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WMtt K WilM 1. Beilage zu Nr. 28. Sonnabend 9. März M2« Dsnkwrüche für Gemüt u«d VerM«d. Es ist ein kleines Wort, Zn wissen, was man will — Doch bleibt's ein guter Hort Und macht gar hell und still Betrachtung zum Sonntage Oeali. Hebr. 5, 7; Er hat in de» Tagen seines Fleisches Gebet und Flehen mit starkem Geschrei Und Tränen geopfert zu dem, der ihm von dem Tode konnte aushelfcn, und ist auch erhört, darum, daß er Gott in Ehren hatte. Der jetzige Sonntag führt den Namen Ocnli und zwar nach dem Psalmenwort: „Meine Augen sehen stets ;u dem Herrn". Das aber ist ein Wort, daS man auch Uber die obige Epistel schreiben könnte. Denn es weist hin aw Jesu hohepriesteifliches Amt und auf seinen Kampf in Gethsemane, wie er umfangen ist von Todesgrauen, wie er ringt im Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Tränen. Das aber war der schwerste Kampf, welcher jemals ausgerungen worden ist. Fühlt doch der Heiland die ganze Wucht der Sünde auf sich lasten. Das höl lische Reich der Finsternis dringt auf ihn ein. Der Sünde Sold ist es, den er kosten soll. Ja, Gott hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht In den Tagen seines Fleisches ist sein Leben ein steter Streiten und Leiden gewesen Aber in diesem Kampf bewährt er ein unerschütterliches Gottvertrauen. Seine Auge» sehen stets zu dem Herrn. In der Stunde der größten Schwachheit und Anfechtung sucht er des Vaters Antlitz und Hilfe. Darum aber, weil er Gott in Ehren hatte, wurde sein Gebetauch erhört. Zwar der Kelch ist nicht an ihm vorübcrgegangen, doch von der Todesangst ist er befreit worden. Himmlisch gestärkt gibt er sich todes bereit in die Hände seiner Feinde. So aber wird er uns auch hier ein Vorbild, daß wir Nachfolgen sollen seinen Bußtapfen. Zeiten des Kampfes und Tage der Tränen bleiben ja niemand erspart. Wenn sie kommen, sollen wir ihnen gegenüber die rechte Stellung finden, daß auch wir, wie der Heiland Jesus Christus, opfern Gebet und Flehen und in unserem Goltvertrauen nicht wankend werden, daß auch unsere Augen sehen stets zu dem Herrn. Denn, dann werden wir auch Erhörung des Gebetes er langen und es erfahren: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinaus stoßen!" Aus Sachsen. Wilsdruff, den 8. März Der wahrscheinliche Mörder des Droschkenkutschers Winkler, der Zimmermann Carl Joseph Köhler, befindet sich bekanntlich im Dresdner Landgerichtsgcfängnis am Münchner Platz in Untersuchungshaft Er ist auch dringend verdächtig, den Eisenbahninspektor Pucha in Sebastiansberg meuchlings erschossen und beraubt zu haben. Der Mörder kam nach dem letzten Mord auch nach Leipzig. Es besteht nun die dringende Vermutung, daß Köhler während seines dortigen Aufenthalts, die dem Eisenbahninsp ktor Pucha geraubte Uhr mit Kette dort verkauft oder verpfändet hat. — In der Nacht zum Montag hat der Zigarrenarbeiter und Markthelfer Ernst Pötter in Dresden, als er zwischen 10 und 12 Uhr nach seiner Wohnung zurückkehrte, seine etwa 40 Jahre alte Ehefrau, mit der er in Streit geraten war, und die im Bette lag, mit dem Hammer erschlagen. In der Schlaf stube befanden sich die fünf und sieben Jahre alten Kinder des Ehepaares. Nach der Tat ergriff Pötter die Flucht und wurde in der Nähe der Elbe gesehen. Wahrscheinlich hat er sich in die