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Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend : 04.07.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782024719-191207041
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782024719-19120704
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782024719-19120704
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-07
- Tag 1912-07-04
-
Monat
1912-07
-
Jahr
1912
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materielle Nachprüfung d<S Inhalts der Nrbeitsverkäge und durch Hinweis auf geeignete Schiedsverfahren für den Fall entstehender Streitigkeiten hinwirken. Ferner können die Arbeitsnachweise auch außerhalb ihrer Vermittlungs- töttgkett in günstigem Sinne wirken. DieS kann geschehen durch Erteilung allgemeiner Rechtsauskünste an die Arbeiter, durch Förderung der Wohlfahrtsbestrebungen, durch Überwachung der gewerbsmäßigen Stellenvermittler, durch Überwachung der sozialistischen Agitation unter den Landarbeitern, durch Versorgung der Presse mit auf- klärenden Artikeln und durch Jnteressierung der Arbeit geber für die jeweils notwendigen Maßnahmen in be sonderen Arbettgeberversammlungen. Von Jahr zu Jahr steigen auch in Deutschland die Ehescheidungen. Auf je 100000 Einwohner entfielen im Jahresdurchschnitt im Deutschen Reich 1900—1904: 15,8, 1905—1908: 19,6, 1909: 23,1 Ehescheidungen. Nach den Ergebnissen der beiden letzten Jahre hat der Scheidungs prozeß auch weiterhin eine erhebliche Zunahme erfahren. Bei 47,5 ockler in Preußen rechtskräftig geschiedenen Ehen erfolgte die Trennung wegen Ehebruchs, Doppelehe und sexueller Verfehlungen. Bon der Gesamtzahl der Ehe scheidungen entfallen regelmäßig etwa 80 o. H. auf Lie Städte, 20 v. H. auf die Landgemeinden. Nach Berufs" klassen gegliedert, ist die Landwirtschaft nur mit 6,8 Pro- -enh Industrie, Handel, Verkehr und Handwerk mit 78,6 Prozent an den Ehescheidungen beteiligt. -I- Der in Halle a. S. tagende Fischereiverein für die Provinz Sachsen und für Anhalt beschloß im Interesse des Schutzes der Flußläufe die Reichsregierung auf zufordern, zur Lösung der Frage der Verunreinigung der Flüsse durch Kaliendlaugen einen Preis von ettva einer halben Million auszuschreiben. Es soll ein Verfahren gefunden werden, welches diese Laugen unschädlich macht. frankrelck. X In der Deputtertenkammer erwiderte Ministerpräsident Poincar« auf eine längere Rede Barthous, die französische Armee spiele in Marokko die Rolle eines Quartiermachers für die Zivilisation. Planmäßige rationelle und fort schreitendste Ausdehnungspolitik und Umsicht seien dabei die Vorbedingung. Der Sultan von Marokko habe den Vertrag in voller Freiheit angenommen, er habe nur ge beten, daß der Vertrag geheim bliebe, bis er in Rabat an gelangt sei. Das sei leider nicht möglich gewesen. In Marokko verfüge Frankreich gegenwärtig über Truppen, die sich im westlichen Marokko auf 32 000 Mann und im algerisch-marokkanischen Grenzgebiet auf 11000 Mann be ziffern. Frankreich werde den Sultan nicht beseitigen, es habe aber das Recht, ihn zu einem protegierten Souverän zu machen. Die Meuterei in Fez sei unerwartet ge kommen. Sie sei ausgebrochen, weil die scherifischen Truppen mit der neuen Besoldungsordnung unzufrieden gewesen seien. X Nach der langen, aber inhaltlich wenig Neues bietenden Rede des Ministerpräsidenten Poincare über den Marokko-Vertrag nahm die Deputtertenkammer