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potiriscke Kunälckau. Deutschlaxv. * Der Kaiser wird auf seiner Fahrt nach Schlitz der Wartburg einen etwa zweistündigen Besuch abstatten, um die neu angebrachten Kamin mosaiken der Elisabethkammern in Augenschein zu nehmen. "Der Kaiser verlieh dem Grafen Welsersheimb, dem Vertreter Osterreich- Ungar is auf der Marokko-Konferenz, das Groß kreuz des Roten Adler-Ordens. * Pariser Blätter melden, das Unwohl sein des Fürsten Bülow sei durchaus kein vorübergehendes, vielmehr werde der Reichskanzler überhaupt nicht mehr in der Lage sein, seine Amtsgeschäfte zu führen. (Man wird gut tun, diese Nachrichten mit aller Vorsicht aufzunehmen. Sicher ist nur, daß der Reichskanzler zurzeit noch das Bett hüten muß.) * Der preußische Eisenbahnminister von Budde hat durch neuen Erlaß angeordnet, daß dem im Schnell- und Zugpersonaldienst belästigten Lokomotiv- und Zugpersonal zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten je ein besonderer Ruhetag gewährt werden solle. Für die auf diese Weise befreiten Be amten soll das Güterzugpersonal einspringen, das durch die Sonntagsruhe im Güterverkehr ost an Sonn- und Feiertagen dienstfrei ist. Ist es in einzelnen Fällen, wie z. B. bei den großen, sich über zwei Tage erstreckenden Touren nicht möglich, die Lokomotiv- und Fahrbesmten an einem Tage der obengenannten Feste vom Dienste zu befreien, soll dies sicher am Sonntag darauf der Fall sein. * Seitens des Preuß. Handels ministers find umfassende Erhebungen dmüber angeordnet worden, ob ein Bedürfnis vorhanden sei, durch eine Verordnung des Bundesrats den Kleinhandel mit Tee und andern Waren, die fertig gepackt verkauft werden, zu regeln. Von den Handelsver« treiungen ist vielfach eine solche Regelung für Tee, Mondamin, Senfmehl, Quäker-Oats, Flcischextrakt, Zigarettentabak usw. befürwortet worden. * Der Plan des Pfarrers Rosenberg, deutsch-russische Rückwanderer am Kilimandscharo anzufiedeln, ist dem Vernehmen nach seiner Verwirklichung näher gerückt. Zum Leiter der ersten Expedition ist der deutsch- russische Fürst Lieven ausersehen. Auch eine deutsche Firma, die in Mambara eine Plantage besitzt, steht mit dem Pfarren Rosenberg in Unterhandlung, um auf einem fieberfreien Plateau Usambaras eine Anzahl deutsch russischer Familien als Arbeiter anzufiedeln. * Der bisherige Chef der Verwaltung und der Truppen in unserem ostafrikanischen Schutzgebiete, Graf von Götzen, ist jetzt auf der Heimreise begriffen und wird aus Gesundheitsrücksichten nicht mehr in die Kolonie zurückkehren. * In Gefechten m-rMorenga am 8. und 10. d. fielen acht Reiter, und acht andere, darunter zwei Offiziere, wurden ver wundet. MS vermißt werden vier Reiter ge meldet. Österreich-Ungar«. * Der Gemeinderatvon Budapest beschloß, den Kaiser Franz Joseph, wenn er nach Budapest kommt, feierlich zu be grüßen und ihm den Dank für die glückliche Lösung der ungarischen Krise auszudrücken. *Der Ministerrat hat beim Kaiser um die Ermächtigung zur Einberufung einer Kon ferenz nachgesucht zum Studium des Über einkommens zwischen Rußland, Deutschland, Osterreich-Ungarn und Frankreich behufs gegen seitigen Schutzes für Werke der Literatur und Kunst. In der Konferenz soll der Handelsminister den Vorsitz führen. Die Konferenz soll zusammengesetzt sein aus Vertretern der Ministerien des Hofes, des Äußeren, des Innern, des Unterrichts, der Akademie der Wissenschaften und Künste so wie aus Vertretern der Literatur und der Kunst. Frankreich. *Die französische Regierung nimmt nach wie vor sehr genaue Rückficht auf die zarische Regierung. So lehnte der französische Minister des Innern Clemenceau den Empfang einer Abordnung in Paris lebender russischer konstitutioneller Demokraten ab, die