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«ssSSSSSSSSSSSSSSSSSSSZSSSSSSSSSKKSKtzS Welt im Bild KSSSSLSLLLLLLSLLSLSrLSSLS-tz-tz-SSLLÄSL-^SÄK Durch frauenliebe. Nvnian von Just Wiufitt. iFortsctzung.) 12 laußeus Blicke hafteten oft traum verloren an Dora Littekinds lieb lichem Piofil. Wenn sie sich auf diesem Wege mit denen der alten Pastorin begegneten und ihr be deutungsvolles Zwinkern: Merkst du etwas? er denkt kräftig daran, sein Nest zu bauen," wahrnahmen, dann begab er sich gewöhnlich früh nach Haus. Er Halle sich schon sehr lange ge wünscht einmal ungestört mit Dora Litte- kind zu sprechen. Eine Frage zu tun, die immer in ihm gewesen, seitdem er damals das Krankenlager verlassen durfte. — Er wußte durch Frau Wandermann, daß er viel im Fieber gesprochen und. eine bestimmte Ahnung sagte ihm, daß er dabei vor Dora Littekind die schwersten Zeiten seines Le bens entrollt habe. Aber sie wußte sich ihm immer wieder zu entziehen. Niemals stieg sie mehr die Treppe zu ihm empor, um sich einen Rat oder eine Unterstützung zu holen. — Sie wußte jetzt mit allem allein fertig zu werden, denn sie fürchtete, daß er eines Tages die nämliche Frage an sie stellen würde, die Stunde um Stunde zu ihr sprach und doch keine Antwort bekam: Wo mag Jutta von Lobeck jetzt weilen? Von Woche zu Woche hatte sie auf eine Zeile der Freundin gehofft. An alle gemeinsamen Bekannten hatte sie sich bereits gewandt und geschickt nach ihr gefragt. Aber niemand wußte von ihr, seit dem sie damals mit dem Vater nach Saal feld übergesicdelt war. Diesen selbst nach seiner Tochter zu be fragen, hatte sie bisher von sich geschoben, weil sie sich davon keinen rechten Erfolg ver sprach. Aber eines Tages schrieb sie ihm doch. Die Antwort ließ lange auf sich warten. Endlich trafen seine Zeilen aus einer Schweizer Sommerfrische ein. Sie waren knapp und kühl gehalten und zertrümmerten in Dora Littekind die letzte Hoffnung. „Meine Tochter hat vor mehr als Jahresfrist mein Haus verlassen und weder einen Briefwechsel mit mir unterhalten, noch meine zweite Frau, die verwitwete Gräfin Wertersbach, als ihre neue Mutter begrüßt. Ihr Aufenthalt ist mir daher zur Zeit un bekannt." Als Dora Littekind diesen Brief gelesen hatte, weinte sie bitterlich. Aber sie war nicht mehr die zaghaft Hin- und Her schwankende, die sie früher gewesen. — Sie wußte, daß sie diesem Manne, der schweig sam litt, doch helfen werde. . Noch mit deutlich sichtbaren Spuren eilig getrockneter Tränen lief sie an diesem Tags zu ihrer Pflicht. Nicht ganz so pünktlich wie sonst. Da kam es, daß sie Klaußen begegnete. Er blieb vor ihr stehen und sah sie fest an: „Hätten Sie wohl einen Augenblick für mich?" Sie nickte in heißer Scham, daß er sie so sehen mußte und folgte ihm gesenkten Haup tes durch die enge Gasse zu einem öden Sandplatz hinüber, welchen sie den Stallhof hießen. Hier gmgen sie langsam neben ein ander her. „Ich möchte Sie etwas fragen, Schwester Dora." Ihre Hände verkrampften sich. Sic fühlt.' . . jetzt kommt es . . er erträgt disse Unge wißheit auch nicht länger. „Fragen Sie nur," sagte sie leise. Er wußte nicht recht, wie er es in Worte bringen sollte. Eine stumme Scham brach aus seinen Augen. Da raffte sie allen Mut zusammen und sprach dm Namen aus: „Ich weiß, es ist um Jutta von Lobeck." Aber seine Augen verneinten. „Nein, es betrifft mich! — Ich wollte es schon lange tun — aber mir fehlte die Kraft dazu. — Nicht wahr, damals lm Fieber — habe ich —" Er brach ab. Es übermannte ihn . . vor ihr . . vor diesen reinen Frauenaugen konnte er es nicht berühren.- Ta tat sie es. „Ja . . Sie haben von vergangenen Sachen den Schleier gehoben und ich Habs mit Ihnen gelitten." Er sah sie ungläubig an. „Und ich möchte Ihnen helfen." Er Wußte nicht, daß er ihre Hand um klammert hielt — er fühlte nur die unsäg liche Wohltat, einmal wieder er selbst sein zu dürfen. Sie wuchs größer als seine Schani vor ihr. „Es muß noch eine Weile um meiner Mutter willen so weiter gehen," fuhr er fort. „Und dann?" fragte sie eindringlich. Er wollte ihre Hand lassen, aber sie hielt die seine ganz fest und wußte schließlich nicht, war es sein Schmerz oder der ihrs, welcher da zuckte. „Warum fragen Sie, Sie müssen es doch wissen," meinte er endlich dumpf. Ein leidenschaftliches Wünschen verklärte