den Pro- tektoratsvertrag über Marokko an. Dann wurde die Wahlreform weiter beraten. Die Artikel, welche die Ver- tretung der Minderheiten sowie die Listenwahl für die Deputierten vorsehen, wurden angenommen. Srovbrttannien. X Nicht überall geht man so unverzeihlich milde mii den „Wahlwribcrn" um, wie in London. In Pakenham in der Grafschaft Suffolk wollte man nichts von ihnen wissen und vergalt ihnen gleiches mit gleichem. Die Agitatorin Drummond, die dort reden wollte, ließ man gar nicht erst zu Worte kommen. Es wurden Steine auf den Wagen geworfen, der als Rednerbühne diente, und die Menge erhob ein gewaltiges Geschrei, sobald die Rednerin den Mund öffnete. Eine Stunde lang versuchte Frau Drummond vergeblich, sich Gehör zu verschaffen. Mehrmals überwältigte die Menge die Wache haltende Polizei und versuchte den Wagen umzumerfen. Schließlich mußte die Rednerin das Feld räumen. Spanien. X MinlUerpräsident Canalejas hatte einen schweren Stand, um in der Kammer den Gesetzentwurf, betreffend Zulassung eines Zusammenschlusses benachbarter Pro vinzen, durchzusetzen. Die Opposition erblickte in dem Gesetzentwurf die Tendenz einer Selbstregierung der Pro vinzen. Die Konservativen enthielten sich ganz der Ab stimmung, so kam es, daß von 400 Mitgliedern der Kammer nur verhältnismäßig wenige ihre Stimme ab gaben. Mit 171 Stimmen erhielt die Regierung die Mehrheit. Aber es ist kein Sieg, sondern Canalejas dürfte vor der Abdankung stehen, falls ihn der König nicht hält. OUrllet. x Um der Militärrevolte in Monastir Herr zu werden, ist jetzt ein Sonderzug von Konstantinopel ab gegangen, der nur auserwählte Offiziere und Mannschaften in Stärke von etwa 700 Mann enthält, die dem jungtürkischen Komitee ausnahmslos ergeben sein sollen, so daß nicht zu befürchten ist, daß sie mit den abgefallenen Truppen ge meinsame Sache machen. Weitere Transporte werben vor bereitet. Der Kommandant dieser Truppen besitzt Voll machten zum Vorgehen gegen die Abgefallenen, falls diese nicht sofort in ihre Kasernen zurückkehren. x In den lebten Tagen find Gerüchte aufgetaucht, welche von der Gewährung der Autonomie an Mazedonien und Albanien sprechen. Ein angesehenes Mitglied des jung türkischen Komitees soll beauftragt sein, nach Berlin zu reisen, um mit der deutschen Regierung wegen der Autonomie für Mazedonien und Albanien zu verhandeln. Beide Landesteile sollen zu einer einheitlichen Provinz unter einem christlichen Gouverneur vereinigt werden. Auch mit England soll darüber verhandelt werden. Ob diese Meldungen zutreffen, steht vorläufig nicht fest, sicher ist jedoch, daß der Vorschlag durchaus diskutabel ist und daß seine Durchführung den ewigen albanischen Unruhen ein Ende machen würde. klOrckamerlka. X Die Lage auf dem demokratischen Parteitage in Baltimore ist fast unverändert. Man ist schon bis zur 42. Abstimmung gekommen und immer ist noch keine Klärung erfolgt. Wilson erhielt zuletzt 494, Clark 430 Stimmen. Wann der Konvent zu Ende kommen wird, ist noch nicht abzusehen. Kus In- uncl Kuslancl. Duisburg, 17 Juli." Die niederländische Regierung gab auf diplomatischem Wege ihre Erlaubnis, daß dieser Tage drei große deutsche Torpedoboote in Lie Rheinmündung eindampfen werden, um sich nach Düsseldorf zum Marine- kongreb zu begaben. Helstngfors, I.Juli. Das deutsche Schulschiff „Hertha" ist hier eingetroffen. Alle Zeitungen begrüßen die deutschen Gäste. Die deutsche