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W ,1» ipisch« rr K. «» der !ekit 8!a11s8. K e statt- i« pieler sev. ichter. lksst»ck! ad 0,60 Mk. ». Pro- »« ktt-«. MeM U RilSW beUage zu Nr. 120. Dienstag, äen fZ. Oktober 1912. Kunä um äie Mocke. .Der Krieg regiert die Stunde.) kann nur noch Zitate über denKrieg bringen, uoer das „roh gewaltsam Handwerk", wie die einen lagen, oder über den großen Völkererlöser, wie die anderen meinen. Mit zahllosen Buchstaben bringen die Zeitungen der europäischen Hauptstädte die letzten Telegramme, und die ganze Welt tut ungeheuer aufgeregt. „Der Kieg ist der Vater aller Dinge", hat ein griechischer Weiser gesagt. Der guten und der schlechten Dinge. Aus der Türkei und den kleinen Balkanstaaten kommen Stimmungsbilder, die mitunter an unsere Berichte von 1813 erinnern. „Die Seligkeit des Ich, sich aufzuopfern für die Gesamtheit", feiert ihre Feste. Aber umgekehrt stehen auch die Hyänen des Schlachtfeldes schon bereit, und ekle Geschäftemacher plündern den Staat; am Kriege wird immer viel verdient. * Über die interessante Frage nach dem Hintermann M ,immer noch nichts Authentisches herausgekommen. Ein Witzblatt kommt wohl der öffentlichen Meinung entgegen, wenn es im Bilde darstellt, wie John Bull als „Schieber" die Balkanstaaten gegeneinander quetscht. In dieser Beziehung ist es vielleicht ganz lehrreich, darauf hittzuweisen, daß der bulgarische Ministerpräsident Geschow lange Jahre in England gelebt hat und dann — Korre- «pondent der Londoner „Times" in Sofia war. * - Es ist ganz zweifellos, daß vielfach türkenfreund liche Stimmung in Deutschland herrscht. Wir'haben uns daran gewöhnt, in dem Osmanen den einzigen an ständigen Menschen dort unten zu sehen. Unser Urteil ist natürlich durch alle die deutschen Militärinstruktoren be- rinflußt, von Moltke bis Goltz, die am Goldenen Horn gewirkt und ihre Schüler dann warm gelobt haben. Nun wünscht man den Türken den Sieg, um nicht — blamiert >u sein, um nicht nachher in französischen Blättern lesen ;u müssen: Seht, wie die Türken mit der deutschen Kriegskunst hereingefallen sind! Aus demselben Grunde nahmen wir es den Buren sehr übel, daß ihr Widerstand aeaen England im Kriege schließlich erlahmte; sehr übel, denn sie hatten ein paar Kruppsche Batterien, einen ehemaligen Feldwebel der preußischen Gardeartillerie (Albrecht) im Freistaat und einen preußischen Offizier (o. Dallwigk) in Transvaal als Kommandanten dieser Batterien, und auch sonst täte, so redeten wir uns ein, der deutsche Kommiß da unten Wunder. Ob wir jetzt wieder Enttäuschungen erleben? Die ersten Grenzkämpfe, von denen jetzt berichtet wird, wollen wirklich nicht viel bedeuten; derartige Schießereien gibt es auf der Balkanhalbinsel ja auch mitten im tiefsten Frieden. Außerdem muß unser Urteil infolge der widersprechenden Nachrichten schwanken, bis eine wirklich große Feldschlacht uns die Augen öffnet. Bis dahin muß man alle Meldungen mit einem „kann sein, kann auch nicht sein" abtun und nie das treffliche Wort vergessen: „Es wird nie so viel gelogen, als vor einer Wahl, während eines Krieges und nach einer Jagd." Ein sonderbarer Schwärmer hat die Ente von der sofortigen Einberufung des Reichstages aufgebracht. Der Reichskanzler fühle das dringende Bedürfnis, der Volksvertretung Auskunft über die auswärtige Lage zu geben. „So sieht er aus!" sagt in solchem Falle der Berliner. Die Welt war so unglaublich ahnungslos, sogar die sehr hellhörige Börse, die allzu vertrauensvoll sich an die Reden von „gesichertem Frieden" hielt, geriet