Volltext Seite (XML)
Zäch silchc Glcheitmg. Amts- und Anzeigeblatt für das Kömgl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu ^ohnst^ Die „Sächsische Elb-Zeitung" erschein, Mittwoch und Sonnabend und ist durch olle Poü-mü-Mcw sowie durch die Erpediiion dieses jährlich zu bcziehcu. - Inserate tiir das MittwochSblaN werden bis Dienstag früh v Nhr, für das SonnabcndSblatt spätestens . s . , x, beten. — Preis für die einmal gespaltene CorpuSzeilc oder deren Nanin >0 Pf. — Auswärts werden Inserate für die Eibzeitung angenomme . e Hesse, in Dresden und Leipzig in den Annoncen.Bureaur der Herren W. Saalbach, Rud. Mosse und Haasenstcin og er. 1875. Schandau, Mittwoch, den 6. Januar Politische Weltschan. O Die deutschc Presse pflegt noch immer die alte gute Sitte, am Beginn jedes neuen JahrcS mit be sonderen Betrachtungen vor ihr Pitbliknm zn treten. Unter den zahllosen Artikeln finden wir diesmal na- mcntlich in einem Schlesischen Blatte zwei Gedanken, deren Wiedergabe wir uns nm so lieber unterziehen, weil Wort für Wort uns gleichsam ans dem Hcrzcn gesprochen ist. ES heißt da: Auf dem Gebiete der inucrcu Politik wird rüstig fort gearbeitet, aber daS Hochgefühl, welches nach Begründung des neuen Reiches jede Brust schwellte, ist nicht mehr vorhanden. Die Stimmung ist eine unnatürlich nüchterne und die Fortschritte, welche wir machen, werden nicht so dank bar gewürdigt, wie es der Fall sein sollte. Der Kampf zwischen Staat und Kirche steht noch auf dem alten Flecke. Wir sind ungefähr in derselben Si tuation, wie damals, wo Misere Truppen m Eis und Schnee vor Paris standen und der Telegraph uns täglich meldete: „Nichts Neues vor Paris." Aut damals bemächtigte sich Ungeduld, ja Klcinmuth vieler Geister. Erst als das Ziel erreicht, der Fciud zur Kapitulation gezwungen war, änderte sich die Stim mung wieder und der Klcinmuth wurde beschämt. So wird cs auch diesmal wieder gehe»; der Be- lagcrungökricg, den wir gegen den renitenten Klerus führen, wird sein Ziel erreichen. Die Ungeduld, welche sich inzwischen regt, müssen wir bezwingen. Zur wirthschaftlicheu Situation Deutschlands über gehend sagt dann daö erwähnte Blatt sehr treffend: „Unzweifelhaft haben die Anstrengungen des Krieges und die Ausschweifungen der unmittelbar auf den Krieg folgenden Zeit einen Schwächcznstand zurück- gelasscn, der eine größere Bedeutung hat, als wir ihm anfänglich zugcstchcu wollten. Es ist frevelhaft, mit Behagen bei der Ausmalung dieser Zustände zu verweile» und sich ihrer zu frcucu, aber patriotische Pflicht erfordert, darauf hiuzuwciscn und eine Mah nung daran zu knüpfe». Z» chauvinistischer Ucbcr- hcbuug haben wir kerne Veranlassung und cö ziemt uns nicht, nns als eine besonders bevorzugte und ge adelte Nation hinzustcllcn und bei den übrigen Völ kern nur die Schwächen zu erkennen. Vielmehr müs sen wir einrünmcn, daß die letzten Jahre Schwächen im deutschen Nationalcharactcr zu Tage trete» ließen, deren wir imS bisher kaum bewußt geworden sind. Das Streben nach mühelosem Erwerb hat vielleicht bei keinem anderen Kulturvolk eure so weite Ver breitung gefunden, als bei uns. Der Sozialismus schlug überall Wurzeln, aber er ist wohl in keinem anderen Lande in so thörichtcn nnd unpraklischcu For men ausgetreten, als bei nns. Die französischen Sozialisten stellten phantastischere Theorien aus, als ihre deutschen Geistesverwandten, aber der französische Arbcitcrstand ließ sich niemals zn so ausgedehntem Faullcnzen nnd Vergeuden verleiten, als der dentschc. Eine kurze Spamic Zeit hat hiugcrcicht, unS aus einem Volke, das gut uud billig produzirt, iu ein solches zu verwandeln, daö thcncr und schlecht produ zirt." Wir sind überzeugt, daß unsere Leser mit nuS Wort für Wort diese Betrachtung nuterschreibcu. Je öfterer wir uns in solchem Spiegel der Selbst erkenntnis; beschauen, um so mehr werden wir unsere Schwächen erkennen imd sie