ihr Gesicht. „O, daß ich es wissen dürfte." „Es gibt danach doch nur einen Weg für mich. Sehen Sie das nicht ein?" Um was sie Tag und Nacht vergeblich gerungen, das stand jetzt klar in ihr. — Mut und Ruhe waren da . .. Sie nickte. „Den Weg zu der, welche Sie lieb haben. Ja — den müssen Sie dann wohl gehen." Sein Atem stockte. „Wie können Sie wissen?" „Längst — längst weiß ich alles! Schon damals in Berlin erkannte ich es — sah auch Juttas Not und zergrübelte mich, war um Sie ihr fernblieben. — Als ich den Grund erkennen durfte, rief ich die Ferne zu mir . . weil Sie in den wirren Nächten des Fiebers nach ihr geschricen hatten . . ." „Trotzdem Sie wußten? — Nein, dann wissen Sie eben doch nicht alles . . . Nicht das Schlimmste." „Doch . . ich weiß alles! Sie haben damals Ihren eigenen Tod gemeldet." Er wand sich unter ihrem leichten Druck, i Die Scham drohte ihn zu erwürgen. — Da- > neben aber schrie etwas in ihm, als fände es keine Erlösung. „Und doch — doch . ." Noch schuf sich keine Antwort darauf in ihr. Sie fühlte, auch die bliebe ihr nicht erspart. Und endlich konnte sie sprechen. „Begreifen Sie doch . . es handelt sich um eine, die Sie liebt. Da gibt es doch für alles ein Verstehen und Vergeben." „Haben Sie . . . es ihr . . . gesagt?" Sie fuhr empor. „Wie durste ich das? — Ich meinte, Sie würden sich in dieser Stille endlich zu ihr finden — dann später sprächen Sie schon selbst davon und auch der letzte Schatten siele ab." " Er wurde Plötzlich ein anderer. Nicht mehr der Niedergedrückte, sondern der Mann, der um sein Höchstes kämpfte. „Eine letzte Frage — mir die wichtigste. — Glauben Sie das, weil Sie es selbst so empfinden würden?" Wie ein Schlag trafen sie diese Worte. Sie wollte ihm alles opfern . . . nur nicht die letzten Hüllen über ihrem Herzen. Und sie schwieg. Da sank er in sich zusammen. „Sie sind sehr warmherzig und mitleidig, aber mir können Sie damit doch nicht helfen! — Es sei denn, daß Sie noch lernten zu lügen." Nun war es zu allem zu spät. Ihr Herz war vor ihm verborgen geblie ben. Aber der Preis sehr hoch . . Und er sagte vor sich hin, als habe er ihre Gegen wart völlig vergessen: „Sie, die ich einst geliebt, würde sich auch schweigend abgewandt haben . . wenn ich ihr davon gesprochen . ." — Die Sommerluft schlief. Der auf gehobene Sand unter den Füßen rieselte träge zurück. — Nur die Seelen der Menschen lebten. Eine kleine Flamme zuckte in Dora Littekind auf — lohte und brannte — und drohte alles zu versengen bis auf eine zage Hoffnung: .... die ich einst geliebt . . . Also aus — vorüber —. Nein — nein! — Und auch sie vergaß jetzt den Mann an ihrer Seite, flüchtete sich in Gedanken zu ihrem Kind und betete, daß diese Hoffnung von ihr genommen werde, weil sie ein Trugbild sei. Sie sprachen nichts mehr. — Ein paar rotbunte Kühe klingelten durch die enge Gasse zur Tränke am Mühlbach hin. Daran erwachten sie beide! Und sagten einander ein letztes, gleichgültiges Wort Dem alten Sanitätsrat Strecker wuchs auf seinem Arbeitswege wieder mal ein Dorn, den er nicht vernichten konnte. Leise vor sich hinbrummend trat er, neben Dora Littekind, aus dem kleinen, baufälli gen Haus des Lederhändlers Zietelberg, das seit einem Monat wieder seinen Kranken hatte. Julius, das letzte Kind des alten Mannes, den der Verlust seiner andern Lieben längst stumpf gemacht, ging, nach einer schweren Rippenfellentzündung, lang sam der Genesung entgegen. „Geburten, Krankheiten und Begräbnisse haben da drinnen alles aufgezehrt," sagte er grimmig und wies mit dem Daumen über die Schulter. „Für die Ueberlebenden ist nun nichts mehr übrig. Darum wird auch dieser Letzte schließlich ins Gras beißen müssen." Dora Littekind wagte eine leise Frage, obgleich sie wußte, daß der alte Herr sehr ungnädig war, wenn sich ihm die Verhält nisse so scharf entgegenstellten. „Also hat er auch das Erbteil seiner Mutter mitbekommen?" „Wer spricht davon? Reden Sie auch schon nach, was mit der halben Stadt der nahezu verblödete Vater sagt! — Kein Ge danke von erblicher Belastung. — Leben Sie mal in dem feuchten Hause bei der unzu reichenden Nahrung — lausen Sie mal in Wind und Wetter den Tag viermal je füns- undvierzig Minuten zu der Gärtnerei und dann legen Sie sich hin und machen das durch', was dieser Junge hinter sich hat —