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Vie „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. S ezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdors und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annatzmr von Inseraten bi, oerintttag z» Uhr. .Inserate werden mtt ,o Pf für di« Spaltzeile berechn« Tabellarisch« Satz nach, besonderem Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle in Hroß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla Lr. 48. San franMo von einem schweren kraveden Velin- gesucht. ^New-Dork, 18. April. Heute Morgen kurz nach 5 Uhr ist San Franzisko von einem Erd beben heimgesucht worden, das 3 Minuten lang andauerte. Tausende von Gebäuden sind ein gestürzt oder schwer beschädigt. An mehreren Stellen sind Brände ausgebrochen. Die Post behörden von Kansas-City erhielten aus Los- Angeles die Nachricht, die Zahl der Toten be trage beinah« tausend. New-Aork, 18. April, 11 Uhr vorm. Aus San Francisco werden große Verluste an Menschenleben gemeldet. Alle Telegraphen eitungen mit Ausnahme von einer sind zer stört. Durch das Erdbeben wurden die Rohre der Wasser- und Gasleitungen zerbrochen. Das Feuer nimmt seinen Weg die Markct-Strete entlang. Das Rathaus, welches 7 Millionen Doll, gekostet hat, liegt in Trümmern. Die Furcht und Erregung, die in San Francisko herrschen, sind unbeschreiblich. Aus vielen Häusern stürzten die Bewohner in leichten Nachtkleidern aus die Straße. Viele Gebäude gerieten plötzlich ins Schwanken und stürztem mit lautem Krach in sich zusammen, die Be wohner unter den Trümmern begrabend. In den Hotels im Innern der Stadt entstand eine sürcherliche Aufregung. Am meisten sind die Gebäude südlich von Market-Street beschädigt, wo zumeist in Fachwerkbau errichtete Miets häuser stehen. An vielen Stellen brachen Brände aus. Die Lage wird dadurch ver schlimmert, das alle Beleuchtungsanlagen für Gas und Elektrizität vernichtet sind. Da eS an Wasser fehlt, wurden die Häuser in die Lust gesprengt, um den Flammen Einhalt zu tun. Ganze Straßenzüge sind durch die Trümmerhaufen versperrt. New-Bork, 18. April. Ein weiteres Telegramm meldet, daß eine g Meilen lange Strecke der Eisenbahn zwischen der Stadt Suisun und Venicia versunken ist. Durch das Erdbeben sind 8 Häuserblocks des Fabrikviertel, welche den nordöstlichen Teil San Franziskos bildeten, zerstört worden. Schaden ist auch in ollen übrigen Teilen der Stadt angerichtet worden. Die Häuser der Zeitungen „Coal" und „Exanild" sind zerstört. Hunderte von Todesfällen werden aus dem vor einiger Zeit erbauten Teile der Stadt gemeldet. Die neueren Nachrichten lasten die Verwüstungen noch größer erscheinen, als bisher angegeben wurde. Chicago. Die Pacific Rail Roadcompany teilt mit, daß alle ihr gehörigen telegraphischen Verbindung im Westen von Ogden zerstört sind. Die Fläche, die von dem Erdbeben be troffen worden ist, scheint sich auf mehrere Hundert Quadratmeilen zu erstrecken. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Dkrilla, den <9. April MS — Der sächsische Hof und die Gräfin Montignoso. Hierzu schreibt die „Leip. N. Nachr.": Das einzige Band, das die Gräfin Montignoso, die frühere Kronprinzessin Luise von Sachsen, noch heute mit dem sächsischen Königshofe verbindet, soll auf Grund von gegenseitigen Abmachungen bekanntlich am Mai d. I. gelöst werden. Die Prinzessin Anna Monika Pia wurde bekanntlich am 4. Mai 1903 in Lindau geboren, nachdem die damalige Kronprinzessin dem sächsischen Königs hofe bereits den Rücken gekehrt hatte. Tas Kind wurde seinerzeit vom jetzigen König Friedrich August als sein eigenes anerkannt uud zunächst der Mutter überlasten, bis als Endgültiger AuSlieferungStermin der 1. Mai d- I. festgesetzt Warde. Da nun der Zeitpunkt der Uebergabe der kleinen Prinzessin sich nähert, letzt auch die Mythenbitdung wieder ein, die tUkude in dieser Sache damals die wunderlichsten Allsten trieb. Auf dem Umwege über Berlin (natürlich!) dringt nämlich soeben die Kunde Freitag, den 20. April 1906. 