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Die „Mttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi» vormittag w Uhr. Inserate werden mit 40 Pf. für dir Spaltzetl« berechnet Labellartscher Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 7 Sonnag, den 14. Januar 1906 5 Jahrgang. Orrtlichrs und Sächsisches Btterdors-Vkrilla, den Januar 1zo6' — Gäste willkommen! Diese freundlichen Worte findet man sehr oft auf den Zeitungs anzeigen von Vereinsfestlichkeiten, und doch enthält eine solche Form der Anzeige eine große Gefahr für den Verein. Nach wieder holten Entscheidungen der Gerichte kann näm lich aus einer derart gefaßten öffentlichen Bekanntgabe einer Vereinsfestlichkeit die Ab sicht einer öffentlichen Veranstaltung vermutet werden. Die Einladung „Gäste willkommen" veranlaßt Personen zur Teilnahme am Feste, die weder in persönlichen noch in sachlichen Beziehungen zum Vereine stehen und deshalb das Vereinsfest zu einem öffentlichen stempeln. Eine derartige Veranstaltung ist aber ohne polizeiliche Erlaubnis strafbar. Auch kann die Polizeibehörde das Vereinsvergnügen ohne Rücksicht auf die Festkosten einfach aufheben. — Der 12. Januar ist für die Entwicklung des Fernsprechwesens in ganz Deutschland und insbesondere für die Geschichte des Berliner Telephonverkehrs ein bedeutsamer Gedenktag. An diesem Tage sind 25 Jahre — erst 25 Jahre! — verflossen, seitdem dort die erste öffentliche städtische Fernsprechanlage Deutsch lands, wenigstens zum Teil, dem Verkehr über geben wurde. Philipp Reis, der Frankfurter Lehrer, und der Amerikaner Graham Bell, sind zwar diejenigen, die das Telephon er funden haben; aber Stephan, der erste deutsche Reichspostmeister, war es, welcher mit seinen eminenten Scharfblick sogleich die weittragende Bedeutung dieser Erfindung erkannte, die man überall, selbst im Vaterlande Graham Bells, nur als eine interessante physikalische Spielerei ohne praktische Bedeutung angesehen halte. Stephan war es, der das Telephon erst den praktischen Zwecken dienstbar machte, er ist der alleinige Vater des modernen Telephonverkehrs Die auf verschiedenen Linien der sächs. ÄaatSeisenbahnen laufenden Schlaf- und Speisewagen sind jetzt mit grünen Fahnen und Haltern ausgerüstet worden. Die Fahnen werden aufgesteckt, sobald auf den Stationen die mit Reisenden oder Personal besetzten Schlaf- und Speisewagen rangiert werden. Bei Dunkelheit werden solche Wagen erleuchtet Die Staats - Eisenbahnverwaltung hat diese Maßnahme getroffen, damit das beteiligte Personal bei dem Rangieren derartig gekenn zeichneter Wagen die größte Vorsicht an wendet. Dresden. Am Mittwoch ist hier ein 33jähriger Schlaffer in Hast genommen, und dem König!. Amtsgericht hier zugeführt worden der von seiner Geliebten beschuldigt wird, ihr am 1- d. M. geborenes Kind vorsätzlich durch Ersticken getötet zu haben. — Wegen verschmähter Liebe tötete sich in der Weilinerstraße Nr. 7 die 26jährige Wirt schafterin Kind, Tochter eines Schneidermeisters durch einen Schuß in das Herz, — Die 5. Strafkammer hiesigen Land gerichts verurteilte den ehemaligen Schutzmann jetzigen Fabrikarbeiter Bernhardt Emil Pauli wegen Beteiligung an den Demostrationen wegen Beleidigung und Vergehens gegen die Verkehrsordnung, begangen am 3.Dezember 1905 auf dem Altmarkt, zu 3 Monaten Gefängnis und einer Woche Haft. — Der schon wiederholt wegen Unter schlagung bestrafte, neuerdingsfür unzurechnungs fähig erklärte 20 jährige Konditor, Schreiber usw- Ernst Alexander Döring hat am 9, d. M. seinem Dienstherr» eins verschlossene eiserne Raffelte, enthaltend einige Hundert Mark Geld Und eine Anzahl Dokumente entwendet und ist flüchtig