Suche löschen...
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend : 08.06.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782024719-191206089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782024719-19120608
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782024719-19120608
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-06
- Tag 1912-06-08
-
Monat
1912-06
-
Jahr
1912
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
politischen Leidenschaften nicht gestörter Arbeit. Auf dem Vertrauen, daS der König in dieser Beziehung genießt, beruhen die Sympathien, die er sich auch in Deutschland erworben hat, und die Hoffnungen auf fortdauernd freund schaftliche Beziehungen zwischen Bulgarien und dem Deutschen Reich/ 4- Die tm Reichsamt des Innern abgehaltene Sand werkerkonferenz, an welcher die Vertreter der Jnnungs- oerbände, des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammer tages sowie der industriellen Verbände teilnahmen, war übereinstimmend der Meinung, daß die Schaffung einer einheitlichen Instanz zur Entscheidung über die Ab grenzung von Fabrik und Handwerk nötig sei. Dabei wurde auch die Frage der Einrichtung von gemeinschaft lichen Prüfungsausschüssen für Fabrik- und Handwerks lehrlinge besprochen. Bei dem zweiten Punkte der Tagesordnung, die Heranziehung der Industrie zu den Kosten der Ausbildung der Handwerkslehrlinge, wurde betont, daß es zweckmäßig sei, die Frage der Beitrags leistung der Industrie zu den Aufwendungen des Hand werks für die von ihm zu erfüllenden Ausgaben weniger in den Vordergrund zu stellen, dagegen das Zusammen wirken der Industrie und des Handwerks auf den beiden Interessengruppen gemeinschaftlichen Betätigungsgebieten in erster Linie zu betonen. In dieser Beziehung wurde es als wünschenswert anerkannt, daß die vertretenen Kor porationen bei denihnen angeschlossenen Einzelorganisationen, besonders den Handels- und Handwerkskammern, aus eine häufigere, periodisch wiederkehrende gemeinsame Beratung dieser Punkte hinwirken möchten. Die Beratung des Paragraphen 100q der Gewerbeordnung wurde einer späteren Verhandlung Vorbehalten. * Von jetzt ab werden Berechtigungszengnisse znm Einjährigen-Dienst auch die deutschen Schulen in BexhiU (England), Riga, Rom, Barcelona, Kairo, Jerusalem, Belgrano (Argentinien), Rio de Janeiro und Mexiko aus stellen. Die Zahl der deutschen Schulen im Auslande, welche Zeugnisse Mr den Einjährig-Freiwilllgen-Dienst ausstellen dürfen, ist hiermit auf 19 gestiegen. 4- Außer dem preußischen Angebot an die bäuerische Regierung wegen eines Lottericvertrages sind zwei An gebote für eine bayerische Staatslotterie in München gemacht worden. Sie gehen beide von Hamburger Bank häusern aus. Hinter dem einen Konsortium steht die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank, hinter dem andern das Bankhaus Merck, Finn u. Co. Das erste Kon sortium erklärt sich bereit, die Lotterie pachtweise auf 25 Jahre zu übernehmen, bietet dem Staate jährlich 2009 000 Mark und eine Beteiligung am Reingewinn von l5 v. H. Das zweite Konsortium will die Pacht auf 10 Jahre übernehmen, dem Staate 2 700 000 Mark verbürgen und außerdem 25 v. H. am Reingewinn. Nach Ablauf des Pachtvertrages soll dann die ganze Einrichtung dem bayerischen Staat zur Verfügung gestellt werden, sofern er eine wettere Verpachtung nicht wünscht. -I- Die deutsch-französische Kongo-Kamcrnnkommission wird am 