5. Jahrgang. hierher, daß gegenwärtig zwischen dem Dresdener Hofe und der Gräfin Montignoso Verhandlungen zwecks weiterer Uebeclastung der Prinzessin Anna Monika an ihre Mutter schwebten. Auf Grund von Erkundigungen an zuständigster Stelle können wir Mitteilen, daß an dieser Meldung nichts Wahres ist. Bisher hat die Gräfin Montignoso keinerlei dahingehende Wünsche geäußert, sondern vielmehr brieflich zum Zwecke der Uebergabe der kleinen Prinzessin um die Entsendung einer Dame gebeten, an welche das nun dreijährige Kindchen sich erst gewöhnen möchte. Dieser Brief der Gräfin hat der mit der Verfolgung der ganzen An gelegenheit beauftragte Justizminister Dr. Otto in dem seinerzeit vereinbarten Sinne be antwortet. Darauf fehlt bis heute noch die Rückantwort der Gräfin. Das ist alles, was in der Auslieserungsangelegenheit sich bis zur Stunde ereignet hat. Soweit wir unterrichtet sind, besteht an den zuständigen Stellen der Wunsch, den früheren Vereinbarungen nun auch Erfüllung zu bringen. Ausgeschlossen ist aber nicht, daß unter gewissen Verhältnisten mit der Möglichkeit einer weiteren zeitweisen Belastung der kleinen Prinzessin bei der Mutter gerechnet werden kann. Doch liegt diese Frage heute noch zu entfernt, um diskutabel zu erscheinen. Dresden. Eine unangenehme Ueber- raschung widerfuhr am Karfreitag einen Herrn der Klctterabteilung der Sektion Dresden des Alpinen Deutschen Touristen-Vereins. Nach erfolgtem Abstiege vom Mönchstein (Bastei- gruppe) gewahrte er, daß inzwischen von fremder Hand sein Rucksack geöffnet und da raus ein neuer photographischer Apparat Lloyd Camera mit Bausch und Lomp im Werte von 150 Mark entwendet worden war. Für Wiedererlangung desselben hat der Verlust träger eine angemessene Belohnung ausgesetzt. Etwaige Wahrnehmungen bittet man der hiesigen Kriminalabteilung, Schießgaste 7, mit zuteilen. Niederpoyritz. Ein ernstlicher Zusammen stoß eine« Motorwagens der Loschwitz—Pillnitzer Straßenbahn mit dem Sprengwagen der Gemeinde Niederpoyritz erfolgte am ersten Feiertage nachmittags in der Pillnitzer Straße. Der Kutscher des Sprengwagens waren eben einem Straßenbahnwagen ausgewichen und hatte nicht bemerkt, das ein zweiter hinter ihm herkam. Der Führer konnte den Wagen nicht mehr bremsen, und der Zusammenstoß war un vermeidlich, und zwar so heftig, daß Kutscher und Pferde zur Seite geschleudert wurden. Einem wertvollen Pferde wurde hierbei dis Wirbelsäule gebrochen, so daß das Tier ge tötet werden mußte. Der Kutscher war gleich falls nicht unbedeutend verletzt worden. An den Straßenbahnwagen war der Perron ein gedrückt worden. Der Motorwagenführer soll schuldlos sein. Die Pferde gehörten dem Fuhrwerksbesitzer Haak in Niederpoyritz. Königsbrück. Am Karfreitag nachmittag ist in dem in Flur Cosel gelegenen Staats forstrevier, Abteilung 4S, ein Waldbrand ent standen, wodurch ca. 45 Ar iSjähriger Fichtenbestand vernichtet worden und ein Schaden von ca. 200 Mark entstanden ist. Dieser Brand hat sich vom Wege aus ent wickelt und ist anzunehmen, daß das Feuer durch Wegwerfen eines brennenden Streich hölzchens von Spaziergängern verursacht worden ist. Radeberg. Am Freitag nachmittag kurz nach 3 Uhr brach auf dem Lahmannschen Grundstücke nahe der Landwehr ein Waldbrand aus, der leicht größere Dimensionen annehmen konnte. Dank dem energischen Eingreifen der Lotzdorfer Feuerwehr konnte der Brand bald gelöscht werden. