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kann, sobald die jungen Leute mit einiger Intelln gcnz nud guten Schnlkeuntuissen ;n den Regimentern kommen. Die Hebung des Bolloschulnntcrrichw ist aber von jeher das Streben aller ciusichligcu Männer gewesen, zu denen unstreitig auch die Kullusmimste Sachsens und Preußens gehören. Möchten sic dod ihren Kollegen vom Militär-Departement bald die Uebcrzcugung bcibringcn, daß bei der stets wachsenden Bildung des Lölkes der praktische Waffcnknrsus sehr wohl in zwei Jahre» absolvirt werden kann. Lor allen Dingen erwarten wir aber, wie gesagt, vom nächsten Reichstag in dieser Beziehung ein entscheiden des Wort. Tagesgeschichte. Sncbfen. Pirna. Der „P. Anz." schreib«: Der Handarbeiter Friedrich Wilhelm Schaffrath aus Lichtenhain, ein Mensch ter das Stehlen nicht lassen kann, weshalb er auch bereits sechs Mal, darunter rin Mal mit Arbeitshaus und ein Mal mit Zucht haus bestraf« worden ist, erschien am 20. December abermals in der Anklagebank, um von da auss Neue einen mehrjährigen Aufenthalt im Zuchihause ange- wiesen zu bekommen. Diesmal liegen zwei Anklage» gegen ihn vor, dcü Diebstahls und der Urkunden, fälschung. Deö ersteren hat er gestäudlich sich da durch schuldig gemacht, daß er am Abende des 5. November dsö. IS. >n die Panerrestube deö Tage, arbciierü Harniich in Lohsdorf eingestiegen und da- selbst Speck, Brod, Butter, 20 Groschen Geld uiit eine Uhr emwenbei, die Urlundensälschung aber da- durch verübt, daß er unter dein Lorgeben, er sei der Straßenarbeiier Leberecht Schaffraib — ein Bru der deö Angeklagten — unter dessen Namen in dem Forstrcniamie zu Schandau über demselben zukom- mendeS Lohn qaiuin und sich 9 Thlr. Hai auszahlen kaffen. DaS Schöffengericht sah ledere Handlung als Urkunbensälschung, nicht als Belrug an, und veru, «heilte Schaffrath gleichzeitig wegen dis Dieb stahls zu 2 Jahr 6 Moncue Zuchthaus und 3 Iah, Ehivertust, hielt auch dessen Stellung unter Polizei aufsicht nach verbüßter Strafe für zulässig. Die Veriheidigung war durch Hrn. Adv. Krauße vertreten. Die städtischen Behörden in Meißen beabsich tigen eine Vcrbreiierung der Elbbrücke nach der Siadi zu. Nach dem Loranschlage des Raches würde bierzu ein Aufwand von 23,500 Thlr. erforderlich, da zwei Hausgrundstücke «heilweise und eines gänz lich abgebrochen und erworben werden müßten. Die Siaaisregicrung Hal sich zu einer Beihilfe von 7000 Thaler bereit erklärt. An der Universität Leipzig beträgt im jetzigen Wintersemester die Zahl sämmllichcr Hörer von Vor lesungen 2940. Jmmairiculirt sind 2876, 156 mehr als un vorigen Semester. Lon diesen 2876 gehören 908 der Geburt nach Sachsen an, die Anderen l968 sind „Ausländer" — im engern oder weitern Sinne, darunter 1643 Angehörige deö deutschen Reiches. 273 auö den übrigen europäischen Staaten, 52 aus nichieuiopäischen (45 aus Nordamerika, je l aus Brasilien und Lenezuela, 1 aus Japan, 4 aus Asuka). Preußen allein stellt ein bedeutend stärkeres Eonilngent zu der Universität Leipzig als Sachsen selbst, nämlich 1140. Den einzelnen Wissenszweigen nach studiren: Theologie 399, Jurisprudenz 960, Medwin 429, Pbarmacic 130, Naturwissenschaft (Chemie und Physik) 166, Philosophie 136, Päda gogik 79, Philologie 325, Mathematik 80, Landwirth- schafi 120, Kameralia 52. Die Räuber, welche am 4. April in daö Schloß zu Niederplanitz bei Zwickau emgebrochen waren, über 44,000 Thlr. an Geld, Werihpapieren und Sparkassenbüchern geraubt, den größten Theil der Beute jedoch auf der Fluch« theils verloren, «Heils weggeworfen hauen, sind von