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Rokoko! Eine Pfingstgeschichte von Ferdinand Katsch. (Nachdruck verboten.) I. Wie im Fluge waren die Vormittagsstunden im Boudoir der Komtesse Irma vorbeigerauscht. Es war ein ungemein anheimelndes Gemach, von einer Feinheit der Zusammen stellung des Mobiliars und der das Ganze beherrschenden zarten Farbentönungen, der man auf den ersten Blick ent nahm, daß ihre Bewohnerin nicht bloß über einen gewählten Geschmack, sondern auch über die Möglichkeit verfügte, ihm mit jener Sicherheit und vornehmen Liberalität, die nur ein gefesteter Reichtum gewährt, bis in die feinsten Nuancen zu harmonischem Ausdruck zu verhelfen. Und doch war es zu gleich durchweht von einem Hauch einnehmender Traulichkeit, die uns verrät, daß der Inhaber in dauernd persönlich lebendiger Beziehung zu seiner Umgebung steht. Das er streckte sich bis auf den Blumentisch voll leuchtender Azalien, die sich aus einem Kranz von duftenden Hyazinthen, Mai blumen und Veilchen hervorhoben und vergessen ließen, daß draußen der scharfe Frost eines der ersten Ianuartage ein eisiges Regiment führte. Der elegante Komfort, der alle Räume der Villa in einer der bevorzugtesten Straßen des Berliner Tiergartenviertels beherrschte, war übrigens selbst verständlich, wenn man wußte, daß die junge, bildschöne Komtesse die einzige Tochter des Grafen von Hohenheim war, der eines der obersten Hofämter in unmittelbarer Umgebung des Kaisers bekleidete. Nur einen Sohn besaß das gräfliche Paar noch außerdem, den Grafen Franz, der in einem der Potsdamer Garderegimenter als Oberleutnant stand. Eben hatte sich Irmas anmutige Freundin Adele von Ehrenthal erhoben, um sich von ihr zu verabschieden, nachdem sie noch kostbare Kunstblätter in eine auf dem Tische liegende Mappe zurückgelegt. In dem schlanken Ebenmaß des Wuchses hätten die beiden jungen Damen fast als Schwestern gelten können, auch in der feinen Leichtigkeit der Bewegungen und Sicherheit der Umgangsformen. Dennoch trennte sie ein in diesen hohen Kreisen nicht ganz nebensäch licher Unterschied. Adele war die Tochter eines verstorbenen Obersten von altem, aber nicht eben reichem Schwertadel. Unmittelbar ehe er vor einigen Jahren zum General avan cieren sollte, fiel er einem tödlichem Sturz vom Pferde zum Opfer. Das hinterlassene Vermögen reichte in Verbindung mit der Witwenpension gerade noch aus, um die gesellschaft lichen Beziehungen zu den adligen Kreisen derResidenz aufrecht erhalten zu können, ohne daß eine gewisse vornehme Zurück haltung im Umgang hätte vermuten lassen, daß Mutter und Tochter mit ihrem Zinsgenuß immerhin rechnen mußten. Die beiden jungen Damen hatten sich erst im vorigen Herbst bei einem Wohltätigkeitsbasar kennen und schätzen ge lernt. Adele besaß eine mehr als gewöhnliche Begabung für die Malkunst. In ihrem ernsten Wesen allen dilettantischen Liebhabereien, wie sie so oft gerade in vornehmeren Kreisen bevorzugt werden, abhold, hatte sie ihr schönes Talent bei einem Berliner Meister ausbilden dürfen, der an dem charaktervollen Mädchen ein so inneres Wohlgefallen fand, daß er ihr diese Vervollkommnung unter Bedingungen er möglichte, wie sie sonst den Kreisen der Gesellschaft gegenüber nicht gerade seine Gewohnheit. Ihre Bilder dem Kunstmarkt zu überlassen, sträubte sich Adeles aristokratische Natur, aber jedenfalls wären sie dort kaum unbeachtet geblieben, wie das Aufsehen der Bilder bewies, das sie auf dem Basar erregten. Sie hatten auch Adeles