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Mch fische ClbMmg. Amts- und Anzeigeblatt für das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Die „Sächsische Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch »ndSonnabend und ist durch alle Postanstalicn, sowie durch die Erpcditton diese» Blatte» stir 10 Ngr. vicrtcl- sährltch zu beziehe». - Inserate stir da» MittwochSblatt werden bi» Dienstag früh 0 Uhr, flir da» Sonnabcudüblatt spätesten» bi» Freitag früh 0 Uhr er beten. — Preis stir die einmal gespaltene CorpuSzcilc oder deren Naum l Ngr. — AuSwärt» werden Inserate fiir die Elbzeitung angenoinmc» in Hohnstein bei Herrn Hesse, In Dresden und Leipzig in den Annoncen-Burcaur der Herren W. Saalbach, Nud. Mosse und Haascnstcin L Vogler. 53. Schandau, Sonnabend, den 4. Juli 1874. O Für Europamüdc. Noch immer spukt der alte Aberglauben in den Köpfen namentlich der Landbewohner, als sei Amerika das Land, wo das Gold scheffelweise auf der Straße liegt und ohne Mühe uud Noth aufgchobcu werden könne. Dieser Thorhcit cntgcgcuzuarbcitcu ist nm so mehr Pflicht der Presse als heutigen Tages Fleiß nnd Arbeitsamkeit in Deutschland wahrlich besser forthclfen als jenseits des Occanö. Ja cö gicbt augenblicklich kein gewagteres Unternehmen, als die Auswanderung dorthin. Die Gcldkrisis, welche mit dem Wiener Börsen krach vor Jahr und Tag ihren Anfang nahm und ihre verderblichen Wirkungen auf alle Lauder Euro pa'« auödchntc, ist noch weit furchtbarer iu Nord amerika auSgcbrochcn, greift dort uoch viel unmittel barer und schmerzlicher in die Bcrhültnissc der mitt leren und unteren Gesellschaftsklassen ein, als bei nnS. Hier wird doch in der Regel nur der Spekulant nnd Gründer direct vom Börsenkrach betroffen, während der solide Geschäftsmann die Folgen zwar gleichfalls fühlt, aber doch meist verwindet. Anders in Amerika! Dort geht die geschäftliche Spcculation selbst in ge wöhnlichen Zeiten bis an die äußerste Grenze der Leistnngöfühigkeit und der leiseste Mißerfolg übt dann seine verheerende Wirkung ans die ganze Geschäfts welt. In Europa ist daö Vertrauen auf die Redlich keit uud Solidität der Industrielle» im Allgemeine» so groß, daß die Banken nur im äußersten Nothfall den gewährten Credit kündigen. Bei einer amerika nischen Krisis aber fallen die Banken sofort anf ihre industriellen Kunde» zurück, kündigen die Kredite, zwingen die Fabrikanten zum Stillstand ihrer Fabriken und machen dadurch Huudcrttauseudc von fleißige» Ar beiter» brotlos. So entwarft» kürzlich die deutschen Zeitungen Nordamerikas von dem herzzerreißenden Jammer unter der cingcwandertcn Arbcitcrbcvölkcrung der großen Städte ein grauenvolles Bild. „Amerika" heißt cs, „hat nicht einmal Arbeit für die Einhei mischen, und kann bei seinen zerrütteten finanziellen Verhältnissen nenc Einwanderer gar nicht brauchen. Für diese bietet sich zur Zeit nur Aussicht auf Hunger uud Elend. So sind denn auch bereits Hunderte von Ausgewanderten, nachdem sic kaum den Fuß au'S Laud gesetzt hatten, znrückgckchrt; ja cS würden ihnen uoch Tausende folgen, wenn sic nur die Mittel zur Be streitung der Rückreise hätten. Der Jammer der Zu- rückbleibcnden ist herzzerreißend. Die Straßen der großen Städte sehen Hungcrprocessioncn, die nach Brot schreien, in ihren Mauern. Die in New-Jork vom Staate zuin Schatze der Einwanderer eingesetzte Be hörde weiß nicht, wohin sie mit den hilfcloscn und kranken Einwanderern soll; ihre Institute, Armcnhän- ser, Hospitäler uud Arbeitshäuser sind mehr als über füllt." Kaum weniger trostlos sind die Aussichten für den deutschen Landmann, der nach Amerika answandcrt, in der Regel dazu verlockt durch die Verheißungen der amerikanischen Regierung, welche jedem ländlichen An siedler ein Geschenk von 180 Ackern Landes zusichcrt. Denn iu jener Verheißung steht keine Silbe davon, daß er mit seiner Familie erst ein paar hundert