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Ans Stadt und Land. Mitteilungen aus dem Leserkreise sür diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 4. März 1912. (Fortsetzung aus dem Havptblatt) Wußkag. Der Frühjahrs-Bußtag steht im Schatten des Kreuzes von Golgatha. Kreuz und Buße, das sind Klänge, die manchen Leuten unserer Tage als überlebte und darum überflüssige Töne erscheinen. Es werden jetzt ganz andere Melodien ausposaunl und willig ausgenommen. Alles, was nach Persönlichkeitskultur, modernem Weltbilde, neuer Moral und neuer Religion und dergleichen klingt, daS findet Beachtung; und mit mehr oder weniger Leidenschaft wird die biblische Vorstellung vom sündigen Menschenherzen als Anachronismus und finsterer Kirchenwahn bekämpst. Und dennoch lassen sich die alten Werte nicht jo ohne weiteres ausschalten. Das gesteigerte, ost so trotzige Weltgejllhl der modernen Zeit ist ost nur die Falle für einen weitgehenden Pessimismus Die bekannte Rede vom Sichausleben und Sichhinmegsetzen über alle sittlichen Schranken hat schon greuliche Tatbestände gezeitigt. Mit am traurigsten berührt den Volkssreund jene Verrohung, die bereits in der grünen Jugend sich breit macht, jene nur allzu häufige Autoritäts- und Zuchtlosigkeit, die von keiner noch so beschönigenden Zeitbetrachtung in Abrede gestellt werden kann. Wie Schuppen mag es einem da von den Augen fallen, wenn das Christentum mit unerbittlicher Energie auf den furchtbaren Ernst von Schuld und Sünde weist. Keine Weltbetrachtung, die ein sittlich-religiöses Moment entsallen will, kann aus den Vergeltungs gedanken ganz verzichten. Man braucht ihn nicht äußerlich massiv zu fassen, mau darf und soll sehr wohl eine innere, geistige Vergeltung betonen, die das Böse früher oder später mit seelischen Schmerzen umwebt. Die Tatsache des Gewissens bleibt auch dann bestehen, wenn manS zu unterdrücken bemüht ist. Gewissensschärjung ist ein Haupt zweck des Bußtages. Tie Selbstprüsung im Spiegel der christlichen Glaubensideale muß eine demütige Stimmung auslösen, noch richtiger gesagt, eine grundsätzliche Herzensdemut, die sich des alten Gebcts- seuszerS nicht schämt: Gott jei mir Sünder gnädig! Darin liegt aber schon angedeutet, daß kein Zweijeln und Verzweifeln das Ende der evangelischen Bußgedanken ist. Jeder Bußtag will auch aus den gött lichen Gnadentrost Hinweisen. Luther hats in seinem vielgesungenen Bußliede schlicht und kräftig herausgehoben: „Ob bei uns ist der Sünde viel, bei Gott ist viel mehr Gnade; sein Hand zu helfen hat kein Ziel, wie groß auch sei der Schade!" Wer noch einen Funken christlichen Bewußtseins in sich trägt, der muß es schließlich begreifen, daß auch die christliche Bußtagsverkündigung einen lebendigen Christus zum Mittelpunkt hat. Mit einen: nebelhaften Mythus ist hier ebensowenig getan, wie mit einer phrafenreichen Herocnverehrung. Nur der Christus des Evangeliums, der Träger und Vollender einer höchsten wunderbaren Goltesoffenbarung kann Gegenstand religiösen Glaubens und Hoffens jein. Nur in jolchem Sinne kann man die Lojung voll ermessen: Durch Christus zum Vater! Man interessiert sich heute sehr sür die Frage, wer denn Jesus überhaupt gewesen sei und was er gewollt habe. Der Bußtag legt eine lief religiöse Antwort nahe. Er redet und muß reden vom Sünderheiland. Es liegt