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Zur Mmm! Hochzeit des deutschen WserMMS. 1881 — 27. Februar - LHOtt. Seit Wochen und Monaten bereitete sich Preußen, ja ganz Deutschland vor, die Silber hochzeit des deutschen Kaiserpaares festlich zu begehen. Am 27. d. find es 25 Jahre, seit das hohe Silberbrautpaar vor dem Altäre den Herzensbund fürs Leben schloß. Auf dem Krovprmz Wilhelm ganzen Erdenrund, wo Deutsche wohnen, find st« einig in der Anerkennung der Herrscher- tagenden unsres Kaisers und mit Stolz sagen sie sich, daß daS Ausland, wenn es vom deutschen Kaiser spricht, dies immer in aner- Prinz Eitet Friedrich kennenden Worten tut. Doch an dem hohen Feiertage find unsre Blicke nicht auf den Monarchen gerichtet, sondern auf das Ober haupt der kaiserlichen Familie, aus den Gatte« und Vater. Da darf man dennwohl sagen, das Prinz Adalbert deutsche Kaiserpaar ist ein Vorbild für die echt deutsche Familie geworden. DaS Vierteljahr- Hundert, das unser hohes Silbcrbrautpaar in Liebe und Treue zurückgelegt hat, war reich an Freud'und Leid. Sie verloren den Großvater, den vom Volke geliebten und verehrten, ste verloren den Vater, voll Weh und Glück sind fünfundzwanzig Jahre Im Strom der Zeiten nun dahingerauscht, Seit Ihr vor Gottes heiligem Altars Das herzenstiefe „Ja" um „Ja" getauscht. Was blieb aus diesem schnellen Zeitgetriebe von allen Freuden, die es hat gebracht, von allem Weh, von aller hohen Pracht? — Die Kaiserkrone und die treue Liebe! Euch ward der Segen von dem Selden- greise, Der Deutschland wieder aus Sem Staube hob, Des Vaters Segen, dem die Siegerpreise Das Volk um seine Lseldenstirns Und Gottes Segen, der sich niemals wandte, Durch sieben Kinder Euren Bund beglückt Und, als sechs wack're Söhne er geschickt, Als Krone noch ein Töchterchen Euch sandte. Nicht immer hat es Freude nur gegeben, Nicht Glück und Frohsinn waren nur zu Gast, Auch Ihr erfuhr't den Wechsel, der im Leben Gft alles gleich macht, Hütte und Palast. Doch habt in Demut alles Ihr ertragen, Wie sich's geziemt dem treuen Ehepaar, Das unsrer schlaffen Zeit stets Muster war — Ihr kanntet nie ein bebendes verzagen. Die Liebs, die einst Euren Bund geschlungen Und Eurer treuen Ehe Leitstern hieß, Die alles Lebensungemach bezwungen Und sich im Zeitenlauf als echt erwies, Die Euch das Leben leichter macht und heiter, Sie gibt dem Feste erst den hohen Glanz, Sie ist der schönste Schmuck im Silberkranz Und bleibt Euch auch als fernerer Begleiter. Darum mit Gott nun weiter durch das Leben, Der Luch bisher so wunderbar beschützt, Er hat Luch viel, unendlich viel gegeben Und ^Zhr habt diese Gaben wohl genützt. Ein treues Volk naht heute sich dem Throne Und bringt in Lhrfurchl seinen Glückwunsch dar: Ls schmücke Luch nach fünfundzwanzig Jahr Bei vollem Wohl die gold'ne Ehekrone! Prinz OSkar Prinzessin Viktoria Luise Prinz Joachim dessen Heldengestalt unvergessen fortlebt i» deutschen Volke. Aber dafür sahen ste eine blühende Kinderschar um fich erstehen. — Da Kaiser wünscht den Jubeltag im engsten Kress» der Familie, am häuslichen Herd zu begehen. Alle seine Lieben