geworden. Döring ist bereits früher wiederholt auswärts, zum Beispiel in Berlin und Wien, wegen hier begangener Straftaten festgenommen worden, er dürfe sich auch dies mal nach auswärts, vermutlich nach Wien oder einem deutschen Seehasen, gewandt haben. Es ist aber auch nicht ausgeschloffen, baß er sich noch in hiesiger Stadt verborgen aufhält. — Am Mittwoch .vormittag suchte eine in deu 50 Jahren stehende Frau sich in der Elbe den Tod zu geben. Sie war von der Carlstraße am rechten Elbufer bis in die Höhe des Waldschlößchens gegangen und lief dort in die Elbe, bis sie vom Strom fort getrieben wurde. Zwei Herren gelang es, sie mit dem Rettungsring noch bei Bewußtsein an Land zu bringen. Auf die Fragen des hinzu geholten Gendarmen verweigerte sie die Antwort. Sie wurde nach dem Krankenhaus übergeführt. ^Moritzburg. Der Dresdner Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke beabsichtigt hier die Errichtung eines eigenen Gebäudes für seine Trinkerheilanstalt und Hal zu diesem Zwecke vom Sächsischen Fohlenaufzuchtsvereine bereits ein Grundstück als Bauplatz erworben. Gegenwärtig unterhält der Verein in einem ehemaligen, jetzt zur Fohlenaufzuchlüstation Cunnertswalde gehörigen Meieretgebäude unter dem Namen „Seefrieden,, eine Heilanstalt für Trinker, Die mit dem Unternehme n ge machten guten Erfahrungen haben zu dem Be- schluffe geführt, die Anstalt in einem vereinö- eigenen Gebäude unterzubringen. Radebeul. Durch ein schweres Unglück im Dienste wurde der Lokomotivheizer Bogner in Radebeul am Montag in früher Morgen stunde seiner Familie entrissen. Infolge ber auf einem Trittbrette durch den Frost ent standenen Glätte ist Bogner abgegltllen und mit dem Kopfe so gegen eine Eisenbahnschwelle geschlagen, daß er nach wenigen Stunden ver starb. Der verunglückte hinterläßt seine Frau und 5 unerzogene Kinder. Döhlen. In einem Abwässerklärbasstn der Siemensschen Glassabrtt hat sich am Mittwoch in einem Anfalle von Schwermut ein in der Fabrik beschäftigter Maurerpolier ertränkt Pirna. Eine Hundesteuerdebatte gab es im Stadtverordnetensaale. Der Rat empfahl eine Erhöhung der Steuer für sogenannte Luxus hunde von 10 auf 15 Mark mit starker Majorität erfolgte jedoch die Ablehung dieses Vorschlages. Unsere vierfüßigen Hausfreunde hatten dabei die Genugtuung, daß von mehreren Rednern mit großer Wärme für sie ins Zeug gegangen wurde. Aus dem oberen Elbtale. Die Zeit der Abhaltung der Schifferfeste und Schiffer- fastnachten sächsischer- und böhmischerseits ist gekommen Die Schiffergesellschaft Neptun zu Schandau und der Schifferverein zu Rein hardtsdorf .haben mit cher Abhaltung dieses alten Gebrauches Anfang dieser Woche be gonnen; Beide Festlichkeiten lecket ein Umzug durch den Ort ein, wobei malerische Schlffer- und Fischergruppen zu erblicken waren. Letztere trugen die Wahrzeichen des betreffenden Vereins. Obgleich seit dem 10. Januar der Elbstrom wieder eisfrei ist, werden die hiesigen Schiffer zunächst von einer Wiederaufnahme der Schiffahrt absehen. Mühlberg a. d. E, Die Elbe ist an dauernd in starkem Steigen begriffen, das Hochwasser überflutet hier bereits die niedrig gelegenen Wiesen und Vorländereien. Vor läufig ist eine Störung des ElbveckehrS von User zu Ufer durch das Hochwasser noch nicht eingetreten, doch wird der Fährverkehr bei weiterem Steigen des Wassers eingestellt werden müssen. Wainsborf. Einen billigen Braten wollten sich am vergangenen Sonntag zwei Einwohner aus Nachbarorten verschaffen. Diese begaben sich mit Frettchen und Rucksack ausgerüstet, aus die Kamnchensuche auf hiesiger Flur. Doch wurde ihr Vorhaben durch den Jagdaufseher K. vereitelt, welcher aus die