Dollars verreisen muß, um im fcrustcu Westen sein unbebautes Laud zu finden; daß er Acker-Inventar baar und thcucr bezahlen und sein eigen Geld zusctzcn muß, ehe er ernten und von seiner Hände Arbeit le ben kann. Ist ihm aber endlich die Urbarmachung eines Stückes Land gelungen, wer läuft ihm die Er zeugnisse ab? Eisenbahnen und Dampfschifffahrtövcr- bindungcn sind ja noch so wenig zahlreich, daß an einen geregelten Anötansch der Prodnktc nicht zu den ken ist. Ja nicht selten geschieht cö,, daß der Bauer, weil ihm aus waldreichen Gegenden kein Holz znge- führt werde» kann, sei» Getreide z»m Heize» verwen ¬ de» muß und trotz reichen Erntcsegcnö Noth leidet. An eine Vcrmchrnilg der Kommmilkatioucn ist für jetzt nicht zn denken, wo der Gcldznfluß, der aus Europa zu solche» Zwecke» nach Amerika strömte, verstecht ist; wo namentlich daö deutsche Publikum durch die Ver luste, die cö au verschiedenen Schwindclbahucn er litten, endlich mißtrauisch geworden, nnd nicht mehr gewillt ist, sein gutes Geld noch länger in die Taschen amerikanischer Betrüger zu werfen. Zu allen diesen Umständen kommt noch hinzu, daß bei der jetzigen Gcschäftöstocknug sich bei der einge borenen Bevölkerung die ftiudscligstc Stimmung gegen die Einwanderer Lnft macht. Der leidige Brotneid tritt in gehässigster Weise zn Tage; nationale Ucbcr- hcbung gesellt sich dazu, „Amerika — sagt man — ist für die Amerikaner; Europa mag seinen AnSwnr behalten n. s. w." In den Werkstätten sondern sicl die amerikanischen von den ciugcwaudcrtcn Arbeitern ab und zwingen oft die Arbeitgeber, keine Fremden mehr anznnchmcn. Es beruht diese Schilderung der dortigen Verhält nisse anf durchaus zuverlässigen Mitthcilnngcn. Jahre laug wird cö dauern, bis in die zerrütteten finanziellen Verhältnisse Amcrika'S Ordnung und Regelmässigkeit zurückkchrcn werden. Bis dahin — wenn nun ein mal anSgewandcrt werden muß — möge der Deutsche cö sich doppelt uud dreifach überlege», ehe er seine Zukunft einem wirthschaftlich so heruntergekommenen Lande anvcrtrant. Tagesgeschichte. Sachsen. Schandau. Am 12. vorige» Mo- »atö hielt der hiesige Fraucnvcrci» seine in ganz er freulicher Weise von den Vcrcinömitglicdcrn mehr, denn sonst besuchte Jahresversammlung. Nachdem über die Vorgänge im lctztvcrflosscncn Vcrcinöjahrc 1878/74 ausführlich Bericht erstattet wordcu war, mit ganz besonderem Hinweis darauf, daß die iu der Kiudcrbcwahranstalt-Angelegenheit gemachten Erfah rungen zu einem um so größeren Eifer in Verfolgung desselben Zieles anrcgcn müssen, wurde sowohl die Ncchunug für die Kiuderbewahraustalt, welche von der Hauptrechnuug getrennt geführt worden war, als anch die Hauptrechunng geprüft nnd ohne irgend eine dagegen erhobene Erinnernng justificirt. Da eine Vcrcinfachnng der Geschäftsführung viel seitig gewünscht worden war, bezichcndlich darauf bezügliche Anträge anch gestellt worden waren, hatte der Verwaltnngsrath in seiner am 24. April d. I. abgc- haltencn Sitzung beschlossen, in der Hanptvcrsammlnug die Abändcrnng der ß. tz. 3. 4. 5. 6. nud 12. der Vcrciuöstatutcn zu beantragen und sümmtlichc vom Bcrwaltnngsrathe nach dieser Richtung hin gemachten Vorschläge wurden einstimmig von der Hauptversamm lung angenommen. An die Stelle der ansgcschicdenen Mitglieder des Vcrwaltnugörathcs sind Fran Rößler, Fran Lancr- mann und Frau Neumeyer gewählt worden, sodaß der Verwaltnngsrath dermalen in Fran Hasse sen. seine Vorsteherin uud in Frau Kretzschmar seine Cas- sirerin gefunden hat, während Fran Vollmann und Frau Laucrmauu die Vorsteherinnen des erste», Fran Hofrichter und Fränlcin Schwarz die Vorsteherinnen des zweiten, Frau Blaske uud Früul. Kluge die Vor steherinnen des dritten, Frau Bahr und Frau Neu meyer die Vorsteherinnen des vierten, und Fran Röß ler und Fran Schnlthcis die Vorsteherinnen deö fünf ten Bezirkes sind. Das große Interesse für die gute Sache, welches der