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Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend : 22.08.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782024719-191208222
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782024719-19120822
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782024719-19120822
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-08
- Tag 1912-08-22
-
Monat
1912-08
-
Jahr
1912
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— Die größte Kmte seit zehn Jahren in Sachse». Ueber das voraussichtliche diesjährige Ernteergebnis hat das Königliche Sächsische Statistische Landesamt umfang reiche Erhebungen angestellt und ist zu folgendem Resultat gekommeu: Nach den Ernteschützungen scheint in diesem Jahre die Körnerernte bei allen Halmfrüchten, vorausge setzt, daß das Erntewetter ein gutes Einbringen ermöglicht, den Durchschnittsbetrag der letzten zehn Jahre zum Teil nicht unbedeutend zu übersteigen. — Gutes Höst ist bisher wenig angeboten worden Konsumenten und Händler klagen darüber, daß das herr liche Obst, namentlich Aepfel, die sich in diesem Sommer besonders schön entwickeln, von den Züchtern so wenig sorg fältig geerntet, sortiert und zweckmäßig verpackt werden. Alle gedrückten Früchte haben aber keinen höheren Wert als Fallobst, die sich nicht halten, bei kurzem Lagern, selbst schon auf dem Transport zu große Verluste durch Fäulnis entstehen und deshalb niedrig im Preise, dem Wert ent sprechend bleiben. Die Obstzüchter und Obstpächter sollten sich bemühen, ihre herrlichen Früchte unbeschädigt in die Hände der Verbraucher zu briugeu, so wie sie die Natur liefert. Daun wird es auch möglich sein, einen den Pro duktionskosten entsprechenden Preis zu erzielen. Das Publikum verlangt mit Recht auch im Obst ein vollwertiges Nahrungsmittel Anleitungen über Ernte, Sortierung und Verpackung des Obstes können kostenlos durch die Verkaufs- und Vermittlungsstelle des Landesobstbauvereins für das Königreich Sachsen in Dresden-A., Grunaerstraße 18 be zogen werden. Genannte Stelle bleibt stets bemüht, ein wandfreies Obst zu vermitteln — Arorisionsanspnlch des Aezirksagente». Dem Amtsgerichte Pirn a erstattete die Kammer folgendes Gutachten: Nach denimHandelsstande herrschenden Anschauungen kann ein für einen bestimmten Bezirk bestellter Vertreter keine Provision für die Bestellnngen fordern, die ein anderer in diesem Be zirke wohnender Vertreter für Orte außerhalb des Bezirkes vermittelt. (Aus Nr. 7 der Mitteilungen der Handelskammer zu Dresden, Juli 1912). — Eine Mahnung. Die Drachensaison beginnt nun mehr wieder. Niemand wird das Vergnügen, das unseren Jungens das Steigcnlassen der großen und kleinen, meist selbstgefertigten Drachen bereitet, mißgönnen. Aber bei dem unschuldigen Spiele ist zu beachten, daß die jugendlichen Sportsleutchen die Nähe von Leitungsdrähten oder Tele graphen- und Telephon-Leitungen meiden müssen, um für sich selbst Verdruß und für die Eltern Schaden zu verhüten Das Hängenbleiber, von Drachen an den Leitungsdrähten kann große Verkehrsstörungen nach sich ziehen — also Vor sicht! Es ist Platz genug auch außerhalb der Nähe der Drähte vorhanden. — Der Stand der Maul- und Klauenseuche im Königreiche Sachsen am 15. August war folgender: 1 Ge-. meinde und 2 Gehöfte gegen 2 Gemeinden und 2 Gehöfte am 31. Juli. — Nach dem amtlichen Berichte des König!. Landes gesundheitsamtes über die am 15. August 1912 im König reiche Sachsen herrschenden ansteckenden Fierkrankheiten wurden am genannten Termine im Bezirke der Königlichen Amtshauptmannschaft Meißen vorgefunden Rotlauf der Schweine in je einem Gehöft in Roitzsch, Schletta und Soppen, Geflügelcholera in einem Gehöft in Hehnitz und Gehirnrückenmarksentzündung der Pferde in je einem Ge höfte in Nossen, Heynitz und Schönitz. Die Maul- und Klauenseuche ist sowohl im Bezirke der Königl. Amts hauptmannschaft Meißen erloschen. Sie herrscht gegen wärtig in Sachsen nur noch im Bezirke der Königlichen Amtshauptmannschaft Oschatz. — Kagesordnnng für die Stadtgemeinderats- fitzuug Donnerstag, den 22. August 1912, nachm. Vs 7 Uhr: 1. Mitteilungen. 