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^ 158, 11. Juli 1904. Nichtamtlicher Teil. 5965 mehr, als von diesen zu erwarten ist, wird man doch wohl vom Holzschnitte nicht verlangen? Auch würden sie mit einem schwim menden Hintergründe wenig Ehre einärndten. ähnlich, nachahmen zu wollen. Obgleich ich es könnte, so ist mir das Nachahmen doch zu kleinlich. Jede Kunst hat ihre Eigenthüm- lichkeiten, die der rechte Künstler zu benutzen weiß; aber ich er- und mir einen Kupferstecher entgegenstellt, der mit mir in den Wettstreit eingehen will, ohne weitere Bedingung zur Annahme der Ausforderung. Gern will ich zugeben, daß mein^ Gegner zu dieser Behauptung liefern würde. »Modifikationen des Baumschlags, fährt er fort, sind nur für den Grabstichel. Der Holzschneider arbeitet aus einem schwarzen Grunde (als einen solchen muß man die Holzplatte betrachten) hat also den dunkelsten Ton vor sich; jedem muß es einleuchten, der Holzschnitt der kraftvollsten Partien mächtig ^ist, indem er sagt, daß Effectstücke und Copien der Rembrandts durch ihn .^llb.rli.ssbai lonne^i. Auch l.ugn.l .. funden wird, es weniger geschieht, sobald man den Namen der Kunst erfährt, die es hervorbrachte. Haben wir denn etwa an guten Landschaften Überfluß? Gerade das Gegenteil. Man müßte es daher gern sehen, wenn sie durch Holzschneider vermehrt würden. Wäre es denn nichts, etwas hervorgebracht zu haben, was jeder für unmöglich hielt? »Bei den Eigentümlichkeiten jeder Kunst, wie verschiedenartig ist da die Ausführung, wie anziehend ist es, beide zu vergleichen, wenn beider Behandlung schön und doch so ganz von einander abweichend ist? Wäre es denn wirklich nichts, sich den Eng ländern, den Meistern in dieser Kunst, entgeaenzustellen? Als diese ihre ersten Aersuche machten, einzelne Landschaftspartien kein Ende. ,So schön hatte man noch nie etwas gesehen? Der Holzschneidekunst jetzt schon Gränzen setzen zu wollen, ist übereilt. Noch lebte niemand, der sich ihr ganz widmete. Nie mand, am wenigsten ein Theoretiker, kann daher sagen: bis hierher kann und soll sie gehen, nicht weiter. »,Sie bleibt eine kurze Zeit Mode' meint der Hr. Vers. dies geschieht, so kann er dennoch versichert seyn, daß sie eine lange Zeit Mode bleiben werde, da auch in merkantilischer Hinsicht Vortheil dabei ist. Bei dem Kupferstich scheint der tausendste Abdruck schon geisterähnlich, bei dem Holzschnitt ist der von gleichem Effekt, als der Kupferstich, und das sollen sie in vielen Fällen werden, so sind sie durch den Reiz der Neuheit und des Gemeinnützigen merkantilisch wichtig. »Das einzige, worin ich ihm Rechte gebe, ist, daß Effektstücke durch Holzschnitte unerreichbar dargestellt werden können. Wenn er aber die Holzschneidekunst auf Umrisse, Skizzen und besonders Porträts beschränken möchte, so bitte ich ihn, um wenige Zeilen zurückzublicken, um zu sehen, was ich schon über die Urtheile bloßer Theoretiker sagte. Wenn ich einen Gegenstand für unaus- »Aus den Gründen, aus denen ich den Eingang übersah, lasse ich auch den Schluß unberührt. Ich möchte nicht gern sagen, was ich dann müßte. Fr. Gubitz.« »Als ich schon hiermit fertig war, fiel mir eine Beurteilung meiner Arbeiten in der Jenaer Literatur-Zeitung unter der zu unterstützen, so setze ich sie hierher: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 71. Jahrgang. -.Verschiedene kleinere und größere Holzschnitte, theils mit einem, theils zwei Stöcken abgedruckt von Herrn Gubitz in Leipzig (soll heißen in Berlin), fordern uns zu wohlverdienten Lobsprüchen aus. In Betracht reinlicher Arbeit sowohl, als reinlichen Abdrucks, dürfte kaum noch etwas zu wünschen übrig bleiben. Landschaftliche Darstellungen in ziemlich großem Octav- format, worunter sich besonders eine nach I. Both vortheilhaft ausnimmt, zeigen, daß vom Holzschnitt auf diese Weise be handelt, sich viel Gutes erwarten lasse. Schatten-Parthien, die durch Reflexe erhellt werden, haben eine äußerst gefällige Klarheit, die Striche überhaupt erscheinen wie uns dünkt, weicher und malerischer, als im Kupferstich der Fall ist.'