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MlMche WMng. Amts- und Anzeigeblatt für das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zn Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Die „Sächsische Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Postanstallcn, sowie durch die Erpediiiou dieses Blattes sstr 10 Ngr. viertel, siihrlich zu beziehen. - Inserate fiir daö MittwochSblalt werden bis Dienstag früh » Nhr, fiir das SonuabendSblatt spätesten» bis Freitag früh 0 Uhr er- beten. — Preis fiir die einmal gespaltene CorpnSzeilc oder deren Nanni I Ngr. — Auswärts werden Inserate fiir die Elbzcitnng angenommen in Hohnstein bei Herrn Hesse, in Dresden und Leipzig in den Annonccn.Burcaur der Herren W. Saalbach, Rud. Mosse und Haascnstcin L Vogler. 42. Schandau, Mittwoch, den 27. Mai 8874. Tagesgeschichte. Sachsen. Schandau. Die in vergangener Woche erschienene 1. Nummer der heurige» Aadc- liste weist 17 Parteien mit 43 Personen nach. — In Folge des günstigen Wetters während der Pfingstfciertage haben unsere Stadt an diesen Tagen Tanscndc von Lcrgmigungörcisendcn passirt. Dresden. Neber die Beobachtung der geschlossenen Zeiten in polizeilicher Hinsicht gelten, wie die k. Mi nisterien des Innern nnd des Cultuö nnd öffentlichen Unterrichts untcrm 11. v. M. (5. Stück des Gcsctz- und Ncrordnungsbl.) verordnet haben, fernerhin fol gende Bestimmungen: 1) Als geschlossene Zeiten in Beziehung ans Tanzbclustignngcn an öffentlichen Ortci und ans die Bcranstaltnng von Privatbüllcn, ancl wenn dieselben in Privathänscrn oder in Localen ge schlossener Gesellschaften abgchaltcn werden, haben fernerhin zn gelten: die Bußtage und deren Vorabende, die Zeit vom Montage nach dem Sonntage Lätarc (drei Wochen vor Ostern) bis zu und mit dem ersten Ostcrfeicrtagc, der erste Psingstfcicrtag nebst dem vor- auSgchcndcn Sonnabende, die letzte Woche vor Weih nachten, vom ersten WcihnachtSfcicrtagc, einschließlich desselben, zurückgcrcchnct. 2) Das Verbot des Ab- haltcnö von Concertmusikcn und anderen, namentlich den mit Musikbegleitmig verbundenen geräuschvollen Vergnügungen an öffentlichen Orten wird beschränkt ans: die Bußtage und deren Vorabende, ans die Zeit vom Gründonnerstage einschließlich desselben, bis mit Sonnabend in der Charwochc und ans den Todtcn- fcstsonntag. 3) Die Aufführung geistlicher Mnsikcn und Oratorien kann von der betreffenden Kirchcn-Jn- spcction anch zn den Punkt 2 angegebenen Zeiten, je doch nur unter folgenden Bedingungen gestattet wer den und zwar: daß dieselben mit der ernsten Feier je ner Tage in vollem Einklänge stehen, daß sie auf die Kirche beschränkt bleiben, daß sie in den Nachmittagö- oder Abendstunden — also nach völlig beendigtem Gottesdienste — stattfindcn und daß irgend welche, bei solcher Gelegenheit etwa zn veranstaltende Festlich keit ausgeschlossen bleibe. 4) Theatralische Vorstell ungen dürfen in der Zeit vom Gründonnerstage in der Charwochc bis mit dem Sonnabend vor dem ersten Ostcrfeicrtagc, desgleichen an den Bußtagen gar nicht stattfindcn; am Todtenfcstsonntage sind solche Vor- stellnngcn nur iu geschlossenen Räumen gestattet. Anch wird vorausgesetzt, daß zu denjenigen theatralischen Vorstellungen, welche an den Vorabenden der Buß tage und am Todtcnfcstsonutagc, sowie in der Zeit vom Palmsonntag bis zur Mittwoch in der Charwochc auögcführt werden, angemessene ernste Stücke gewählt werden. An den Sonnabenden und an den Vor abenden anderer als der oben 1 und 2 gedachten Feste etwa stattfindcndc öffentliche Lustbarkeiten dürfen in keinem Falle über 12 Uhr Nachts ausgedehnt werden. Zuwiderhandlungen werden mit Geldbuße bis zu 20 Thlr. oder Haft geahndet: insbesondere trifft diese Strafe auch Diejenigen, welche die musikalische Auf wartung bei verbotenen öffentlichen oder Privatlnst- barkcit für Lohn