2. Automobilverbindung Dresden- Wilsdruff. 3. Gesuch des Sozialdemokratischen Vereins, Behebung des Wohnungsmangels in hiesiger Stadt. 4. Industrie-Ausschuß betreffend. 5. Teilnahme an einem sächsischen Städebundtheater. 6. Vertrag mit dem selbständigen Gutsbezirk Wilsdruff, Feuerschutz betreffend. 7. Eindeckung des Maschinenhausdaches im Elektrizitätswerke mit Schiefer. 8. Baugesuch des Herrn Buchdruckereibesitzer Zschunke. 9. Nachforderung der Kgl. Sächs. Staatsbahnverwaltung. 10. Eingabe des Herrn Schneidermeister Welde u. Gen. Straßenbeschleußung betreffend. Hierauf geheime Sitzung. — Ilenes Transportmittel der Sattitätskolonne. Der Gedanke der Freiwilligen Sanitätskolonne zu Wilsdruff, für unsere Stadt und ihre Umgebung einen Krankentrans- portwagen zu schaffen, hat schon oft und dauernd im regsten Interesse für die Allgemeinheit gestanden. Hatte man früher starke Meinung für einen Wagen mit Pferdebespannung, so waren doch die Erhebungen über die Rentabilität nicht dermaßen, daß man hätte ohne große Sorgen der An schaffung beitreten können. Die Unterhaltung eines solchen Wagens verursacht ganz bedeutende Kosten, die mancher Laie nicht überblicken kann. Den Löwenanteil nimmt dabei die Gummibereifung, die in einigen Jahren einige hundert Mark an Unterhaltung kostet. Aus diesem und-manchem anderen Grunde nahm man deshalb in wohlmeinender Absicht von einer Anschaffung eines großen Transport wagens Abstand und lenkte die Aufmerksamkeit auf eine „fahrbare Krankentrage". Der Gedanke wurde zur Tat, und heute können wir die erfreuliche Mitteilung machen: die fahrbare Trage ist im Besitz unserer Sanitäts- kolonue zu Wilsdruff. Wer den Werdegang dieses neuen Fahrzeuges keunt, muß ehrlich seiner Freude und Aner kennung Ausdruck geben, was Fleiß und Arbeit, Raten und Denken zu schaffen in der Lage ist. Die Ausführung selbst hatte mau einem Spezialisten für Krankenwagen- Hau, Herrn Richard Maune in Dresden-Löbtau, übertragen, und kann dieser Firma nur ungeteiltes Lob zugesprochen werden. Der Gesamtentwurf und sämtliche Detailarbeiten und Entwürfe sind in mustergiltiger Weise von Mitgliedern der Sanitätskolonne selbst hergestellt worden. Manches Opfer an Mühe und Zeit ist darangewendet worden, der Lohn dafür ist denn nun auch nicht ausgeblieben. „Treue und Fleiß hat erstehen lassen", „Liebe und Opferwilligkeit wird leiten", „Dankbarkeit und Anerkennung soll es lösen". Der Wagen selbst ist zweirädrig und mit Gummi bereifung und Verdeck und eignet sich mit Vorteil zu jedem Transport, kann selbst im schwierigsten Falle von einer Person bedient werden. Vorführungen finden gelegentlich des Führertages der Sanitätskolonne am 8. September aus dem hiesigen Turnplätze statt, und ist ein Besuch sehr zu empfehlen. Zu diesem neuen Erfolge kann man unsern Sanitätern nur Glück wünschen und die Hoffnung aussprechen, daß ihre Leitung immer in solchen Händen wie jetzt liegen möge, daß aber auch wie bisher das Ganze beseelt bleiben möge von innigem Mitgefühl für alle, die das rote Kreuz in Anspruch nehmen müssen. Wenn auch viel undankbare Arbeit geliefert werden muß, Sonnenblicke gibt es überall. — Wie wir hören, hat vor einiger Zeit ein ungenannt sein wollender Herr Wilsdruffs den Betrag von 200 Mark für den neuen Krankenwagen gestiftet. Herzlicher Dank der Sanitätskolonne wie auch der gesamten Bürgerschaft ist dem edlen Spender sicher gewiß. — Der Druckfehlerteufet hat uns in voriger Nummer insofern einen Schabernack gespielt, als er in der Notiz über die Automobilverbindung Wilsdruff-Dresden eine Personen und Geväckbeförderung in