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176, I. August 1899. Nichtamtlicher Teil. 5495 zu den Tagesneuigkeiten oder vermischten Nachrichten ge hören«, sowie auf »einzelne Artikel, die nicht mit dem Ver bote des Nachdrucks oder einem allgemeinen Vorbehalt der Rechte versehen sind«. Hoffentlich wird der Reichstag nicht, wie 1870, die Forderung der Quellenangabe grundsätzlich streichen, denn der Raub, der in den kleineren Blättern ge trieben wird, ist schon häufig Gegenstand der Klage gewesen. Ein Zuwiderhandeln gegen dieses Verbot soll freilich nicht als Nachdruck bestraft werden, sondern nur mit Geldstrafe bis zu 500 die nicht in Freiheitsstrafe umgcwandelt werden kann (K 46). Uebrigens geht schon aus der Fassung des Z 17, 2 hervor, daß auch im allgemeinen vor dem Nach druck nicht geschützte Artikel durch ein Nachdrncksverbot ge schützt werden können. Dies bezieht sich aber nur auf po litische Artikel, da nach den Erläuterungen nicht nur novellistische Erzeugnisse, sondern alle Ausarbeitungen unterhaltenden In halts, also namentlich Reiseberichte, Schilderungen von Er lebnissen, Plaudereien im Feuilleton so ipso geschützt sein sollen. Außerdem verbietet der letzte Absatz des Z 17 noch ausdrücklich den Abdruck von Ausarbeitungen unterhaltenden Inhalts, worunter wohl diese angeführten Fälle rubriziert werden können. Der Schutz, den der Entwurf allen Zeitungs nachrichten ohne jede Ausnahme zubilligt, ist allerdings sehr weitgehend, und es scheint, als ob man die weittragende Be deutung dieser strengen Bestimmungen doch einigermaßen unterschätzt hat. Da aber der Buchhandel hiervon weniger betroffen wird als der Zeituugsverleger, so soll von weiteren Erörterungen an dieser Stelle abgesehen werden. Nur auf eine Sonderbarkeit des Entwurfs in Bezug auf die periodische Presse mag hier noch hingewiesen werden. Wie schon in einem besonderen Artikel »Der Urheber schutz und die periodische Presse« in Nr. 165 d. Bl. hervor gehoben worden ist, behandelt der Entwurf die Zeitungen und Zeitschriften nicht gleichmäßig in Bezug ans diesen Schutz. Dadurch, daß in Z 17, 2 der in 1 befindliche Ausdruck »aus Zeitungen oder aus Zeitschriften« schlechtweg in »aus Zei tungen« umgewandelt worden ist, kann mau den Artikel wie folgt fassen: »Als Nachdruck ist anzuseheu, wenn ohne wesentliche Aenderung des Inhalts aus Zeitschriften einzelne Artikel (mit Ausnahme natürlich der durch andere Bestim mung geschützten) abgedruckt werden, auch wenn sie nicht mit dem Verbote des Nachdrucks oder einem allgemeinen Vor behalte der Rechte versehen sind«. Das ist aber gerade das Umgekehrte, als was beim Abdruck aus Zeitungen gilt! Es geht also hieraus hervor, daß derselbe Artikel, der unter den selben Umständen in einer Zeitschrift erschiene, geschützt, in einer Zeitung erschienen aber dem Abdruck freigegeben sein kann. Es leuchtet auch ein, daß hier von einem Schutz des Urheberrechtes absolut keine Rede sein kann, sondern daß es sich hierbei um eine willkürliche, rein formalistische Ent scheidung handelt, die füglich in einem Gesetz, das den Urheber schutz regeln will, nicht bestehen kann. Auch fehlt jede Defi nition der Begriffe »Zeitung« und »Zeitschrift«. Trotz des Widerspruches, den die Bestimmung des heutigen Gesetzes in Schriftstellerkreisen gefunden hat, wonach der Abdruck »kleinerer Teile eines bereits erschienenen Schriftwerkes in einer selbständigen litterarischen Arbeit« oder »Aufsätze von geringerem Umfang«, »in eine selbständige wissen schaftliche Arbeit ausgenommen werden dürfen«, sind doch beide in dem Entwurf beibehalten worden. Man wird zu geben müssen, daß die Bestimmungen sich nicht durch be sondere Klarheit auszeichnen, weil gar kein Maßstab für den Umfang der Entnahmen feststeht. Das russische Gesetz vom Jahre 1886 ist in dieser Beziehung klarer; es gestattet das Anführen, wenn weniger als ein Druckbogen entnommen wird, sowie (Z 17) »das Anführen einzelner Stellen, wenn folgende Bedingungen dabei beachtet werden: 1. wenn die dem Werk entnommenen, mehr als einen Druckbogen bildenden Stellen zusammen nicht mehr als den dritten Teil des Werkes ausmachen; 2. wenn der Text des entleihenden Verfassers den Raum der zitierten Stellen um das Doppelte über schreitet.