Volltext Seite (XML)
Sächsische ElliMng. Amts- und Anzeigeblatt für das Königl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemelnderath zu .Pohustein. Die „Sächsische Elb-Zeitung" erschein« Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Pollanstalten, sowie durch die Erpedttion diese» Blatte» fiir II) Ngr. viertel, jährlich zu beziehen. - Inserate für da» Mittwochüblai« werden bi» Dienstag früh S Uhr, für da» Sonnabendöblakt spätesten» bi» Freitag früh 9 Uhr er- beten. — Preis fiir die einmal gespalicne CorpnSzeile oder deren Naum l Ngr. — AnSwärt» werden Inserate für die Elbzettung angenommen in Hohnstein bei Herrn Hesse, in Dresden nnd Leipzig in de» Annoncen-Bureaur der Herren W. Saalbach, Rud. Mosse und Haascnstei» k Vogler. 12. 1874. Schandau, Mittwoch, den 11. Februar stchcu ilii Begriff, ihre Wcbstühlc in Nuhestand zu versetzen. In Lyon und Elicmic sicht cs nicht besser ans. Furchtbar sind die Zustände in Savoyen, wo allein in dein Städtchen Annecy 2000 Einwohner auö öffentlichen Kassen nntcrstntzt werden mässen. Der Ort zählt 12,000,Bewohner. Es drohen also von dieser Seite her der Negierung Mac Mahonö crustere Gefahren, als Seitens der Legitimisten. Wiederholt haben wir bei Gelegenheit darauf ver wiesen, daß in England der fadenscheinige Liberalis mus Gladstonc'S nur dazu beigctragcu, im Bolle die konservative Nichtnng zn stärken. Die jetzigen Wah len sind eine Bestätigung unserer Ansicht. Die Mehr heit des Parlaments gehört der conscrvativcn Partei. Gladstone hat nach den neuesten Nachrichten um seine Entlassung nnchgesncht. Disracli oder Derby werden nun wohl die Erbschaft antreten. Tage sgcsch ichte. Sachfen. Dresden, 8. Febr. Wobl noch niemals Hal die I. Kammer einen so reichen Damcn- flvr auf ihren Tribünen gesehen, als gestern, wo eü sich nm die U nfeh lba rkcitS-Verkü ndigung han- dclle. Wnßie man doch genau voraus, daß Bischof Forwcrk in dieser Angelegenheit das Wort nehmen werde. Wie leicht, daß ein Hinnbergrcifen dieses hohen katholischen Geistlichen auf fremde Gebiete er folgt wäre und die protestantische» Geister zur leb- haflen Abwehr aufgerufen hätte. ES wurde also eine lebhafic Debatte erwartet, nnd daher der groß artige Andrang des Publikums, den die Tribünen nicht zu fassen vermochten. Der Verlauf der De batte war jedoch ein ganz normaler. Die bcricht- crstaltende 3. Dep,, Nef. Sahrer v. Sahr, schlug in ihrer Majorität der Kammer vor: in Erwägung, daß die bisher abgegebenen Erklärungen der Ne gierung in genügender Weise beurkunden, daß eine Verkündigung des Unfehlbcnkeitsdogma's durch die Verlesung des Fuldaer Hirtenbriefes von den katho lischen Kanzeln nicht stattgefnnden habe und nicht habe stattfinden können, den Beschluß der 2. Kammer auf eine nochmalige Beurkundung nicht beizutrelcn. Hingegen empfiehlt die Minorität, Bürgermeister Clauß, den Beschluß der 2. Kammer also anzuneh men: an die Staatsregierung das Ersuchen zu rich ten, in geeigneter Weise alsbald öffentlich zu be- urkunden, daß eine Verkündigung des Unfehlbarkeit». dogmas durch die Verlesung dcü Hirtenbriefes von den Kanzeln nicht stattgefunden habe und nicht habe lattfindcn können. Außerdem empfiehlt die Gesamml- Deputalion: Die Königliche Staaisregicrung zu er lichen, daß dieselbe den durch Decrel vom 4. Octbr. 845 dem damaligen Landtage vorgelegten, damals evoch unerledigt gebliebenen Einwurf eines Negu- anvS wegen Ausübung der weltlichen HohKtsrechie Politische Welischau. O Dic Thronrede, womit Fürst Bismarck im Namen des Kaisers den Reichstag am 5. d. M. er öffnete, ist rnhig und geschäftsmäßig gehalten; ja wir möchten sic noch um ciucu Grad kühler und geschäfts mäßiger bezeichnen, als dies sonst der Fall zu sein pflegt. Es ist, als wollte die Negierung von vorn herein dic Verantwortung dafür ablchncn, falls cö in der Versammlung zn lebhaften und erregten Sccucn kommen sollte. Die Vorlagen der Negierung bieten zu denselben allerdings mir geringe