15. Juni in Bern zusammentreten. Die Aufgabe der Kommission wird sein die Vorbereitung der Grenz festlegung betreffs der in dem Abkommen über Ayuatorial- afrtka vom 4. November v. I. abgetretenen Gebiete, die Festlegung von Normen für ihre demnächstige Besitz- Übergabe und die Ausarbeitung der in dem Vertrage vor gesehenen Vereinbarung über die Konzessionsgesellschaften. Die Arbeiten der Kommission tragen einen vorbereitenden Charakter und bedürfen der Genehmigung ^cr beiden Regierungen. Okterrelch-Nngarn. X In den böhmischen Landtag wird demnächst eine Frau als Abgeordnete einziehen. Die Landtagswahl ordnung Böhmens besagt nämlich nichts darüber, daß den Frauen das Wahlrecht nicht zustehe. Daher haben sich zahlreich Frauen als Kandidaten ausstellen lassen. In Jung-Bunzlau erhielt nun die Tschechin Frau Kunettizko 840 Stimmen, der Kandidat der Jungtschechen 769 und die Kandidatin der tschechischen Sozialdemokraten Frau Macha 445 Stimmen. Es ist infolgedessen eine Stichwahl notwendig, und da die tschechischen Sozialdemokraten in dieser Stichwahl für die Kunettizky stimmen werden, ist die Wahl dieser Frau gesichert- frankreich. X Der Ministerpräsident hat in der Kammersitzun- eimge allgememgehaltene Andeutungen über die Wahl- rcform-Absichten der Regierung gegeben. Er betonte dir Notwendigkeit der Einführung der Verhältniswahl. Al das nächste werde jedoch eine Neuordnung der Wahlkreise angesehen. Mehrere Departements sollen zu Wohnzwecken zusammengelegt werden. Diesen neuen Einheiten wird eine bestimmte Zahl von Deputierten zugestanden werden. Die Gesamtzahl der Deputierten wird sich nur wenig ver ringern. Von der Zahl der Abstimmenden wird die Ver teilung der Mandate innerhalb der neuen Wahlkreise ab hängen. In der Kammer besteht jedoch noch immer ein starker Widerstand gegen jede Wahlrefvrm auf Grundlage der Verhältniswahl. Belgien. X Das Ergebnis der Kammerwahlen steht nun genau fest. Es sind gewählt: 101 Klerikale, 44 Liberale, 39 Sozialdemokraten und 2 christliche Demokraten. (Be kanntlich wurde die Anzahl der Kammersitze von 166 aus 186 erhöht.) Auch im Senat werden die Klerikalen wahr scheinlich die Mehrheit behalten. Es sind in den Senai 54 Katholiken, 26 Liberale und 13 Sozialisten gewählt. 27 Senatoren sind noch durch dce Proomzialstände zu wählen Vürkei. X Vor Ipek nehmen die Albanesen wieder eine be drohliche Haltung ein. Alle Telegraphendrähte zwischen Ipek, Djakowa und Mitrowitza sind zerschnitten. Alle Straßen und Pässe sind besetzt. Von Mitrowitza sind acht Bataillone nach Ipek beordert worden. X Die Abreise der ausgewiesenen Italiener von Konstantinopel ist noch nicht beendet. Es sind jetzt 2000 Pässe für 5000 Personen verabfolgt. Kuba. X Vorläufig find nur 450 nordamerikanische See- soldatcn auf Kuba gelandet, und zwar bet Guautanamo, um die amerikanischen Fabriken zu schützen. Doch werden wahrscheinlich noch mehr Truppen von den entsandten vier Kriegsschiffen gelandet werden, und ihr Verwendungsgebiet wird sich nicht auf die Umgebung von Guantanamo be schränken, da viele amerikanische Bürger nach Schutz ge- rufen haben. Vorläufig scheint die kubanische Regierung unter Präsident Gomez unfähig, die Revolte zu unter drücken. Die Lage ist für die Fremden äußerst bedrohlich. Die größte nordamerikanische Plantage Santa Cecilia wurde von Aufrührern niedergebrarmt. Ein allgemeiner Raubzug deS aufrührerischen Gesindel- gegen die «merika- uMm