in einen plötzlichen Strudel. Was könnte jetzt dem Reichstag Neues, Wichtiges, Bestimmtes überhaupt mitgeteilt werden? Kein Mensch in Europa, auch ein Halbgott nicht, geschweige denn ein Diplomat, kann vorhersagen, was auch nur die nächsten acht Tage bringen werden; und in solcher Lage ruft man nicht zu außergewöhnlicher Zeit den Reichstag ein, zumal da dies beunruhigend wirken und als eine Art »Probemobilmachung der öffentlichen Meinung" aufgefaßt werden würde. * _ Jetzt zweifelt kein Mensch mehr daran, daß der Krieg aller vier Balkanmächte gegen die Türkei eine teste Tatsache ist. Die Meldung, Griechenland wolle ab- wringen, war wohl nur ein Börsenmanöoer. Und zum erstenmal geht es diesmal um ein hohes Ziel. Das alte Noßserbische und bulgarische Reich wurde 1389 von den w Europa eingedrungenen Türken zerbrochen und 1453 Konstantinopel erobert. „Hab' es lang getragen, trag's nicht länger mehr!" Die Bulgaren haben die Absicht, die Türken wieder nach Asien zu werfen und 1913 zu der wichtigen Jahreszahl werden zu lassen, die das Ende der europäischen Türkei bedeutet. Wir wollen sehen, ob die Kraft dazu da ist. Die Dalkanwirren. Die ganze Situation auf dem Balkan hat eigentlich m den letzten Tagen insofern nur eine Änderung erfahren, als es jetzt die Türken sind, die, des Treibens der kleinen Kläffer satt, nunmehr energisch die Kriegstrommel rühren. Der schlafende Löwe ist erwacht und reckt seine Tatzen, die den Kleinen leicht verderblich werden können. Die Balgereien an der montenegrinischen Grenze, die von Cetinje zum Teil mit Unterstützung eng- llscher Zeitungskorrespondentinnen als gewaltige Schlachten m die Welt hinausposaunt werden, nimmt man in Kon- stantinopel offenbar nicht sonderlich emst. Auch ist man bort über den Ausgang der Kämpfe erheblich anderer Ansicht. Wer hat gesiegt? .. Das amtliche Telegraphenbureau in Cetinje arbeitet Mlt Hochdruck und meldet Sieg auf Sieg, ohne allerdings unt genaueren Daten aufzuwarten: Podgoritza, 12. Okt. Die türkische Befestigung Rogam bei Tust ist von den Montenegrinern besetzt worden. Der türkische Kommandant ist gefallen, viele Kriegsgefangene sind ins Innere tranSportiet worden. Der König mit seinen Söhnen und der Kronprinzessin Xenia begleiteten während des ganzen Tages die verschiedenen Vorgänge des Kriegsschauspieles. Die hiesigen Spitäler sind überfüllt. Der König besuchte die Verletzten, deren Zahl groß ist. Ein Zeitungskorrespondent meldet oagegen, daß die Türken überall bei Tusi ihre Stellung behauptet hätten. Es hätten dort allerdings heftige Kämpfe mit beiderseitigen starken Verlusten stattgefunden. Alle diese Nachrichten sind nicht gehauen und gestochen. Es fehlt iede objektive Das Mrcksn vom klugen Kaken kennt wokl jeder mann. Durstig vis er var, konnte er dock nickt rum Wasser in der Kiascks Fslan^en. Lr wart deshalb 8temcksn um Ltsincksn in dieselbe, so dass das Wasser nach und nack bis rum Kands stie^ und er seinen peinigenden Durst stillen konnte. 6soau so verhält es sich im heutigen Oösckäfislsben mit der Reklame. Hur dis planmässig sich autbsusnds ^situngsreklams führt rum Lrtolg. jedes erscheinende Inserat wird den jakresumsatr rum Lkeigsn bringen und am jakrss- »cklusss wird der Lsschättsmann ssksn, welche Lr- to'gs er durch ständiges Inserieren im weitverbreiteten Mdesdlslt M W8Ü1M (Amtsblatt) errislt Kat. Einzelheit, die eine Kritik der tatsächlichen Vorgänge er möglicht. — Außerdem wird von amtlicher türkischer Seite gemeldet: Konstantinopel, 12. Okt. Das Krtegsministerium gibt amtlich bekannt, daß die