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Die »Ottendorfer Zeitung« erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi» vormittag w Uhr. -Inserate werden mtt ,o Pf für dir Spaltzeile berechnet Tabellarischer Satz nach besonderem Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühls in Groß-Gkrilla Nr. 37. Sonntag, den 25. März 1906 5 Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, den März iyos — „Der März treibt wirklich seinen Scherz" in diesem Jahre. Jetzt hat er wieder kräftigen Schneefall gebracht, während er zuvor echtes Frühlingswetter bescherte. In Deutschland wieder neue heftige Schneefälle und Hochwasser gefahr, in Italien Erdstöße, in Australien und Nordamerika Wirbelstürme — damit wartet der „holde Lenz" auf. — Sonntag, den 25. März findet im Saale de» Gasthof» zum schwarzen Roß großes Zither- und Mandolinen-Konzert aufgesührt von Damen und Herren der Zitherkonzect- Tesellschaft Alpenrose aus Traunstein in Bayern statt. Die hiesige Einwohnerschaft wird hierdurch noch besonders auf diesen seltenen genußreichen Abend aufmerksam gemacht, zumal da auch gesangliche Nummern ausgeführt werden. In Anbetracht des niedrigen Eintritts preises ist den Darbietungen ein recht zahlreicher Besuch von feiten des hiesigen Publikum» nur zu wünschen. (Alles Näher« siche Inserat.) — Zur Anlegung des Truppenübungsplatzes des 2. Königlichen Sächsischen Armeekorps gehen von Zeit zu Zeit Mitieilungen durch die Tagcspresse, die den Stempel des Sensationellen, Erfundenen und Unwahren an der Stirn tragen. Erst kürzlich wurde mitge teilt, der preußische Kriegüminister habe f>zu- sammen mit seinem sächsischen Kollegen da für den Platz in Frage kommende Areal be sichtigt. Natürlich hat kein Mensch davon et wa» bemerkt, und wer von der Sache Halb wegs etwas versteht, fragt sich angesichts solcher falschen Nachrichten unwillkürlich, ob denn der preußische Kriegsministrr in Berlin keine topographischen und keine Generalstabskarten hat, die doch alle Details bis ins Kleinste ent halten? I Neuerdings geht wieder solch ein Unwahrheits-Elaborat durch die TageSpresse, das mit desto größerer Wichtigkeit dargeboten Wird, je bedeutungsloser die betr. Blätter sind. Da wird von zwangsweiser Enteignung ge fabelt, von drei Dörfern die verschwinden wüsten, vom Zusammenschießen dieser Dörfer durch Artillerie von Unterlassung von Frei- areal und von ähnlichem Blödsinn. Derartige Nachrichten sind geeignet, Verwirrung hervor- zmusen. Es sei solchen Nachrichten gegenüber rrneut das Tatsächliche über den Stand der Schießplatzangelegenheil betont: Die Arbeiten über dir Wertermittelung der eventuell abzu tretenden Grundstücke nehmen ihren geordneten Fortgang. Die Werte, mit denen zu rechnen ist, werden eine so beachtliche Summe ergeben, deß in dieser Beziehung noch keinesfalls die von vornherein vorhandenen Schwierigkeiten als unwesentlich anzusehen sind. Daß 3 Dörfer „verschwinden" müssen, ist gänzlich unzutreffend Uebrr die künftigen Baulichkeiten für die Unterbringung der Truppen ist noch nicht ein mal die Platzfrage definitiv entschieden und hinsichtlich der Kosten liegt noch gar kein An halt über deren Höhe vor. Der eben ver- öffentlichie, dem Reichstage zugegangene sächs. Mliläretat enthält nichts, was den künftigen Truppenübungsplatz betrifft, wenn in diesem Etat für den bisherigen Gefechtsschicßplatz in der Laußnitzer Heide eine nennenswerte Summe zu besten Vervollkommnung gefordert wird, so ist das lediglich der Beweis dafür, daß dieser Schießplatz wird bestehen bleiben. Daß dem Reichstag, dec nur noch einige Wochen tagen wird, in Sachen des Truppenübungsplatzes noc ein Nachtragsetat zugehen wird, dafür liegen ebenfalls keinerlei Anzeichen vor. Auch