Fabriken steht bevor., - Aus In- unck Zuslanck. Berlin, 5. Juni. Die gemeinsame Schlußsitzung beider Kammern des preußischen Landtages wird am 8. Juni nachmittags stattfinden. Berlin, 5. Juni. Der bayerische Ministerpräsident Frei herr v. Hertling ist von Dresden kommend hier wieder eingetroffen. Essen, 5. Juni. Die Familie Krupp .hat der Flug spende 70000 Mark überwiesen. London, 5. Juni. Der Kriegsminister Lord Haldane wurde nach seiner Rückkehr aus Deutschland vom Könige von England in Audienz einpfangen. Kattowi», 6. Juni. Der in Polen wegen Spionage verhaftete Ingenieur der Zeiß-Werke in Jena wurde wieder in Freiheit gesetzt. Petersburg, 6. Juni. Die Duma bat einen Gesetz entwurf über die Zulassung von Frauen zur Rechts anwaltschaft angenommen. Lissabon, 0. Juni. Die Deputiertenkammer nahm den Gesetzentwurf an, der dem Herzog Miguel van Braganza und seiner Familie gestattet, von ihrem beweg lichen Privateigentum wieder Besitz zu ergreifen. Fez, 6. Juni. Der Sultan von Marokko, Mulay Hafid und General Regnault sind von Fez nach Rabat abgereist. Lyautev gab ihnen einige Kilometer weit das Geleit. Tlas gibt es Devics? (Telegraphische und Korrejpondenz-Meldungen.) Vereinfachung des Ersatzgeschäfts. Berlin, 5. Juni. Wahrscheinlich schon tm Herbst d. I. soll dem Reichstage, wie soeben bekannt wird, eine Novelle zum Reichsmilitärgesetz zugehen, die der bisher üblichen zweimaligen Untersuchung der Militärpflichtigen ein Ende macht. In Zukunft sollen die Wehrpflichtigen nur noch einmal vorgestellt und untersucht werden. Die Ent scheidung über die Dtensttauglichkeit soll sofort getroffen werden, Ersatz- und Oberersatzkommission als gesonderte Stellen in Fortfall kommen. Nach allen gutachtlichen Äußerungen genügt die einmalige Vorstellung der Militär pflichtigen. Landtagswahlen in Koburg-GoLha. Gotha, 5. Juni. Der gothaische Landtag 1912—1918 hat zwei Sozialdemokraten mehr gegen die vorige Sitzungs periode, die Rechte verstärkt sich ebenfalls um ein Mandat, den Schaden tragen die Nationalliberalen und Freisinnigen, die zusammen drei Mandate verloren — das ist das Resultat der beute festgestellten Wahlmännerwahien. Von den ins gesamt 19 Sitzen werden die Rechtsparteien sechs besetzen, die Nationalliberalen zwei, die Freisinnigen zwei und die Sozialdemokraten neun. Im vorigen Landtag standen zwölf Bürgerliche gegen sieben Sozialdemokraten. — Koburg wählte für seinen besonderen Landtag wieder zehn Bürger liche wie vorher, während das eine sozialdemokratische Mandat erst in einer Nachwahl gehalten werden soll, was einstweilen noch unsicher ist. Siegt der Sozialdemokrat, so würde der Gesamtlandtag der beiden Herzogtümer, der bei wichtigen Fragen zusammentritt, 20 Bürgerliche und 10 Sozialdemokraten zählen gegen 22 Bürgerliche und 8 Sozialdemokraten in der Wahlperiode 1908—1912. Wermuth bestätigt. Berlin, 5. Juni. Wie ein in Berliner kommunalen An gelegenheiten meist gut unterrichtetes Blatt erfährt, ist der frühere Staatssekretär Exzellenz Wermuth als Oberbürger meister von Berlin bereits vom Kaiser bestätigt worden. Deutschland kontra Mexiko. Mexiko, 5. Juni. Der deutsche Gesandte bat soeben wegen der Ermordung des deutschen Kaufmanns Hugo Beel durch Revolutionäre energische Vorstellungen an die mexikanische Regierung gerichtet und Entschädigung ver- iangt. Der Totschlag Beels bildet nur ein weiteres Glied in der Kette von Verletzungen der Rechte und der Sicher heit deutscher Staatsangehöriger während der andauernden inneren Wirren. Aus Berlin sollen sehr bestimmte Weisungen an den Gesandten eingetroffen sein, die den Willen der deutschen Regierung bekunden, die bisherigen Zustände in bezug auf die hier lebenden Deutschen nicht länger zu dulden. Küstenfahrt des „3. 