türkischen Truppen nach erbittertem Kampf den Hügel Zagzale, der von den Montenegrinern besetzt worden war, wieder erobert haben. So geht es hin und her, ähnlich wie im türkisch italienischen Kriege. Da wurde auch auf beiden Seiten nur so hm und her gesiegt. Im vorliegenden Falle sind alle Ereignisse, sie mögen ausfallen wie sie wollen, an der montenegrinischen Grenze für den Endausgang des Feld- zuges belanglos. Die Entscheidung fällt im Kampfe mit Bulgarien. Und da ist man offenbar noch nicht so weit. Eine Augenzeugin des Kampfes. Die englische Zeitung „Daily Chronicle" hat m Montenegro eine Berichterstatterin, namens Miß Durbam. Die Dame ist eine große Türkenfeindin, weshalb ihre Berichte mit Vorsicht zu genießen sind. Immerhin wollen wir unseren Lesern einen kurzen Auszug aus ihrem Bericht über das Gefecht bei Detschitsch nicht vorem- halten. Die Augenzeugin schreibt u. a.: „An den untersten Abhängen des Berges ertönte scharfes und unausgesetztes Gewehrfeuer und ebenso auch bei Misljeh, wo ein be festigtes Lager ist. Die montenegrinische Artillerie richtete ihre Geschütze dann gegen den „Römischen Hügel", der ebenfalls stark befestigt ist und am Fuße des Detschitsch und unmittelbar in der Nähe der Grenze liegt. Inzwischen bombardierte die Zeta-Batterie Vranje, einen Hügel, der sich wie eine Insel aus der Ebene hervorhebt. Vranje, eine türkische Festung, die schwere Geschütze besitzt, antwortete energisch. Aber eS wurde schlecht gezielt und das Feuer tat den Montenegrinern keinen Schaden. Schließlich erhob sich ein Gebeul mit dem Gipfel, und die freudige Nachricht verbreitete sich, daß die Montenegriner Detschisch im Sturm erobert hätten. Um 3 Uhr bekam ich Rogane in Sicht, daS unausgesetzt von der montenegrinischen Artillerie befeuert wurde. Bei Misljeh trat wieder starkes Gewehrfeuer aus, unterbrochen von dem Gerassel der Maschinengeschütze und dem un heimlichen Sausen der Granatm. Dann kam auS dem Nebel das Donnern von Geschützen aus weiter Ferne; ob jedoch von Freund oder Feind konnte niemand sagen. Es war aber klar, daß eS nichts mit dem Kampfe in' unserer Gegend zu tun hatte; es schien das Zeichen einer größeren Schlacht zu sein. Spät am Nachmittag ließ daS Feuer nach und hörte endlich ganz auf." Gestörte Friedensverhandlungen in Ouchy. Die italienisch-türkischen Friedensverhandlungen in Ouchy sind wieder einmal auf dem toten Punkt angelangt. Bei den Unterhandlungen werden sehr bedenkliche An schauungen laut, die sogar auf einen eventuellen Abbruch der Friedensverhandlungen schließen lassen. Italienische Blätter führen wieder eine drohende Sprache; ihre Re gierung sei zum äußersten bereit und werde gegebenen falls die ganze Flotte sofort wieder in Bewegung setzen. Wodurch der plötzliche Umschwung gekommen ist, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Die Ursache wird geheim gehalten. Bloße Meinungsverschiedenheiten wegen der letzten redaktionellen Fassung der Friedenspräliminarien können kaum die Veranlassung zu diesem schwerwiegenden Schritte sein. Der aus Konstantinopel erwartete Kurier ist in Ouchy eingetroffen, wo er von den türkischen Delegierten empfangen wurde, die bald darauf zu einer Sitzung zusammentraten. Verschiedene Meldungen. Athen, 12. Okt. Der griechische Oberbefehls haber Kronprinz Georg ist zur Armee abgegangen. Konstantinopel, 12. Okt. Eine Jrade des SultanS ordnet die Mobilisierung dsr Flotte an. Konstantinopel, 12. Okt. Nach der Ansicht zu- ständiger Kreise vollzieht sich die türkische Mobili- sierung in Ordnung, und zwar schneller, als