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Ottendorfer Zeitung : 31.01.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190601319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19060131
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19060131
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-01
- Tag 1906-01-31
-
Monat
1906-01
-
Jahr
1906
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 31.01.1906
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pottnscke Krmäfckau. Die Wirre« tu Ruhland. * Mit bezug auf die Wahlen zur rus sischen Reichsdnma war durch den kai serlichen Ukas vom 24. Dezember v. eine Frist von 3 Wochen zur Eintragung aller wahl berechtigten Personen gegeben worden. Da diese Frist sich nicht als genügend erwiesen hat, hat nach einer Meldung aus Petersburg der Zar besohlen, sie bis zum 14. Februar zu ver längern. * Zur Lage .«in Sibirien wird aus Irkutsk gemeldet: Die Station Zima war von Revolutionären besetzt wordeu. Eine dorthin entsandte Truppsnabteilung nahm die Haupt schuldigen fest, ausgenommen die eigentlichen Führer der Revolutionäre, denen cs gelungen war, zu entfliehen, und stellte die Ordnung wieder her. » * Deutschland. *Am 27. d. waren zahlreiche deutsche Fürsten in Berlin versammelt, um dem Kaise r zu seinem 47. Geburtstage ihre Glück wünsche darzubringen. Im Gegensatz zu dem vorigen Jahrs, an dem der Geburtstag mit ; Rücksicht auf die Erkrankung des Prinzen > Eire? Friedrich in der Stille begangen wurde, ging diesmal die Feier in einem glänzenden, äußeren Rahmen vor sich. * Zur Feier der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares werden auf Wunsch deS K üters je ein-? Serie von silbernen Fünf- und Zweimarkstücken mit dem Doppel- blldms des Kaiserv-mres und den Jahres zahlen 1881 und 1906 geprägt. * Der Reichskanzler erklärte auf eins Jnterpellauon im preußischen Herrenhause, daß die Regierung die sozialdemokra tische Gefahr beständig im Auge behalte, sie werde keinerlei Ausschreitungen dulden, halte aber setzt noch nickt eine Erweiterung ihrer Bs- fugMe iür notwendig. Dis bürgerlichen Par teien müßten ihre Streitigkeiten begraben uud der gemeinsamen Gefahr begegnen. * Ein interessanter Besuch steht den deutschen Marinewerften bevor. Der Staatssekretär des Reichs-Marineamts ha> dem französischen Marine-Machs de Sug-Y und dem französischen Schiffsbau-Ingenieur Fortant erlaubt, die kaiserlichen Schiffswerften zu be- ! sichtigen. Die Leiden französischen Herren wer den am 29. d. in Stettin eintrefien. * Aus guter Quelle geht der ,Tägl. Rundsch.' die Nachricht zu, daß in der DiLtensrago eine günstige Wendung eingetreten ist. Die Ge währung der Reichstagsdiä-en steht in naher Aussicht. Damit geschieht ein wichtiger Schritt zur Herstellung eines vertrauensvolleren Verhältnisses zwischen Regierung und Reichstag, das gerade in dieser Frage unter dem Anschein gelitten hat, als ob mau sich den beinahe ein stimmig geäußerten Wünschen der bürgerlichen Parteien an den maßgebenden Stellen dauernd verschließen wolle. *Die Folgen der „P an th e r" . A f f är e machen fick leider für die deutsche Industrie fühlbar. Die brasilianische Regierung ist im Begriff, de« neuen Flottenbauplan durchzulühren und zunächst Neubauten im Be trags von 100 Millionen zu vergeben. Deutsche Werften hatten berechtigte Hoffnungen, an diesen Neubauten mst einem erheblichen Auftrage be teiligt zu werden. Leider sind aber nach dem Zwischenfall des „Panther" die deutschen Be werber von den Lieferungen ausgeschloffen, so daß englische Werften an ihre Stelle traten. * Der deutschen Niederlassung