3«. Hamburg, 5. Juni. Heute früh gegen 5 Uhr war der Zeppelin-Lenkballon „Z.3" zu einer Fahrt aufgestiegen, die eigentlich eine Überseefahrt werden sollte. Des un günstigen Wetters wegen aber unterblieb solche, und man begnügte sich mit einer Reise nach Wilhelmshaven. Dort war die ganze Bevölkerung auf den Beinen, als es gegen 7 Uhr eintraf, lebhaft begrüßt von groß und klein. In ruhigem Fluge zog das Luftschiff dahin und wendete in der Nähe des Rathauses von Rüstringen den Kurs zurück zum Jadebusen, um über Bremerhaven nach Hamburg zurückzukehren, wo es schon kurz nach acht glatt wieder vor der Halle landete. Muley geht — und nimmer kehrt er wieder! Paris, 5. Junt. Es ist vorbei! Sultan Muley Hafid, zurzeit noch Marokkos nomineller Herrscher, reist morgen von der Residenz Fez nach Rabat ab in Begleitung des französischen Generalresidenten Regnault. Niemand zweifelt daran, daß hiermit der endgültige Verzicht des kampfes- müden Sultans auf den Thron ausgesprochen ist. Sollte er oder ein Nachfolger auch noch weiterhin zum Schein die Krone tragen — Marokko wird eine französische Kolonie, und das seit 790 unabhängige Scherifat endet mit seinem letzten Träger, mit Muley Hafid aus dem seit 1822 regierenden Hause der Haschamiden. Ismay, der Schuldige. London, 5. Juni. Heute wurde Bruce Ismay, der Direktor der White Star Line, auch von der hiesigen Untersuchungskommission vernommen. Wie in Newyork schnitt er hier nicht gerade glänzend ab. Er gab zu, daß er das Schiff mit der höchsten Schnelligkeit gehen lassen wollte, er leugnete aber, daß die Nähe des Eises ein Grund zur Verlangsamung der Fahrt hätte sein sollen, wenn auch natürlich nach Empfang der warnenden Marconi- Meldung, die Kapitän Smith ihm zeigte, große Sorg falt am Platze gewesen wäre. Er leugnete nicht, daß er, als er in das Rettungsboot stieg, die „Titanic" als 0em Untergang geweiht betrachtete. Er glaubt, daß jenes Schiff, dessen Lichter man sah, ein Segler gewesen sei. Andere Zeugen bezeichneten Jsman als „Überkapitän", der die Schnelligkeit des Schiffes bestimmte. Drohender Generalstreik in England. London, 5. Juni. Trotzdem zahlreiche Arbeitswillige im Londoner Hafen die Arbeit wieder ausgenommen haben, sind doch alle Leichtermänner noch im Ausstande, ohne die die normale Arbeit im Hafen nicht beginnen kann. Die Einigungsverhandlungen haben bisher wenig Erfolg gehabt. Geht keine der streitenden Parteien von ihrem Standpunkte ab, so ist der allgemeine Ausstand der Transportarbeiter sicher. Eduard VH. und der Deutsche Kaiser. London, s. Juni. Das Tagesgespräch bildet hier ein soeben herausgegebenes neues Buch mit Erinnerungen an König Eduard VII. von Sir Sidney Lee. Besonders interessant ist in dem Buche das Kapitel über die Beziehungen Kaiser Wilhelm und seinem verstorbenen Onkel. Eduard VII. liebte seine Schwester, die Kaiserin Friedrichs sehr und versuchte mehrmals, die ihren Ansichten entgegen- stehenden Einflüsse der Bismarckischen Zeit zu bekämpfen. Der damalige Prinz Wilhelm, bekannte sich mehr zu den von dem deutschen leitenden Staatsmann, eben dem Fürsten