Verwaltnngsrath anch in dieser ucnen Znsammcn- setzung an den Tag gelegt hat, ist ein sicheres Unter pfand dafür, daß die mannichfachcn Mühen, welche mit den verschiedenen Zweigen der Verwaltung ver bunden sind, doch gern übernommen werden, nm der Armuth uud Noth iu unserer Stadt einen wesentlichen Dienst zn leisten. Und daß anch in dem verflossenen Vcrcinöjahrc dieses Ziel nicht einen einzigen Augenblick außer Acht gelassen worden ist, daö beweisen die in demselben gemachten Ausgaben. Außer Unterstützungen an baa- rcm Gelbe, warmen Speisen, Holz, Kohlen n. s. w. sind noch 113 Thlr. 18 Ngr. 4 Pf. für Brod ver ausgabt wordcu. Ganz besonders ist auf den Abschlnß der letzten JahrcSrcchunng aufmerksam zu machen, aus welchem nämlich zn ersehen ist, daß das Vcrcinsvcrmögcn wie der um etliche Hunderte gewachsen ist uud gegenwärtig auf 1942 Thlr. 1 Ngr. 2 Pf. sich beziffert; wie cö auch ciuc schr erfreuliche Erfahrung ist, daß die Lücken, welche alljährlich im Verzeichnis; der Vcrcinömitgliedcr durch Wegzug, Ablcbcu n. s. w. entstehe», durch den Zutritt neuer Mitglieder, womit die jüngste Vergan genheit reichlich gesegnet war, vollständig nnSgcfüllt sind. Wenn uini der Zweck, welcher den Verein hcrvor- gcrufcn, auch künftighin unbeirrt weiter soll verfolgt werden, so rechnen diejenigen Franc», welche dermale» a» der Spitze deö Vereins stehen, mit Zuversicht da rauf, daß ihre Schwestern in der Stadt zu diesem Licbcöwcrkc ihucu vertrauensvoll eine mithclfcnde Hand bieten. — Dem Vernehmen nach wird ili Folge der von den Ständen beschlossenen Vermehrung der Landgcn- darmcric um 100 Manu, die Gendarmerie im Pirnaer amtöhauptmannschaftlichcn Bezirke um 6 Gendarmen vermehrt uud soll in Stadt Wehlen, Hohnstein, Lichtcn- hain, Schandan, Hermsdorf bei Königstein, Aurk- hardswaldc und Glashütte je 1 Gendarm stntiouirt werden, während die Gendarmerie-Station von Dohna nach Mügeln verlegt wird. — Die höchste Medicinalbchörde Sachsens, Ge heimer Nath Körner und Geheimer Mcdicinalrath vr. Günther, unterziehen jetzt die Bäder unseres Vaterlandes einer Jnspcction. — Anf Grund der im Rcichsmünzgcsetz den Nc- gicrnngcn der einzelnen BnndcSstaatc» crthciltcn Er- nüchtigung, bereits vor dem Zeitpunkte, au welchem sic RcichSwähruug im gcsammtcn Reichsgebiete in Kraft tritt, für ihr Gebiet die NcichSmarkrcchunug ciuzuführeu, ist mit allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs als Zeitpunkt für den Eintritt der Ncichömarkrechnnug im Königreiche Sachsen der 1. Jannar 1875 festgesetzt worden. Am Montag Vormittag gcgcn 11 Uhr trafen Ihre Majestäten der König nud die Königin auf ihrer Reise iu Freiberg ein nud wurden am Bahnhöfe äicrlich empfangen; von da ans fuhren Ihre Majc- tätcn durch die Ehrenpforte am Petersthorc in die ckte Bcrgstadt cin uud wurden am Nathhansc aber mals begrüßt. Der König schritt die Fronte des 12. Jügerbataillouö ab, darauf erfolgte ciuc stattliche Bcrgparade vou gegen 1000 Berg- und Hüttculcntcn, cin Anblick, wie ihn Freiberg seit lange nicht hatte. Das Königöpaar besuchte daö AltcrthumSumscum, die Thicle-Steiucrt'schc Gold- uud Silbcrspinncrei, die Bcrgacadcmie, die Schlcgel'schc Portcfcuillefabrjk, den Dom, die churfürstliche Begräbnis;-Kapelle und die goldene Pforte. Um 3 Uhr würde daö Diucr im „Hotel de Saxe" eingenommen, um 5 Uhr eine Nnud- ahrt durch die Promenade» gemacht, um 0 Uhr dje Weiterreise nach Chclmsitz angctrctcu. — Iu Chem nitz war der Empfang ungemein glänzend, die Stra- ;en festlich geschmückt; der Einzug erfolgte unter all- ;emeiuem Jubel. Die Begrüßungsreden der städtischen Behörden erregten stürmische Zustimmung unter der Bevölkerung. Daö Königöpaar stieg im -,Römische»; Kaiser" ab, woselbst ihm vom Stadtnmsikchor nnd dem Chemnitzer Sängerbünde ciuc Scrcuadc gebracht wurde. Am Dienstag früh besichtigte der König die Cascrnc und im Verein mit der Königin daö NathhauS, die