in Tientsin ist bekanntlich durch Beschluß des BundeSrats das Recht eines Komrmmalver- bavdes verliehen worden. Der Reichskanzler veröffentlicht setzt diesen Beschluß des Bundes rats, sowie die Gemeindeordnung mst dem Be merken, daß der Verband dm Namen „Deutsche Niederlaffungsgemeinde in Tientsin" i zu führen hat. Öfterrsich-Nt-gar«. *Nach viermonatiger Pause ist die Krone wieder in direkte Beziehungen zur vereinigten ungarischen Opposition getreten. Graf Andrassy war am Freilag beim Kaiser in Wien zur Audienz. Uvter anderm soll der Monarch die Bedingung gestellt haben, daß dis Opposition, dis seit dem Herbst ihre militärischen Forde rungen bedeutend eingeschränkt hat, sich ver pflichten muß, die Rekrutenaushebung zu sichern uud dm Widerstand der wider spenstigen Komiiate zu brechen. Trotz alledem glaubt man in Wien, daß der Frieden mit Ungarn noch wett entfernt sei. Frankreich. ^Frankreich handelt im Einverständnis mit allen in Venezuela interessierten Mächten; es dürste gegenwärtig nur kleinereHäfen blockieren, jedoch nicht La Guayra und Puerto Cabello. * Dis französischen Parlaments- Wahlen dürften am 8. bezw. 15. April statifinden. Es obwalte kein Zweifel darüber, daß das Kabinett Rouvier bis zu diesem Zeitpunkte cm der Spitze der Geschäfts bleiben würde. Die Gerüchte, daß partielle Änderungen — man nennt die Ministerien des Krieges, des Innern und der Kolonien — bevorftehen, verdienen keinen Glauben. Ins besondere werde dis Eventualität eines Wechsels im Kriegsreffort bestritten. England. * Nach den bisherigen Wahlergebnissen haben die Liberalen eine Mehrheit von 89 Stimmen über alle andern Parteien zu-- sammengenommen. Irakis«. * Dis italienische Regierung beschloß, Offi zieren Lis Übernahme von Stellungen im Dienste des Kongostaates nicht mehr zu gestatten. Spanien. *Die Marokko-Konferenz hat am Donnerstag um 3 Uhr eins Kommisfionsfitzung abgehalten, um ihre Au fichten über die St euere rträge auszutauschen. Seit der letzten Sitzung hat ein Spezialkomitee einen Fragebogen in 23 Artikeln cmsgearbeitet, der als Unterlage für die Diskussion dienen wird. Die Konferenz wird dem Sultan keine direkten Vorschläge machen, da ihr die fremden feindliche Haltung der Bevölkerung Marokkos bekannt ist. Valraustaate«. *Das italienische Truppenkon- tingent auf Kreta hat das Dorf besetzt, in dem kürzlich während der Wahlbewegung ein italienischer Soldat getötet worden ist. Dis Bevölkerung des Dorfes hat die italienische Fahne in ehrerbietigster Weise begrüßt. Die italienischen Truppen nahmen mehrere Ver haftungen vor. * Auf Kreta wurden 48 regierum ssreund- liche und 25 der Regierung gegnerische Orts vorsteher gewählt. Asis«. "Den japanischen Siegesboten folgt jetz- der hinkende Steuerbote nach. Der Finanz minister machte im Abgeordnetenhaus den Vor. schlag, die Kriegssteuern im Betrage von 160 Millionen D»n (Dollar) in dauernde Steuern «mzuwandsln, und einen Schulden- tilgMMonds zu schaffen, zu dessen Dienst außer den bisher zu diesem Zweck angewiesenen 36 M Nonen jährlich noch 110 Millionen bereit zu stellen wären. Beide Maßnahmen be gegnen im Hause starkem Widerspruch. Der Ministerpräsident hat beiden Häusern ge genüber auf die dringende Notwendigkeit hin- gewisssn, die Kräfte aller Parteien daranzusetzen, um den Schwierigkeiten der Lage, die der Krieg und die damit verbundenen großen Ausgaben haben, zu begegnen. Zus äem Keickstage. Der Reichstag erled-gte am Donnerstag in dritter Lesuna zwei kleinere Zollgefttze und setzte dann die erste Leiung der Novelle zur Maß- und Gewichts- ordrmng fort. Wäh,end dieser Gisetzmtwurf in