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt. Kamenz. Hier erhängte sich in einem Mannschaftszimmer der Soldat Pomp der 5. Kompagnie des 178 Infanterie-Regiments. Der Grund zu der Tat ist bis jetzt noch un bekannt. Neustadt. Wie alljährlich, so hielt man auch diesmal an der althergebrauchten Sitte des Osterschießens fest. Einige junge Leute verwendeten jedoch scharfe Munition und so wurde eine 16jährige Restaurateurstochter aus Langburkersdorf von hinten angeschossen. Die Kugel blieb am Becken sitzen, so daß eine er hebliche Gefahr für das Leben des Mädchens nicht bestehen dürfte. Skassa. Aus nach unaufgeklärte Ursache entstand am Mittwoch Vormittag V, 10 Uhr in der Scheune des Wirtschaftsbesitzers und Schmiedemeisters W. Förster Feuer, das diese bis auf die Grundmauern einäscherte, wobei sämtliche Strohvorräte , sowie eine landwirt schaftliche Maschine und ein Fahrrad mit ver brannten. Riesa. Am Sonnabend vor Ostern erlitt ein mit nach Laube bei Tetschen i. B. be stimmten Eilgute beladener Dampfer der Ver einigten Elbschiffahrts - Gesellschaften Akt.-Ges. einen Radwellenbruch Die gesamte sehr dringliche Ladung mußte deshalb mit möglichster Beschleunigung im Gröbaer Hafen in einen Kahn übergeladen werden, der dann mit einen Dampfer an den Bestimmungsort geschleppt wurde. Die Umladung dauerte die ganze Nacht hindurch bis gegen Morgen des ersten Feiertages. — Tolle Hunde treten zur Zeit in der Nähe der preußischen Landesgrenze wiederholt aus. In den letzten Tagen wurde wieder ein der Tollwut dringend verdächtiges Tier in Nieska getötet. Die infolge Auftretens eines vor einigen Wochen in Kreinitz getöteten tollen Hundes bereits herrschende Hundesperre ist daber verlängert worden. Wurzen. Am Freitag nachmittag unter nahmen von Wurzen aus fünf junge Leute eine Kahnfahrt auf der Mulde. In der Nähe von Schmölen kippte der Kahn um, und die Insassen fielen in das tiefe Master, drei derselben konnten sich retten, doch zwei des Schwimmens nicht Kundige, die 20 jährigen Malergehilfen Anton Müller aus Berg bei Hof und August Kühnapfel aus Braunsberg ertranken. Die Leichen konnten noch nicht ge borgen werden. Es sind dieses Jahr die ersten Opfer, welche die Mulde hier fordert. Nossen. Ueber ein schweres Unglück, bei welchem zwei Männer den Tod fanden, wird berichtet: Am Sonnabend abend wollte der Schuhmachermeister Weichelt mit seinem in Krögis als Lehrer angestellten Sohne nach einem Restaurant gehen, als sich plötzlich beim Passieren des Kielwagenschen Hauses der Sims desselben löste und beide Männer erschlug. Der Tod der Unglücklichen war sofort ein getreten. Lehrer W. war seit einiger Zeit Witwer und wollte die Ferien mit seinem ein jährigen Kinde bei seinen Eltern hier verleben. — Hierzu wird folgendes Ausführliches be richtet: Am Ostersonnabend abends kurz nach ^210 Uhr wollten sich der etwa 50jährigs Vater und der 26jährige einzige Sohn, der als Lehrer in Krögis bet Meißen angestellt war und nach dem kurz vorher erfolgten Tode seiner jungen Frau die Ferien bei den Eltern und seinen einjährigen Töchterchen verbrachte, von Zuhause zu in der Nähe wohnenden Be kannten begeben. Kaum waren sie ein paar Schritte gegangen, so brach von dem nebenan stehenden Kielwagenschen Hause, der „alten Post", das Dachgesims in Länge der reichlichen Hälfte des ziemlich großen Gebäudes herab; die niederstürzenden Masten trafen beide, Vater und Sohn. Die Loslösung des Dachsimses am Kielwagenschen Hause wird darauf zurückgeführt daß bei dem Brande dieses Hauses im vorigen Jahre der Sims durch die auf das Haus ge worfenen Wastermasten gelockert worden ist. Die Gattin bez