Bismarck, vertretenen Anschauungen. Da entwickelten sich natürlich Gegensätze. Es heißt dann weiter: „Aber Eduards liebenswürdige Natur ließ solche Ver stimmungen niemals zu dauernden werden. Als 1890 Kaiser Wilhelm sein eigener Kanzler wurde, hat man eine Art Rivalität zwischen Onkel und Neffe geglaubt. Mit Unrecht. Der König hatte auch keine bewußte und systematische Feindseligkeit gegen Deutschland." Im weiteren sucht das Buch nachzuweisen, daß die Rolle Eduards VII. in der englischen Politik, namentlich der inneren, viel weniger ausschlaggebend gewesen sei, als wie man bisher angenommen habe. Russischer Spionenkoller. Kattowttz, 8. Juni. Die unteren russischen Grenzbeamten scheinen den Spionenkoller zu haben. Wer eine Dame über die Grenze begleitet und dann höflich umkehrt, wie der Grenzkommtssar Dreßler in Eydtkuhnen, oder wer ein wissen schaftliches Instrument bei sich führt, was die braven, un wissenden russischen Grenzsoldaten noch nie gesehen haben, der ist ein Spion. „Was man nicht verstehen kann, sieht man als Spionage an." Das erfuhr auch der Reisende Oggerin von der Firma Zeiß in Jena, der mit Nivellier instrumenten für Geometer und mit geodätischen Apparaten nach Polen reiste, um sie einzuführen und die Interessenten in deren Gebrauch zu unterrichten. Auf dem Bahnhofe Petrikau ist er jetzt verhaftet worden wegen — Spionage. Die russischen Grenzbeamten biamieren sich io gut, wie sie eben können. Präsident v. Erffa erkrankt. Pößneck, 6. Juni. Der Präsident des preußischen Ab geordnetenhauses, Freiherr v. Erffa, der sich auf Schloß Wernburg befindet, hat vor einigen Tagen einen Schlag anfall erlitten, Es wird versichert, daß keine Lebens- gesahr bestehe und das Befinden gut sei. Doch wird diese Mitteilung von anderer Seite als zu optimistisch dargestellt. Der Präsident liege andauernd bewußtlos, und es bestehe wenig Hoffnung auf baldige Wiedergenesung. Für den kurzen Rest der Session (der nur aus zwei Tage berechnet ist) wird sich der Präsident durch die Vizepräsidenten vertreten lassen. Schutz des Lebens zur See. Washington, 0. Juni. Der Untergang der „Titanic" hat das hiesige Staatsdepartement für Handel und Arbeit nunmehr zu bestimmtem Vorgehen veranlaßt. Ein Gesetz entwurf, der den besseren Schutz der Paffagiere und der Schiffsbesatzungen auf See bezweckt, liegt im Staatssekretariat des Handels und wird alsbald den gesetzgebenden Körper schaften zugehen. Alle Übersee- wie Binnensee- und Küsten fahrzeuge werden nach dem Entwurf gezwungen sein, ge nügende Boote und Flöße zur Rettung aller Passagiere und der ganzen Besatzung an Bord zu führen. Wenn die neuen Bestimmungen angenommen und nicht nur auf dem Papier bleiben, wie es hierzulande und auch anderswo oft genug der Fall sein mag — können sie nützlich und vorhfldZch wirken. Die Frau voran! Göttingen, 6. Juni. Bei der Preisverteilung für die Philosophie-Aufgabe im Wettbewerb, der gelegentlich der Gründungsfeier der hiesigen Universität ausgeschrieben war, erhielt heute Fräulein Hedwig Martius aus Rostock den Preis zuerkannt. Mit ihrer Lösung der Aufgabe „Über die erkenntnis-theoretischen Grundlagen des Positivis mus" batte sie ihre sämtlichen männlichen Mitbewerber geschlaoen. Das Geld der „fremden Teufel." Pr.mg, 6. Juni. Geld, viel Geld brauchen die Chinesen, um die Reformen durchzuführen, welche die neue Regierung beabsichtigt, und auch um den Befehlen der Regierung die nötige Nachdruckskraft