Aussicht stellte. Daß dies natürlich Gepäck heißen soll, haben unsere Leser wohl schon selbst berichtigt — Wetterausstchten für heute: Südwestwind, heiter, warm, vorwiegend trocken, Gewitterneigung. Luftwärme gestern mittag -s- 18" L — Von der 1. Ferienstrafkammer des Königlichen Landgerichts Kreiöerg ist der Stuhlbauer Richard Paul Kästner aus Herzogswalde wegen schwerer Urkunden fälschung in Tateinheit mit Betrug, Betrugs in weiteren 4 Fällen, Diebstahls und wegen Nächtigens im Freien zu 3 Monaten Gefängnis und 3 Tagen Haft verurteilt worden; 1 Monat Gefängnis und die Haftstrafe gelten als verbüßt. — Neukirchen. Der unter dem bewährten Vorsitze des Herrn Gutsbesitzer Zschoge stehende Königl. Sächs. Militärverein veranstaltet auch in diesem Jahre am Sonn tag, den 1. September im hiesigen Kretzschmarschen Gast hofe eine größere patriotische Feier, bestehend in Vortrag von Männerchören seitens des Gesangvereins, Solis und Aufführung von lebenden Bildern. Außerdem gelangen zwei der Festfeier entsprechende Einakter zur Darstellung. Es dürfte diesem patriotischen Abend gewiß ein volles Haus in Aussicht stehen. — Ein auf einem hiesigen Gute bediensteter Knecht kam bei einem Sprunge vom Wagen zu Falle und brach den Arm, so daß er ärztliche Hilfe im Krankenhause zu Nossen suchen mußte. — Sieveulehu, 17. August. Heute mittag wurde durch ein Kommando der 3. Kompanie vom 1. Pionier bataillon Nr. 12 aus Dresden unter Herrn Hauptmann Mirus die 35 Meter hohe Esse der Beyermühle gesprengt. Der Besitzer des Fabnketablissemeqts gedenkt, eine 50 Meter hohe Esse errichten zu lassen. — Wossen. Nach einer Bekanntmachung der Kreis hauptmannschaft zu Dresden im „Dresdner Journal" soll von einer geplanten zweiten Apotheke in Nossen abgesehen werden. — Gruöen, 20 August. Als gestern nachmittag halb 2 Uhr der Hausbesitzer Reinhardt mit Birnenpflücken beschäftigt war, kam der Fuhrwerksbesitzer Schröder aus Gruben mit einem mit Birnen beladenen Wagen des Weges gefahren. Da der Weg durch Leiter und Stützen sehr be engt war, forderte Schröder den Reinhardt auf, die Leiter zu verlassen, damit er vorbei könne. Reinhardt stieg statt dessen noch höher hinauf. Als mm Schröder vorbeizukommen versuchte, kam er mit dem Rade ins Schnittgerinne. Das Rad zerbrach, ein Korb Kürzte an die Leiterstütze, die Lester drehte sich und Reinhardt fiel auf die Straße herab. Er war sofort tot. Nack Feststellung des Arztes hat er einen Schädelbruch, einen Schlüsselbeinbruch, einen Oberschenkel bruch und drei Rippenbrüche erlitten.! — Meißen. Der hiesige Konsumverein will eine eigene Bäckerei errichten. Es ist hierfür bereits ein Bauplatz Ecke Hafen- und Gustav-Straße erworben worden. Man Will mit der Bäckerei das Zentrallager verbinden und außerdem ein Verwaltungsgebäude errichten. Nicht ausge schlossen ist, daß sich der Bäckerei bald andere Produktions zweige anschließen werden. — Weinböhla, 20. August. Die 2000 Mark in Wert papieren, die, wie gemeldet, von Einbrechern dem Kauf mann Eber in Weinböhla gestohlen worden waren, sind in den Waldungen in her Nähe aufgefunden worden, wo sie die Täter als für sie wertlos weggeworfen haben. — Grimma. Das mit der hiesigen Brunnenweihe verbundene Blumenfest hat eine Gesamteinnahme von rund 6000 Mark erbracht. Die Ausgaben betragen etwa 1500 Mark, sodaß für das Bürgerheim und das Blinden heim 4500 Mark übrig bleiben. — Hberplanitz bei Zwickau, 20. August. Gestern abend wurde der sechsjährige Sohn des Versicherungs kassierers Pistorius von hier auf der Lengenfelder Straße von einem Automobil überfahren. Der Knabe erlitt einen schweren Schädelbruch, der nach einer Viertelstunde seinen Tod herbeiführte. — Mauen, 19. August. Die Flugspenden für Be schaffung eines Flugzeuges „Vogtland" haben bis heute die Höhe vou 23047,04 Mark erreicht. — Ein junger Mann aus Dresden, der Kaufmann Paul Weinhold, stürzte sich von der hiesigen König-Friedrich-August-Brücke ab. Der Selbstmörder war sofort tot. Es ist das der 20. Selbstmord seit Bestehen der Brücke. Zur Frage der Vieheinfuhr aus Südwest.