feinen sonstigen Bestimmungen nur wenig Ein wendungen begegnete, wurde die vorgeschlagene Ver ¬ staatlichung des Eichw-senS mehrfach bekämpft. Aus den Ausführungen des Staatssekretärs Graf Po>a- dowsky ging hervor, daß die Vorlage eventuell scheitern wird, falls der Reichsiag die Entschädigung für Kommune« beschließt. Der Gesetzentwurf ging an tine Kommission. Dann wurde der Entwurf über das Urheberrecht an Werken der bildenden Kunst und der Photographie in erster Lesung im allgemeine» zustimmend besprochen und ebenfalls an eine Kommission verwiesen. Nm 26. d. steht zur ersten Beratung die No velle zur Gewerbeordnung (sogenannter „kleiner" Befähigungsnachweis für das Baugewerbe). Abg. Malkewitz (kons.): Meine Partei hält mit wenigen Ausnahmen an dem allgemeinen Be fähigungsnachweis fest. Die jetzige Vorlage befriedigt nicht einmal völlig die Forderung nach Einführung deS Befähigungsnachweises im Baugewerbe. Kaum als kleine Abschlagszahlung können wir diese Novelle cmjehcn, deren Überweisung an eine 21gliedrige Kommission ich hiermit beantrage. Abg. Fr oh ms (soz.): Wir lehnen den Gesetz entwurf ab, denn wir sehen darin den ersten Schritt zu einem extremen Zänfttertum, von dem die orga nisierten Arbeiter nichts wissen wollen. Die Arbeiter wollen einen guten Arbeiterschutz und mit dem hat die Vorlage nichts zu tun. Wir find weder für einen direkten, noch für einen indirekten Befähigungs nachweis zu haben. Aber wir find für eins Kom missionsberatung, um dort einmal gründlich alle im Baugewerbe herrschenden Mißstände zu untersuchen und zu erörtern. Abg. Euler (Ztr.): Die Sozialdemokratie ist für die Gewerbefrechett, denn aus dem Boden der Unordnung gedeiht am besten ihr Weizen. Wir aber wollen Ordnung im Handwerk! Früher war das Handwerk in der Forderung des Befähigungsnach weises völlig einig; erst nach Errichtung der Hand- werkerkamwem sind Elemente in die Handwerker- bewegung gekommen, die diese Forderung als aus sichtslos ansehen. Dazu kommt die Beeinflussung, die der Regierungskommissar v. Seefeld auf dem Kölner Handwerkertage ausgeübt hat. — Über die Magerkeit dieser Vorlage herrscht in Bauhandwerler kreisen flammende Entrüstung. Staatssekretär Graf PoladowSky bestrettet auf Gru^d des stenographischen Protokolls, seiner Reds bei der vorjährigen Etatsberatung je Ver sprechungen oder auch nur Andeutungen in der Richtung gemacht zu haben, baß die Regierung den Befähigungsnachweis einführen wolle. Das Bau gewerbe ist diel zu vielseitig und kompliziert, als daß der Befähigungsnachweis überhaupt durchgeführt werden kSm te. Das Gesetz geht noch weiter als der Befähigungsnachweis, denn es entzieht auch denjenigen, die den formellen Befähigungsnachweis erbracht haben, das Recht zum Baubeiriebe, wenn sie fahrlässig und leichtsinnig gehandelt haben. Abg. Schmidt-Wanzleben (nat.-lib.) erklärt sich vor« der Vorlage nicht völlig befriedigt. Der Bsfähigungsnachwcis ist schwer durchführbar und bietet keinen absoluten Schutz gegen unioiide Bau unternehmer; doch hält ein großer Teil meiner Freunde einen beschränken Befähigungsnachweis für wünschenswert. Aba. Raab (Artis.): Die Minister fahren fort, den Mittelstand zu ruinieren und ihren Königen das Schafott M hinterlassen. Staatssekretär Graf Posadowsky: Der Mittelstand darf wirklich nicht mit dem Befähi gungsnachweis idrntifi siert werden, er setzt sich aus den verschiedensten E «-menten zusammen. Meines Erachtens läßt es die Vorlage an scharfen Bestim mungen gegen unzuvcrlSisige, unmoralische und un würdige Gemente nicht fehlen. Abg. Hoffmeister (fress. Bgg.): Mit dieser Vorlage sind weder