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Nr. 16. Keiliigt M „Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend". Dezember 1912. Von der Ratsmühle. Nachdruck verboten. A. Rübne. (Schluß.) Am 25. Juni 1862 erwirbt Friedrich Theodor Müller die Ratsmühle für 6610 Taler. Er verkauft sie am 12. Februar 1907 an seinen Sohn bez. Schwiegersohn, die Herren Max Müller und Sinemus. Friedrich Theodor Müller, ein kluger Kopf und tat kräftiger Mann, sah denn auch bald ein, daß der Betrieb als Mahlmühle wenig lohne. Er trachtete danach, die Wasserkraft höher zu nutzen, indem er sich vornahm, Arbeiten mit ihr zu liefern, die von der menschlichen Hand gar nicht, in geringer Exaktheit oder unter großem Zeit verlust hergestellt wurden. Da Wilsdruff eine Reihe von Tischlerwerkstätten besaß, versuchte er durch maschinellen Betrieb Halbfabrikate für die Tischlerei zu liefern. Der Gedanke war gefaßt. Woher aber die Maschinen nehmen? Friedrich Theodor Müller war sich darin Lehrling und Meister in eigener Person. Er vertiefte sich in technische Berechnungen, konstruierte und modellierte die Eisenteile, ließ sie nach eigenen Angaben gießen und stellte sich seine Maschine auch selbst auf. Bald fanden sich Kreissägen verschiedener Art an der Seite von Fräßmaschinen, Dreh bänken und Bandsägen unter Dach und Fach, und nun konnte der Betrieb beginnen Dabei kam ihm das jüngste Gesetz der .Gewerbefreiheit" trefflich zu statten. Er konnte verschiedene Gewerbe gleichzeitig betreiben. Während er auf der einen Seite noch versuchte und probierte, ohne Gewinn, nährte ihn die Müllerei. Auch hatte die Tischler zunft nicht mehr — wie früher — das Recht, ihm, dem Nichttischler, den Gewerbebetrieb zu verbieten. Er lieferte 'also den, Wilsdruffer Tischlern Kapitäler, Eicheln und Aufsätze, exakt und sauber ausgeführt, und — billiger. Zunächst betrachtete man ihn als Eindringling, wies seine „Neuheiten" ab mit der Begründung, „der Vater habe es auch so verkauft". Auf die Dauer aber konnte man sich diesen in der Tat preiswerten Erzeugnissen nickt verschließen, es hieße denn einen geldlichen Vorteil von sich stoßen, und so kam der Müllersche Betrieb in Aufnahme. Durch Um stand kam er in Verbindung mit einem Tischler Julius Wertsckütz, an den er 1881 seine Räumlichkeiten in der alten Mühle zum Teil mit der Wasserkraft verpachtete und der — unterstützt von Friedrich Theodor Müller — fertige Möbel mit maschinellem Betrieb, wenn auch in primitiven Verhältnissen, herstellte. Das Geschäft ging flott. Aber es stellten sich bald mancherlei Schwierigkeiten beim Einkauf des Robmaterials, mancherlei Zwischenfälle in dem Verhältnis des Pächters Wertschütz zu seinen Leuten heraus und Theodor Müller sah sich genötigt, die Möbelfabrikation auf eigene Rechnung weiter zu führen Er ergänzte seine Maschinen und begann den Betrieb mit 16 Tischlern. Die Aufträge wuchsen. Besser als geahnt entwickelte sich der neue Betrieb. Um Platz zu schaffen, brach er das alte Mühlengebäude ab und setzte an dessen Stelle 1886 ein größeres, massives Haus. Da die infolge der Boden meliorationen veringerte Wasserkraft zum vergrößerten Be triebe nicht ausreichte, schaffte er sich eine Dampfmaschine mit 12 Pferdestärken an. Müller war unablässig bemüht, die Produktion zu steigern, den Absatzmarkt zu erweitern. Bereits nach zwei Jahren mußte der Fabrik ein neuer Stock aufgesetzt werden. Das alte Wohnhaus, von Hammer 1819 errichtet- bedurfte einer umfassenden Erneuerung. Müller brach es ab und setzte an dessen Stelle 1896 einen Neubau, eingerichtet mit allen neuzeitlichen Verbesserungen (Dampfheizung, elektrisches Licht). 1897 Mußte eine Dampf maschine mit 50 Pferdestärken in den Betrieb eingestellt werden. Was hatte Müller, dank seiner Erfindungsgabe und seiner Tatkraft in 45 Jahren rastloser Arbeit aus der