die Mitsprechende Nordostbahnfrage ist ihrer Klärung noch nicht näher gerückt. Alles in Allem — die Angelegenheit ist derart umfangreich, da sie nur sehr langsam vorrücken kann, sodaß ge misten Zeitungsschreibern noch ziemlich lange Gelegenheit geboten bleibt, Unzutreffende» zu "finden, unwahre Mitteilungen zusammcnzu- labeln und das Publikum irre zu führen. — In dem kürzlich erschienenen Berichte )er Handels - Kammer Dresden für das Jahr 1905,«Teil I, wird über die „Eröffnung ter Elbschiffahrt", eine auch für weitere Kreise wichtige Entscheidung tlargelegt- Bekanntlich war im Herbste 1904 die Elbschiffahrt auf Monate unterbrochen und später zwischen Vcr- rachtern und Schifffahrtsgesellschaften über den Zeitpunkt der völligen Wiedereröffnung der Schiffahrt Meinungsverschiedenheiten entstanden Die Kammer war deshalb von einer Firma angegangen worden, für solche Fälle ein Schiedsgericht über die Eröffnung und Schließung der Elbschiffahrt zu errichten, Die Kammer mochte diesen Wunsch wohl nicht von der Hang weisen, erachtete ihn jedoch für nicht durchführbar, von der Ansicht ausgehend, es müßten derartige Entscheidungen für den ganzen Lauf der Elbe gefällt werden 119 Kilo meter in Sachsen, Gesamtlänge 725 Kilometer Weiter war von besonderem Gewicht für die ablehnende Haltung, daß schon für die E!n- iolung zweifelsfreier Auskünfte über die tat- ächlichen Wasserstands- und SchiffahriSver- «ältniste des Elbstromes in den verschiedenen Staatsgebieten, wie Preußen, Anhalt, Mecklen burg Hamburg, einem von nur einer Handels^ ammer eingesetzten Schiedsgerichte die not wendigen Machtbefugnisse fehlen würden, und noch mehr dazu, um den Entscheidungen An erkennung zu verschaffen. Zieht man überdies Oesterreich in Betracht, so würde hierfür selbst eine lande»- oder reichsgesetzliche Regelung der Frage unzulänglich sein, auch war zu bedenken >aß den Schiffahrtsgesellschaften durch die lebertragung der Entscheidung über die Schiff ahrtseröffnung an eine dritte Stelle zum Teil ein erhöhtes Risiko erwachsen würde und unter Imständen eine Erhöhung der Frachten die Folge der beantragten Maßregeln sein könnte. Mit dieser Entscheidung beschick sich die be- reffende Firma. — Die Ziehung 5. Klaffe der 149. Kgl. Sächs. Landeslotterie beginnt am 4. und endet am 27. April. Die Erneuerung der Lose ist noch vor Ablauf des 26. März beiß dem Kollekteur, dessen Name und Wohnort auf dem Lose aufgedruckt und aufgestempelt ist, zu be wirken. Wer dies versäumt oder sein Los von dem Kollekteur vor Ablauf des 26. März nicht erhalten kann, hat dies bei Verlust aller Ansprüche an das gespielte Los der Königlichen Lotterie-Direktion noch vor Ablauf des 31. März unter Beifügung des Loses der 4. Klaffe und des Erneuerungsbetrages anzu zeigen. Jeder Spieler eines TeilloseS hat zur Vermeidung von Nachteilen darauf zu achten, daß das vom Kollekteur ihm auSgehändigte Erneuerung denselben Unterscheidungsbuchstaben trägt wie das VorklaffenloS, Jeder Kollekteur ist verpflichtet, die von ihm auSgegebeuen Lose auf deren Vorderseite rechts mit dem Abdrucke eine» Stempels welcher seinen Namen und Wohnort angibt, zu versehen, da der Mangel eines solchen Abdrucks die Ungültigkeit des Loses zur Folge hat. — Die mitteldeutsch-sächsische Gruppe des Vereins deutscher Eisengießereien hielt Montag den 19. dieses Monats in Leipzig eine Ver sammlung ab. Bei Besprechung der Markt lage wurde allseitig eine gute Beschäftigung der Betriebe bei auskömmlichen Preisen konstatiert Betreffs Einführung der Aussperrungsklause in die gedruckten Lieferungsbedingungen wurde empfohlen, in diese den Passus aufzunehmen, daß in den Fällen, wo Aussperrungen vor liegen. nicht geliefert werden kann. Eine rege Debatte