zu sichern. Bekanntlich haben sich sechs Mächte, darunter auch Deutschland, zusammengeschlossen, um China den nötigen Vorschuß von vielen Millionen iu bewilligen. Die Regierung wird das natürlich annehmen, wenn auch nicht dankbar, so doch notgedrungen. Das Volk in den Provinzen aber, das überhaupt nichts von den „fremden Teufeln" wissen will, will auch deren Geld als Anleihe nicht. Fremdenfeindliche Bewegungen ähnlich wie die vor dem Boreraufstande wurden an verschiedenen Punkten beobachtet, Tänze aufgeführt und mystische Reden gehalten, so daß die Vermutung naheliegt, daß man es wieder mit einer fremdenseindlichen Vereinigung zu tun hat. Aber durch Tänze und sonderbare Reden schafft man keine Millionen. Also wird wohl aller Widerstand gegen die fremde Anleihe nichts nützen. Aus ckem Gericktsfaal. § TaS Urteil im Prozeß wegen des Müllheimer Eisen bahnunglücks wurde nun endlich gesprochen: Der Lokomotivführer Karl Platten wurde zu 2 Jahren und 4 Monaten Gefängnis, der Zugführer Leonhard Baehr zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Platten werden 10 Monate Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet. Der dritte Angeklagte, der Heizer Männle, wurde freigesprochen. 8 Schülcrmißhandlnngen durch einen Gutsbesitzer. Auf der Heimkehr vom Sviel in Sarau kamen Lübecker Schüler auch durch Tüschenbek. Dort wurden mehrere Knaben von dem Gutsbesitzer Baron v. H. mißhandelt. Es wurde Straf antrag gestellt, und das Schöffengericht in Ratzeburg verur teilte jetzt den Baron wegen Körperverletzung in sechs Fällen zu 500 Mark C ldstrafe. Der Amtsanwalt hatte Gefängnis strafe beantrag r. 8 Bestrafung eines Jmpfgeguers. In Münster i. W. wurde der Dortmunder Professor Mirus, der Vorsitzende des Jmpfgegnerverbandes zu 90 Mark Geldstrafe verurteilt wegen agitatorischen Auftretens gegen den Impfzwang und gegen die katholischen Religionslehrer. t^ongresle unck Versammlungen. ** Hauptversammlung der deutschen Koloniale,cscllschaft. Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg eröffnete die Sitzung mit dem Hinweise, daß das Jahr 1911 für unsere Kolonialfrage von besonderer Bedeutung sei durch den Ab schluß des Marokkovertrages. Die Kolonialgesellschaft, die ihr Votum dagegen habe abgebcn müssen, habe sich nach dem Abschluß des Verlrages nicht an der nutzlosen negativen Kritik beteiligt, iondern der Regierung positive Vorschläge nir die nächsten Maßnahmen unterbreitet. Der Herzog gab seinem Bedauern darüber Ausdruck, daß im Zusammenhang mit dem Marvkkovertrage Staatssekretär Dr. v. Lindeyuist zurückgetreten fei. Er betonte zugleich das Vertrauen, das dem neuen Staatssekretär Dr. Solf entgegengebracht werde. Sodann wurde die Beratung des Geschäftsberichtes für 1911 begonnen. Konsul a. D. Vohsen-Berlin gab dem Wunsche Ausdruck, es möge bei den Verhandlungen gelingen, die Konzessionen bezüglich des Kautschukhandels in unserem neuen Kongogebiet zu beseitigen und Freihandel im weitesten Sinne zu ermöglichen. Dr. Arning-Hannover betonte die Notwendigkeit, daß innerhalb des neuen Gebietes der Talweg auf dem Kongo und Ubangi und die noch strittigen Inseln unbedingt dem Deutschen Reiche gesichert werden müßten. Nach kurzer Diskussion wurde eine Eingabe an die Reichsregierung im Sinne der Ausführungen Dr. Arnings beschlossen. — Als Ort der nächsten Hauptversammlung 1913 wurde Breslau gewählt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)