Mutter der Verunglückten liegt vom Schreck gelähmt, krank darnieder. Zittau. Ein furchtbares Familiendrama hat sich am 1. Osterfeiertage im benachbarten Oberseifersdorf zugetragen. Der 34jährige Maurer und Hausbesitzer Heinrich Engler er hängte nachmittags im nahe gelegenen Holze seine beiden jüngsten Kinder, die zweijährige Elisabeth und den sechs Jahre alten Sohn Max. Dann erhängte er sich selbst. Die Leichen wurden am Morgen des 2. Ostertages gefunden. Mit dem 3. Kinde, einem 9jährigen Knaben, hatte sich an dem betreffenden Nach mittage die Frau Engler nach einem Nachbar dorfe begeben. Engler wird als ein ordentlicher sparsamer Mensch geschildert, der allerdings ein etwas verschlossener Charakter, seinen Kindern aber ein zärtlicher Vater war. Er hatte sich einige Hundert Mark erübrigt, wofür er sich ein neues Haus erbaute. Da der Bau jedoch 6000 Mk. gekostet hatte und wenig Mitzins einbrachte, so glaubte Engler nicht mehr durch kommen zu können. Dieser Umstand mag ihn zu dem verzweifelten Schritte getrieben haben. Liebertwolkwitz- Zwei Schwindler ver suchten dieser Tage in der Zweigbrauerei der Leipziger Bierbrauerei zu L.-Reudnitz, Riebeck und Co. Aktiengesellschaft, einen eigenartigen Coup, der ihnen jedoch mißlang. Am Sonn abend nachmittags ging dem Braumeister der hiesigen Brauerei telephonisch die Meldung zu, er solle seine Bücher abschließen, da vom Hauptgeschäft ein Herr zur Revision eintreffen werde. Der angemeldete Revisor kam auch zur angegebenen Zeit und ließ sich Bücher und Kaffe vorlegen. Nachdem er alles geprüft und für „richtig befunden" hatte, wollte er die bare Kaste mitnehmen. Hiergegen erhob jedoch der Braumeister den Einwand, daß er doch einen bestimmten Betrag für den Betrieb brauche. Da außerdem ein Buchhalter Verdacht schöpfte, wurde das Hauptkontor angerufen, wobei sich herausstellte, daß der „Revisor" ein Gauner war. Die sofort benachrichtigte Polizei nahm den Schwindler und einen Komplizen, der früher in der hiesigen Brauerei im Kontor an gestellt war, in Haft. Z wenck au. Am Nachmittag des ersten Osterfeiertages brach in der nahen Harth ein Brand aus, durch den etwa zwei Hektar mehr jähriger Holzbestand vernichtet wurden. Nach mehrstündiger Arbeit des Aufsichtspersonals wurde das Feuer, das ostenbar durch Spazier gänger fahrlässiger Weise verursacht war, gelöscht. Schönlinde. Am Montag abend wurde zwischen Schönlinde und Gärten von eiuem Personenzuge der Böhmischen Nordbahn die Tischlersehefrau Riedel aus Altehrenberg über fahren und tödlich verletzt. Leipzig. Im Pleißenfluß an der Lützow brücke schwamm am Sonnabend abend ein männlicher Leichnam an. In den Toten er kannte man nach der behördlichen Aufhebung einen 49 Jahre alten Kaufmann aus Großen hain, der in L.-Gohlis in der Landsberger Straße wohnhaft war und seit 20. März ver mißt wurde. Vermutlich liegt Selbstmord vor. — Gewaltsam aus der Hand entrissen wurde am Sonnabend abend in der achten Stunde in einem Grundstücke in der Kaiser- Wilhelm-Straße einer Dame von einem Un bekannten ein Handtäschchen. Der Täter folgte von der SUaße aus und fragte die Dame auf der zweiten Treppe nach einem Herrn Schmidt Plötzlich entriß er der Dame das Täschchen und ergriff damit die Flucht. Leider entkam der freche Dieb. Er wird geschildert als 16—18 Jahre alt, von großer, kräftiger Gestalt mit vollem, gesundfarbigen Gesicht, rötlich blondem Haar. Die Kleidung bestand unter anderen aus schwarzem Jackettanzug, schwarzem steifen Filzhut. Das geraubte Täschchen ist von schwarzem Leder mit Stahlbügel und hat gelbes Futter. Es enthielt ein rotlederneS Portemonaie mit 56 Mark, einen Bund Schlüssel und ein weißes Taschentuch mit bunter Kante.