« — In Nr. 47 desselben Jahrganges des »Freimüthigen« ant wortet darauf der Kupferstecher I. I. Freidhof (in der neuen Grünstraße Nr. 13) zu Berlin, er kenne den Autor des Artikels in der Zeitung für die elegante Welt nicht (?), halte es aber für schwierig, die Voraussetzung Gubitz' für den Wettstreit zu er füllen, die darin liegt, daß Kupferstecher und Holzschneider nach demselben Originale arbeiten sollen. Einige Kunstfreunde hätten dagegen einen Preis von 80 Nthlr. ausgesetzt, den Hr. Gubitz in Empfang nehmen könne, wenn er eine Landschaft in Holzschnitt, gleichviel ob von seiner oder englischer Arbeit, in einem halben Jahre beibringe, die noch nicht mit den Blättern eines Brown, Watts, Woollett rc., sondern nur mit deutschen Werken in Rücksicht der wahren und schönen Darstellung der Gegenstände nach dem Urteile kompetenter Richter aleichgesetzt werden könne. Gubitz lehnt in Nr. 54 das Ansinnen ab, nach einem Kupfer stich anstatt nach einem Original die Arbeit zu liefern. -Das Urtheil, das mehrere Journale und Zeitschriften über meine Arbeiten fällten, lautet: Ich überträfe die Engländer. Ich will nicht sagen, daß ich sie übertraf; nur gleichstehen will ich ihnen. Meine Arbeiten machen nur auf daS Beiwort gut Anspruch; sich zur Vortrefflichkeit zu erheben, bemüht sich mancher ver geblich. Jeder hofft indeß, wie ich, sie zu erreichen. Ich bin noch weit von meinem Ziele; aber fähig halte ich mich, alles was bisher in der Holzschneidekunst geliefert wurde, nach zu tun. Wenn daher Herr Freidhof sagt, die Englischen Holz schnitte wären besser als die meinigen, so fordere ich ihn hiermit auf, ein Blatt zu nennen, mit welchem meine letzteren Arbeiten keinen Vergleich aushalten . . . Ihr Preis von 80 Rthlr. kann mich nicht reizen Meine Arbeiten werden mir gut bezahlt und In einer kleinen Piece (da der Raum dieser Blätter es nicht gestattet) werde ich darthun, daß die Holzschneidekunst, welche in mehreren Fällen der Kupfcrstechkunst nachsteht und nachstehen muß, in Hinsicht der Gemeinnützigkeit alles vor ihrer glücklichen Rivalin voraus hat. Einleuchtend machen werde ich die Zwecke, zu denen ich sie zu benutzen gedenke, und zugleich darthun: warum sie bisher nur wenig beachtet ward und nur wenig nutzen konnte.« — Gubitz schlägt darauf vor, daß ein bestimmtes Landschafts gemälde aus der Königlichen Galerie von ihm in Holzschnitt und von einem Kupferstecher in Kupferstich kopiert werden solle. jedermann beurteilen. Er schließt mit den Worten: -Versichern will ich ihm (Freidhof) aber, daß ich eher tausend Menschen finde, die die Unterschrift ,F. W. von Goethe im Namen sämtlicher Weimarer Kunstfreunde' für eine Kompetenz erklären, als zehn, die ein gleiches mit der Unterschrift: .Freidhof und einige Kunst freunde' tun werden. F. W. Gubitz.« — Der Streit zog sich noch einige Jahre hin. Gubitz selbst er zählt in seinen »Erlebnissen«, die 1868 in der von ihm 1822 be gründeten Vereinsbuchhandlung in drei Bänden erschienen, ein paar Ereignisse aus den Jahren 1806 und 1808: »In mein Lehr amt (an der Akademie) eingeführt, sah ich im Versammlungs hohen Lehnen und Lederpolstern; auf einen derselben hinweisend, sagte ein Lehrer im Kupferstich zu mir: .Hier ist Ihr Platz; 's ist nur ein schlichter Stuhl, aber Schnitzwerk können Sie sich ja selber machen!' Schon gereizt durch die bisherigen, mir Zeit und Ruhe schmälernden Befeindungen, entgegnete ich in jugendlicher Rasch heit: ,Jch bin kein Freund unnützen Zierrats, Ungehobeltes kann ich aber allerdings nicht leiden.' Müchler, der Herausgeber des Anekdoten-AImanachs, benutzte die Geschichte für seinen Jahrgang 1809. Die Folge davon war ein Rechtsstreit zwischen Freidhof einerseits, der sich beleidigt fühlte und mit wirklichen Beleidigungen antwortete und Müchler anderseits. Der Prozeß lief durch zwei Gerichtshöfe und endete 1811 mit der Verurteilung Frcidhofs. »Bald siegten« — so berichtet Gubitz weiter — »bei Freidhof gemäßigtere Begriffe über den neueren Holzschnitt, und als ich (1812) für den Fürsten von Sayn-Witgenstein das — damals nicht käufliche — Bildnis der Gräfin Voß nach einem Pastellgemälde von Anton Grass bei gleicher Größe in Buntdruck ausgeführt hatte, ward ich auf Freidhoss Antrieb ersucht, es ihm bekannt 787