*) Von einem anerkannten Kenner Deutschsüdwestafrikas wird uns geschrieben: „Hüte dich vor Leuten, welche dir gefällig sprechen" lautet ein Burensprichwort, das im westlichen Kaplande besonders verbreitet ist. In der Tat sind das nicht die besten Freunde, die nie etwas anderes sagen, als was man gern hören möchte. Ein Teil unserer südwestafrikanischen Farmer hat seit etlicher Zeit zweifellos Schwierigkeiten, Absatz für die Er zeugnisse der Viehzucht zu finden. Es ist nicht ohne Be lang, festzustellen, daß es sich besonders um die im nörd lichen Teile Südwestafrikas Wohnenden handelt, wo größere lokale Märkte nicht vorhanden sind, während die Verbindungen mit den an Märkten reicheren Teilen des ") Dieser Artikel, welcher der „Deutschen Tageszeitung" entnommen ist, wurde uns als Entgegnung ans die am 27. Juli in Nummer 86 erschienene Notiz „Auch aus deutschen Kolonien wird kein Vieh nach Deutschland hereingelassen" "mit der Bitte um Veröffentlichung über sandt. Schutzgebietes bislang insofern ungemein viel zu wünschen übrig ließen, als die Otavibahn ganz ungeheuerliche Vieh tarife in Anwendung brachte. Solange diese Eisenbahn Privatunternehmen war, das ursprünglich in erster Linie der Ausbeutung der Kupferbergwerke diente, war dagegen nicht viel zu sagen Seit aber das Schutzgebiet diese Bahn gelaust hat, mußte sie nicht nur den Interessen der „Otavi-Minen- und Eisenbahngesellschaft", sondern den Gesamtinteressen des Landes dienen, insbesondere auch denen der Farmer. Das ist aber nicht der Fall gewesen Denn Herr Dernburg verpachtete den Betrieb der von ihm für das Schutzgebiet zu hohem Preise erstandenen Bahn an die „O.-M- u. E.-G", ohne dem Fiskus bzw. dem Gouverneur das Recht der Kontrolle der Tarifge- bahrung der Betriebsgesellschaft vorzubehalten. So gelang es erst in neuester Zeit infolge des kräftigen Druckes, den der Landesrat und der Gouverneur ausübten, eine Revision der Viehtarife herbeizuführen, über deren Wirkung wir freilich heute noch nicht klar sind. Immerhin glauben wir annehmen zu können, daß den Farmern des Nordens der Markt des Schutzgebietes wesentlich zugänglicher gemacht worden ist als bisher. In den drei nördlichen Bezirken Grootfontein, Outjo und Omaruru betrug die Zahl der Rinder nach der Zählung von 1910 27670 Stück, 1911 aber 35061, wovon nur 32011 Stück im Besitz von Weißen waren. Es wurden bei Weißen im einzelnen gezählt: 479 Bullen, 6962 Ochsen, 12327 Kühe, 4201 Färsen und 8042 Kälber. In den Bezirken der Mitte, also Karibik, Okahandja, Gobabis, Windhuk, Rehnbeth und Swakopmund, wurden gezählt 966 Bullen, 13485 Ochsen, 24277 Kühe, 9403 Färsen und 16146 Kälber; in den Südbezirken 505 Bulle», 8277 Ochsen, 9043 Kühe, 3592 Färsen, 6322 Kälber. In Deutschland wurden 1907 gezählt: 203098 Bullen, 1260520 Ochsen, 10966998 Kühe, 6368741 Jungrinder und 1831187 Kälber. Hier fällt sofort das Mißverhältnis der Zahl der Bullen zu der der Kühe auf. Es beträgt etwa 1:24 in Süd west, in Deutschland aber 1 : 55. Andererseits ist aller dings das Verhältnis von Kühen zu Jungvieh in Südwest gleich 1 : 1, in Deutschland hingegen nur wie 11 : 8. Hierbei muß aber in Rechnung gestellt werden, daß man in Südwest verhältnismäßig und mit Absicht weitaus weniger Kälber schlachtet als in Deutschland. Nach amt lichen Ermittlungen wurden im Verhältnisse zum Rindvieh bestand von Ende 1907 im Jahre 1908, ohne daß dieser Bestand bis Ende des Jahres sich wesentlich veränderte, in Deutschland abgeschlachtet 264,3 Proz. von Kälbern unter Vi Jahr und 16,4 Proz. von Jungrindern, also solchen von V« bis 2 Jahren An Ochsen und Bullen wurden 42,4 Proz., an Kühen 15,2 Proz. geschlachtet. Es erscheint