Betreffenden aufmerksam gemacht ward. In Begleitung eines Lievenwerdaer Herrn verfolgte der Jagdaufseher die Beiden um ihre Namen fest zustellen. Da die Wilddiebe jedoch nicht geneigt waren, diesen Wunsch zu erfüllen, kam es zu Tätlichkeiten, wobei der eine „Nimrod" durch einen Stockhieb so erheblich verletzt wurde, daß er mittelst Wagen nach seinem Heim befördert werden mußte. Der gerichtliche Denkzettel wird ebenfalls nicht ausbleiben. Zittau. Wegen „Aufhetzung" der Kranken kaffen gegen die Apotheker war der Zittauer Gerichts- und Polizemrzt Sanitätsrat Dr. Schneider vom Sächsischen Pharmazeutischen Kreisverein beim Aerztttchen Ehrenrate an geklagt worden. Sanllätsrat Dr. Schneider ist Redakteur des „Korrespondenzblattes der ärztlichen Kreis- und Bezirksvereine im König reich Sachsen" und hatte in diesem Blatte zwei Artikel abgedruckt, in denen die Verfasser Dr. Oelsner in Annaberg und Dr. Goetz in Leipzig, die deutsche Arzneilaxe und die dadurch m Sachsen hervorgeru,ene Verteuerung der Medikamente unter ziemlich scharfer Kritik der „Apothekerpreise" besprachen. Dr. Schneider wurde nun vom Pharmazeutischen Kreisverein beschuldigt, diese Artikel des „Korrespondenz- blattes" mit Farbstift angestrichen und an Krankenkassenvorstände verschickt zu haben. Darin erblickte der Pharmazeutische Kreisverein eine Verletzung der ärztlichen Standeöordnung. Das Urteil des Ehrenraleü lautete aus Frei sprechung des Sanitätsrats Dr. Schneider. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von 50 Mark wurden dem Phacmazeutigen Kreis verein auferlegl. Rottwerndorf Als .am Mittwoch früh der Steinbrecher Fritzsche aus Ottendorf in einem Bruche zu Rottwerndorf einen versagten Sprengschuß ausbohrte, entzündete sich die Pulverladung, wodurch Fritzsche Verbrennungen am Gesichte und den Augen erlitt. Es machte sich die Uebersührung des Verletzten in das Cacolahaus zu Dresden erforderlich. Leipzig. Hier scheint man einen inter- nationaien Juwelendleb dingfest gemacht zu haben. Es ist der Elektrotechniker Karl Cramer aus Köln, der dringend verdächtig ist, in dem Leipziger Uhrengeschäft von Steger am Lhomasklrchhof mittels Einbruchs Uhren und Pretiosen im Werte von zirka 7000 Mk. ge stohlen zu Haven. Er hat im Dezember v, I. in Wien in einem Juweliergeschäst Juwelen im Werte von über 30000 Marl mttgehen heißen, wurde dann im Prater sestgenommen, entkam aber auf .dem Transport nach dem Polizeiamt. Den gestohlenen Schatz hat man tn Wien wiedererlangt. — Aus einem Kürschnerladen der Leipziger Straße in Halle wurden vergangene Nacht für 4000 Mark Felle mittels Einbruchs entwendet Drei Diebe sichren nach Leipzig. Der eine, ein 19 jähriger Bäckergeselle, der Pelze im Werte von 1000 Mark bei sich hatte, wurde sestgenommen. Den beiden andern, die in einem Reisekorb 6 Dutzend Boas uud zehn Damen- und Herrenpelze im Werte von zu sammen 3000 Mark bei sich sühren, ist man auf ,der Spur. Leipzig gilt bekanntlich in erster Linie als Absatzgebiet für gestohlene Pelzwaren. — Wegen 15 verschiede ter Artikel, welche zwischen dem 4. Dezember und dem 1. Januar täglich in der „Leipziger Volkszeitung" aus Anlaß ber WahlrechiSkrawalle erschienen sind, ist gegen den verantwortlichen Redakteur des Blattes Anklage erhoben worden, Mittweida. Ein Schildbürger-Stückchen oerüblen m dec Nacht zum Montag in Mitt weida anläßlich eines traurigen Vorkommnisses zwei dortige Einwohner. Ein 25 jähriger Handarbeiter, der erst seit September vorigen Jahres verheiratet war, von seiner Frau aber bereits wieder getrennt lebte, erhängte sich in seiner Schtasstube, in der außer ihm noch zwei andere Männer ihr Nachtquartier aufgeschlagen hatten. Diefe