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MM« sm «KB Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag: Arthur Zschunke in Wilsdruff 1912 ö. Kapitel. Margot war mit Beginn der Ferien in das Haus ihres Onkels übergesiedelt. Die Freude war grob, dem verhakten Institut auf einige Wochen den Rücken kehren SU können. Sie hatte zwei kleine Stübchen im Oberstock bezogen, allerdings schmollend, da sie sonst das von Frau Fink bewohnte Zimmer, welches zu ebener Erde und vorn ^."4 - „Warten Sie doch, da ist ja gleich die Haltestelle!" Ein ärgerlicher Blick traf den Sprecher, dann nickte er vor sich hin. »Sie ist jetzt doch wohl fort, aber sie war es!" murmelte er und ein triumphierendes Lächeln flog über sein Gesicht. Der Wagen fuhr weiter. '' -- Nir die König!. Lmtsliauptmannschakt Meißen, kür das König!. Amtsgericht und den Stadtrat zu WUsdruhf sowie für das König!. Forürentamt zu Tharandt. tNachdruck verboten., heraus lag, für sich in Anspruch genommen und als ihr gehörig betrachtet hatte. Nun war das natürlich der Fremden angewiesen. Stets setzte man sie dieser Frau wegen zurück, grollte.sie. Das werde auch wohl so bleiben, denn die Hoffnung, die selbe durch irgend etwas aus Onkels Gunst zu ver drängen, wurde immer schwächer. Sollte ihr nicht einmal wieder ein Zufall zu Hilfe kommen? Dann wollte sie ihn aber besser ausnützen, als damals mit dem Briefe. — Und daran dachte sie soeben, als sie langsam die Treppe Hinabstieg. »Na, Sie sehen schon überall Gespenster", hörte sie da Hanna zu Erdmann sagen. „Gespenster nicht, aber vielleicht schlechtes Gesindel, das sich eine Gelegenheit zum Stehlen absieht", entgegnete der alte Mann in gekränktem Tone. „Was gibt's denn?" fragte Margot, zu den beiden Alten tretend, die in der offenen Tür der Küche standen, die im Souterrain lag. Hanna lachte. „Es spukt bei uns, Fräuleinchen!" rief sie. Erdmann drehte der Spötterin mit verachtungsvoller Gebärde den Rücken zu. „Sehen Sie, Fräulein Margot", wendete er sich an diese, »es ist doch meine Pflicht, hier nach dem Rechten zu sehen, nicht wahr? Ob auch des Abends alles richtig verschlossen und sonst in Ordnung ist. Da geh' ich denn immer bis an das Gartenhäuschen hinten an der Mauer. Wie ich nun gestern abend dahinkomme, ist ein Mensch an der Mauer hochgeklettert und späht in den Garten. Ein unheimliches Gesicht war's, ganz gelb und pechschwarze, funkelnde Augen. Wie ich näher komme, ist es natürlich weg " „Es war vielleicht eine schwarze Katze", schaltete Hanna, die immer sehr aufgeklärt tat, ein. Es gewährte ihr von jeher ein besonderes Vergnügen, den Alten ein Kitzchen zu ärgern, denn Fama wollte wissen, sie habe einst, als sie noch „das hübsche Hannchen" hieß, sehr stark darauf gerechnet, „Frau Erdmann" zu werden, und könne ihm nun heute noch nicht vergeben, daß er kalt ge blieben. Erdmann begnügte sich, auf ihre Bemerkung hin die Achseln zu zucken. „Ich hab' nämlich denselben Menschen schon mal ge sehen; er ging vorn am Gitter vorbei und musterte so auffallend unser Haus", berichtete er. „O, meine Augen sind scharf, wenn meine Beine auch schon ein bißchen schwach find. Margot hatte nachdenklich zugehört. „Haben ^Sie Frau Fink schon davon erzählt?" forschte sie. „Nein, ich sah sie noch nicht", entgegnete der Alte. „Wissen Sie, Erdmann, dann sagen Sie ihr vorläufig nichts. Ich werde es beim Frühstück erwähnen, dann erfährt es Onkel auch gleich. — Hören Sie, Hanne, nichts sagen!" „Na, warum denn nicht?" fragte Hanne mißtrauisch. (6. Fortsetzung.) »Ach, das find so kindische Launen", entgegnete die alte Dame. „Sie will nicht gern Lehrerin werden und denkt nun wohl aber was hat so ein junges Mädchen nicht manchmal für Ideen in seinem Köpfchen! Im Grund ist Margot ein gutes Kind, mein Sohn hält auch viel von ihr. — Aber Sie wollen doch nicht etwa schon fort?" unterbrach sie sich, als sie bemerkte, daß ihr Gast einen Blick auf die Uhr warf. »Ich hoffte, Sie würden mir Gesellschaft leisten, bis mein Sohn aus seinem Klub heimkehrt, er bleibt nie spät." »Ich versprach, vor zehn Uhr zu Hause zu sein." „O, das ist nicht nett von Ihnen! — Da habe ich nun den ganzen Abend von uns gesprochen —" „Ach, das war sehr, sehr nett von Ihnen, und ich danke Ihnen für das Vertrauen", erwiderte Frau Fink, beide Hände ihrer alten Freundin herzlich drückend. „Viel leicht kommt bald wieder einmal so ein stilles Stündchen, dann erzähle ich Ihnen von mir; doch ich habe nur Trauriges zu berichten." „Und wissen Sie nicht, daß geteilter Schmerz halber Schmerz ist?" rief Frau Berger warm. , Die andere nickte. „So lassen Sie mich sagen, auf baldiges Wiedersehen!" »Aber gewiß! Sie machen mir eine große Freude durch Ihren Besuch." Käthe Fink ging nun langsam heimwärts. Gedanken verloren achtete sie kaum das Menschengewoge, Las .sie umflutete. Wie gut sie alle gegen sie waren! Wie rücksichtsvoll man ihrem Schweigen begegnete! Es drängte sie förmlich zu einer Aussprache, aber das eine — das eine! — Wie würde man das beurteilen? Sie hatte jetzt den Potsdamer Platz erreicht und mutzte stehen bleiben, um eine Wagen reihe vorüber zu lassen. Das Licht des großen Kandelabers fiel hell auf ihr Gesicht. Geborgen Roman von M. Albrecht. Insertion-vfelt 15 Piq vro WnsoH>oltme -vchvHeUk Außerhalb des AmtSgericht^bezirks Wilsdruff 20 Psg. -Zeitraubender und tabrllorfichrr Satz mit 50 Prozent Ausschlag, unck vmgegenä. Amtsblatt Ein Herr, der auf dem Vorderperron eines Straßen bahnwagens stand, streifte mit seinen Augen die schlanke Gestalt, sein Blick wurde starr, er bog sich weit vor, — dann machte er eine Bewegung, als wolle er ab springen, wurde aber von einem anderen Passagier daran gehindert.