schlechterdings kein zureichender Grund vor, daß man sich dieses Bekennt nisse» irgendwie zu schämen hätte. Möge cs auch diesmal mit allen, Emst und aller Freudigkeit gepredigt und gehört werden. Der Segen einer evangelischen Bußtagsjeier ist wahrlich kein leerer Wahn! .... — Neue Scheckftempelmarken. Die im Gr- brauch befindlichen Vchtckftempelmakken lassen wegen ihres dunkelgrünen Farbentones die zu ihrer Entwertung an» gebrachten Schriftzüge nicht immer deutlich genug erkennen. Zur Abstellung dieses Uebeljtandas werde« diese Marken daher von jetzt ab in einem helleren meergrünen Farben ton hergestelll. Mit der Herausgabe der neuen Marten wird erst begonnen werden, nachdem die Bestände an ältere« Marken verbraucht sind. Auch die in den Händen des Publikums dlfindlicheu Marken älterer Art könre» nach wie vor weiter verwendet werden. — s LK Der Ev.'luth. Schuwereii» für da- «-«igretch Sachsen hält am 17. März (Mare) d. I. im Kaufmännischen VerctuShsuse zu Chemnitz seine dritte Jahresversammlung ab. Nachmittag 3 Uhr ver einigen sich die Mitglieder zur ordentlichen Hauptversamm lung und vm 5 Uhr findet eine öffentliche Versammlung statt, in der Kantor Burgard aus Ruppendorf über das Thema: „Entspricht Ler Regierungsentwurf des neue« VoHsschulgesktzes in seinen Bestimmungen über den Reli gionsunterricht den Forderungen der Pädagogik?" und Oberverwaltungsgerichtsrat von der Decken aus Dresden über: «Das Wort sie sollen lassen stahnl" sprechen werden. Der Verein, der sich die Aufgabe gesetzt hat, an der Er- Haltung der schrill- und bekerntnismößiaen relis ö» " JugendunttrAeisung mitzaarbiitcn, zä 1t zur Zeil üb: 8000 MitaU-der. — Submissioriswesen und Lchmntzkonkur- renz. Daß Suomijstoa und g-jLälttHe Z^iumweu drüche sehr ost miteinander in eu rem Zusammenhänge stehen, ergibt sich auis neue wieder aus entspr ch »der Vorgängen in Ednswasoe. Dmt haben tr e hald Jahresfrist zwei Buchdruck reter mili i deren I Hope, dafür bekannt waren, bei Subnmfi„mli al§ billige Männ an der Spitze za stehen Si binl«lass n eine gioße Zahl Leidtragender 'n tun KrUnn lhier P -soal? ihrer Lieferanten. Ersteres wa-be mit vc» Lögn-n ver tröstet, dis sich die Forde,uu^m einzelner A-gesteUiev auf Hundtite von Mark beliefen; letzter? e-öielun ltzu geUefeitz» Mot-nalle«: Mäskbi .en, Papi r. F^rbo uw, nicht bezahlt. Wenn auch die von oe» oilligra Mäamrv gelieferten Drucksachen in den m istea Fäll n Mm ange legten Schandpreise esttp achm, stto oinstchmch der technischen Ausführung, der Pap e qwutäl unv bew der Korrektheit recht viel zu wüajchen üd-i lnß.n, so fanden sich doch immer Avn hwer d'tser Minde w rügen Druckerzeugnisse und — was das « baue lichste bav-t ist — auch bei den Behörde«. Alle diejeai^n aber, me dazu beitragen, derartige Schmutzkonku. re Amen wenn aus nicht groß zu ziehen, so doch v gelieren zu lass n, mamen sich zu Mitschuldigen an ocm Unheil«, das bei dem unausbleiolichen Zusammenbruche seine fire-se zieht Wenn schon Submisstoden nichi zu vermeiden stad, so sollte die Vergebung doch unter ständiger Würdigung der allgemeinen Sachlage erfolgen. Prinzipiell aber vürfte der billigste Mann de« Auftrag nicht rryuten, ein V r» fahre«, das anderwärts schon mit gutem Eciol e stil langem befolgt wird. Besondere Vorsicht aber ist Leut-n gegenüber geboten, die vom Buchoruckirfache