sahen ole Vorbereitungen und nachher die Bewegungen des schon Hängenden, statt ihn aber avzuschnelden, liefen sie — zur Polizei. Als diese eintraf, war der Tod natürlich schon eingetreten. Rodewisch. Nach dem Genüsse von Wurst erkrankten plötzlich Herr Gemeinde- Vorstand Enders hier und dessen Frau. Während es den Aerzten gelang, bet Herrn Enders jede Gefahr abzuwenden, ist der Zu stand der Frau noch bedenklich. Stollberg. Zwei tödlich verlaufene Un glücksfälle haben sich im Bergwerksbetriebe bei Stollberg zugetragen. Im „Kaiserin Augusta- Schacht" verlor am Dienstag Morgen der 23 jährige verheiratete Bergarbeiter Eli Dietrich von Mitteldorf sein Brot, um sich dasselbe wiederzuholen, trat er von der sogenannten Kunst weg und ging durch diese Unvorsichtigkeit seinem Verderben entgegen. Er brach auf der von ihm betretenen Bühne im Fahrschacht durch und stürzte in die Tiefe, wo er mit dem Kopfe zu Unterst austraf und derart schwere Verletzungen erlitt, daß er bald seinen Geist aushauchte. Nur drei Stunden vorher hatte während der Schichtzeit das Schiksal schon ein Menschenleben zum Opfer gefordert. Der 38 Jahre alte Bergarbeiter Langbein von Oelsnitz i. E. wurde beim Einheben eines ent gleisten Huntes auf dem Haftelverge, ebenfalls vurch eigene Unvorsichtigkeit, von dem Hunte erdrückt- Langbein hinterläßt acht Kinder, von oenen nur eins der Schule entnachsen ist, so wie eine kränkelnde Frau. ^.Aus dem Erzgebirge. Trotzdem bereits verschiedene Verhaftungen vorgenommen wurden, steht doch in der Schönheider Gegend die Wilddieberei noch im vollsten Schwünge. Immer und immer wieder werden Draht schlingen aufgefunden, in denen sich das Wild fängt und elend verendet, wenn es nicht recht zeitig befreit wird. Auch die Vogelstellerei wird noch stark betrieben. Zwickau. Auf hiesigen Bahnhofe wurde am Mittwoch vormittag der Weichensteller Dietze von einer Rangiermaschine überfahren und getötet. z eichenbach. In der Nacht zum Donners tag brannte die Streichgarnspinnerei und Weberei von Bernhard Keßler vollständig nieder. Die Fabrik war die älteste Reichen bachs. Sie bestand seit dem Jahre 1853 und befand sich seit dieser Zeit in den Händen der Familie Keßler. Oelsnitz i. V. Zur Krankenkaffe anmelden soll man jeden Arbeiter, auch den nur vorüber gehend beschäftigten. Das wurde einem Tapezierermeister in Oelsnitz recht eindringlich und fühlbar zum Bewußtsein gebracht. Er stellte aushilfsweise kurz vor Weihnachten einen Gesellen ein, der, auf der „Walze" befindlich, einen mitleiderregenden Eindruck machte und einen Schaden an der rechten Hand hatte. Da dies nach der Versicherung des Arbeiters nichts schlimmes war, die Beschäftigung auch nur einige Tage dauern sollte, so unterließ der Tapezierer die Anmeldung des Arbeiters zur Krankenkasse. Als die Aushilfsbeschäftigung zu Ende war, zog der Gehilfe es vor, anstatt wieder auf die Walze zugehen, lieber das SladtkrankenhauS aufzusuchen und sich kurieren zu lassen — da er nicht zur Krankenkaffe an gemeldet war, auf Kosten des Meisters! Dieser muß nun zunächst täglich 1 Mark 75 Pfg. bezahlen, und da sich beeeits eine Operation (Herauslösune eines Knochenstückes aus dem erkrankten Finger) nötig gemacht hat, so kommt möglicherweise zu dec beträchtlichen Krankenkaffenrechnung später noch eine für den kleinen Meister höchst fühlbare Invaliden rente. Klingenthal. Das Unternehmen der Klingenthal - Graslitzer Kupferbergbau - Gewerk schaft nimmt fortgesetzt an Ausdehnung zu. Jetzt wird eine Kupferzlaugerei errichtet, deren Bau weit > orangeschritten ist, ebenso der Bau des Sudpsannenhauses und des Sulfatraumes. Im Monat November betrug die Förderung 800 t Roherz.