werden ihn umgeb«: d« Kronprinzessin Cecilie Kronprinz mit seiner jungen holdseligen Ge mahlin, Prinz Eitel Friedrich, der am Silber- Hochzeitstage der Eltern auch den Bund fürs Leben schließt mit der Herzogin Sophie Charlotte von Oldenburg, Prinz Adalbert, Ker Prinzefstn Lophir Charlotte iEitel Friedrich) zukünftige Ches der deutschen Marius, Punz August Wilhelm, Prinz Oskar und Prinz Joachim, sowie die liebreizende Prinzessin Viktoria Luise, der erklärte Liebling des Kaiser hauses. Möge unserm Kaisecpaar von einem Prinz August Wilhelm gütigen Schicksal beschieden sein, am Tage der silbernen Hochzeit des geliebten Sohnes, nach fünfundzwanzig Jahren, das goldene Ehejubi läum zu feiern. Das ist der tiefgefühlte Wunsch des deutschen Volkes. Es ist sein Glück- und Segenswunsch zum Ehejubiläum. K Der fall ^aäelung. St) Kriminalroman von Artur Skoehl. Kugler brach plötzlich ab. Er reckte den Kopf vor. „Lese« Sie Zeitungen, Neumann?" Hub er wieder an. .haben Sie gelesen von de« Prozeß Madelung, Neumann?' „DaS ist die Geschichte — wo — da — in Perlin solch' Mädchen von ihrem Bräutigam umgebracht ist, weil er ste heiraten sollte und eil nicht wollte; der Mörder ist zum Tode ver- «teilt." „Der Mörder ist aber der Mörder nicht, Neumann. Der Verurteilte ist unschuldig." Iver Verurteilte ist unschuldig?" „Ja, ich bin der Mörder l Ich habe das Mädchen erdrosselt!" „Herr Kugler! Herr Kugler!" „Ja, Neumann, ich I Ich habe daS Mädchen geliebt, das Mädchen war meine Cousine. Von Kindheit an habe ich ste in meinem Herzen ge tragen." Seine heisere Stimme ward plötzlich weicher und weicher. „Als Knabe schon kannte ich kein andres Glück, alS an ihrer Seite zu sieben, mit ihr zu spielen, ihr in die Augen blicken zu dürfen. Sie hatte sanfte, blaue, engelhafte Augen, Neumann. Aber," fuhr er dann mit einemmal wieder rauher fort, „ste war doch nur ein Weib. Ein falsches, verblendetes Weib. Als ich zu ihr kam und es ihr sag^e, wie ich ste liebe, da rümpfte fie ihre Nase. Sie hatte bereits eine Liebschaft mit einem allgebändelt und ste verlachte mich. Ich sagte ihr vorher, wie alles kommen würde und daß der andre nm mit ihr spielt und ste nie heiraten würde, aber fie hörte nicht auf mich." Er holte tief Atem. „An diesem Tage, Neumann," sagte er leise, fast lispelnd, „an diesem Tage habe ich mir, wo ich noch nie in meinem Leben eine Schnaps kneipe betreten, meinen ersten Fuselrausch ange trunken. — Doch der Schnaps konnte die Liebe, die mich quälte, auch nicht totschlagen. Sie starren mich an, Sie wissen wahrscheinlich nickt, waS daS heißt: Liebel Wie daS sengt! Wie das brennt! Wie daS in der Brust sticht und einem die Eingeweide im Leib« zerwühlt! Ich wünsche Ihnen nicht, daß Sie jemals die Eifer- tuchtsqualen, die ich ausstehen mußte, erdulden. Nm Ende werden Sie sonst auch noch ein Mörder." Er nahm die Hand deS Heizers und leiser fuhr er fort: „Die Qualen, Neumann, ich hielt fie nicht auS. Ich beschloß, noch einmal bei dem Mädchen mein Glück zu versuchen. Ich fuhr hinauf nach Berlin, um noch einmal mit ihr zu reden. Als ich vor der Tür ihres Hauses anlangte, sah ich fie