Kolonie wird ein Bankett veranstalten. "Loudon, 1. Juli. Der Demonstrationszug der streikenden Transportarbeiter im Hydepark ist als mißlungen an- zusehen, da nur wenige Teilnehmer sich einfanden. Die Arbeitgeber veröffentlichen eine Erklärung, nach der sie jede Verhandlung mit den Arbeitern ablehnen. Brüssel, 1. Juli. Der Staatsanzeiger veröffentlicht ein Dekret, nach dem vom 1. April kommenden Jahres ab eine Reihe Artikel der Textilbranche nicht mehr einen Wert«, sondern einen Gewichts; oll zahlen werden. Es befinden sich darunter Plüsch, Samt, Tüll, Filz und Wirkwaren. Lissabon, 1. Juli. Bei Barcellos in Nordportugal ver suchten die Monarchisten eine Erhebung. Truppen schritten ein und mußten von der Waffe Gebrauch machen, wobei mehrere Personen erschossen und verletzt wurden. Lissabon, 1. Juli. Der Senat hat die Vorlage über eine Anleihe von 5830 Kontos Reis für Len Ausbau der Kriegsflotte angenommen. Rom, 1. Juli. König Viktor Emanuel hat die vom italienischen Parlament angenommene Wahlreform be stätigt. Prag, 1. Juli. Der österreichische Ackerbaumintster Dr- Brak ist in Rotzok bei Prag gestorben. Konstantinopel, 1. Juli. Die Regierung hat beschlossen, den Korrespondenten der „Nowoje Wremja", der früher Konsul in Monastier war und den Korrespondenten des „Ruskoje slovo polunin" wegen Verbreitung falscher ten denziöser Meldungenlauszuweisen. Agram, 1. Juli. Der am 8. Juni bei dem Revolver anschlag gegen den Königlichen Kommissar Cuvay am Kopfe verletzte Rat Hervoics ist gestorben. Daressalam, 1. Juli. Der öffentliche Betrieb auf der deutsch-ostafrikanischen Mittellandbahn ist beute bis Tabra, das ist eine Strecke von 848 Kilometern von Dares salam entfernt, von der ostafrikanischen Eisenbahngesellschaft übernommen worden. Peking, 1. Juli. Zum chinesischen Premierminister ist nunmehr endgültig der Minister Les Äußern, Lutscheng- heiang ernannt worden. Kassel, 2. Juli. Der deutsche LuitNottenverein, welcher jetzt nahezu 16 000 Mitglieder zählt, wird Ende Oktober hier in Kassel eine außerordentliche Mitglieder versammlung abhalten, bei welcher es sich in der Hauptsache um den Ausbau des Luftflottenvereins zu einem groben nationalen Verbände bandeln wird. Wien, 2. Juli. Hier beginnen übermorgen die gemein samen Konferenzen zur Feststellung der Voranschläge für die gemeinsamen Heeresangelegenheiten im Jahre 1912/13. Wie verlautet, beabsichtigt der Kriegsminister, einen außerordent lichen Kredit über 190 Millionen Kronen für Ausrüstung der Artillerie zu verlangen. Belgrad, 2. Juli. Durch königlichen Ukas ist der Minister des Innern Trifkowitsch zum Minister präsidenten, der Minister für öffentliche Arbeiter Michael Ilitsch zum Finanzminister und Minister für öffentliche Arbeiten und der Sektionschef im Ministerium für aus wärtige Angelegenheiten Johann Jowanowitsch zum Minister des Äußern ernannt worden. Die übrigen Minister be halten ihre Portefeuilles. London, 2. Juli. Im nächsten Monat werden deutsche und englische Geschäftsleute hier zu einer Konferenz zusammenketen, wobei die Annäherung beider Länder erörtert werden soll. Malta, 2. Juli. Zwei französische Marineoffiziere von der Besatzung eines Torpedojägers wurden im hiesigen Hasen von einigen Eingeborenen schwer mißhandelt, so daß der eine Offizier starb. Petersburg, 2.Juli. Die Wahlen zur vierten Duma, die man für September erwartete, sollen aus den Winter verschoben werden. Die