Elbe gestürzt. — Einer jener billigen Leute, die ohne erforderliche Mittel ek Buchdruckereigeschäft aufmschen und konkurrieren mit Preisen, bei denen ein reelles Geschäft nicht bestehen kann, hatte sich wegen Be trügereien vor Gericht zu verantworten. Der 26jährige Kaufmann Kükt Alfred Roscher aus Blasewitz fing im April 1910 in Dresden-Neustadt ein Druckereigeschäft an, mit dem er bald auf abschüssige Bahn kam. Zum Anfang lieh ihm ein Fräulein 5000 Mark. Dann wußte er durch Vorspiegelungen die Dame zu bestimmen daß sie ihm im Verlaufe von anderthalb Jahren bis 9000 Mark lieh, bis die Verwandten weitere Darlehen verhinderten. Da ging cS mit dem „Geschäft" zu Ende. Er wurde von seinen Gläubigern gedrängt, mußte den OffendarungSeid leisten und sein Geschäft schließen. Das Ende vom Liede war die Verurteilung zu zehn Monaten Gefängnis und drei Jahren Ehrenrechtsverlust. DaS Artillerie-Regiment Nr. 68 in Riesa wird am 1. Oktober 1915 nach Chemnitz verlegt und die dort ge plante neue Kaserne am neuen Exerzierplätze beziehen. DaS Regiment liegt schon seit vielen Jahren in Riesa in Garnison. Ein Wels von 45 Pfund wurde am Sonnabend in der Elbe bei Posta gefangen. Ein Fisch von solchem Gewichte ist in den jetzigen Zeiten eine Seltenheit. Einen schrecklichen Tod fand die Ehefrau deS Guts besitzers Schröder in Wendtfchkarsdorf. Sie fiel in die Jauchengrube und wurde darin als Leiche aufge funden Wie das Unglück geschehen ist, konnte noch nicht aufgeklärt werden. Zum Zwecke der Entleerung war die Grube nur mangelhaft bedeckt. Am Freitag gegen Abend wurde in der Nähe des Truppenübungsplatzes Zeilhai« beim Wasserturm auf Wülknitzer Flur ein junger Mann und ein junger Mädchen erschossen aufgefunden. Die jungen Leute sollen aus Leipzig stammen. Es handelt sich augenscheinlich um ein Liebespaar, das tu gegenseitigem Einverständnis in den Tod gegangen ist. Vorher hatten sie Dressen und Glld zur Abgabe von Telegrammen an die Eltern in der Nähe nied^rgelegt. ES handelt sich um den Former Hermann Schmiedel, 21 Jahre alt, geboren in Prüfen bet Elsterwerda und die Arbeiterin Agnes Thiele, 17 Jahre alt, geboren in Leipzig-Klünzschocher. Beide waren zul tzt in Leutzsch bei Leipzig wohnhaft. Da ihrer Verheiratung Hindernisse im Wege standen, wurde der Plan in ihnen reif, gemeinsam aus dem Leben zu scheiden. J i der Kattundruckerei der Gebr. Jentzsch, G. m. b. H. in Naundorf bei Großenhain wurden 64 Stück kupferne Druckereiwalzen im W:rte von 10000 Mark gestohlen. Die Diebe sind noch nicht ermittelt. Eine große Bismarckfeter wird für den 1 April in Leipzig geplant. Zwölf Vereine haben sich bereits da- für zusammengefunden. — Der Bezirksausschuß zu Leip. zig versagte den Ortsgesetzen über die Eingemeindung von Leutzsch und Schönefeld seine Zustimmung. In Wattersdorf bei Zittau herrscht große Auf regung über den dort begangenen Doppelmord. Die Frau des Obermeisters Gittler und ihre 18 Jahre alte Tochter wurden am Montag nachmittag 2 Uhr erschossen in ihrer Wohnung aufgefunden Als mutmaßlicher Täter kommt ein junger Mann aus der Nachbarschaft in Betracht. Nach einer späteren Meldung ist der Mörder, ein etwa 19 Jahre alter Arbeiter namens Kraf, auf Großschönauer Flur tot aufgrfunden. Er hat sich selbst erschossen. Zwischen ihm und dem jungen Mädchen scheint vor der Tat ein heftiger