nicht dir blosse Ahnung haben — Der Export «ach Amerika in dem Ko«, sularbezirk Dresmn b trug im 19 2 laut Mit teilung des am-rckanische» Konsulates 311056 Dollar gegen 357257 Dollar iw Bo jähre. — Geschliffene Zeiten. Der Bußtag (6 März), dissen Vorabeno uns vir Z r vom Donnerstag nach sem Sonntag Judica, in diesem Jahre also von Dounerstas, den 28. März, dis zu und m>t dem ersten Osterfeit,tage, gelten nach der sächsischen M nistcrialv-rorbnusg vom 14. Februar 1911 als geschloff ne Ziten in öezehung auf Tanzveranstaltungen an öffenil wen Orten, in Privat- Häusern oder in den Räumen geichloflener Gesellschaften Ausnahmen von diesen Bestimmungen dürfen in keinem Falle gestattet werden. Das Abhalten von Kouzertmuyke« und anderen, namentlich der mit Musikbegleitung ver bundenen geräuschvollen Vergnügungen an öffentlichen Ortk» ist am Bußtage, an dessen Vorabend von nach- mittags 6 Uhr an (am Vmabrnv jeoo« umec Gestattung ernster Musikstücke) und an de« drei letzten Tag'.,. d«r Karwoche verboten. Die Aufführung geistlicher Musiken und Oratorien kann dagegen aa diesen Tagen «estaitet werden, wenn sie mit der ernsten Feier jener Tage in vollem Ekklange stehen, in de« Nachmittags- oder Abend stunden — also nach völlig beendigtem Gottesdienste — stattfinden und wenn dabei jede sonstige Festlichkeit aus geschlossen bleibt. Theatralische Vorstellungen dürfe« am Bußtage und in der Zeit vom Grüsdonnerstag bis mit Sonnabend vor dem ersten Osterfeiertage nicht stattfinden. Auch wird vorausgesetzt oaß zu desjenigen theatralischen Vorstellungen, die am Vorabend des Bußtages, wie in der Zeit vom Palmsonntag bis zur Mittwoch i« der Karwoche zur Aufführung kommen, angemessen« ernste Stücke gewählt werden. — Zur bevorstehende« Lehrli»gSei«stellu«g. In beachtenswerter Weise wnb jetzt schon ta der Tages iresse darauf hingewiescn, daß die Zuführung von Lehr- lugen zum Buchdruckgewerbr nicht tss Blaue hinein g<- chehen darf, sonder« verschiedene Punkte zu beachte« sind, seren Außerachtlassung das spätere Fortkommen der Lehr- Inge sehr erschweren, wenn nicht ganz verhindern kal «. Es wird darauf hingewtrsen, daß sich im Buchdruckgewerbe nahezu die Gesamtheit der Gehilfen und Prinzipale ver- stä d gi Hude, ß lm m Folge nur noch solche Gehilfe» Aus evl an u ierkvww n pudes, Seren Inhaber de» Deutschen Bus rucke, iar i d lw iS restliche Erklärung beim T rnnwl. ae D u n Suchnnck-r anerkannt haben, und infolgt: ff uw kj L a tu ^S nhl ver im Deutsche» Buchoiuckcrln l an i steil Lrmlingeskala einhallen. Eitern u. d Vo wü- d - n d ganz deionö-rs auf diese Beu mwu g n av merksam zu machen Da jetzt schon tu mar chiv O t v Bei r-»langen üo-r d e LehrltLgSneu« ei ' kllu, gru zum kneejäüi »en ONertelwi - im Gange find, möchte, wll - 0L da U' tu-wetten daß das Tarifamt ver Deulsaun Board! ck mzü^lich eine regelrechten Ein- stelluug vo > L-ü ltuüeu o Surr folae, ne Punkte einer be- io«deren B incknawgukig empfohlen hu: Hauptbedingung Ml sie An nahme eines L mln gs »n seine vorherige Ptüillug auf aeMige u»o kö pilliche Befähigung. Die La ulz ugüff dec letzr-v o ei Jahr, kur Nachweis, daß oe Kaabe mindestens ein J^b die höchste Klasse der Volksschule aut Elfol - desuan i» Deutsch, Rechtschreiben, Leien und Rechnen während der letzn» diel Jahre keine chl chte Zeusmen hstte, sonne die Sitteuzensur