plötzlich mit ihm, mit dem Burschen, der fie an der Nase herum- sührte, aus dem Hausflur treten. Es war schon dunkel auf der Straße. Sie sahen mich nicht. Sie führten zwischen fich einen Hund — einen Pinscher — an der Leine und sahen fich nur in die Augen und ich stand auf der andern Sette der Straße und rang nach Ate«. Hätte ich einen Revolver in der Tasche gehabt, ich wäre in dem Augenblick vielleicht schon zum Mörder geworden. Ich hätte den Burschen kaltblütig wie ein Tier des Waldes nieder- geschossen. So ballte ich Mr die Fäuste ohnmächtig in den Taschen. Ich schlich ihnen nach. Sie gingen eine Straße, durch die ein Kanal fich hinzog, hinunter. Dann aber trennten fie fich plötzlich. Sie nahmen Abschied. Sie ging wieder nach Hause zurück. Er ging in der Richtung nach der Stadt mit seinem Pinscher an der bunten Schnur allein weiter. Da eitte ich schneller hinter ihm her. In einem Augenblicke war ich ihm dicht auf den Fersen. Der Kanal war so nahe, ein Stoß — und er flog über die Böschung in das Wasser. Allein, als ich mich au ihn heranzumachen versuchte, wich er mir auS. Er sprang beiseite. Im nächsten Augenblick stand er im Licht schein einer Laterne und dann draußen auf dem menscksnbelebten Johanniskirchplatz. Ich hatte da« Nachsehen. Ich hatte dem Burschen, das Muhr ich erst später durch den Prozeß — die Nase blutig gestoßen, aber er war mir auS der Hand. Auf der Straße, wo ich ihm den Stoß ver setzte, daß er ins Wasser taumeln sollte, lag eine Schnur. Ich hob fie auf. Es war die Leine, an der er seinen Hund geführt hatte. Es war eine lange, blaubunte Schnur, die dem Hund einfach unter das Hals band geschoben gewesen, und die ihm bei dem Zusammenprall mit mir auS der Hand glitt, ohne daß er eS merke. Der Hund schüttet« fich die Schnur wohl dann schnell ab. Ick hob die Schnur auf. Ich küßte fie. Sie hatte fie, hatte ich gesehen, noch eben in in der Hand gehabt. Ich ahnte nicht, welch Schrecknis fich mit ihr verknüpfen würde. — Ich ging nach der Konradiustraße Mück. Di« Lust war jedenfalls jetzt dort rein. Ich nah« mir vor, Neüa ernsthaft und kräftig ins Gemüt zu reden. Ich stieg nach ihrer Wohnung empor. AlS ich klingelte und ste aufmachte, mochte fie wohl denken, ihr Liebhaber käme nochmal wieder. Mich hatte fie gewiß nicht erwartet. Es war lange her, daß ich nicht bei ihnen ge wesen. Sie erschrak, als fie mich erkamttr, aber hatte, als ihre schon zu Bette liegend« Mutter aus der Schlafstube zu wissen verlangte, wer da wäre, die Geistesgegenwart, ihr zuzu- rufen, ihr Robert käme nur noch einmal wieder. Sie war eine Feine. „Die Mutter ist krank," sagte fie, „und er regt fich so leichi. Du bist so lange nickt bei uns gewesen. Erführe fie, daß du eS bist, st« bliebe nicht in ihrem Bett und um ihre ganze Nachtruhe wäre es dann geschehen." Sie ließ mich in die Vorderstube «in. „Gut," meinte ich zu ihr. „Mein Besuch gilt auch nur dir." Und MN sagte ich ihr, was ich von ihr wollte. Ich bat und flehte und machte ihr Vorwürfe. Ich zeigte auf die Teller und Gläser, die auf dem Tische standen, an dem st« eben noch mit ihm, dem Wicht, der fie nah«.