ersucht hatten, den Abschluß der russischen Anleihe bis nach dem Zusammentritt der Duma zu vertagen. Clemenceau verwies die ihm persönlich bekannten Mitglieder der Abordnung an Sarrrien und an die Minister Bourgeois und Poincarrö. * Die Deputiertenkammer bewilligte einstimmig nach einer Rede Bourgeois' über die französische Marokkopolitik die für die Vertreter in Algeciras nachträglich geforderten Summen. Prof. Matteucci, Direktor des Vesuv-ObservatoriumS. *DerBriefträgerstreik in Paris hat auch die Deputiertenkammer be schäftigt. Auf Befragen des Sozialisten Lembat erklärte Minister Barthou, daß die Regierung nicht gewillt sei, den Streikenden entgegen zukommen; fie könne weder Lohnerhöhungen bewilligen noch das Syndikat anerkennen, werde aber berechtigte Forderungen der Staatsbeamten wohlwollend entgegennehmen. Die Stimmung der Streikenden ist sehr erregt. 8« glaub. * Im Unterhause erklärte der Staats sekretär des Auswärtigen, Sir Edward Grey, in Beantwortung einer Anfrage, daß die Frage der Wiederherstellung der diplomatischen Be ziehungen zw-schen England und Serbien von beiden Regierungen nicht erörtert werden könne, so lange noch am Königsmord beteiligte Offiziere amtliche Stellungen bet der serbischen Regierung bekleiden. Holland. * Die zweite Friedens-Konfe renz, die auf Wunsch Rußlands in diesem Sommer zusammentreten sollte, ist ver schoben worden. Tpauik«. * Die Vermählung des Königs von Spanien ist nach einer Meldung aus Madrid auf den 1. Juni d. festgesetzt. Rußland. * Der Zar wird die Thronrede zur Zröffnung der Reichsduma nicht in Petersburg, andern in Zarskoje Sselo hatten, wohin die Abgeordneten geladen werden. * Nach den schweren Niederlagen, die der Verband vom 30. Oktober v. bei den Wahlen zur Duma in Petersburg, Moskau und an- irren Städten erlitten hat, beschloß das Zentral komitee in Moskau, den Verband in Zukunft „Russische liberale Partei" zu nennen. Das Parteiprogramm, insbesondere diebäuerliche Arb eiterfrage, soll einer Revision unter zogen werden. Es wird weiter beabsichtigt, in Moskau ein großes Parteiorgan zu begründen. In der Osterwoche wird ein Delegiertenkongreß sämtlicher Abteilungen des Verbandes nach Moskau einberufen werden. *Jn Irkutsk (Sibirien) herrscht Hungersnot, weil infolge der fortdauernden Unordnungen auf der sibirischen Eisenbahn jeg liche Zufuhr von Lebensmitteln abgeschnitten ist. Die Stadt vermag den vielen Notleidenden nicht zu helfen, da sämtliche Stadtverordnete mit dem Magistrat an der Spitze wegen Ver anstaltung einer behördlich nicht genehmigten Versammlung vor Gericht gezogen und ihrer Würde entsetzt worden find. Balkairstaate«. * Der Gesandte Frankreichs in Athen, Graf d'Ormesson, unterzeichnete einen Aus lieferungsvertrag mit Griechen land, der den beiden Parlamenten im nächsten Monat vorgelegt werden wird. *Die neue Forderuna Osterreich-Ungarns, Serbien müßte seine Kanonen in Wien be stellen, da sonst kein Handelsvertrag gewährt werde, wird wahrscheinlich eine serbische Miniftelkrifi? Hervorrufen, da die Regierung den Slupschtina-Ausschuß nicht einmal für eine Teilung der Geschützlieferungen zwischen der Wiener Firma Skoda und Krupp gewinnen kann. Die Skupschtina besteht auf der Bestellung bei Krupp. Amerika. *Bei einem Empfange ehemaliger deutscher Soldaten, die in den Ver. Staaten leben, be zeichnete es Präsident Roosevelt als die Aufgabe Deutschlands und Ameri kas, ihre Beziehungen immer fester zu ge stalten. Er gab ferner der Hoffnung auf ein dauerndes Einvernehmen zwischen Deutschland und Frankreich Ausdruck. * Eine Anzahl bekannter Deutsch-Amerikaner haben eine Bewegung zugunsten eines deutsch amerikanischen Schiedsvertrages in? Leben gerufen. *Jn Venezuela haben mit Castro auch die Minister und Gouverneure