den Zwickauer Ge schworenen für schnldig befunden und die 5 HaupI- angeklagten je zu 10 Jahren Zuchthaus, zwei andere wegen Begünstigung zu 2 Jahren oder 2 Monaten Gefängmß veruribeil« worden. Dao Comploti war von einem gewissen Weiß anögegange», der von 1861—62 als Gärtner in Planitz gearbeitet, sich dann nach Berlin gewendet und mit seinen Berliner Spießgesellen die Thal verabredet Haire. Zwischen Gottesgabe und den Tellerhäusern bei Oberwiesenthal ist während eines stailen Schnee, salleg in der Nacht vom Sonntag zu Moniag ein 15jähriger junger Mensch erfroren. Derselbe ging mit zwei Kameraden von einem Feiertagsbesuch von Raschau auö zurück, konnte aber bei dem heftigen Niiwetter plötzlich iiichi weiter. Die Kameraden ver mochten nicht, ihn mit fortzubringen und so sand man ihn denn, nachdem die Knaben von Goneögabc auö Leute hinauögeschickl hätten, alö Leiche wieder. In der Nacht vom 28. zum 29. December er- plodirte auf dem Karlschachle in Lugau ein Dampf kessel, wodurch im Kesselhaus viele Zerstörungen an- gerichtet wurden. Eine Seile deö Dacheö ward ad- gehoben. Der auf seinem Posten befindlich gewesene Feuermann Schlegel auö Kirchberg ist leider von den ausströmcnden Dämpfen verbrannt und gelödlel worben. Vermischtes. — Falsche Fünffrankenstiickc sind gegenwärtig stark im Umlauf und so meisterhaft verfertigt, daß sie nicht leicht von den echten zu unterscheiden sind. Sie be stehen ans einem Gemisch von Silber, Kupfer nnd Zinn, scheu den wirklichen silbernen Fiinffrankslüelen ganz ähnlich nnd haben sic dcusclbcn Silbcrklang wic dic cchtcn. Dicsc Miinzcn tragen das Bildnis; Na poleons III., sowie die Jahreszahl 1870. Beim An- fiihlcn sind dic Gcldsliictc zart und glatt, wic dicö bei Älcistiickcn der Fall zu sein pflegt, und lassen einen ziemlich starken Bleigcrnch an den Fingern zurück. Sic wicgcu wcnigcr und ihr Rand ist nicht so dciit- lich ansgcprügt, als dic cchtcn. Dic ans dcm Randc gravirtcu Worte „Dian iirotög» la Kranen" sind leicht impastirt nnd dic jedes Wort trcnncndcn Stern chen sind fast unkenntlich. — I» der Hofapoiheke zu Gera erleriile der 19- jährige Sohn des Post-Direktors von Riesa die Pharmacie. Derselbe verletzie sich vor einigen Ta gen beim Zerbreche» einer Flasche sehr stark die eine Hand. I» der Nach« habe» jedenfalls die Schmer zen eine unerlrägliche Höhe erstiegen und der un glückliche junge Mann faßte den Einschluß, sich miliels« Chloroform eiwaö zu beiäube». Sian nun aber nur einige Tropfen auf das Tuch zu nehmen, Holle er daö große Bchäliniß von Chloroform mi« in's Bel« und a«hme«e umer der Beiibecke daö leichtver- flüchligende Naß ein. Nalürlich wurde er am andern Tage emsceli aufgefunden, das ominöse Gefäß noch im Arme ballend. Für Eltern, welche ihre Kinder dem Lchrerstande Zufuhren wollen. Das kömgl. Seminar zu Pirna — vorläufig im neuen Bürgerschulgebäude daielbst umergebrach« — beglmii Ostern 1874 sein zweileS Lebensjahr. Wir machen diejenige» Eller», deren Kinder sich dem Lehrcrstande widmen wollen, aber auch diejenige,,, die vielleichi noch im Zweifel sind darüber, ob sie ihren Kinder» die Wahl dieses Berufs gestaiien sollen, aus diese neue Lehrer - Bildungöanstall aufmerksam. Es gieb,K naben, die schon in früher Jugend lieben bedeu- ,enden geistigen Anlagen und Fahigkeucn rnischlcdene Lust und Neigung zum Lehrerstaiide an den Tag legen. In diesem Falle sorgen die Ellern am besten für das Wohl ihres Kindes, wenn sic seiner Neig ung Rechnung «ragen und dasselbe rcchizciiig einer Lehrerbildungsstäiic anverlrauen. Knaben, welch« das 13. Lebensjahr