besorgen. — Die Sächs. Dampfschiffs- nnd Maschinenbau- Anstalt in Dresden hat einen kleineren Raddampfer gebaut, welchen sic an kleine Gesellschaften von 40 bis 50 Personen auf einen halben oder ganzen Tag zn vcrmicthcn geneigt ist. Das Schiff hat eine Länge von 21 Meter und eine größte Breite von nahezu 2 '/s Meter. Die Fahrgeschwindigkeit des Schiffes be trägt 11,700 Meter oder circa 1^/,„ alte sächsische Meile pro Stunde. Der änßcre Schiffskörper ist durchweg aus Eisenblech gearbeitet, in der Mitte des selben befindet sich der Maschincnraum nnd im Vor der- und Hintcrtheil je eine Cajütc, jede für circa 25 Personen Ranm haltend. Das Innere der Cajütcn ist auf das Eleganteste auSgcführt. Bcsnchcr dcr Wiener Wellanöstellung werden das Schiff vielleicht schon gesehen haben, cs war in Wien im Donan- dnrchstichcaual, nächst den Ulmer Wohnnngöschiffcn, ausgestellt. Plauen i. V., 20. Mai. Hcntc hat endlich vor dem hiesigen Schöffengericht die Hauptvcrhnndlnug gegen den früheren Kassircr des hiesigen Vorschuß- Vereines, Junghtthnel, und seinen Mitangeklagten, Agent Hartenstein, wegen Unterschlagung, bcz. Hehlerei begonnen, nachdem die Untersuchung saft 1'/, Jahr gedauert hat. Es handelt sich dabei nm cincn Kasscn- dcfckt von circa 23000 Thlrn., cincn Vcrlnst, welchen die Mitglieder dcö hiesigen Vorschnßvcrcinö zu tragen habe». Wegen dcö voraussichtlich großen Andranges ist für die Zuhörerschaft eine bestimmte Anzahl von Karten anögcgcbcn wordc»; die Verhandlungen wer den 2 bis 3 Tage in Anspruch nehmen. Preußen. In Berlin findet vom 24. bis mit 30. d. M. der zweite Schuhmachcr-Congrcß statt. Daö Congrcßgcbäudc ist daö Hotel Imperial, früher Arnim. Unter den Linden 44. Die Verhandlungen dcö Congrcsscö wcrdcn sich selbstverständlich mit den gewerblichen Tagcöfragcn beschäftigen und die Hcbnng der Schnhmachcr-Jnmmg anstrcbcu; cs würde aber dabci gar nicht übel sein, wenn man ans diesem Con- grcß anch die Frage in Betracht zöge, ob cö nicht möglich sei, die schon schr hochgcsticgcncn Preise für Schnhwaarcn etwas hcrabzusctzcn. Straßburg, 23. Mai. Daö „Elsässer Journal" veröffentlicht eine von 80 der angesehensten altstraß- bnrgcr Bürger und Handelsfirmen unterzeichnete Pe tition an den Reichskanzler, in welcher um die Ge nehmigung einer beschleunigten Erweiterung der Stadt nnchgesncht wird. Im Eingänge der Adresse wird nntcr Hinweis ans die Haltung dcö Ncichstagöabgcord- nctcn Lanth hcrvorgehobc», daß die Stadt eines Ver treters im Reichstage entbehre und sich deshalb ver trauensvoll unmittclbar an den Reichskanzler als den beredtesten und unermüdlichsten Vertreter ihrer Wün sche nnd Beschwerden wende. Die Adresse gedenkt mit großer Anerkennung der Maßregeln, welche zur Linderung der Nachwchcn des Krieges getroffen seien, nnd spricht besondere Befriedigung anö über daö Anf- blühcn der ncncn Hochschule, durch welche die Stadt bald wieder ihren alten Platz nntcr dcn Universitütö- städtcn cinnchmcn wcrdc. Eö wird schließlich der Ucbcrzcugnng Anödrnck gegeben, daß, wenn Straß burg seine politische und geographische Lage richtig vrrwcrthc, cö bald wieder sein könne, waö cö schon einmal war: eine bedeutende Handclöstadt nnd ein Emporium für ganz Süddcntschland. Feuilleton. Das verheimlichte Verbrechen, lloucttc umi 3ul. 1>u»gern. (Vor Nachdruck wird gewarnt.) (Fortsetzung.) 