abzulcgcn suchen. Gerade die massenhaften Arbcitcrcntlassnngcn der Jetztzeit fordern ohnehin zu solcher Selbsterkenntnis; ans. Den Arn im scheu Prozeß werden wir nun doch noch einmal in voller Ausführlichkeit an nns vorüber gehen lassen müssen, dcim wie wir von vornherein annahmen, hat sowohl die Staatsanwaltschaft wie die Verthcidigung appcllirt. Inzwischen ist vom aus wärtigen Amte in Berlin eine jener kirchen-politischen Depeschen veröffentlicht worden, welche Graf Armm als „KonfliktS-Acten" in der schwarzen Mappe mit sich umhcrführtc nnd deren Herausgabe er verweigert. Die Depesche betrifft die künftige Papstwahl lind scheint darauf vorzubcrcitcu, daß das deutsche Reich deu künftigen Papst nicht anerkennen wird, wenn er nicht Garantien für die Wiederherstellung des kirch lichen Friedens gewährt. Das Aktenstück enthält nicht viel Anderes, als waö der Reichskanzler an dem selben Tage, von welchem cs datirt ist (l4. Mai 1872), im Ncichötagc übcr die Znrückwclsnug dcö Kardinals Hohenlohe als Botschafter bei dem Vatikan sagte nnd wobei er die vielbesprochene Aenßcnmg that: „Nach Canossa gehen wir nicht." Das bekannte Berliner Jcsuitcublatt „Germania" nennt die Depesche eine „Stoß ins Hcrz-Dcpcschc" gegen das Papstthnm. Wir haben an diesem Ausdrücke nichts auözusctzcn, sobald nämlich das Papstthnm gemeint ist, welches nach nltramontancn Blättern daö Recht hat, Könige abzusctzcn. Ein derartiges Papstthnm kann allerdings die heutige Zeit nicht mehr gebrauchen. In Betreff der Affairc mit der mecklenburgischen Brigg „Gustav" soll mich officivscu Mittheiluttgeu der Bnudcörath dcö dcutschcu Reiches beschlossen haben, an die spanische Regierung die Fordcrmig zu stellen, die Eigcuthümcr von Schiff nnd Ladung schad los zu halte». ES wäre dies auch der einzige Weg, »m da« Eigcnthnm deutscher Staatsangehörige» vor den räuberische» Uebcrfällc» der karlistischc» Bniidcu z» sicher». Nun ist inzwischen allerdings die Negier ung Scrrano'S verduftet und eine andere spanische Regierung von den Mächten noch nicht anerkannt, doch unterliegt cs keinem Zweifel, daß Alfonso diese An erkennung findet, sobald er nur erst iu Madrid den Throu seiner Väter bestiegen hat, was nach Lage der Dinge »»zweifelhaft geschehen wird. Rußland kann sich jetzt ins Fäustchen lachen, Serrano seine A»cr- kcmmng verweigert zn haben; indessen, wie man darüber auch dcukc, die übrige» Staate» mit Deutsch land an der Spitze habe» durchaus keine Ursache, de» rühcrcn Schritt zu bereue», de»» er ward nicht Ser ranos wegen gcthan, sondern nm die damalige Nc- gierung im Kampfe gegen den KarliSmnö moralisch zn stärken. Und das war eine That, deren sich Nie mand zu schämen hat. Dein Vertreter Oesterreichs in der serbischen Hauptstadt Belgrad ist die Weisung zugegangcn, sich jeder Einmischung in die inneren Angelegenheiten Ser biens strengstens zn enthalten und bei jeder sich dar- bictcudcu Gelegenheit nachdrücklichst zu betone», daß die Mächte nicht gesonnen seien, eine provozircnbe Politik der Vasallenstaaten gegen die Türkei zn dul de». Der Er»st dieser Erklärung ist von Seiten Oesterreichs um so größer, als eine solche Politik sehr genau mit den großscrbischcu Teudcnzcu zusammcu- hüngt, welche gerade von den österreichischen Serbe» i» erster Reihe gepflegt werden. Auch darf inan wohl mnchmcn, daß die Repräsentanten Deutschlands nnd cnßlandö genau dieselbe Weisung wie der Vertreter Oesterreichs erhalten. Die drei Mächte scheinen offen bar Alles fern halten zu wollen, was den Frieden an irgend einem Punkte Europas gefährde» könnte. Selbst verständlich ist damit aber keineswegs der innere Vcr- wcsnngö-Prozeß der Türkei aufgehalten. Der italienischen Negierung ist eine sehr fatale Wcihnachtsbcschccrung durch die Erklärung des Bo logneser AppcllhofcS bereitet worden, eö sei gegen die Verhafteten von Villa Nuffi nicht vorzugchen. Die Leser erinnern sich wohl noch, daß