entspann sich über die Stellungönahm zu dem vom Deutschen Metallarbeiterverban an die Eisengießereien gerichteten Vorschlag, betreffend die Regelung der Lohn- und ArbeitS bedingungen. Die Versammlung verhielt sic im allgemeinen den Vorschlägen gegenüber ab lehnend, weil diese teils zu weitgehend, teils mit der Aufrechterhaltung des geordneten Betriebes nicht in Etnklaag zu bringen seien. )iese Anschauung wurde einer Resolution zu gründe gelegt, doch soll ein definitiver Beschluß einer weiteren Versammlung Vorbehalten bleiben. — Eine Anzahl höhere Offiziere des ächsischen Generalstabs wird mit Bewilligung des österreichischen Kriegsministeriums vom 24. bis 26. März die nordböhmischen Schlacht elder besichtigen. — Am 2. April findet in Berlin eine neue Konferenz statt zwischen Preußen und der ächsischen, sowie den süddeutschen Regierungen wegen der Eisenbahnpersonentarifreform und der Betriebsmittelgemeinschaft, Kamenz. Der sechsundsiebzigjährige Band weber Teubel aus Obersteina stürzte in einen 4 Meter tiefen Steinbruch und ertrank in dem m Bruche angesammelten Wasser. Coswig. Donnerstag nachmittag gegen inhalb 3 Uhr ereilte auf dem Bahnsteige des riesigen Bahnhofes die 68 jährige Frau verw. Guhre aus Meißen den Tod. Sie verschied am Schlagfluß. Mühlberg. In einer der letzten Nächte wurde an den in der Nähe der Elbfähre gelegenen Elbfischzugsplätzen ein überaus Weister Diebstahl ausgeführt. Einer der dort am Ufer verankerten großen Fischkästen wurde amt Inhalt gestohlen. Es kann nur ange nommen werden, daß die Diebe den Fischbe- jälter von der Elbe aus mittels Kahnes fort geschafft haben. Von den Tätern fehlt jede Spur. — Durch das neuerdings eingetretene Hoch wasser der Elbe sind hier sämtliche Niederungen überflutet, der Verkehr von Ufer zu Ufer ist abgebrochen, da die Ueberfähren den Betrieb einstellen mußten. Der Elbschiffahrtsverkehr ruht vollständig. Die hiesigen Hafenladeplätze ind überschwemmt, so daß ein Ladegeschäft ausgeschloffen ist, Auch in der Stadt macht sch das Hochwasser bereits unangenehmbar ühlbar, da in einigen Straßen das Dräng wasser die Keller gefüllt und die Gärten unter Master gesetzt hat. — Von einem besonderem Mißgeschick wurden die Arbeiten zur Hebung des unterhalh des hiesigen Winterhafens mit 9 000 Zentner Kohle total gesunkenen Deck- kahneS des Schiffseigners Ed. Hering in Klein gießhübel (Sachsen) heimgesucht, Nachdem das Einrammen der Pfähle um das gesunkene Fahrzeug und der Ausbau des Hebegerüsts ertig gestellt war, eine bei dem hohen Wässer- tand und stürmischen Wetter äußerst mühsame Arbeit, ist nun die hergestellte Verpfählung von talwärts fahrenden Schiffen wieder zer trümmert und mit fortgeristen worden, sodaß die Hebungsarbeiten vorläufig ganz aufgegeben werden mußten. Die Ladung des gesunkenen Kahnes ist überhaupt verloren. Freiberg. Gestern vormittag brachen un erwartet in der H,8-Gezeug-Strecke beim Turm- Hof-Schacht große Waffermengen aus alten Bauen in die gangbaren Grubenbaue ein. Ein Teil der eingefahrenen Mannschaften mußte sich daher zum Teil in sehr großer Eile durch Ausfahren in Sicherheit bringen. Soweit bisher bekannt ist, ist glücklicherweise niemand umgekommen. Neukirchen. Hier zersprang dem Schlosser- meister O. Seidel ein mit Pech au-gefülltes erhitztes Kupferrohr, das gebogen werden sollte Die ausströmende heiße Flüssigkeit spritzte dem Genannten bedauerlicherweise nach dem Gesicht und verbrannte dieses sehr. In der Un gewißheit, ob das Augenlicht erhalten werden kann, liegt Seidel darnieder. Chemnitz. Nach dem Muster bekannter Romanhelden machte der Schriftsetzer Päßler aus Pleißa bei Chemnitz einen Erprestungs- oersuch und suchte sich zu diesem Zwecke keinen Geringeren al» Lord Balfour