die Freunde noch die Gegner deS Befähigungsnachweises einverstanden. Die bis herigen Befugnisse der Baupolizei genügen voll- komwen. Der Bef'hiMgsnachweiS ist mit der Ge- werbefceiheit unvereinbar und dazu Völlig zwecklos. Abg. Kamp (frnk.) bedauert, daß sich Graf PoiadowSky so scharf gegen den Befähigungsnach weis ausgesprochen habe. Dis Vorlage gibt der Polizei erst dann Vollmacht zum Einschreiten, wenn sich die Unzuverlässigkeit des Bauunternehmers schon erwiesen hat, das heißt mit andern Worten, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen iü. Die Regierung sollte das Wort beherzigen: Was du tust, tue ganz! Abg. Erzberger lZnir ): Dieser Entwurf tut nichts weiter, als das Baugewerbe unter Polizei aussicht zu stellen und das Geschick zahlreicher Existenzen in die Hand unsrer Verwaltungsbehörden zu legen. Die große M-hrheit des Reichstages ist für Einführung des B.fähigungsnachweiseS im Baugewerbe. Ihn emzuführen, wird Sache der Kommission kein. Damit schließt die Debatte. Die Vorlage geht an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Die Vorlage beir. die Grenzberichtigung einiger Reichstagswahlkreise wird in erster Lesung debattelos angenomm n. Es folgt die erste Lesung der Vorlage über den Unterstützungswohnsitz. (Nach der Novelle soll künftig statt zweijähriger einjährige mmwer- brochene Abwesenheit zum Verlust des ursprünglichen Woünsitzes führen. Die Altersgrenze wird auf 16 Jahre herabgesetzt.) Abg. Trimborn (Zsntr.) ist mü der Vorlage im allgemeinen einverstanden uud braut' agt ihre Überweisung an eine vierzehngliedrige Kommission. Abg. Mommsen (frs. Vgg.) wünscht im Inter esse des ArwenwessnS möglichst gründliche Beratung der Vorlage und beantragt Emsetzuug einer 2i.gliedrigen Kommission. Bor allem wird zu Prüfen sein, ob nicht durch die Vorlage die Städte zugunsten des Landes zu sehr belastet werden. I» Grunde handelt es sich hier wieder um eine rein agrarische Vor'age. Dcr einzig richtige Vorschlag ist, die Laste» auf größere Verbände zu verteilen. Staatssekretär Gras P osa d o w s ky: Die Vor lage ist allerdings dazu bestimmt, das Platte Laud zu entlasten, aber dieser Zweck ist doch auch nach Ansicht der verbündeten Regierungen eine unbedingte I Notwendigkeit. Wer die Verhältnisse des Platte« I Landes kennt, weiß, wie das platte Land unter dem . i fortgesetzten Abwanbern seiner fähigsten Elemente beiderlei Geschlechts schwer leidet. ES ist nicht nur der Großgrundbesitz, der darüber klagt, sondern ich möchte fast sagen, noch viel mehr der bäuerliche Besitz. Für das platte Land aber find die Arbeitskräfte, die nach den Städten ahziehen, ebenso ein Verlust wie die Auswanderung Wer See, denn der Mann kommt niemals zurück. Dazu kommt, daß die Leute, die beim MMär in größeren Slädien dienen, dort auch dauernd bleiben. Ans der andern Seite aber haben die Gemeinden und GutSbszirke die Verpflichtung, für die Arbeiter, dis nach den Siädien abziehen, noch Zwei Fahre und event. darüber hinaus die gesamten Koste« der Armenpflege zu tragen. Die Abwanderung aus den kleinen Städten nimmt ganz unverhältnismäßig zu, dis Bewohner strömen weg, wett die Steuerlast in diesen kleinen Städten zu groß ist. Abg. Bärwinkel (nat.