zurückgelegi und im Allgemeine» daö Bildungsziel erreich« habe», das der miMeren Volksschule als Aufgabe gesteckt ist, sind reif für den Einlril« i» die VI. Classe eines kömgl. Seminarö. Wer sei» Kind der neuen königl. Lehrerbildungsanstalt in Pirna zu übergeben gedenk, (Anmeldungen nimm, der mil der provisorische» Leitung der Auslall be- lrauie Seminar-Oberlehrer I)r. pliil. Oberlaiiter in Pirna jederzeil entgegen), Hai nur höchstens wäh rend der zwei erste» Jahre deö SemmarcursliS für eine Pension in einer Familie zu sorge». Eö habe» Ich viele Familie» i» Pirna erboleii, für monailich ) Thlr. Semmarzöglmge in Kost und Logis zu neh me»; der vorhin genannte Dirigem der Anstall ist im Stande, allen denjenigen Ellern, die eine Pension ür ihre Knaben suchen, derartige Familien namhaft zu mache». Unbemilielie Schüler werde» aber schon während der zwei ersten Jahre ihreö Cursuö vom Cullusmimsterium mii Sllpendien »merstutzl. Diese Slipendicn mehren sich, in je höhere Classen (die Anstal« ist sechsklassig und der Cursus sechsjähug) der Zögling aufrück«. In jedem vollständig cm- wickelicn sechsklassigen Seminar veriheil, der Staai mi« hoher ständischer Genehmigung den Bedürfiigere» umer de» circa >50 Zöglingen jedes Jahr >000 Tblr. Sllpendien. Eö komml vor, daß einzeln? fleißige Schüler m den zwei obersten Classen jährlich 30 bis 50 Thlr. Sllpendien beziehen. Wer die letzwre Summe erbäli, gehl so ziemlich frei auö, d. h. die Slipendienquole lomnu dem Kostgeld gleich, das im Jniermu jährlich zu zahlen ist, und ein solcher Schli er Hal dann nur noch für Kleider und Bücher zu argen. Voraussichllich wird der Siaa« in Zutuns, diese jährliche Slipendienftlmme noch erhöhen, und dann wird dem unbemittelten Schüler der Besuch eineö Seminars noch weit mehr erleichiert. Spä- estens Ostern 1876 — vielleicht schon zu Michaelis 875 — wird der Bau des neuen Seminars in Pirna beende« sein. Dann könmm alle Zöglinge desselben die ganz bedeutenden Vonheile des Internates ge- Nießen. Für 50 Thlr. jährlich — zu welcher Summe der Stipendiat eben oft noch vom Staate einen nicht unbeträchtliche» Zuschuß erhält — wird dem Se- mmarzögling Kost, Logiö, Heizung, Beleuchtung und öcdienung geboten — und das Alles umer der stelc» Aussicht deö Directors und der übrigen 10—12 Se- mmaroberlchrer. Die »eueren Seminargebäudc in Sachsen zu Dresden-Friedrichstadt, Zschopau, Boriia, Oschatz, Schneeberg und Grimma sind nach dem Ur- iheile pädagogischer und archftcftonischer Sachver ständiger wahre Sckulpaläste zu nennen. Bei den noch zu erbauenden Seminaren werden natürlich die an den bereits bestehenden gemachten Erfahrungen benutzt; das, was sich bewährt ha», behält man bei »iiv wende« cs in noch größerer Ausdehnung an, Vie Schattenseiten dagegen vermeide« man, nnd so kommt eö, daß jedes neue Seminar im Vergleich zu den bereits bestehenden allemal zweckentsprechender gebaut und eingerichtet wird. Darum wird auch daö neue Semmargcbäude in Pirna, dessen Her stellungskosten ungefähr 120,000 (150,000?) Thlr. beiragen werben, mchl nur eine archtieftomsche Zierde für diese Siadi werden, sonder» auch für die darin wohnenden Lehramtöadspiramen wird eö in jeder Be ziehung eine geeignete Bildungs- und Erziehungö- stäne abgeben. Wir beinelfen noch, daß es allen einheimischen Zöglingen und den Schülern der zwei obersten Classen überhaupl gestattet ist, auch alö Eriraner in der Siad« zu wohnen. Wer also bei seinen Eltern oder sonstigen Angehörigen billiger zu logiren gedenkt, der braucht nicht daö neue Seminar- gcbäude zu beziehen. Der Unieiricht