wünschenswert, daß in der nächsten Denkschrift Angaben über die Schlachtungen im Schutzgebiete gemacht werden, damit man sich über das Verhältnis von Produktion und Verbrauch ein klares Bild zu machen in der Lage ist. Da aber nach den Ausweisen des „Amtsblattes" die Fleisch- und Viehpreise in Südwest, dessen Markt durch Angebot und Nachfrage vielmehr beeinflußt wird, da die Organi sation der Preise fehlt oder fast fehlt, wie sie in Deutsch land durch Lie großen Händlerringe bewirkt wird, sich an nähernd gleich geblieben sind, kann man von einem Ueber- angebot von Vieh und Fleisch eigentlich kaum sprechen. Das geschieht aber von den Kreisen, welche ein gewisses Interesse daran zu haben scheinen, die Einfuhr von Vieh und Fleisch aus Südwestafrika und überhaupt aus den Kolonien zu betreiben. Hierin liegt aber für die Farmer eine große Gefahr, die man drüben nicht unterschätzen sollte. Es ist interessant, die Antworten zu prüfen, welche die „Allgemeine Fleischer-Ztg." auf ihrer Rundfrage betr. Vieh- einfuhr aus den Kolonien von den Reichtagsabgeordneteu erhalte» hat. Selbst Herr Gotbein, der temperamentvolle Freihändler, kann nicht umhin, die Unkosten für Frachten usw. anzuerkennen, an denen in erster Linie die Sache scheitern wird. Fraktionsgenossen von ihm, die auf bäuer liche Stimmen angewiesen sind, verlangen gleich uns auch scharfe veterinärpolizeiliche Kontrolle. Zudem ist sogar Herr Gothein der Ansicht, daß der Austrieb, den man aus Süd west erwarten könnte, so gering sein würde, daß eine Be einflussung der Fleischpreise nicht fühlbar werden würde, vorläufig wenigstens nicht. Bei der Beurteilung dieser Frage ist es nötig, sich zu vergegenwärtigen, daß das Hererorind zur völligen Schlacht reife volle sieben, das Namarind fünf bis sechs Jahre braucht, während das deutsche nur 2 Vs bis 3 Jahre benötigt. Man kann also die deutschen Schlachtungsverhältnisse zum Rinder bestande nicht ohne weiteres -uf Südwest übertragen. Im viel weiter entwickelten Britischen Südafrika beträgt das Verhältnis der Schlachtungen zum Rinderbestande nur 22,7 Proz. In Südwest deutet schon die allgemeine Vermehrung des Viehbestandes daraus hin, daß dieser Prozentsatz wesentlich geringer sein muß. Dabei sind die weitaus meisten Farmen nicht genügend bestellt, der innere Markt vergrößert sich infolge Zunahme der Minen und sonstigen industriellen Betriebe, die Zug- und Schlachtvieh in steigen dem Maße benötigen. Wenn man nun bedenkt, daß infolge vieler Krankheiten, die noch immer die Viehbestände Britisch- Südafrikas verringern, die Steigerung des Verhältnisses der Schlachtungen zum dortigen Viehbestände kaum die Höhe wird erreichen können, die es in Deutschland hat, nämlich 42,2 Proz., andererseits aber der Markt immer größere Anforderungen stellt, die am deutlichsten durch die Einfuhr von Fleisch illustriert werden, so ist doch nicht zu bezweifeln, daß der zu erwartenden Mehrproduktion Südwestafrikas sich ein gutes Absatzgebiet dort eröffnen muß. Damit würde schließlich nur das alte Verhältnis wieder hergestellt, kein neues geschaffen. Höchstens könnte der Verkehr er leichtert werden durch einen Bahnbau, der Keetmanshoop mit Johannesburg verbinden würde. Wir brauchen Kohlen, die Südafrikaner Fleisch. Jene haben Ueberproduktion an Kohlen, wir werden solche an Fleisch haben. Es handelt sich also um ein reines Geschäft bei diesen: Bahnprojekte, das beiden Teilen Nutzen bringt. Südwestafrikanische Rinder haben, wenn sie völlig aus gewachsen sind, ein Schlachtgewicht von 400—500 Pfund, in Deutschland beträgt der Durchschnitt bei Ochsen 660 Pfd., bei Bullen 620 Pfd, bei Kühen 480 Pfd., bei Jungvieh schon 370 Pfd. Für Ochsen erhält heute der Farmer 180—200 Mk. Dazu kämen beim Transporte nach Deutsch land, d. h. über 6050 Seemeilen, allein, selbst wenn ganze
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