ihre Ämter niedergelegt. Castro erließ bei feinem Rücktritt eine friedliche Kundgebung. *Die EinigungSverhandlungen zwischen den Besitzern und den Arbeitern der Hartkohlengruben find fürs erste g e - scheitert. Die Befitzer erklärten, obwohl die Arbeiter ihre Forderungen ermäßigten, ihre Vorschläge nicht ändern zu können. Es finden nun wieder Konferenzen statt, bald in diesem, bald in jenem Lager, während sich unter den Arbeitern bereits Frau Sorge eingestellt hat. Aste«. * Das erste ostasiatische Regiment hat Tientsin verlassen, das zweite folgt dieser Tage. Die Bahnetappen find aufgehoben. *Die Nachrichten über den gegen die Mandschudynastie gerichteten Aufstand in Honan find Londoner Meldungen zufolge stark übertrieben. Es waren nur einige hundert Rebellen daran beteiligt, die jetzt zersprengt find. Die Hankau—Peking - Eisenbahn ist nicht ge fährdet. Der feuertpeienäe berg hat sich jetzt endlich wie es scheint ein wenig beruhigt. Die Bevölkerung der gefährdeten Ortschaften blickt wieder zuversichtlich der Zu kunft entgegen. Beunruhigende Nachrichten auS Ottajano, San Giuseppe und Terzigno von einem neuen Aschenregen haben sich als über trieben herausgestellt. Einen ausgezeichneten Eindruck hat in der öffentlichen Meinung dis oistzielle Beileids-Nore des deutschen Bot schafters gemacht. Italienische Zeitungen be merken dazu: „An der Teilnahme der deutschen Regierung und des deutschen Volkes an unserm Unglück war nicht zu zweifeln, da Deutsch lands Gefühle immer von starker und auf richtiger Sympathie für uns zeugten. Nun kündet der deutsche Botschafter uns, was die angesehene Presse der deutschen Nation in den zergangenen Tagen bereits zum Ausdruck ge bracht hat, nämlich den schmerzlichen Eindruck, den unser Unglück in Deutschland hervorge rufen hat." Man darf allerdings nicht amrehmen, daß - der drohende Feuerriefe bereits endgültig seine Tätigkeit eingestellt hat; denn ab und zu fällt, besonders in den südlichen Ortschaften und in den Orten, die am Abhang zum Meere liegen, noch ein ziemlich starker Aschenregen. Die flüssige Feuermasse steht und ist im Erkalren begriffen. Nach den bei der Präfektur eingegangenen Nachrichten zeigen die Lava ströme bei Boscoreale, Boscotrecase und Torre- Annunziata keine Bewegung mehr. Eine Depesche des Professors Matteucci vom Vesuv- Observatorium meldet, die Instrumente seien überans mhig und der Sandauswurf ver ringert; er sehe in Ruhe einem befriedigenden Endverlauf des Ausbruchs entgegen. — Der Verlauf des gewaltigen Ausbruchs, der etwa 14 Tags gedauert hat, ist folgender gewesen: Am Anfang April begann der Vesuv besonders stark zu arbeiten, dunkle Rauchwolken stiegen plötzlich eines Morgens aus seinem Krater auf und führten ansehnliche Aschenmengen in der Richtung auf den Golf von Neapel zu. Schon diese ersten Anzeichen des bevorstehenden Sturmes vernichteten die blühende Frühlings vegetation fast völlig. In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag (5.-6 April) trat dann die entsetzliche Katastrophe ein. Der Berg hatte sich auf der Südostseite bis etwa 400 Meter über dem Meeresspiegel aufge- spalten und aus dem langen Risse, der last die Hälfte der Höhe des Berges erreichte, ergoß sich eine Flut glühenden Feuers, das in wenigen Stunden blühende Ortschaften ein äscherte, die ganze Weinernte vernichtete und Tausende von Menschen obdachlos machte. Und nun liegt der eben noch grollende Riese wieder in seiner unheilvollen majestätischen Ruhe da — noch wenige Tage, und die Vesuv-Aus flügler werden neugierigen Auges die Stellen besichtigen, die ehemals armen, mühselig mit dem Boden ringenden Menschen Obdach und Erwerb boten. Wenige Tage noch und die raschlebige Welt wird von dem entsetzlichen Unglück nicht mehr sprechen, die