man er wartet hatte. Wien, 12. Okt. Wie die „Politische Korrespondenz" aus Konstantinopel erfährt, wird eine im wesentlichen entgegenkommende Antwort der Pforte auf die Kollektivnote der Großmächte angekündigt. Berlin, 12. Okt. Auch an der hiesigen Börse er folgte heute wieder ein großer Kurssturz, der starke Verluste zeitigte. London, 12. Okt. Die griechische Regierung hat in England den ursprünglich für Rechnung Chinas er bauten Panzerkreuzer „Chao" für ungefähr sechs Millionen Mark gekauft. Der Kreuzer soll unverzüglich nach Griechenland abgehen. Belgrad, 12. Dkt. Serbische Banden in einer Stärke von 5000 Mann sind ins Sandschak Nowibasar eingerückt. Sie suchen Verbindung mit den Montenegrinern. Prinz Georg von Serbien folgt mit serbischen Truppen. Mahmud V. an sein Volk. Der türkische Sultan hat einen^riegerischen Aufruf an das türkische Volk und Heer erlassen, den man wohl als den Vorläufer der offiziellen Kriegserklärung be ttachten kann. Er schildert darin die Friedensliebe der Türkei und betont, daß die Türkei bereit sei, Reformen einzuführen und diese nach Möglichkeit allmählich aus zubauen. Wörtlich heißt es dann weiter: „Dennoch wollen unsere kleinen Nachbarn, die es auf unser Gebiet abgesehen haben und sehen, daß unsere Fort schritte die Verwirklichung ihrer unrechtmäßigen Ziele verhindern werden, unsere Reformen und den Fortschritt vereiteln und von unseren Schwierigkeiten profitieren. Sie setzten sich ins Einvernehmen, um unsere Grenzen anzugreifen. Die Proklamation des Sultans hebt hervor, daß die Utopisten in Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro die Heldentaten vergessen, welche die Türken einst in diesen Ländern vollbrachten. Wir waren also gezwungen, zu mobilisieren. Wir befahlen die ge samte Mobilisation der Reservisten und der Landwehr truppen der 1., 2. und teilweise der 3. Inspektion. Die Proklamation des Sultans spricht weiter in feierlichen Worten aus, die Truppen werden sich ihrer Vorfahren würdig zeigen und den heiligen Boden des Vaterlandes gegen die Feinde verteidigen, die den Ottomanen ihr väterliches Erbe entreißen und das Glück ihrer Kinder zerstören wollen. Sie fordert die Truppen auf, sich ihrer in Tripolis kämpfenden Brüder würdig zu zeigen, drückt die Überzeugung aus, daß sie den Siegen der Vorfahren neue hinzufügen werden, und wünscht ihnen den Sieg." Börsenpanik. Das Losschlagen der Montenegriner und die höchst unsichere Haltung der übrigen Balkanstaaten hat auf den Börsen in Paris und Wien wieder eine gewaltige Panik ausgelöst. In Paris herrschte eine völlige Demoralisation. Der Verlauf der Börse war ganz außerordentlich erregt und das Verkaufsangebot namentlich aus der Provinz geradezu riesenhaft. Das bewirkte abermals den heftigsten Rückgang des gesamten Marktes, verbunden mit schweren Verlusten, da das Angebot größtenteils keine Gegenpartie fand. Die Börse hat kein Vertrauen mehr in die Wirk samkeit der Intervention der Großmächte und hält den Zusammenstoß auf dem Balkan für unvermeidlich. Die schwächste Haltung zeigte französische Rente. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so schlimm, ging es an der Wiener Börse zu. Gewaltige Kursstürze und bedenkliche hohe Verluste besonders in Staatspapieren waren zu ver zeichnen. Keine Einmischung Österreichs. Angesichts des gewaltigen Kurssturzes an der Buda pester Börse hat der ungarische Ministerpräsident Lukacs an den Präsidenten des Vereins der Effektenhändler an der Budapester Börse folgendes Telegramm gerichtet und ihn zur Veröffentlichung^ autorisiert: - .