem deutschen Geldmärkte unterzubringen, ward Italiens Haltung in Algeciras einer Kritik von allerhöchster Stelle unterzogen, die überaus höflich gehalten war und dennoch an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Nun fiel die italienische Presse zu erst über Deutschland her, da aber die Haltung der deutschen Regierung und der deutschen Presse durchaus keine Klarheit vermissen ließ, besann man sich eines Besseren und schimpfte auf die eigene Regierung. Diese wiederum suchte sich nach berühmten Mustern zu ver teidigen und schob die Schuld an der Ver stimmung einer mißverständlichen Auffassung zu. Endlich ließ man sich den Botschafter au» Berlin zur Berichterstattung und zur Beratung der Lage kommen. Man darf wohl sagen, die Dreibundfeinde haben zu früh triumphiert — mindestens bis zum Jahre 1914 bleibt alles beim alten und auf diplomatischem Wege wird in kurzer Zeit die alte Freundschaft und Herzlichkeit zwischen Deutschland und Italien wiederhergestellt sein. — Rußland steht im Zeichen der Wahlen zur Duma. Die Rolle, di« ihr vorbehalten ist, kann für den Sehenden kaum noch zweifelhaft sein. Die Vertreter de» Volkes werden die Beschiüffe der Regierung mehr oder minder erfreut anhören und werden dann beglückt im Bewußtsein ihrer politischen Wichtigkeit in die Heimat reisen. — Die Wahlen, denen man in nächster Zeit in Frankreich entgegen geht, stehen unter dem Eindruck de» schrecklichen Ereignisses in CourriereS. Mit der wachsenden Erbitterung der infolge des Grubenunglücks Streikenden ist die Anhängerzahl der sozialistischen Partei naturgemäß gestiegen. Und die Hartnäckigkeit der Grubenbesitzer ist leider nicht dazu an getan, die Gemüter zu beruhigen. — Die zweite Friedenskonferenz die anfänglich für den Monat Juni nach dem Haag einberufen werden sollte, ist nunmehr endgültig auf das Drängen Amerikas und Englands bis zum nächsten Jahre verschoben worden. Inzwischen wird natürlich in der ganzen Welt weitergerüstet