Vcranlassnng, aber trotzdem werden sie nicht anSblcibcu. Wir leben in keiner gewöhnlichen, keiner ruhigen Zeit. Dic Ncichö- rcgiernng darf sich zwar der Majorität in allen wich tigen Fragen versichert halten, aber die Minorität steht ihr um so erbitterter gegenüber nnd sic ist lci- dcr stark genug, überall dort den Ausschlag zu geben, wo die Fraktionen der Majorität nicht ganz geschlos sen mit einander gehen. Die Kluft zwischen Liberale» und Konservativen ist gegenüber derjenigen Spaltung verschwindend klein geworden, welche sich zwischen reichsfrcundlichcn und rcichöfcindlichcn Ele mente» aufgcthan hat. Dic Versammlung besteht näm lich and 46 FortschrittSmänncrn, 140 Natioimllibcra- len, 2 Alllibcralcu, 42 Frciconscrvativcn und Mit gliedern der deutschen NcichSpartci, 6 sogenannten Wilden, die sich keiner Fraktion anschlicßcn, aber doch liberal gesinnt sind, 18 Altkonscrvativcu, 93 Ultra- montanen, 5 Partikularistcu, 12 Polen, 10 Sozial demokraten und zwei zur sogcuanutcu VolkSpnrtei ge hörigen Männern — zusammen 376 Abgeordneten. Infolge cingctrctcncr Doppclwnhlcn sind noch 6 Nach wahlen zu vollziehen, allein diese werden voraussicht lich iu der Stärke der Parteien nichts ändern. Es sind also im Ncichötngc 236 rcichsfrcnndlichc Abgeord nete und diese haben, wenn sie fest zusammen halten, dic entschiedene Majorität. Die rcichsfcindlichcn Elc- mcutc verfügen über 140 Stimmen nnd da die 15 cl- snssischcn Wahlen ebenfalls reichsfcmdlich ausgefallen, so stehen immer noch den 155 NcichSfcindcu 236 RcichSfreunde gegenüber. Aber wie gesagt, die Mi norität kann leicht den AnSschlag geben, wenn die einzelnen Schattirnngc» der Majorität nicht fest z»- sammenhaltcn. Dic wichtigsten Vorlagen, welche dic Thronrcdc hcrvorhcbt, sind daö Militär- und Ncichö- prcßgesctz. Auf dcu Inhalt dicscr Entwürfe näher cinzngchcn, müssen wir nnS für ein andermal auf- sparcn. UcbrigcnS gicbt dic Thronrcdc den Besorg nissen, dic in letzter Zeit wegen Erhaltung des Frie dens hier nnd da geäußert wurdcu, auch nicht den ge ringsten Halt. Im Gcgcnthcil betont sie am Schlnssc in ganz entschiedener Weise die Ucberzcngnng, daß alle fremden Negierungen gleich der deutschen entschlossen sind, dcu Frieden zn bewahren und sich darin durch Partcibcstrcbuugen nicht irre machen zu lassen. Dies klingt fast wie ein Dementi unsrer letzthin gemeldeten Nachricht, von einer Circular-Depesche BiSmarck'S au dic auswärtigen Negicrnugcn. Und doch ist diese er gangen! Nicht nnr bestätigt dies dic offiziöse „Nordd. Allg. Ztg.", welche man gewöhnlich daö Biömarcksschc Sprachrohr zu nenne» Pflegt, sondern der Reichskanz ler selbst hat in der jüngsten bei ihm stattgeflmdcnen parlamentarischen Soiree erklärt, daß cö seine Ab sicht gewesen, „einmal einen kalten Wasserstrahl nach Paris zn senden." Offenbar wurde Fürst Bismarck dabei von der sehr vernünftigen Ansicht geleitet, daß dic Gcfahr eines Krieges am sicherste» durch eine ent schlossene Haltung vermieden werden könne. Und in dem er diese entschlossene Haltung offen vor aller Welt zur Schau trägt, sorgt er zugleich am besten dafür, daß dic widerspenstigen Bischöfe, mit denen die Regierung de» Kampf aufgcnommen, in diesem Kampfe nicht vom Auslände her unterstützt und anf- gemuntert werden. »an auf das Zustandekommen des ganzen Gesetzes hoffen konnte, scheiterte eö dennoch an den Lasten, welche der Entwurf dcu Gcmcindcu aufcrlcgt. Kul- tuöministcr Scialoja nahm deshalb seinen Abschied. Das Bedauern über den Rücktritt dieses Ministers nnd daö Scheitern seiner Gesetzesvorlage wird sich in Italien bald genng einstcllcii, wenn cö auch jetzt lei der noch nicht empfunden wird. Dic Legitimistcn Frankreichs sind wicdcr nahe daran, ans die Königö-Snche zu gehen. Deshalb be nutzte Mac Mahon dicscr Tage eine günstige Gelegen heit zu der öffentlichen Erklärnng: er werde die ihm auf sieben Jahre anvertrautc Gewalt sich nicht auö dcu Händen nehmen lassen. UcbrigcnS beginnen be