schnellebige Zeit wird die Schleier des Vergefsens über all das Leid gebreitet haben. Den Vesuvbewohnern aber wird der AuSbruch in den Frühlingstagen 1906 unvergeßlich bleiben und dem Erforscher des Vulkanismus bedeutet die Katastrophe einen Markstein in der Geschichte des Vesuvs. Von uns fern. Der Schlafkrankheit, zu deren Er forschung sich jetzt Professor Koch nach Afrika begeben hat, find in kurzer Zeit zwei Europäer znm Opfer gefallen. Direktor John Mahon aus London war vor zwei Jahren Direktor deS Botanischen Gartens in Entebbe in Uganda, wo er den tödlichen Stich von der Tsetse-Fliege erhalten hatte. Er kam krank nach England, wo man erst nach einigen Monaten Schlaf- kranlheit fefiftellte. Man tat alles mögliche, um ihn zu retten, wußte aber, daß er hoffnungs los verloren war. Im letzten Stadium der Krankheit lag er regungslos und schwer atmend vollständig abgezehrt in tiefer Betäubung danieder. Der zweite Fall von Schlafkrankheit wurde vor einigen Tagen bei einem Offizier festgestellt, der an einer Reise zur Erforschung dieser eigenartigen Krankheit teilgenommen hatte. Die GÄade«ges«che der beiden Brüder Blömers, die kürzlich wegen Ermordung deS Oberstleutnants Roos vom Schwurgericht in Düsseldorf zum Tode verurteilt wurden, hat der Kaiser abschlägig bescheiden lassen. Die Hin richtung der Mörder findet dem Vernehmen nach im Laufe der Woche statt. Radrmfall der Gräfin Montignoso. Die Gräfin Montignoso, die frühere Kron« Prinzessin von Sachsen, passierte mit ihrem Zwei rad die in der Nähe ihrer Villa in Morenz gelegene Csrretaniftraße, und da das Pflaster infolge vorheriger Sprengung noch feucht war, kam das Rad ins Rutschen, wobei die Gräfin zur Erde stürzte. Die Verunglücke wurde fo- fort von Passanten aufgehoben und mittels Wagens nach ihrer Wohnung gebracht, wo der Arzt einen Bruch des linken Schienbein? konstatierte und ihr die nötige Hilse leistete. O Vie letzte Kate. 20^ Roman von KarI Schmeling. ^Fortsetzung.) „Der junge Huldringen ist ein vollendeter Taugenichts," fuhr der Direktor fort, „das ist unbe streitbar, aber diese Geschickte mit dem Geldbrief kann derZufall mit in seine finsteren Pläne verwebt haben. Denn wenn wir nicht noch einandressehr schweres Verbrechen von seiner Seite voraus fetzen wollen, so ist nicht abzusehen, wie er zu dem Geldbriefe, besonders aber zu dem Um schlag gekommen ist, und wie es ihm möglich ge worden war, den Umschlag in die Wohnung deS Herrn von Weilmann zu schaffen. Er müßte denn gerade vorgestern mit Weilmann zugleich in der Hauptstadt sowie in der Wohnung und im Kabi nett des Generals von Huldringen gewesen sein." „Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll," erwiderte Reuser ziemlich kleinlaut, „mir ver geht auch fast die Luft, noch weiter über den Gegenstand zu sprechen. Ich begnüge mich daher, Herr Direktor, Sie inständigst zu bitten, doch alles aufzubieten, um Weilmann recht bald aus seiner schrecklichen Lage zu befreien." Reuser entschuldigte noch sein langes Ver weilen und empfahl sich. Nach seiner Entfernung saß der Gerichtsrat Straube längere Zeit in tiefes Sinnen ver sunken da. Die Falten seiner Stirn wurden dabei immer tiefer, seine Augen immer düsterer. Endlich griff er mit der Linken nach dem Aktenstücke und mit der Rechten nach der Feder. Wahrscheinlich beabsichtigte er einige Bemerkungen über das soeben mit dem Kommerzienrat Reuser geführte Gespräch zu machen. Der Richter schlug die Augen auf; sein Blick fiel auf die letzte Seite des zuletzt auf genommenen Protokolls; plötzlich fuhr er mit einem heftigen Rucke empor. Seine nächste Bewegung war ein Griff nach der Klingel, die er mit großem Nachdrucke in Bewegung setzte. »Ich lasse den Herrn Kriminalrichter Paffer ersuchen, sich zu mir zu bemühen," sagte