Regierung will die Einberufung der vierten Duma bis Ende Januar vertagen, weil wegen der Arbeit der Bauern während der Ernte die Wahlen nichi vor Ende November begonnen werden können. Mas gibt es ^eues? (Telegraphische und Korrespondenz-Meldungen., In den Schären. Berlin, 1. Juli. Wie soeben bekannt wurde, wird außer dem Reichskanzler auch ein Vertreter des Auswärtigen Amtes zu der Monarchen-Zusammenkunft in den Schären rugezogen werden. Es ist dies der Geheime Legationsrat Graf Mirbach-Harff, der u. a. in Petersburg deutscher Botschaftsrat war und gegenwärtig Dezernent der Abteilung für russische Angelegenheiten im Auswärtigen Amt ist. Die Zusammenkunft soll diesmal in Baltischport, einem kleinen Hafen im Norden Estlands, stattfinden. Dort ist ein feierlicher Empfang für den 4. Juli, den Tag der Zusammen kunft, vorbereitet. Kaiser Wilhelms Wiborgsches Infanterie- Regiment ist schon teilweise dort eingetroffen. Der Kaiser ist von hier nach Danzig abgereist, von wo die Weiterreise mit der Jacht „Hohenzollern" erfolgt. Politisches Badekränzchen. " Kisstngen, 1. Juli. Dieser Sommer scheint unserem Bade wieder starken diplomatischen Verkehr zu bringen. Herr v. Kiderlen-Wächter, der Staatssekretär des Äußern, weilt zur Kur hier, und um ihn versammeln sich eine Anzahl anderer Staatsmänner. Der italienische Botschafter in Berlin, Grafi Pansa, hat auf der Reise nach Italien Kissingen berührt und sich kurze Zeit hier aufgehalten, „um Herrn v. Kiderlen die Hand zu drücken". Heute ist auch der spanische Botschafter in Berlin zum Kurgebrauche hier ein getroffen. Die Gattin des französischen Botschafters in Berlin, Cambon, ist bereits hier und erwartet in den nächsten Tagen ihren Gemahl. Auch der württemberaische Minister- Präsident v. Weizsäcker ist angemeldet. Der übliche Krawall. Prag, 1. Juli. Es gehört zum Programm der Prager Tschechen, daß sie öfter einen blutigen Zusammenstoß mit den deutschen Studenten haben müssen. Der offizielle Krawallort ist der Graben, wo die deutschen Studenten vor dem deutschen Kasino gewöhnlich ihren Sonntagsbummet abhalten. Als diesmal bei der Sokolfeier der Tschechen der Festzug über den Graben ging und die deutschen Studenten auf dem Bürgersteig standen, wurden sie gestoßen, geschlagen und beschimpft. Die deutschen Farben wurden ihnen von, Leibe gerissen, eine Anzahl Studenten wurde von der Menge zu Boden gestoßen und zum Teil schwer verletzt. Auch das Messer spielte bei den Tschechen eine Rolle, ein Techniker erhielt einen Stich in den Oberschenkel. Nachdem diese tschechische Kulturtat erledigt, setzte der Zug seinen Weg fort. Wer die Czenstochauer Klosterjuwelen hat. Paris, 1. Juli. Der Rektor der hiesigen polnischen Schule, Pfarrer PoStawka, erhielt heute von dem ehemaligen Prior des Paulinerklosters in Czenstochau, Reimann, der bekanntlich zur Buße in einem römischen Kloster weilt, einen Brief ungefähr folgenden Inhalts: Der seinerzeit auch im Czenstochauer Mordprozeb verurteilte Mönch Starczowski habe erklärt, die jetzt hier in Paris lebende Frau Olga Orczerkowska aus Kielce wisse, wer damals den Raub der Muttergottesjuwelen begangen habe. Die Genannte war eine Zeitlang die Geliebte Maczochs.- Sie sei eben aus Baltimore zurückgekehrt .und wisse zweifellos über den Ver bleib der Kleinodien Bescheid. Frau Orczerkowska hat hier in Paris ein eigenes Haus. Den Brief hat der Empfänger Postawska der Polizei zu weiteren Erhebungen übergeben. Der Pariser Pianistenpreis für eine« Berliner. 