Kampf stattgefunden zu haben, da die Kleider deS Mädchens mehrfach zerrisse« waren Als max das Mädchen auffand, gab eS noch schwache Lrbenszeichew von sich, konnte aber keine Aussage machen, da es kurz darauf verstarb. Die Mutter scheint sofort tot gewesen zu sein. Ueber den Grund zur Tat ist noch nichts bekannt. Eine Anleihe von 1'/, Millionen Mark ist von den städtischen Kollegiea in Werda« zur Ausführung ver schiedener größerer Bauten usw beschlossen worden. Die Genehmigung seitens der KretShauptmannschaft Zwickan wurde bereits erteilt. Beim Transport einer großen, etwa 100 Zentner schweren Steinplatte im bayerischen Grenzsteinbruche Ra«der-acker kippte die Platte um und erdrückte de« 48 Jahre alten Steinmetzpolter Knorr. Der Verunglückte war verheiratet und Vater von acht Kindern. Uurze Chronik. Kefselexpl-sioue«. Durch eine Kesselexploston auf der Hütte „Phönix' sind, wie auS Duisburg gemeldet wird, acht Arbeiter schwer verbrannt worden. — Bet einer Explosion in der Oelstederei der Deutschen Linoleum- Kompagnie in Wolsswinkel bei Eberswalde wurden durch siedendes O l zwölf Arbeiter verletzt, darunter vier schwer. Das Befinden der Schwerverletzten ist besorgniserregend. Die Explosion entstand beim Ausprobieren eines neuen OellesseiS. Es entwickelten sich dabei Gase, die die Ex plosion herbeiführten. Das Feuer konnte nach kurzer Zeit gelöscht werden. Raubmord in Lüttich. Der Stadtrat Depot» hon, seine Schwester und seine Nichte wurden in ihrer Wohnung ermordet aufgefunden. In der Nacht waren Einbrecher eingedrungen. Der Stadtrat erwachte durch den Lärm und überraschte die Einbrecher, die in nieder schossen. Als die beiden Frauen hinzustürzten, warfen sich die Einbrecher auf sie und erschlugen sie mit einem Hammer. Nachdem die Verbrecher die Wohnung auSge- raubt hatten, ergriffen sie die Flucht. Ei« Ehedrama. In der Nacht zum Mittwoch hat die 26jährige Ehefrau des Gasarbeiters Wollenberg in Abwesenheit ihres Mannes sich, ihre einjährige Tochter und ihren zweiten Pflegesohn in ihrer Wohnung in Cha» lottendurg mit Leuchtgas vergiftet. Der Beweggrund soll in ehelichen Z-rwürfnissen liegen. Eine fiebenkSpfige Familie verbrannt. In der Ortschaft Odjat, im französischen Departement Corröze, brach in der Nacht in einem Gasthaus eine Feuersbrunst aus, durch die eine aus sieben Personen bestehende Familie ums Leben kam. Der Rurier des Rönigs. Erzählung aus dem Lahre 1813 von Friedrich Thieme. 2A (Nachdruck verboten.) „Durchaus nicht, Herr. Hier sind Sie bei weitem sicherer. Scheunen und Schuppen rönnen Lurchsucht werden, hier innen sucht Sie niemand. Das fist mein Stübchen, aber Ihnen will ich es gerne überlassen. Die Läden schließen gut, von außen kann niemand hereinsehen, nur müssen Sie im Dunkeln bleiben, man ist nicht gewohnt, Licht hier zu sehen." Der Hauptmann erklärte sich gern hiermit ein verstanden. Die junge Bäuerin schleppte darauf Essen und 'Getränk in reichlicher Menge herbei, entfachte im Ofen ein tüchtiges Holzfeuer, brachte Filzschuhe und Strumpfe, ja schließlich sogar eine Pfeife und Tabak, jeme r>em Offizier besonders willkommene Spende. — nun erholen Sie sich und schlafen Sie aus, sie haben es nötig.