reits furchtbare Nothständc im Lande das politische Interesse iu dcu Hintergrund zu drängen. Nanumt- ich nimmt im Süden die Arbeitslosigkeit erschreckende Dimensionen an. Mehrere Scidcnfabrikcn in NimeS Im preußische» Abgeordnetenhaus!! habe» außer dem StnatShnnöhaltS-Etat, welcher bald iu zweite Lesung erledigt sein wird, elf Vorlagen bereits al drei Lcsimgcn passirt. Sie betreffen: 1) die ander wellige Regelung der Grundsteuer in Schlcöwig-Hd stciu, Hannover nnd Hcsscn-Nassan, 2) Erhöhung dcr Gebühren für die Klassen- »nd Einkommensteuer, 3) Berechnung dcö Kostcu-Panschgnantnmö in den Streit fragen der Armcnvcrbände, 4) Aufhebung der Ein- gangsstcncr anf Stärke in den wahlstcncrpflichtigcn Städten, .5) Eivilstandö-Büchcr und Form der Ehe schließung, 6) auderwcitc Regelung der Exckntionö- gcbührcn in Hohcnzollcr», 7) Abänderung der hannö verschen Prozeßordnung, 8) Beginn der Gesetzeskraft, der durch die Gesetzsammlung verkündeten Gesetze, 9) Vcrcinignng dcö Obcr-Appcllationögcrichtö mit dem Obcrtribnnäl, 10) Ablösung der Ncalbercchtignngen dcr gcistlichcn Institute in Hannover, 11) Regelung von Grenz- nnd Hohcitödiffcrenzcn m s. w. In Oesterreich ist dic öffcntlichc Diskussion hcr- vorwicgcnd anf die konfcssioncllcii Gcsctzc gcrichtct. ES schcint eine gcwissc Unsichcrhcit in der Bchaiidlnng dcrsclbcn anf beiden Seiten vorzuhcrrschcn. Dcr Kle- rnö soll noch klar crkcnnbarc Stellung zn den Vor- lagcn nchmcn nnd diese znwartcnde Taktik nöthigt anch dic Regierung zu einiger Zurückhaltung. Fast hat cö dcn Anschein, als hosfcn dic Bischöfe noch immer anf einen Umschwung in dcn leitenden Kreisen. Nnr für dcn Fall dcr Rcnitcnz seitens dcr Kirchenfürstcn will dic Regierung auch mit der Ncgulirung der Ehcgcsctz- gcbung Vorgehen. — Die Stärke der Parteien im Wie ner Rcichörathe läßt sich nnnmchr übersehen. Sic gc- stnltct sich folgendermaßen: Gesammtzahl dcr bisher im Hause erschienenen Abgeordneten 316 Mitglieder; davon entfallen auf dcu Klub dcr Linken 88, anf das Ccntrnm 54, anf dcn Fortschrittsklub 57, auf die Dc- mokratcn 5, auf dcu Klub der Nnthcncu 15; der Po- lcnklub zählt 44, dic „Nechts"pnrtci 30 Mitglicdcr. Dic Mährischcn Dcklarantcn sind durch 8, die Iung- slovcucn durch 4, dic föderalistischen Dalmatiner durch 3 Abgeordnete vertreten; dazu kommen noch 8 stimm berechtigte Minister und der Präsident. Die Vcrfas- suugSpartci gebietet sohin in VerfassungSfragen über mehr als die Zwndrlltel-Majorität. — In Ungarn ist cö dcr Regierung gelungen, sich noch einige Zeit über Wasser zu halten. Dic Dcputirtcnkammer ge- nchmigte dcn Bau und dic Verwaltung dcr Ostbnhn auö Staatsmitteln, allerdings nnr mit dcr schwachen Majorität von 11 Stimmen, während 121 Abgeord nete sich dcr Abstimmung enthielten. Eö ist wohl nur eine Galgenfrist, die damit dem Ministerium Szlavy gewährt wurde. Die italienische Dcputirteukammcr hat daö Ge- ctz über dcn obligatorischen Volköschulnntcrricht mit 140 gegen 107 Stimmen abgclchnt. Obwohl die das Princip des Gesetzes anösprcchendcn Artikel mit gro- zcr Majorität angenommen worden waren, so daß über dic katholische Kirche im Königreiche Sachsen un« «er Berücksichtigung der seitdem eingciretenen Aender- ung einschlagendcr Verhältnisse schleunigst einer Ne- visio» und Ergänzung, beziehendlich Umarbeitung unterwerfe und den neuen Entwurf als Gesetzent wurf spätestens dem nächsten Landtage vorlege. Dic Debatte hierüber eröffnete der frühere Kultusminister v. Falkenstein mit dcr Erklärung: er babe, als Bi schof Forwcrk um die Königliche Genebmigung ^Placet) zur Verkündigung des Dogmas nachsuchtc, diese Genehmigung verweigert, ohne erst dic Sache dem verstorbenen Könige vorzutragen. Dagegen sei einerseits dic Verlesung des Fuldaer Hirtenbriefes erlaubt worden, weil er darin durchaus keine Ver kündigung des Dogmas gefunden. Er müsse Ver wahrung gegen die ihm in der II. K. gemachten Vor würfe cinlegcn, als habe er damals mala tick« gc- handelt. —