1 Pari-, 1. Juli. Eine seltene fAuszeichnung ist hier einem junge« Künstler aus der deutschen Reichshauptstadt zuteil geworden. Eine aus ersten Künstlern Frankreichs be stehende Jury, unter der sich Massenet und Faurs befinden, erteilten heute den aus 1000 Frank und einem Konzertflügel bestehenden Preis für die beste pianistische Leistung dem Pianisten Felix Dyck auS Berlin. Diese Auszeichnung dürfte rum erstenmal einem Deutschen verliehen worden sein. Milowao Milowanowitsch -ß. Belgrad, 1. Juli. Unser Ministerpräsident Dr. Milo- wanowitsch ist heute früh gestorben. Mit ihm ist einer der bedeutendsten serbischen Politiker heimgegangen. Eine hervorragende Rolle spielte er während der letzten serbisch österreichischen Krise in den Jahren 1908 und 1909; da war er der Führer der antiösterreichischen Bewegung und erlangte als solcher große Popularität. Milowanowitsch machte, dank seiner großen Begabung, rasch Karriere. Ursprünglich Lehrer, wurde er in jugendlichem Alter Professor und widmete sich bald darauf der hohen Politik, die ihm die höchsten Ehren, die das Reich zu vergeben hat, einbrachte. Das Befinden der Kaiserin. Berlin, 2. Juli. Über den Gesundheitszustand der Kaiserin waren verschiedene Gerüchte im Umlauf, die sogar von einer ernsten Erkrankung sprachen. Glücklicherweise bewahrheitet sich das nicht. Die halbamtliche „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" erklärt nämlich: „Das von einigen ausländischen Blättern verbreitete Gerücht, daß das Befinden der Kaiserin zu ernsten Besorgnissen Anlaß gebe, ist voll ständig unbegründet. Ihre Majestät ist lediglich von der Nauheimer Kur etwas angegriffen und muß sich daher noch einige Schonung auferlegen." Spionage-Epidemie. Kiel, 2. Juli. Die Spionagefälle nehmen kein Ende. Soeben ist hier wieder eine Verhaftung wegen Spionage oorgenommen worden. Diesmal handelt es sich um einen Deutschen, den früheren Techniker Ewald, der aus dem Rheinland hierher kam und schon seit Monaten von der Polizei beobachtet wird. Als er jetzt das Signalbuch der Marine erlangen wollte, faßte die Polizei zu. Man fand außerordentlich viel Belastungsmaterial bei ihm, denn er hatte zahlreiche Verbindungen angeknüpft, die ihm alles mögliche lieferten. Wer die Personen sind, die ihm das Material auslieferten, steht noch nicht fest, wenn auch der Verhaftete ein umfassendes Geständnis abgelegt hat. Er versuchte aus der Spionage einen Großbetrieb zu machen, denn er war sowohk für Frankreich, wie für England tätig und batte in beiden Ländern Förderer in sehr hohen Stellungen. Der König im Variets. London, 2. Juli. Auch die leichtgeschürzte Muse der Vartete-Tbeater, die bisher von vielen hochgestellten Personen gänzlich unbeachtet blieb, bat sich jetzt einer fürstlichen Beachtung zu erstellen. Kein Geringerer als der König und die Königin haben einer Variete-Vorstellung des Londoner Palace-Theater beigewohnt. Natürlich war bei dieser Erhebung in Lie Hoffäbigkett alles aufs glänzendste ausgestattet. 