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Lc7<(!7<LLXr!7<I7<^ iV r !« ! m lH !3 ^^L^L^O^V'rv^S^L^U^L^V^'*2L^2L^2L^^2V^L'» wüßte, die Mama — aber im Grunde hatte sie.— Lola — recht, nur keine Ehe ohne Liebe. Der Jammer seines schwächlichen, verfehlten Lebens lag in dem Ausbruch. Und wenn es recht schön draußen wäre, sollte sie nial an ihren alten Vater denken, aber ohne Traurigkeit. Er wäre es auch nicht, garnicht. Woher denn die überquel lenden Tränen bei ihm kamen, blieb dunkel, ebenso, wo er das blaue Blatt fand, das er ihr zus'teckte, damit sie nicht ganz leerhündig in die Welt ginge — in seinem geliebten Thüringer Walde war es nicht gewachsen. „Auf so durchgreifende Verbesserungen hier war ich doch nicht gefaßt," sagte Mar guerite Goldammer zwei Jahre später zu Lola, mit der sie im Hochsommer Wiederuin die Kurpromenade Hassentals entlang schritt. Die kohlensauren Bäder beeinflußten danials Marguerites Gesundheit noch nach träglich so günstig, daß sie gern dem Arzte folgte, der ihr riet, sich durch eine wiederholte Kur ganz in Ordnung zu bringen. Sie ver legte inzwischen ihren Wohnsitz nach London. Fräulein von Lieders lächelte beistim mend. „Ja, man sieht, gnädige Frau, wo ein Wille ist und es auch an den nötigen Mitteln nicht fehlt, läßt sich vieles erreichen " „Wohl Kind. Dazu gehört aber ein Willen, der nicht nur Sturm läuft und das Eroberte dann in Stich läßt, sondern einer, der es gebührend ausnutzt und erweitert. Im allgemeinen geht das sonst Herrn Arnold Wegmeister gegen den Strich, aber die Aus nahme bestätigt auch hier wohl nur die Regel." (Schluß folgt.) Vie 6ckstube. Ekizze von Albert Petersen. (Leo Albert.) n der Nvrdersiraße stand ein altes, zweistöckiges Haus. Vergebens halte man sich bemüht, ihni durch einen Hellen Anstrich ein jugend liches Aussehen zu geben, das alte Gebäude verriet doch, daß es schon in jenen Tagen gestanden hatte, als der wohl habende Hasenort noch einige hundert Schiffe in die wilde Nordsee sandte, bis dann die Wallensteiner auch die nord- friesischen Lande heimsuchten, und der dreißigjährige .Krieg auch in Schleswig-Hol stein seine zerstörenden Spuren hinterließ. Im zweiten Stock des alten Hauses gab es ein Zimmer, dessen Fenster seitlich nach der Straße führte, man hatte einen Blick auf den breiten Torweg, auf die Norder- straße, ja, über den Marktplatz nach der breiten Großstraße hin. Die junge Witwe nannte den Raum die Eckstube. Hier hatte sie am Fenster gestanden, als man ihren ertrunkenen Gatten, in Weiße Tücher ge- chlllt, durch die Straßen fuhr. Hier saß sic am liebsten, wenn der kleine Junge zu ihren Füßen hockte und spielte und schwatzte. Er war in diesen: Zimmer geboren, als die Wellen seinen Vater, den jungen, blonden Kapitän schon an den Deich gespült hatten. Die einsame Frau setzte ihre ganze Hoss- nung auf den Kleinen, hier saß sie betend an seinem Bettchen, als der Tod das junge Leben dahinzunehmen drohte. Die Ecksiube sah all ihre heißen Tranen, hörte ihr Schluchzen, das Lachen und Weinen des Kleinen. Durch die Scheiben lachte in heiteren Sommertagen die Sonne und warf ihre Strahlen auf die alten Eichenbalken; der Schein fiel blendend auf die schneeige Bett decke. Und der Knabe Naschte mit den Händchen und jauchzte: „Mutti, die Sonne, sieh die Sonne!" In grauen Regentagen, wenn der West wind von der See her brauste, schlugen die Tropfen gegen das Fensler, im alten Gebälk ächzte und krachte es, die Bodenluken oben klapperten; dann schmiegte sich der Kleine an die Mutter, hier war Ruhe und Schutz, und die junge Frau drückte ihn an sich, den einzigen Schatz, den sie noch besaß. In der Eckstube sprach sie zu ihm von allem Schönen und Guten, hier studierte er später seine Fibel. Die Eckstube mußte es erleben, daß die 6leierisckes ^ackcken. Frau