« In der That kommt es nach mehreren Kommen tatoren unseres Gesetzes hierbei hauptsächlich auf das quan titative Verhältnis des fremden Stoffes zu dem eigenen an. Es erscheint allerdings schwierig, bestimmte Grenzen hier auf zustellen, denn der »Druckbogen« ist auch kein feststehen des Maß. Der Entwurf will sodann eine Aufnahme von einzelnen Gedichten, Aufsätzen oder kleineren Teilen eines Schrift werkes in eine Sammlung nur dann gestatten, wenn die letztere für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch her gestellt wird. Das bisherige Gesetz gestattet den Abdruck auch für Sammlungen »zu einem eigentümlichen litterarischen Zweck«. Diese Bestimmung stand in dem Regierungsentwurf des Ge setzes von 1870. Die Kommission ließ sie aber fallen und der Reichstag stellte sie wieder her zn dem ausgesprochenen Zweck, die »Anthologieen und die Kommersbücher zu retten«. (Sten. Ber. S. 824—25.) Den Anthologieen und Kommers büchern wäre also das Todesurteil gesprochen, wenn die Vor lage Gesetz würde. Es würde allerdings mit dem 1894 in Norwegen erlassenen Gesetz übereinstimmen; aber es ist nicht zu leugnen, daß die Anthologieen auch einen entschieden volks bildnerischen Wert haben, und es ist nur die Frage, ob sie nicht durch diesen Urheberschutz unmöglich gemacht werden. Der vom 3. bis 6. September 1894 in Mailand stattgehabte Kongreß der italienischen Buchhändler und Buchdrucker hat sich auf den Vorschlag geeinigt, daß die Honorarlose Ver wertung von Gedichten, kleinen Erzählungen rc. und Antho- logieen zwar verboten sein soll, daß aber ein gleichmäßiger Preis für solchen Nachdruck im Verhältnis zum Raum und zur Zeit der ursprünglichen Veröffentlichung festgesetzt werden möge. Die ganz Honorarlose Ausnutzung fremden Eigen tums, wie dies heute der Fall sein kann, ist allerdings nicht zu vertreten. Freilich kann man ja ganz denselben Grund für die Anthologieen für Kirchen- und Schulgebrauch anführen, die auch der Entwurf freiläßt; aber es liegt nun einmal so in der neuzeitlichen Entwickelung in Deutschland, daß man für Kirche und Schule Ausnahmestellungen schafft. Es braucht übrigens ein Verleger auf seine Anthologie nur aufzudrucken »für den Schul- oder Unterrichtsgebrauch«, um sie nach wie vor zu ermöglichen. Wenn man sich einmal auf den strengen Standpunkt stellt, so ist auch die Erlaubnis des Komponisten, jedes Schriftwerk, sofern es nicht seinem Wesen nach zur Komposition bestimmt ist oder bei seiner ersten Veröffentlichung schon mit einem Werk der Tonkunst verbunden war, in Verbindung mit seiner Komposition nachzudrucken, nicht zu rechtfertige». Thatsächlich ist darüber auch von seiten der Schriftsteller be gründete Klage geführt worden. Mir sind Lieder bekannt, die dem Verfasser sozusagen nichts eingebracht haben und zu einer Goldquelle für den Komponisten und den Musikverleger geworden sind. Diese Verhältnisse beanspruchen zu gunsten des Dichters doch ebenso begründete Beachtung, wie die Anthologieen. Freilich ist ja niemand zu verwehren, ein Gedicht in Musik zu setzen; aber sobald er damit an die Oeffeutlichkeit tritt und es in Verbindung mit seiner Komposition zu einer Einnahmequelle macht, dürfte doch die Genehmigung des Dichters hierzu unerläßlich sein. Dieser Standpunkt ist mit Recht schon früher betont worden. Als im Jahre 1887 ein Abtdenkmal projektiert wurde, warf ein Augsburger Dichter, Ludwig Bauer, die Frage auf, was aus den Komponisten ohne Dichter werden solle. Er besang diesen Zustand, wonach der Text gegenüber der 730*