300 000 natürliche und künstliche Rosen sowie viele andere Blüten hatten das Innere zu einem wahren Blumengarten umgewandelt, aus der Bühne sah man die größten Berühmtheiten der englischen Artisten. Die Preise waren natürlich furchtbar in die Höhe gegangen. Ein Parkett sitz kostete zum Beispiel 106 Mark. Für die wenigen nicht reservierten Plätze warteten vor der Einlaßpforte schon kurz vor Mitternacht die ersten Personen. Sie standen t8 Stunden dort, bis »um nächsten Abend um 0, da das Haus geöffnet wurde. Das Programm wurde ohne Zwischen fall durchgeführt, am Schluß sang das gesamte Personal und das Publikum die Nationalhymne. Revolutionsstreik in Belgien« Brüssel, 2. Juli. Die liberale und die sozialdemokratische Partei haben ihre Wut über den Ausfall der letzten Parla mentswahlen. die bekanntlich die Mehrheit der Klerikalen nur noch stärkte, noch nicht überwunden. Die kleinen Tetl- streiks allerdings, die im ersten Ärger über das Wahlresultat entstanden, find längst beendet, dafür holt die belgische Arbeiterparte, aber zu einem viel gewaltigeren Schlage aus. Der Generalrat der belgischen Arbeiterpartei hat in einer Geheimsitzung die Sammlung eines Streikfonds von 25 Millionen behufs Veranstaltung eines mehrwöchigen Generalstreiks zu Ende des Jahres beschlossen. Dieser Generalstreik soll vor allem politische Zwecke verfolgen. Mehrere liberale Millionäre erklärten sich bereit, zu dem Revolutionsfonds beizusteuern. Explofio« eines amerikanische« Luftschiffes. Atlantic City (New Bersey), 2. Juli. Das Luftschiff „Aston" stieg heute früh mit vier Mann Besatzung auf. Kurz nach dem Aufstieg explodierte der wahr scheinlich unter Einwirkung der Sonnenhitze zu stark erhitzte Gasinhalt. Die Hülle verbrannte in der Luft und die Gondel fiel etwa einen Kilometer vom Lande ent fernt wie ein Stein ins Wasser. Bisher gelang es noch nicht, eine Leiche aufzufinden. Ungarns bestgehaßter Mann. Budapest, 2. Juli. Den Titel des bestgehaßten Mannes in Ungarn darf sich der Kammerpräsident Graf Stefan Tisza getrost beilegen. Sein energisches Vorgehen gegen die niemals positive Arbeit leistende Obstruktion im un garischen Parlamente hat ihm bei all den Leuten, die eben falls lieber reden und verneinen, als handeln und bejahen, große Feindschaft eingetragen. Als er jetzt zum Besuch des Grafen Karl Zeyk in Püspökfürdö reisen wollte, mußten alle möglichen Vorsichtsmaßregeln getroffen werden, um ihn vor Attentaten zu schützen. Mehrere Detektivs reisten mit, in gröberen Orten mußte Polizei aufgeboten werden, um seine Weiterfahrt möglich zu machen. In Püspökfürdö wurde Tisza mit stürmischen Abzugrufen empfangen, vier Gendarmen, die nach Püspökfürdö gekommen waren, zer streuten die Demonstranten mit der blanken Waffe. Abends reffte Tisza mit seinem Sohn zurück. Auf der Station wurde der Eisenbahnzug hundert Meter außerhalb deS Perrons angehalten. Tisza bestieg hier mit seinen Detektivs die für sie reservierten Coupes erster Klasse. Vermischtes. über Kaiser Wilhelms Standpunkt zur Frauen bewegung wollen Pariser Blätter unterrichtet sein. Sie behaupten, Kaiser Wilhelm gestehe nur die Beschäftigung mit den schönen Künsten den Frauen zu; im übrigen aber beschränke er ihr Interessengebiet auf die vier „K": Kirche, Küche, Kinder, Kleider. Selbst die Kaiserin müsse sich dieser Anschauung fügen. Sie bereite ihrem Gemahl jeden Morgen um 6 Uhr eigenhändig das erste Frühstück, und der Kaiser nenne das: „echten deutschen Hausfrauen- Kaffee". Was die französischen Journalisten nicht alles wissen! Neuestes aus cken Mtrblättern. Abuungsvoller Gugel. „Wenn du nicht artig bist, Else, dann telephoniere ich an Papa, und was glaubst du, das er sagt?" — „Was erjagt? Er sagt: Hie^ Schulze!"
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