-lib.): Die Aus führungen deS Staatssekretärs treffen nickt nur für den Osten, sondern auch für große Teile Thüringen» zu. Ob freilich dieses Gesetz der Landflucht wird entgegenwirsen können, kann füglich bezweifelt werden. Die Verkürzung der Dauer des Unter- ffützungSwahnsitzes kann nämlich die kleinen SMte ebensogut belasten wie entlasten. Die Verpflichtung zur Unterstützung aller Hilfsbedürftigen stellt geradem eine Versicherung gegen die Arbeitslosigkeit ' dar. Darüber wird die Kommission noch eingehend beraten müssen. Hierauf wird die Weiierberatung auf Montag vertagt. Von unä fern. AmmyWS Briefe bei Hofe. Die Affäre Kotze unseligen Angedenkens ist längst be graben, aber es scheint, als ob neuerdings wieder eins anonyme Briefaffäre, die in Hof- kreisen spielt, awgeroLt werden soll. DaS Landgericht Potsdam beschäftigt sich jedeufaM, wie das ,B. T/ hört, mit einem Ermittelungs- Verfahren, um den Urheber anonymer Briefe zu entdecken, dis beim Oberhssmarfchall des! Kaisers eingelaufen find und in denen von Personen des kaiserlichen HofhalteS und auch von Angehörige» der nächsten Umgebung des Monarchen die Rede ist. Diese anonyme« Briefe find zumeist mit Bleistift geschrieben. Vergeblich hat das Hoimarschallamt den Ver such gemacht, den Verfasser dieser Briefe zu er mitteln. Jetzt glaubt man endlich den Urheber der Schriftstücke in der Person eines fest langen Jahren im Hosdienst stehenden, ia Potsdam wohnenden Schloßbeamten entdeckt M haben, gegen den auch ein Strafverfahren wegen Beleid'gung eingeleitet worden ist. Mit der Wünschelrute wird, wie ma« dem ,B. TZ aus Apemade berichtet, Landrat v. Uslar nach Südwest-Afrika geschickt. Der Laudrat hat bekanntlich vor einiger Zett viel von sich reden gemacht, da er unter Zuhilfe nahme der Wünschelrute unterirdische Quelles fand. Er hat jetzt von der Regierung den Aus krag erhalten, in Südwest-Afrika nach Waffer- quellen zu suchen. Meuterei. Der Viermastsr „Mozart" traf im Hamburger Hafen mst der Polizeiflagge ein. Unterwegs hatte eine Meuterei stattgefunden, zwei in Eisen gelegte Rädelsführer wurden von der Polizei übernommen. i A Der fall jVkäelung. Sj Kriminalroman von Artur Roehl. (Forti etzmlg.) „Ju Berlin weiß man eS auch nicht," zuckte der Beamte die Achseln. „Indes, er ward in Hamburg angehalten mit einem Billet für einen nach London auslausenden Steamer in der Tascke." „Er ward angehalten!" riefen die Eltern in einem Atem. „Angehalten wie ein Ver brecher ? WaS glaubt die Polizei, daß er ge tan? Das MLdckeu dort in Berlin ging freiwillig in den Tod! WaS will man von Robert?" Der Beamte machte eine Gebärde, als ob er sagen wollte, daß ihm eine Beantwortung dieser Frage nicht zukowme. Er erbat sich von Frau Madelung die P.,pierabrisss zurück, die er ihr zur Beglaubigung ihrer Handschrift daraus vorgelegt hatte. Zu einer solchen polizeilichen Sistierung kann alle Tage auch der Unschuldigste kommen. Herrn Robert MadelungS Rückkehr von seiner Reise schien nmürlich der Polizei zur Auf stellung gewisser dunkler Momente in dem Drama in der Konradinstraße vonnöten. Seinen Informationen zufolge würde Herr Madelung noch im Lause des Tages wieder zurück und in Berlin sein. — „Dann wird alles seine Ausklärung finden/ sagte er. „Aber WaS ist in dem Fall denn uttklar?" forschte die verzweifelte Mutter. Der Beamte antwortete nicht. Er legte die mir Frau Madelungs Hand schrift bedeckten Papierstückchen, als ob fis ein kostbares Korpus äslioti vorstellten, in sein Portefeuille zurück. „Es ist also richtig, daß diese Handschrift die Ihrige ist, gnädige Frau? Sie schrieben den Brief, aus dem diese Stücke stammen, an Ihren Sohn —" „Am Sonntag, Herr Kommissar.