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100. 1. Mai 1912. Nichtamtlicher Teil. vtirsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 5887 Verlag-Haus. G. m. b. H. in Torgau: Uns wird eine Handlung vor geworfen, die nicht von uns, sondern von der heraus- gebenden und verlegenden Gesellschaft ausgegangen ist. Wir haben nur die Herstellung und die Expedition der »Roman- und Novellen-Bibliothek fürs deutsche Haus«, deren Postbezug durch Zeitungsbeilagen empfohlen wurde. Nur um eine schnelle und genaue Expedition zu erzielen, tritt auf den Prospekten unsere Firma so auffällig hervor. Entworfen wurde der Prospekt von der Gesellschaft, wie auch die Leitung des ganzen Unter nehmens und damit die Verantwortung dafür in Händen der Gesellschaft ruht. Was in dem Artikel des weiteren über Vereine solcher Art wie die genannte Gesellschaft ausgeführt ist, berührt uns als Druckfirma weniger. Man möge sich an die Gesellschaft selbst wenden, die im Buchhändler-Adreßbuch als buchhändlerische Firma eingetragen ist. Wir haben uns nicht zu verteidigen, da gegen uns nichts vorgebracht ist, womit wir gegen das Interesse des Sortiments verstoßen hätten. Wenn wir mit Verlagswerken, für die wir haften, herauskommen werden, wird das Sortiment erfahren, daß auch wir die Interessen des Verlags und Sortiments für untrennbar halten. Torgau, den 29. April 1912. Torgauer Druck- und Verlagshaus G. m. b. H. Nach dem uns vorliegenden Prospekt müssen wir uns schon an das Torgauer Druck- und Verlagshaus GmbH in Torgau als diejenige Stelle, von der aus die Expedition erfolgt, halten. Auch geht aus der vorstehenden Einsendung selbst hervor, daß sie bei dem Vertriebe der Bücher in einer Weise mitwirkt, die sonst Sache des Verlegers ist. Wenn es aber noch eines Beweises bedürfte, daß sie dem Buchhandel gegenüber die Rolle des Verlegers übernommen hat, so ist er in der Aufführung ihrer Firma als Berlegerin der Veröffentlichungen der »Deutschen Gesellschaft zur Verbreitung guter Jugendschriften und Bücher« im Verzeichnis der erschienenen Neuigkeiten d. dtschn. Buchh. in Nr. 95 vom 26. April 1912 gegeben. Dort ist als Verlag von »Deutschlands Jugend«, einer Publikation der erwähnten Gesellschaft, das Torgauer Druck- und Verlagshaus genau in der Weise aufgeführt, wie das sonst üblich ist. Es bleibt also, da das Preß- gesetz die Angabe des Namens und Wohnortes des Verlegers vorschreibt, u. E. nur die Annahme übrig, daß hier entweder ein Verstoß gegen das Gesetz vorliegt, oder daß das Torgauer Druck- und Verlagshaus dem Begriff des Verlegers eine mit der Praxis und dem Sinne des § 6 de- Preßgesetzes nicht übereinstimmende Auslegung zu geben sucht. Eine solche Alternative ist aber umso bedenklicher, als das Torgauer Druck- und Verlagshaus anscheinend zum Eigenverlag übergehen will, bei ihm also doch wohl die für eine Verlags tätigkeit erforderlichen Voraussetzungen auch hinsichtlich der begrifflichen Bestimmung, was unter einem Verleger zu verstehen ist, vorhanden sein müßten. Wenn das Torgauer Druck- und Verlagshaus die Interessen des Verlags und Sortiments für »untrennbar« hält, so ist nicht recht einzusehen, warum es mit der Betätigung dieser löblichen Anschauung zurück- hält und sich in den Dienst eines Unternehmens stellt, dessen Vertriebsweise schwerlich mit den Interessen des Sortiments in Einklang zu bringen ist. Denn schließlich heißt es doch auch hier: mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen! Brieftelegramme. — Die Handelskammer zu Frankfurt a/O. richtete am 28. März an den Staatssekretär des Reichspostamts folgende Eingabe: »Die Schaffung von Brieftelegrammen ist seinerzeit von der gesamten Kaufmannschaft als ein bedeutender Fortschritt der Verkehrsentwicklung dankbar begrüßt worden. Der von dieser Telegrammart beabsichtigte Zweck würde aber noch mehr erreicht werden, wenn Brieftelegramme nach dem Auslande gesandt werden könnten. Dazu wäre notwendig, daß die Telegramme nach den gewöhnlichen, für Depeschen dieser Art geltenden Be stimmungen für sämtliche Grenzorte mit telegraphischem und postalischem Verkehr gestattet und von dort aus in verschlossenen Kuverts als Briefe weiterbefördert würden. Als Empfangsort des Brieftelegramms wäre der