2. Die Ahncngalcric. Fran Braun war eine eigene Erscheinung, als sic ö in dcn durch dcn Widerschein dcö Fencrö rosig an- zchanchtcn Salon trat; nicht unangcnchm, im Gcgcn- heilc, cö lag ein cigcner Nciz in dem cdlcn Gcsichtc; hrc Figur war groß, schlank und ungebeugt; sic trug ciu grauwollcucs Klcid, wclchcö zwar nicht modcrn, abcr doch mit Geschmack geordnet war, cincn kleinen, weißen Kragen von Batist nnd ein kleines, schwarzes Häubchen ans ihrem gänzlich ergrauten Haare; die großen, dunklen Augen waren mit schwarzen Ringen nmgcben und gaben ihr ein höchst leidendes Aussehen; ein beinahe olivcnfarbigcr Teint bekundete südliche Her- imft. Fra» Brau» mochte vielleicht Ende der drci- jiger Jahre sei». Die Gräfin war vollkommen zu ¬ frieden mit ihrer Haltung nnd ihren Manieren, als sic mit vicl natürlicher Würde inö Zimmer trat und der Dame des Hanscö ihre Vcrbcngnng machte. Gräfin Wolföcck trat ihrem Gaste höflich entgegen, bot ihr mit herzlichen Worte» die Hand »nd hieß sic i» ihrer »c»cn Hcimalh willkommen. Ein Strahl von Herrlichkeit schimmcrtc in den dunkeln Angcn der Gesellschaftsdame bei diesem frcnnd- lichcn Empfang, und vielleicht ohne cs zn wollcn, in stinktiv, drückte sic die Lippcn ans die wcißcn Finger der alten Fran. „Wie schön muß sic gcwcscn sei», chc Knmmcr und Sorge dieses Haar ergrauen mochte," war der Gräfin erster Gedanke, als die Gesellschafterin so vor ihr saß und hcntc dcn Thcc anö ihren Hände» an nahm, welchen täglich zn bereiten von morgen an ihr Geschäft sein sollte; „welche großen, imschuldigc» Ga- zcllcnangcn, nnd doch ist die Fran nicht mehr jung; ja daö Herzeleid ist kein Erhalter der Schönheit," nnd die Gräfin seufzte leicht und dachte ihrer cigciicii schö nen Jngcndtage. Als Fran Brann sprach »nd von der Reise er zählte, lauschte die Gräfin mit Entzücke» dem sonore» Wohltla»g ihrer Stimme, waö sic sagte, »nd sie trug cö anch nicht mit nnpassendcr Hcitcrkcit odcr dcm sichtlichen Wnnschc, die Dame zn belustigen, vor, abcr cö war ein cigcncr Nciz in ihrem seltenen Lächeln, ein interessanter Zug ging durch die ganze Persönlich keit. Natürlich, wie ihr ganzes Wcscn war, gab sie sich hin, nnd wie sic hcntc dcr Gräfin crschicn, so tage- und wochenlang: freundlich und bescheiden, ohne zu dcmüthig zu seiu, aufopfernd, ohne eö znr Schau zu trage», »»d anregend nnd erheiternd, ohne doch daö zu sein, waö gewisse Leute „eine amüsante Per son" nennen. Wie behaglich fühlte sich die Gräfin am Morgen, wenn sic den Frühstückstisch betrachtete, welchen früher alle Sorgfalt dcr altcrndcii Hanöhältcrin nicht so gc- schmackvoll zn ordncn verstand. Frau Braun stand mit dcr Lerche auf und war so ruhig und arbeitsam, so fortwährend thälig, ohne lärmend und unbcgncm zu wcrdcn, daß dic alte Dame cin namcnloscö Ver gnügen empfand, dic Gesellschafter»! im Stillen zn be obachten; cö war ctwaö von ihrem Blute und ihren Nerven in dcm Wcscn dcr ncncn Gefährtin, waö sic nngcmcin anzog; sic schcnktc ihr anch vicl Vertrauen in Geschäfts-Angelegenheiten, mir wenn sic von ihrem Sohne sprach, verhehlte sic cincn Thcil dcr Wahrheit und stellte ihn als dcn hin, wclchcr cr nicht war, näm lich als einen dermaßen von seinem Berufe emgc- nvmmcncu juugc» Maun, daß cr über dicscu seine Geschäfte, seine Vermögensverwaltung und Alles vcr- gaß. Gräfin Wolföcck besaß ziemlich viel Stolz ans ihre alte Familie und den Namen, welchen sic führte, und cö machte ihr nngcmcin Frcndc, die Gesellschafterin mit allen Schönheiten dcö Schlosscö und seiner Um gebung bckaimt zu machem Wolföcck war schr alt und hatte viele mittelalter liche Zimmer und gewölbte Gänge; mir in dcm Theile, wo dic Gräfin wohnte, herrschte ciu ctwaö moderner Styl. Eines Tages führte dic Gräfin Fran Braun in dic Bnrgkapcllc, welche seit dcn Tagcn dcr Refor mation nicht mehr im Gebrauch gewesen war. Auf dem Rückweg kamen sie in dic Galcric, wo die Por traits dcr Wolföcck in lange» Reihen prangten; sic erzählte gerade eine alte Familic»tradition nnd war beim Aufblicke» freudig crstcmnt über dcii Zug gc- pamitcr Neugierde iu dem Gesicht ihrer Gesellschafter»!. „Sic schcincu Nittcrgeschichteli zu licbcn, Fra» Brau»; dicsc» Zug theile ich mit Jhucu, abcr cr vcr- chwindct jetzt gänzlich," mid dic Gräfin dachte sc»f- ,c»d an ihren Sohn nnd waö cr „alte Schartckcn" nannte.