- „Aber ich mutz während der Nacht hinüber —" . An im Finstern kaum den Weg, Herr, geht Ihnen wie schon manchem. Sie verlaufen sich im Walde und fallen entweder ihren Verfolgern in die Hände oder finden sich am Morgen, wenn Sie nicht erfrieren, an einem ganz anderen Platze, als Ihnen wünschenswert ist." „Was soll ich aber beginnen? Am Tage dürfte 'das Wagnis kaum rätüch sein." Gretchen sann nach und bemerkte hierauf ein swenig stockend: „Wenn Sie meinen, ich könnte Sie in unserem Wagen ungefährdet hinüberschaffen —" „Wie, Sie wollten in der Nacht — nein, nein, die Gefahr wäre zu groß, liebes Gretchen," rief der Offizier gerührt. „Für Sie nicht minder als für mich," versetzte sie mutig. „Aber ich bin ein Mann." „Und soll ein Mädchen nicht auch ihrem unter drückten Vaterlande ein Opfer bringen? O, Herr, Sie wissen nicht, was ich manchmal empfunden habe, wenn ich die Fremdlinge unser Hab und Gut rauben und uns mißhandeln und drücken sah — und wenn ich von der Schmach hörte, die unser Land erdulden mußte. Jetzt sind sie bei weitem kleinmütiger die Herren, sie wissen wohl, warum." „Ich weiß, daß Sie ein tapferes Herz in der Brust haben, Kind. Doch Ihr Opfer würde voraus sichtlich unnütz sein. Was mir am Tage Sicherheit bot, Ihre Gesellschaft und Ihr Fuhrwerk, würde in der Nacht das Risiko verdoppeln." „Sie haben vielleicht recht", nickte sie traurig, das Köpfchen senkend. Gleich darauf erhob sie es freudig wieder. „Können wir nicht morgen früh die Reise unternehmen, so wie wir es heute getan? Sind wir heute nicht gut genug durchgekommen?" „Allerdings — doch je mehr wir uns der Grenze nähern, je mehr dürften die Schwierigkeiten sich häufen. Wenn Sie erfahren könnten, ob man ebenfalls nicht schärfere Wache hält als bis hierher —" „Ich will es versuchen." Mit diesem Versprechen verließ sie ihn. 10. K a p i t e l. Felix blies, nachdem er gespeist, die Kerze aus, welche sie ihm gegeben, setzte die Pfeife in Brand und rauchte. Soweit die Umstände es zuließen, fühlte er sich ganz behaglich. Nach und nach wurden ihm die Augen schwer, er warf sich auf das Bett und schlief ein. Ein lauter Ausruf schreckte ihn empor — er wußte nicht, ob nach kurzer oder langer Zeit. Der Schrei entfuhr Gretchens Munde, er kannte ihre Stimme und brachte ihn auf der Stelle mit seiner Entdeckung in Zusammenhang. Leise schlich er nach der Tür und horchte. Er hatte sie von innen ver riegelt und war entschlossen, im Notfälle durch das Fenster zu entfliehen. Gretchen schien mit einer andern Perfon, die aber nicht ihr Großvater war, in auf geregtem Tone zu sprechen. „Unmöglich", rief sie, „Ihr seid toll, Nachbar." „Ich hab' ihn selbst gesehen, Gretel — sie brachten ihn gebunden auf einem Leiterwagen. Er winselte jämmerlich und beteuerte immerfort, er sei nicht der Spion, sondern der Buderfranz und dein Bräutigam, sie sollten nur hierhergehen und dich fragen." „Heiliger Gott!" schrie Gretchen erbebend, „der Unglückliche!" „Und fein schaut er aus, Herzchen — wie ein vornehmer Herr. Sogar eine goldene Kette trägt er. Aber an der Stimme hört man's, daß er nichts Vornehmes ist, ich erkannte ihn auf der Stelle. Paß auf, sie bringen ihn hierher oder holen dich nach dem Gasthofe — ein ganzes Heer Soldaten war um ihn herum. Er behauptet, ein fremder Herr habe ihn mit vorgehaltener Pistole gezwungen, die Kleider nnt rhm zu wechseln, nachdem sie eine kurze Strecke in des Herrn Schlitten zusammen gefahren waren." (Fortsetzung folgt.)