Bekanntschaft mit Komtesse Irma vermittelt, welche eine warme, natürliche Zuneigung für alles Schöne besaß. Und die Freundschaft zwischen den beiden Damen bekam schnell einen vertieften Inhalt durch die plan volle, regelmäßige Beschäftigung mit Kunst und Kunst geschichte, wobei Adele der Komtesse eine begeisternde Führerin wurde. Gerade hatten sie nun eine dieser anregenden Sitzungen beendet. Adele mußte eilen, nach Hause zu kommen, und Komtesse Irma war ihr behilflich, den schützenden Schleier um das schmucke Pelzbarett zu legen, als ziemlich lebhaft an die Tür geklopft wurde und im nächsten Augenblick schon ein eleganter, junger Offizier in vollem Ordonnanzanzug des Regimentsadjutanten über die Schwelle trat. Es war Graf Franz, der nun allerdings einigermaßen verlegen stutzte, als er eine fremde Dame bei seiner Schwester vorfand. „Ah, Verzeihung, meine Gnädigste. . . . Irma, vergib, daß ich mich nicht melden ließ, ich glaubte dich bestimmt allein und wollte dir nur schnell die letzte Neuigkeit aus Potsdam bringen, die dich interessieren wird." „Nun, da müssen wir dir wohl Generalpardon gewähren," erwiderte die Komtesse lächelnd, und nach rascher gegenseitiger Vorstellung fuhr der Oberleutnant fort: „Na denn, flink notiert, denn ich bin im Dienst, und in einer Viertelstunde geht mein Zug nach der Garnison zurück: Am 19. Februar, dem Fastnachtsmontag, ist dort große Maskenredoute im Zivilkasino, zu der du unbedingt erscheinen mußt. Bedingung: historische Kostüme. Es soll einzig werden, auch der Hof wird vielleicht erscheinen! So, das wär's! Hoffentlich habe ich die Damen nicht allzusehr gestört." „Keineswegs, Franz, wir hatten unsere historischen Studien bereits beendet," erwiderte die Komtesse mit neckischer Anspielung. „Alle Wetter, doch nicht etwa Kriegsgeschichte?" „Nein, du Spötter, die Geschichte des Rokoko." „Ro—ko—ko? Na," rief der junge Offizier in über sprudelnder Laune, „deinen Eifer in Ehren, Schwesterlein, und in aller schuldigen Hochachtung vor den verehrten An wesenden; aber bisher hatte ich immer gedacht: die ver zwickte Geschichte dieses Stils wäre mehr Münnersache, siehe Menzel usw., und — schillernde, neueste Mode die der Damen!" „Weshalb die Männerwelt wohl auch stets so besonders „stilvoll" gekleidet ist," erwiderte die Komtesse mit feinem Spott. „Erkläre mich für den Augenblick geschlagen, aber auch nur für den Augenblick, denn — Himmel! mein Zug! Tausendmal parclon, meine Gnädigsten, und -w rsvoir!" Weg war der muntere Sausewind. Aber Fräulein v. Ehrenthal durfte die Freundin nun doch nicht gleich ver lassen. „Adele, wir werden uns rächen! Du kommst doch auch zur Redoute?" „Ich werde Mama schwerlich allein lassen können!" „Oh, das wäre jammerschade! Aber du wirst mir doch wenigstens bei meiner Rache behilflich sein?" „So weit möglich, gewiß! Und worin soll sie bestehen?" „In einem Rokokokostüm für mich auf der Redoute, an dem ich ihm „Stil" beweisen werde. Aber tiefstes Geheimnis für alle, nicht wahr?" Adele sagte gern zu und versprach alle nötigen zeich nerischen Entwürfe aufs schnellste und sorgfältigste zu be schaffen. Dann trennten sich die Freundinnen voll froher Erwartung, ihren Studien so rasch eine praktische Anwendung geben zu können. II. Potsdamer Maskenredoute am Fastnachtsmontag ! Durch die strahlend beleuchteten Räume des Kasinos in der Waisen- straße wogt eine festliche Menge, und es ist, als wären noch einmal die erlauchtesten Geschlechter vergangener Jahrhunderte zur Erde zurückgekehrt, um