in London aus. Als angeblicher Präsident der über Europa und Amerika verbreiteten Bande „Schwarze Hand" forderte Päßler den Lord auf, 5000 Pfund Sterling zu zahlen, wenu er nich über sich und seine Familie ein furchtbares Inglück heraufbeschwören wolle Der Lord cheint sich jedoch vor der Drohung nicht allzu ehr gefürchtet zu haben, denn statt die 100000 M. an „Herrn Päßler, Postamt Limbach zu schicken, übergab er die Sache dem Staatsanwalt. Jetzt ist der gefährliche Präsident der „Schwarzen Hand" vom Chemnitzer Land gericht auf einen Monat ins Gefängnis ge leckt worden. Mittweida. Der Bau der Industriebahn nach dem Zschopautale, ausgehend von der Chemnitz-Riesaer Eisenbahnlinie unweit des Mittweidaer Bahnhofes, macht große Fortschritte Allgemeines Interesse nimmt der Bau der Zschopaubrücke in Anspruch, die in einer Länge von 133 Metern unweit des Floßhauses ober halb Neudörfchen den Fluß in schräger Richtung überspannt. Der eiserne Ueberbau der Brücke wird sich zwölf Meter über den Normalstand des Flusses erheben. Während der rechtS- uferige Landpfeile auf Beton zwischen Spund wänden gegründet ist, hat man für die widen Mittelpfeiler mit Rücksicht auf eine ürze Bauzeit — und um unabhängig von Hochwasser und Eisgang zu sein --- das so genannte Preßlustverfahren angewendet. Bis Mitte Juni hofft man den interessanten Bau zu vollenden. Lauenhain. Ein schweres Verbreche» ist auf Lauenhainer Flur in der Nähe eines Gehölzes von dem in Mittweida wohnhaften verheirateten Handarbeiters Oswald Ebert an zwei fünfjährigen Mädchen verübt worden. Ebert wurde verhaftet. Rochlitz. Hier wird vom 19. August bis mit 3. September eine Industrie und Gewerbeausstellung abgehalten werden. Leipzig. In der Nacht zum Donnerstag wurde hier ein schwerer Einbrecher, der Metalle dreher Rede aus Frankenberg in Sachsen ver haftet. Man fand bei ihm 30 goldene Damen uhren und über 100 goldene Ringe vor. Er ist wegen Diebstahls bereits mit Zuchthaus vorbestraft. - Einen großen Teil seines Lebens hat der jetzt 71 Jahre alte „Arbeiter" Eduard Winkler in Gefangenenhäusern verbracht. Kurz nach seiner letzten Entlastung stahl er von einem in der Gerbergaste haltenden Rollwagen eine Kiste Pflaumen, ein Gelegenheitsdiebstahl, der den alten Manne aufs neue in der Dauer eines Jahres ins Zuchthaus brachte. Plauen i. V- Daß ein Ehegatte den andern vor den Richter zitiert, um für an getane Schmach Genugtuung zu erlangen, ist erfreulicherweise eine nicht alltägliche Er scheinung, Ein derartiger Fall stand jedoch am Donnerstag vor dem hiesigen Schöffen gericht zur Aburteilung. Die Wäschestickerin Emma Bauer strengte gegen ihren Ehemann, den Gcschirrführer Franz Bauer, Prioatklage wegen Beleidigung an und erreichte, daß dieser zu 10 Mk- Geldstrafe verurteilt wurde. Die Eheleute die bereits zwölf Jahre verheiratet sind und vier Kinder haben, leben seit einiger Zeit getrennt, scheinen jedoch nicht den rechten Gefallen daran zu finden, da sie sich, wenn irgend möglich, auf Schritt und Tritt beobachten. Am 11. Februar nachts in der zwölften Stunde traf der Angeklagte seine Frau in einem Tanzlokal in vergnüglichster Stimmung. Er geriet darüber derart in Erregung, daß er auf die Klägerin zueilte, sie packte und würgte und mit nichts weniger als fein gewählten Schimpf»orten überschüttete. Vor Eintritt in die Verhandlung suchte der Vorsitzende eine Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen was jedoch an deren Widerstand scheiterte. Beide waren auf den besten Wege dazu, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen, doch wurde dies durch den Vorsitzenden rechtzeitig ver hindert. Der Ehemann seinerseits will nun wegen einer ähnlichen Sache auch klagbar gegen seine Frau vorgehen.