* „Jawohl, gnädige Frau, am Montag er hielt er den Brief uud Dienstag ist daun die Tat in der Konradinstraße geschehen." „Mein Herr," rief Frau Madelung aus. „Diese grausamen Worte! WaS wollen Sie sagen? Sie kennen den Inhalt deS Briefes. Sie haben ihn nach den Bruchstücken enträtselt Gewiß, ich habe meinem Sohn in die Seele geredet. Ich habe ihn gewarnt, besckworen, ich habe an seine Ehre und an sein Pflichtgefühl appelliert. Ich habe wie eiue Muller gehandelt, die die Ihrigen liebt. Ich kenne, glauben Sie mir, meinen Soh». Er ist put, durch und durch, aber schwach, wie geschaffen, das Opfer von Intriganten zu werden. Es kann ein Vor- wmf rür mich sein, daß der Himmel daS Herz meines Sohnes gerührt hat, und daß dieses exzentrische Mädchen, von dem mein Sohn sich, scheint es, nun trennte, das Mißlingen ihrer Heiratsspekulation nicht glaubte überleben zu könne«. Ich habe meine Schuldigkeit getan, wie auch mein Sohn nur seine Schuldigkeit getan hat; daß er auf seine Mutter hörte, das muß mich uud ihn trösten, Herr Kom missar." Herr Henn zog fich zurück. Er wollte mit dem Mittagszuge wieder nach der Hauptstadt zurück. Dort hatte man fich längst über den Fall in dsr Konradinstraße ein andres Urteil gebildet, als Herr Blunk in seinem Abendblatt abgegeben hatte. Frau Madelung hatte Henn Blunks Artikel entnommen, daß das tot aus gefundene Mädchen fich selber entleibte. In Berlin wutte man die Sache längst anders. Das Mädchen war ermordet worden und keines wegs eine Selbstmörderin. Aber er verschwieg den Ellern dje Wahrheit. Sie würden sie so wieso noch ftüh genug hören. Es war seine Aufgabe nicht, ste über die Größe des Unglücks, daS sie traf, aufzuklärrn. Gleichwohl hatte seine Haltung fie stutzig gemacht. „Er sagt nicht alles, was er weiß," rief die Mutter, als er fort war. „Ich habe die Ahnung, daß fie BöseS mit Robert im Sinne haben, August. Die Haussuchung in Roberts Wohnung, die Wichtigkeit, die ste den Papier stücken von meinem Briese an ihn beimrsse«, seine Festnahme in Hamburg, daS steht ja gemds aus, August —" „Wie?" fragte ihr Gatt«. „AlS ob fie glaubten, daß er in Verbindung mit ihrem Tod stünde." Der Direktor trommelte erregt auf den Tisch, vor dem er stand. „Er hat sein Verhältnis mst ihr gelöst. Du hast ihm geschrieben, er soll mit ihr brechen. Er folgte dir. In Verbindung steht er gewiß mst ihrem Tod." Sie rief plötzlich aus: „Ich muß nach Berlin. Nachmittag, hat der Kommissar gejagt, werden fie ihn aus Hamburg nach Berlin zurückbringen. Ich wll dabei sein, wenn er zurückkommt. Wann geht der nächst« Zug von Magdeburg nach Berlin?" Sie hatte eine Verwandte in Berlin, ein« Cousine, die an einen Kaufmann verheiratet war. Sie wollte fie aufsuchen. Sie sollte sie auf den Bahnhof führen, wo Robert eintraf. Sein erster MS, wenn er dem Zuge, mit de» er ankam, entstieg, sollte auf sie fallen. Er sollte wissen, daß er eine Muller hatte, die W beschützte. O, der Arme! Der Arme! Welch« Gewiffensqualen mochten den Unschuldige» peinigen! Sie konnte die Zeit nicht abwartsn, dm man fie auf den Bahnhof brachte. Dsr Schnell' zug, in den fie stieg, schien ihr, Wiewohl erM schwindelnder Eils über die Schienen saust«, richt von der Stelle kommen zu wollen. Tie Reisenden, mit denen fie in ihrem Wages' abteil zusammensaß, priesen den Herbstsonnea- schein, der sich über die an ihren Fensterlt vorbeigleitenden Felder uud Wälder und Weiler ergoß. Sie aber hatte sür das Lachen der Natur keinen Sinn. Welch eine Freude kaB der Anblick der köstlichsten Landschaft eine« Menschen bereiten, der eine Angst wie sie st* Herzen fühlt. Sie wollte nur immer, wo imM^ der Zug auf einem Bahnhof anhielt, wissen' " wieviel Stationen find es noch bis Berlin* Hat der Zug keine Verspätung? Und was* kommen wir an? Die Passagiere sahen fie voll Neugier Es schien klar, die müllerliche Dame hau« Eile, irgendwo, wo einer ihrer Lieben schwach'
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