krank wurde, der Arzt kam täglich und ging stets mit sehr ernstem Gesicht. Der Knabe fühlte, daß seine Mutter schwer krank sein müßte, und in schlaflosen Stun den, wenn die kleine Nachtlampe ihren ge dämpften Schein gegen die rissige Zimmer decke warf und das Licht so seltsam in den Medizinflaschen spielte, wenn die Stille nur durch das monotone Ticktack der kleinen Wanduhr und die unregelmäßigen Atem züge der Kranken unterbrochen wurde, dann lag er bitter weinend in seinem Bett und flehte leidenschaftlich zu Gott, er möchte die Mutter doch nicht sterben lassen, und er wußte kaum, was der Tod ist. Doch die Stunde kam, wo die Frau ihr letztes: „Müde bin ich, geh' zur Ruh'" betete, und dann war es aus. Die Kranken schwester wollte den Knaben hinausführen, er aber warf sich ans Bett der Mutter, rief weinend ihren Namen, sie antwortete nicht. Da sühlts er, daß er jetzt allein war. Und nach einigen Tagen mußte er Ab schied nehmen von der trauten Eckstube, er kam zu fremden Leuten. Der Zug verläßt den Altonaer Haupt bahnhof. In finsteren Gedanken sitzt ein junger Mann im Coups. Er ist elegant gekleidet, man merkt es, er kommt aus dec Großstadt. Sein Gesicht ist regelmäßig, doch recht bleich und verlebt, verschiedene Schmisse ziehen sich über die Unke Seite. Dann und wann faßt er sich seufzend an die Stirn, und ein nervöses Zucken geht über das blasse Gesicht „Man ist ein Lump," flüstert er vor sich hin, „'ne nette Heimsahrt. Man muß sich schämen, die alten Gassen wieder zu be treten, so verlebt, so kraftlos." Je weiter der Zug nordwärts kommt, desto finsterer starrt er vor sich htn. Itzehoe — dann die Marsch, wo die vielen kleinen Windmühlen an den Graben stehen — über den Kanal, der sich so majestä tisch, so modern durch Marsch und Heide hinzieht. Meldorf — auf dem Bahnhof die stolzen Dithmarscher Bauern, die blon den Mädchen und die Schüler mit den bun ten Mützen. Heide — Friedrichstadt mit seinen vielen Kirchtürmen. Der Reisende atmet schwer — Hcim- kehrfieber. Und endlich — Husum. Da liegt, der Heimatsort im goldigen Glanz der Nachmittagssonne. Drüben hin ter den Linden der „Lämmcrfenne" ragt -der Kirchturm, das Schieferdach des Gymna siums. Der Zug hält, der junge Mann springt aus dem Coups. Rings fremde Gesichter, nur wenige Bekannte, ihn erkennt niemand wieder. Er übergibt seinen Gepäckschein einem Hoteldiener und geht langsam durch die Straßen. „Es hat sich alles verändert hier," denkt er. Von der Krämerstraße kommt er zuM Marktplatz. Ein mächtiger Brunnen steht vor der Kirche. Auf festem Sockel erhebt sich eine schlanke Gestalt, ein nordfriesisches Fischcr- mädchen, kraftstrotzend und stolz, ein echtes Kind seiner düsterschöncn Heimat. „Das eiserne Weib" — er las davon in den Zeitungen. Lange steht der Fremde sinnend vor dein Kunstwerk. „So kräftig, so blühend gingst einst auch du, und wie kehrst du zurück? Ein verlore ner Sohn, krank und lebensmüde", und er geht hastig weiter, als schäme er sich vor der Gestalt da oben. Er kommt durch die Norderstraße. Dort steht noch das alte Haus. Er wagt nicht hinaufzublicken, nach dem kleinen Fenster droben. Er geht vorbei, in seinem Innern tobt es. Er kehrt wieder um und sieht hin über. Das Haus in fremden Händen. „Ein möbliertes Zimmer ist hier zu ver mieten", liest er einen Aushang an einem Fenster des zweiten Stockwerks. Ein Ge danke fährt ihm durch den Kopf. Er muß ja auch irgendwo wohnen, warum nicht hier. Und er geht hinüber und öffnet die Haustür. Die Glocke schrillt, er zuckt zu sammen, es ist derselbe Ton, den er früher so ost gehört hat. Er geht die bekannte Treppe hinauf. Einst sprang er sie flötend hinauf, hinunter. Heute steigt er zögernd nach oben. Eine ältere Frau steht vor ihm. „Sie haben ein Zimmer zu vermieten? „Ja, wollen Sie bitte hier eintrcten."