sich ein glänzendes Rendezvous zu geben. Welche Pracht der Farben, Kostbarkeit der Kostüme und Edelsteine, welch bestrickender Wechsel der Bilder! Kaum eine Periode historischer Vergangenheit gab es, die hier nicht in charaktervollsten Erscheinungen vertreten wäre. Aber unbe schreiblicher als alle geschichtlichen Reminiszenzen ist jene vornehme Harmonie eines Milieus, in dem Ritterlichkeit, Eleganz, Feinheit und Anmut der Bewegungen, kurz der Hauch einer adligen Tradition zur zweiten Natur geworden. Jeden Augenblick bekam das glänzende Mosaik feinere Nuancen. Kenner der Kulturgeschichte konnten hier in er lesensten Genüssen für Auge und Geist schwelgen. Bald aber zog in dem wogenden Auf und Nieder ein Paar die be sondere Aufmerksamkeit vieler auf sich. Eine Rokoko-Dichtung aus zartestem SLvres-Porzellan schien wieder lebendig ge worden. In diesem Rahmen exquisiter Kostüme wollte ein derartiges Ueberragen vollendeten Geschmacks besonderes be deuten. Während die beiden in sichtlich angeregter Unter haltung sich unter den Gästen bewegten, zerbrach man sich den Kopf, wer hinter der weiblichen Maske sich verborgen halte. In den Kreisen des Hofes hat man die Gabe be sonders feiner Beobachtung. Da der Kavalier nur eine Halb maske trug, war man sich sofort einig, daß es sich lediglich um Graf Franz v. Hohenheim handeln könne. Die charakte ristische Kinnpartie verriet ihn. Auch diese erlesene Erschei nung paßte zu ihm. Um seines geläuterten Geschmacks und seines anerkannten Interesses für alle kulturgeschichtlichen Probleme willen führte er im Kreise der Vertrauten längst den lustigen Beinamen: „der Herr Generalintendant". Aber wer mochte die Lame sein? Daß es nicht Komtesse Irma, feine Schwester, war van den Kundigen rasch festgestetlt. Aber auch Uneingeweihte hätten es bemerken müssen, daß die Art dieses Verkehrs eine gewisse Ehrerbietung und wechsel seitige Spannung verriet, die zwischen Geschwistern sich auf die Dauer nicht hätte durchführen lassen. Daß die beiden im Verlauf der Geselligkeit sich immer wieder fanden und immer lebhafter miteinander verkehrten, gebot fast der Charakter ihrer reizenden äußeren Ueberein stimmung. Aber auch in der Unterhaltung spannen sich, je länger desto mehr, Fäden eines wechselseitigen Interesses. Schließlich waren beide in eines der angeregtesten Gespräche über den Charakter der Zeit verwickelt, die sie in solch her vorragender Weise verkörperten. „Ja, Frau Herzogin," sagte der Graf jetzt — er hatte jenen Titel für sie gewählt, den sie mit „Herr Marquis" quittierte — „es ist so. Alle Stadien verflossener Kunst abschnitte bieten uns heute Lebenden ein geradezu frappierend treues Spiegelbild des Geistes, der die obersten Repräsentanten jener früheren politischen und kulturellen Geschichtsepochen, ja der ihren Gesamtgeist beseelte. Greifen wir zum Barock! Seinen charakteristischsten Ausdruck fand er im Zeitalter Ludwigs XIV. Die Steigerung königlicher Gewalt, die unter seinem Szepter ihren Höhepunkt erreichte, schuf alle Be dingungen, unter denen eine Kunst des imponierenden Glanzes und der prunkvollen Ueppigkeit gedeihen konnte, um ganz Europa zu blenden." „Es führte seinen Namen mit Recht, Herr Marquis! Darum auch brach „Barock", das „Wunderliche, Ungereimte", 5ast in dem Augenblick zusammen, da der „Sonnenkönig" starb." „Gewiß, der Despotismus in Staat und Kunst hatte sich in ihm selbst überlebt. Nun aber ward ein neuer Geist lebendig." „Doch nur ein solcher äußererer Befreiung, Herr