wird de» Seminarzöglingen un entgeltlich eriheilt. Es arbeiten an ihnen 10 bis l2 Lehrer 6 Jahre lang. Wir verzichten, an dieser Stelle den Seminarumcrricht eingehender zu beleuch ten. Nur so viel wollen wir erwähnen, daß alle Diejenigen, die noch vor wenigen Jahren — unbe rufen, in eigner Machtvollkommenheit und Selbst herrlichkeit — sich zu pädagogischen Gerichishöfc» vereinigten und in jugendlicher Ucbcreilung eine ver« mchteiiee Kritik über die Seminare auöübien, heut zu Tage, »amentltch seitdem im Juli d. I. die neue Semmar-Lehrerorvnimg publicirt worden ist, Klage führen darüber, daß die Seminaristen zu viel (?) lerne» müßte»! So hat sich die Lage der Dinge geändert! Noch vor Kurzem klagte man über die nngeiiügende Auobildmig der Lehrer, und jetzt ergeh« man sich in Nalsonnemeniö darüber, daß der Staat ne Volsichullehrer zu gescheid machen wolle. Wir können aber nur daö junge Geschlecht beglückwünschen, das in unsern modernen Seminaren nach der neuen Seminar.Lehrordnung unterrichtet und groß gezogen wird. Im kömgl. Seminar zu Pirna ist diese Lehr- ordnuiig schon vom Anfang seines Bestehens, von Ostern 1873 an befolgt worden. Den Zöglingen der VI. uiiv V. Classe werden wöchentlich folgende Lecnonen eriheil«: 4 Stlmden Nekigionslthre, 5 S«. Deutsch, 5 St. Lateinisch, 2 St. Geographie, 2 St. Geschichte, 3 S«. Naturwissenschaften, 5 S«. Mathe matik, 6 S«. Musik, 4 Sl. Zeichnen und Kalligraphie, 3 S«. Gymnastik. Sämmiliche Classen sind im Umerrichi von einander getrennt. Der Musik Umrr- rich« mit Ausnahme des Gesanges, ist von Classe V. an saculiaiiv. Die Zahl der Umerrichiöstunden in den technischen Fachern und im Lateinischen mindert sich in den oberen Classen; dafür kommt hier der Unterricht in der Pädagogik hinzu, welcher in der III. Classe mit 4, in der II. und I. mit je 7 Stun den wöchentlich bedacht ist. Dic neu? Lehrvrdnung giebt für jebeö Umerrichtöfach daö zu erreichende BUdungöziel aufs genaueste an. In der Arithmetik z. B. ist blü zu den unreinen Gleichungen, in der Geometrie bis zur Trigonometrie vorzuschrcuen. In den Naturwissenschaften muß am Ende deö Seminar- cursus eine übersichtliche Kenmmß der Botanik, Mi neralogie, Zoologie und Anthropologie, sowie der hauptsächlichsten Lehren der Physik und Chemie er reicht sein. Für die Zöglinge der I. Classe ist die Leciüre les Sallust, Livius und Cicero und auch seelischer Stücke vorgeschneben u. s. w. Wenn demiiach die angehenden Lehrer während ihrer Senilnarzeit nicht unerhebliche maiericllc Vor theile und einen zweckcmsprechenven Unterricht ge meßen, so bieiei ihnen ferner auch der spätere Be ruf, für den sie im Seminar vorbereitet werden, mancherlei Lichtseiten dar. Der junge Lehrer, der aus dem Seminar hinauötrin, ist bei dem ungc- heuern Lehrermangel em gesuchter Artikel. Dic im Gesetz ausgestellte,i MinimalgehaliSsätze müssen von den Gemeinden sehr oft überschritten werden, wenn l? mchl ohne Lehrer bleiben wollen. Sehr viele unge Lehrer beziehen sofort, nachdem sic das Sc« ninar verlassen haben, einen Geaalt von 250 dis 300 Thlr. Die großen Städte dcS Landes, wie Leipzig, Chemnitz u. s. w., sind jederzeit auf eine noble Doiirung ihrer Lehrcrstellen bedacht gewesen- andere Städte folgen ihnen nach; »och andere wer den in nicht gar zu langer Zeit gezwungen sein, ihnen nachzufolgen, wemi sie ihre Schulen in einem guten Stande erhallen wollen. Denn das ist sehr natür lich, daß allmälig alle diejenigen Gemeinden, die am besten bezahlen, auch die besten Lehrkräfte an sich ziehen. Den Kirchschulsttllen deö Landes inöbcfonvere