Grenzort anzugeben. Eine derartige Einrichtung würde für das mit dem Ausland verkehrende kauf, männifche Publikum einen ganz wesentlichen Vorzug haben, weil es ermöglicht, für eine besondere Schnelligkeit erfordernde Nachricht oft mehr als einen Tag zu sparen, den die Mit teilung sonst als Brief bei der Eisenbahn gebrauchen würde. Auch könnte z. B. den abgehenden Schiffen, die ein Brief nicht mehr erreichen würde, die Nachricht als Brieftelegramm noch mitgegeben werden. Besonders im Osten würde die von uns angeregte Neuerung lebhaft begrüßt werden. Denn gerade der Verkehr der östlichen Landesteile nach dem Süden und Westen ist zurzeit durch die lange Reisezeit der Briefe sehr erschwert und bedarf einer Beschleunigung. Das gegebenenfalls erhöhte Porto des Auslandes könnte der Taxe der Brieftelegramme zugerechnet werden und würde sicherlich gern von den Interessenten getragen werden. Da die von uns vorge^chlagene bessere Ausnutzung des Brieftelegramms dem Kausmannsstande großen Nutzen zu bringen und eine gewaltige Hebung briestelegraphischen Verkehrs hervor zurufen geeignet ist, so richten wir an Eure Exzellenz die Bitte, in Erwägung zu ziehen, ob die dargelegte Ausdehnung des Brief telegrammverkehrs sich ermöglichen läßt.« «eneraVversomniluna der Kant. Gesellschaft. — Am 27. April fand in Halle a/S. in der Universität die Generalver sammlung der Kant-Gesellschaft statt, zu der viele Universitäts professoren aus Berlin, Halle. Jena, Leipzig. Heidelberg und Mar burg erschienen waren. Den Hauptvortrag hielt Prof, vr Natorp- Marburg über das Thema »Kant und die Marburger Schule«. In dem Bericht des Geschäftsführers der Kant-Gesellschaft Prof. Vaihinger-Halle wurde mitgeteilt, daß die Gesellschaft jetzt über 500 Mitglieder zähle und daß die Kant-Stiftung eine Höhe von über 85 000 ^ erreicht habe. Die Rudolf Stammler- Preisaufgabe über »Rechtsgefühl« ist abgelaufen. Die in der Versammlung anwelende Witwe des Philosophen Eduard v Hart mann hat 2600 zu einem neuen Preise gestiftet. Die neue Preisaufgabe wurde dahin formuliert: »Eduard v. Hartmanns Kategorien!-hre und ihre Bedeutung für die Philosophie der Gegenwart soll dargestellt werden.« Preisrichter sindr Professor Windelband-Heidelberg, Professor Bauch-Jena und Professor Jonas Cohn Freiburg. Für das kommende Jahr ist die Heraus gabe einer Reihe von bedeutenden philosophischen Werken geplant. österreichischer ZeitungSverleger-Kongretz. — Der Zen- 'ralverein der Z?itungsunternehmungen hat die Abhaltung eines Österreichischen Zeitungsverleger-Kongresses beschlossen, der am l2., 13. und 14. Mai in Wien tagen soll. Auf der Tagesordnung stehen u. a. folgende Themen: Der Wert einer Organisation der Zeitungsherausgeber, Entwurf eines neuen Preßgesetzes, Gesetz entwurf über den unlauteren Wettbewerb, Schaffung lokaler Jnteressenverbände, Reformen im Postwesen, Fremdenverkehrs propaganda usw. «ittagtzvause in offenen BerkaufSstelle«. — Der Aus- schuß des Deutschen Handelstags sprach sich am 17. April dafür aus, daß dem Z 139e der Gewerbeordnung folgender neuer Absatz zugefügt werde: »Wenn die Natur des Betriebes oder Rücksichten auf die Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter in einzelnen Betrieben es erwünscht erscheinen lassen, daß die Zeit zur Einnahme der Hauptmahlzeit in einer anderen als der in Absatz 3 fest gesetzten Zeit geregelt wird, so kann auf besonderen Antrag eine anderweitige Regelung durch die höhere Verwaltungsbehörde gestattet werden.« Zur Begründung eines Bundes österreichischer Künstler ist in Wien eine Versammlung zusammengetreten, die die reichen aber zersplitterten künstlerischen Kräfte Österreichs, die in Österreich selbst und die im Auslande wirkenden, zu künstlerischer Arbeit ver einigen will. Die Gründer sind etwa dreißig der besten öster reichischen Künstler, die sich die Ernennung der Mitglieder und die Wahl des Präsidenten Vorbehalten haben. Auf dem Pro gramm stehen nicht bloß Ausstellungen, sondern vor allem daS Eingreifen in das öffentliche Kunstleben, das in Österreich bisher wegen der Zersplitterung der Künstlerschaft dem Gutdünken reaktionärer Kreise ausgeliefert war. Ein Arbeitsausschuß wird vom Präsidenten zu wählen sein. Wie die »Kunstchronik« be- 701*