der Direktor zu dem eilig erscheinenden Boten und brummte noch einige Worte, die genau wie eine Verwünschung Langen, während der Mann sich entfernte. Es mußte eine recht merkwürdige Entdeckung sein, die den sonst stets kalten und abgemessenen Jurist so heftig zu erregen imstande war, denn jede seiner Bewegungen zeugte von einer ge reizten Stimmung. Der sofort herbeigerufene Beamte erschien mit einer erwartungsvollen Miene und er hatte auch wohl Ursache dazu, denn statt der Erwide rung seines Grußes warf ihm sein Vorgesetzter einen Wutblick zu. „Was haben Sie da gemacht, Herr Kollege?" rief der Gsrichtsrat, mit der verkehrten Hand auf das Aktenstück schlagend. „Ich bin genau den erhaltenen Weisungen nachgekommen," erklärte der Richter. „Und nur noch ein wenig darüber hinaus- gegangen!" fuhr der Direkwr mit großer Schärfe fort. „Sie find wirklich ein hell er leuchteter Jurist, das ist unverkennbar. Ich eröffne Ihnen vor ein paar Tagen, daß der Referendar von Huldringen nicht mehr mit wichtigen Dingen betraut werden soll, weil er um ieine schleunige Entlassung aus dem Justiz dienste eingekommen ist, und Sie ziehen den selben getrost bei einer so heiklen Sache, wie die Weilmannsche es ist, hinzu? Kennen Sie denn gar nicht die Bedeutung eines schleunigen Enilaffungsgesuches eines Referendars, an welches sein Direktor die gedachte Hinweisung geknüpft hat?" „Das wohl, Herr Direktor," stotterte der verlegens Richter. „Aber ich glaubte — ich dachte — weil Herr v. Huldringen gewisser maßen der erste Entdecker des Übeltäters ge wesen, und da er bei dessen Verhaftung gerade anwesend war, sich auch zur Teilnahme an der Haussuchung erbot — er war ja früher eben falls Offizier und somit gewissermaßen vertraut in der Wohnung eines solchen —" „Hören Sie auf, Herr!" schrie der Direktor seinen Untergebenen an. „Was bauen Sie da alles zusammen! Sie Hachen ein unvergleich liches Stück aufgesührt. Sind Ihnen denn nicht ganz eigentümliche Gedanken gekommen, als gerade der Sohn deS Anklängers Weil manns diesen Zettel in der Wohnnng des Be- zichteten fand?" Der Direktor nahm den Briefumschlag aus den Akten und hielt ihn in die Höhe. Der Richter sah in verdutzt an. „Ich bewundere Ihren Scharfblick," fuhr der Direktor fort. „Jetzt versuchen Sie wenigstens unter der Hand zu erführen, wie und wo Huldringen den vor gestrigen Tag verbracht hat, um mir schleunigst Meldung darüber abzustatten. Im übrigen werde ich die Sache jetzt selbst in die Hand nehmen, um Klarheit hineinzubringen." Der Direktor winkte heftig mit der Hand und der Kriminalrichter entfernte fich völlig ge brochen und geknickt. Wahrscheinlich wußte er immer noch nicht, wodurch er einen so groben Verstoß, wie sein Vorgesetzter angedeutet, be gangen hatte. Der Gerichtsrat nahm dagegen das Akten stück vor und begann, dasselbe von Anfang bis zu Ende mit großer Aufmerksamkeit, aber auch unter vielen Verwünschungen, durchzu- sehen. Gerichtsrat Straube hätte fich diese Mühe sparen können. Die Aufklärung des sonder baren Falles sollte von andrer Seite viel schneller erfolgen, als er fie je herbeizusühre» vermocht hätte. 9. Der alte Marschall Kanonendonner war Witwer. Seine erwachsenen und selbständigen Kinder befanden fich sämtlich entfernt von Sühne. Seinem Hauswesen stand ein alter Dragoner namens Veit Kunz vor, der gewisser' maßen die Rolle eines „Mädchens für alles in der Wirtschaft des Obersten spielte. Veit Kunz war ein zäher Westfale und, wie er selbst von fich sagte, „nich dod zu kriegen! Diese Eigenschaft war eine Notwendigkeit für ihn. Denn daß es zwischen den beiden alten Knaben nicht immer friedlich zuging, läßt sich leicht denken. In Wirklichkeit standen beide jeden Tag vom frühen Morgen bis zum späten Abend auf dem Kriegsfuße.