in dieser Villa vor ungefähr fünf Monaten mehrere hochgestellte Per- önlichkcitc» verhaftet wurden, weil sic der Vcrbmd- ing mit dcr Jntcrnationalc verdächtig sei» sollte«. Ma» sprach damals schon den Verdacht ans, cö habe die Negicrnng mit dieser Verhaftung nur ciu Wahl Manöver vollzogen. Nachdem nun die Leute fünf Mo nate lang in Untersuchungshaft gesessen, erklärt daö Gericht, cö licgc Nichts gcgcn sic vor. In Frankreich scheint die Ministcrkrisis in den letzten Tagen so aent geworden zn sei», daß die Ne gierung selbst ciu längeres Ablengncn derselben untz- loü findet. Im Ministcrrnthc soll die Frage ernst lich vcntilirt sein, ob daö Kabinet beim Zusammen tritt dcr Nationalvcrsammlimg noch in seincr gcgc«- würtigen Gestalt zn erscheinen habe. Anlaß zn dieser Krisis gab vor Allem die Frage, wie sich die Ne gicrnng zu dcn Vcrfnssnngögesctzc» stellcu solle. Dcr Ausgang dcr Krisis wird zcigcu, ob diejenigen Elc- mcntc in dcr Ncgicrimg stärker sind, welche ans Or ganisation dcr thntsüchlich bcstchcndc» Republik drin gen, oder diejenigen, welche die Fühlung mit dcr äußersten Rechten nicht verlieren und dcr Regierung dcn gegenwärtigen provisorische» Charakter bewahre» wollen. Für Spanien ist »och vor Thorschlliß des alte» JahrcS das Himmelreich dcr alfo»sistischc» Monar chie nahe herbei gekommen. Unzweifelhaft hat man cö hier mit einer langen und gut vorbereiteten Beweg ung zn thun, die nicht ohne sorgfältige Scmdcrnng des Terrains ins Werk gesetzt wurde. Dou Alfonso, Prinz von Asturien, ist dcr sicbzchnjührigc Sohu dcr vcrtricbciien Königin Isabella und dürfte in diesen Tagen schon seinen Einzug in Madrid als König von Spanien halten. Dcn festesten Rückhalt fand die al- fonsistischc Erhebung im Officieröcorpö. Eö kann daher nicht auffallen, daß sowohl die Ccntrnmö- wie die Nordarmcc dcn ncucn König sofort anerkannt haben. Dcr Prinz hat bcrcitö ans telegraphischem Wege um dcn Scgc» dcö Papstes gebeten und da bei die Versicherung abgegeben, daß er, gleich seinen Ahnen, ein treuer Vcrthcidiger dcr Rechte dcö heiligen Stuhles sein würde. UuS Deutsche kann nur m- tcressircn, zn sehen, wie unsere Ultramontnne» sich zwischen dcn bcidcn Königcn Alfonso nnd Don Car los, welche beide der katholischen Sache ergeben zu "ein behaupten, entscheiden werden. Bisher schwürm- cn sic für Dou Carlos; wir glauben, sic wcrdcn nun wic dic Nattcn das sinkende Schiff dcö KarliSumö verlassen. Tagcsgcschichtc. Sachsen. Ucbcr den jüngsten Wcihiiachtövcr- ehr bei der Postanstalt in Dresden wird dem „Dr. I." Folgendes mitgctheilt: In den Tagen vom 1!). uö inel. 25. Dccembcr sind u) Päckereien mit und ohne Wcrthangabc aus denn Ortö- und Landbestell- bczirke zur Beförderung mit der Post anfgclicfcrt wordcil-32,312 Stück (gegen das Jahr 1873 mehr 2940 Stück); k) mit dcn Posten von weiterher znr Bestellung an Adressaten im Ortö- und Landbcstcll- bezirkc sind cingcgnngcn: 30,860 Stück (gegen daö Jahr 1873 mehr 1621 Stück; e) zur Beförderung im Transit behandelt worden: 56,703 Stück (gcgcn daö Jahr 1873 mehr 0704 Stück); in Snmme 110,875 Stück (gcgcn daö Jahr 1873 mehr 14,274 Stück). In dcr Umgcgcnd von Grimma sind am 30. imd 31. Dcccmbcr v. I. drei erfrorene Menschen im Schnee anfgefnnden worden. Der 76 Jahre alte Nachtwächter Kaiser nnö Kössern, eine Frau Röhlig auö Grethen und dcr 47jührige Schachtarbciter Stern ind^die Unglücklichen. Während mau auuimmt, daß dic Fran beim Holzsammeln im Walde bei Grethen von Krämpfen, an denen sie periodisch litt, befallen worden, kann man l>K den bcidcn Männern schließen, daß sie ermüdet im Schnee zusammeugebrochen, ein- gcschlafeu und so erstarrt sind. In Leipzig ist die Shlvestcrnacht von einer Schaar Zimmcrgcscllcn fast bestialisch belebt worden. Dieselben hatten erst unter sich nm Thvmaökirchhofc cinc Bataille mit Schneeballen, dehnten dieselbe aber endlich auch auf harmlos Vorübergehende auö, wodurch