Marquis! Man war des steifen Pompes, der schweren Fesseln der Zeremonie müde. Jetzt sprudeln die lang zurückgehaltenen Quellen heiterer Lebensfreude wieder auf. Die Grandezza weicht, man will sich einem ungebundenen Dasein, einem schrankenlosen Genüsse in die Arlne werfen. Freilich, in dem allen zuckte erstmals, wenn auch noch verborgen, das Zeit alter Rousseaus auf mit seinem blendenden Ruf: Zurück zur Natur!" „Allerdings, Frau Herzogin! Doch eben, um für diese schärfsten Gegensätze eine goldene Brücke zu bauen, erstand das liebenswürdige Zeitalter des Rokoko! Nicht mit einem Schlage ließ sich der Weg von Künstelei und Prunk und Unnatur zur Einfachheit und Schlichtheit finden. So be gnügte man sich zunächst damit, die festen und gebundenen Formen des Barock zu lockern, die starren Regeln der Symmetrie zu durchbrechen und an Stelle des majestätischen Ernstes Grazie und Heiterkeit, besonders in der Innendekoration, zu setzen. Es war ein Uebergang, aber doch ein solcher von berücken der Poesie!" „Meinen Sie, Herr Marquis? Ich kann in dieses Lob nicht so begeistert einstimmen. Sein tiefster Wesenskern ist doch das rein nach außen hin Spielende, Launische. Es berückt, aber es läßt das Herz kalt!" „Sie finden mich erstaunt, Frau Herzogin! So spricht die duftigste Inkarnation der Schönheit jener Tage?" „Mit diesen Worten, Herr Marquis, treffen Sie freilich den Typus der Zeit, die Sie vertreten, glänzend, — glatte Schmeichelei! — Nein, lassen Sie jedes Wort der Ent schuldigung, deren Sie nicht bedürfen, da wir doch alle in froher Maskerade stehen. Und darum darf ich Ihnen viel leicht noch Eines sagen. Wie in der Geschichte, so wohnen auch in manchen ihrer Oertlichkeiten die wunderlichsten Gegen sätze dicht beieinander, Mummenschanz neben des Lebens ernster Wahrheit! Wenn ich im Frühling durch Ihr köstliches Sanssouci wandere, wo das Genie des Großen Friedrich diesem Gegensatz seines tiefsten Wesens selber huldigte und ihm doch den Stempel der Größe aufdrückte, indem er ein eigenes „preußisches" Rokoko schuf mit jener glücklichen Mischung von Schnörkelübermut und Besonnenheit, von dekorativer Lust und zurückhaltendem Ernst, so will es mich bisweilen seltsam dünken, daß dort die Drossel träumt und die Nachtigall schluchzt. Vor meinem inneren Auge ersteht dann zugleich das liebliche Eiland der nahen Pfaueninsel. Dem Geiste Luisens, der dort in den schlichten Räumen des romantischen Schlößchens waltet, fühle ich mich vertrauter. Die Kabinette Sanssoucis vernahmen in ihrer Glanzzeit höchstens das perlende Lachen der Galanterie, dort, in jenen stillen Zimmern, hatte die Liebe ihr Heim. Dort könnte ich die Sprache der Lieder geflügelten Sänger deuten — und da waLdhss MMch vor mir der Pfau in der tändeln den Farbenpracht seines Gefieders und schlägt sein Rokoko- -rao mit beinahe vollendeter Koketterie. Gehörte er nicht weit eher nach Sanssouci, und Drossel und Nachtigall nach der Insel Luisens und ihrem stillen, wenn auch kurzen Glück?" „Wahrhaftig, meine Gnädigste, Sie haben recht! Um so seltsamer aber, daß Sie bei einer solchen Wärme des Verständnisses mit sich selber in eigenartigen Gegensatz traten!" „Sie meinen?" „Was mochte die Künderin des tiefsten Wesens einer Luise veranlassen, heute statt der edlen Gewandung des Empire sich in ein Rokoko zu kleiden, das wie kein anderes in diesem Raume den Geist jener lebenlachenden Zeit heraufbeschwört?" „Dies, Herr Marquis, ist ein Geheimnis, das ich mit mir nehme, da ich Sie jetzt verlassen muß!" erwiderte die Herzogin yach einem raschen Blick auf eine Uhr im Saale. Graf Hohenheim war aufs äußerste bestürzt. „Um des Himmels willen, meine Gnädigste, ich wäre untröstlich, wenn ich auch nur im geringsten es an einer Zartheit sollte haben fehlen lassen, die mir gerade Ihnen gegenüber innerstes Be dürfnis ist." Ein Paar wundervolle Augen strahlten warm hinter der Maske hervor. „Sie haben sich nicht das Geringste vorzu werfen, Marquis. Seien Sie versichert, daß ich diese schöne Stunde in gutem Angedenken behalten werde. Mich rufen äußere Pflichten. Leben Sie wohl, ich danke Ihnen für den reichen Genuß an Ihrer Seite." „Und wollen Gnädigste mir nicht eine leise Hoffnung lassen, das Geheimnis der Maske je noch zu lüften, je Ihnen draußen zu begegnen?" „Versprechen kann ich nichts! Indes — vielleicht zu Pfingsten!" III. Wie eng des Lebens rauheste Gegensätze beieinander wohnen, das sollte niemand schmerzlicher erfahren, als wenige Tage nach der Potsdamer Maskenredoute — Adele o. Ehren thal, denn niemand anderes war jene „Frau Herzogin" an der Seite des Grafen Franz gewesen. Schon auf dem Pots damer Besuch hatte ein leichter Schatten gelegen. Irma o. Hohenheim hatte damals Adele doch noch das Versprechen abgeschmeichelt, auf der Redoute zu erscheinen. Sobald die Vorbereitungen für Irmas prächtiges Kostüm beendet waren, hatte sie selbst sich in der Tat ein Kleid im Empirestil der Königin Luise anfertigen lassen wollen. Da warf eine plötz liche Erkrankung der Komtesse alle frohen Pläne über den Haufen; ein ernster Bronchialkatarrh hatte sie befallen, der allerdings äußerlich schnell behoben ward. Aber bei der sehr zarten Konstitutton der Gräfin hatte der Arzt eine sofortige Uebersiedlung nach dem Süden an geordnet, die sich bis etwa Pfingsten erstrecken sollte. Irma fand sich verhältnismäßig leicht in das Unver meidliche. Aber sie hatte darauf bestanden, daß Adele nun in jenem kostbaren Rokokokostüm, das ganz ihrer künst lerischen Initiative zu verdanken war und an dessen Entwurf sie mit Meisterschaft gearbeitet, an ihrer Statt auf der Re doute erscheinen solle. Mehr, um die Freundin keine Fehl bitte tun zu lassen, als aus innerer Neigung unter so ver änderten Umständen, hatte sie zugesagt, zumal Irma sie leb haft gebeten, ihr möglichst viel Einzelheiten vom Fest zu berichten. Und auf das schöne Fastnachtstreiben war nun nur allzu rasch ein erschütterndes Aschermittwochserwachen gefolgt. Der Bankier, bei dem Frau von Ehrenthal ihr bescheidenes Ver mögen deponiert hatte, fallierte in den ersten Tagen des März. Es zeigte sich rasch, daß kein Pfennig zu retten war, und dies bedeutete den gesellschaftlichen Ruin für Mutter und Tochter. Aber jetzt entwickelte sich Adeles heroische Natur zu voller Größe. Mit energischem Ruck brach sie alle bisherigen Brücken hinter sich ab. Mit der Mutter siedelte sie nach einem der billigeren Vororte der Reichshauptstadt über. Zugleich trug sie Sorge, daß alle Spuren ihres neuen Aufenthalts verborgen blieben. Die Witwenpension war im stande, sie beide vor äußerster Not zu bewahren. Für alles andere mußte nun ihre Kunst aufkommen; sie sollte ihr unter einem Decknamen zum Broterwerb werden. Freilich, das war nicht leicht, und doppelt nicht, weil sie ihre Seele erst noch von einem süßen Traum loslösen mußte, der sie an jenem Potsdamer Festabend in Bann geschlagen. Schon bei der ersten Begegnung in Irmas Boudoir hatte fi« an dem frischen,' fröhlichen Auftreten des jungen Offiziers,