find für tue geistige u d moralische Qual fikation maßgebend. Zur kö v -Uche« Br ähi'.ung mhörl die Feststellung, daß der K«,be nicht schwächlich entwick lt. nicht für Lungen- und chronische MagentliSen leicht emp änglich ist oder nicht auS m>r 'olch-n Leiden behastuen Fumilien stammt. Fer«« ürfen Knabe«, die mit kö perl ch n Gesuchen, wie Augen- schwache (Ku,z- uns W ttiichiigkett), Epilepsie oder erheb lichen Fugleideu beyastet find, dem Luchdruckgewerbe nicht zugeführt werden. Der fortwährend unverhältnis mäßig hohe Krankenstand ivwir die große Zahl vorzeitiger Jr validen im Buchdruck^ewerv« bediogen eine strenge Be- uwlung dieser Vorschriften IM Interest« des Gesamtgt- werbes. — Die Schulentlassung und Kovficmation unserer Jagend steht nahe bevor und Eltern, Vormünder und L-Hrtzerren müssen bl d icht sei«, die der Schule entwachsene» iuuben zu ihrer weiteres Be pflegung in gute, sichere Hande za bringen. Für DceSee«, als eise der wenigen G oßstädle, die ähnliche Et«ltchla>gen besitzen, ist das vom Ve ei« „Volkswohl" bereits seit 18 Jahren uuterhaltene Lehrlingshelm auf daS beste zu empfehle». Es b«- i ml nw tu d m eigenen Grundstück deS Vereins, Annen« t aße 49, l., und bietet Lehrlingen und Schülern, deren Ellern au-wältS wohnen, ebenso solchen, die elternlos ins odrr denen der natürliche Anhalt aa das Elternhaus mrch beionocre V.rhältniff« nicht geboten ist, eine gast liche Slütle, wo thnea bei einem rechten Familienleben volle Verpflegung, sowie Aussicht und Fürsorge von tr- ahrenen tzauseltern zu teil wird. Da in der Jetztzeit die Lchrlinge fast nie mehr Wohnung und Verpflegung i« der Familie des Lehrherr» erhalten, ist t- geradezu ein Beoürfni» geworden, den auf sich selbst angewiesenen ungen Leute» auf diese Weise daS Elternhaus zu ersetzen und sie vor den Gefahren deS Lebens in der Großstadt, vor schlechter Gesellschaft und sittesverderbesde« Einflüssen u bewahre«. Gesusde Wohn- und Schlafräume, sowie ar N-uzeii entsprechende Wasch- und Badeeinrichtungen tnd vorhanden, ebenso «ine Hausbibliolhtk, die TageS- ii usgen, ein gutes Ptanino, Gesellschaftsspiele usw. Die Seköstigung ist gut und reichlich. Das Pflegegeld beträgt monatlich 35 Mark. ES verdient besondere Anerkennung, daß der Verein „Volkswohl" durch Unterhaltung seines Lchrltngsheims, obgleich es alljährlich erhebliche Zuschüsse erfordert, auch sür daS Wohl brr schulentlassenen Jugend in gemeinnütziger Weise besorgt ist. Ausführliche Prospekte werden kostenlos zugksandt; auch ist die Besichtigung deS Instituts gern gestatttt. Anmeldungen rönnen dort erfolgen. — Lie Stammbücher unserer Konfirmanden, auch Zoefiralben gr»o»ut, eine alte liebe Einführung schon aus lrgroßoätelzeit», machen jetzt wieder bei Mitschülern und -Schülerine» die Runde. Für die später in alle Himmels- ttchlunge» des VaterlasdeS und selbst inS Ausland ver schlagene jetzige Jugend pflegt ein solches Album in ge- reisten Jahren eine Fundgrube angenehmer Jugender- naerusgen zu sein. Mascher kindlich.herzige Wu»sch, in ungelenkigen Schriftzüge« auf sorgfältig vorgezogene Blei- stiftltuten gemalt, ruft vielleicht in späteren LebeuSjahre» Ver Rurier des Rönigs. Erzählung aus dem Jahre 1813 von Friedrich Thieme. »201 (Nachdruck verboten.) „Halt, einen Augenblick", rief der Offizier hinter ihr her, „ich will Ihnen nur etwas sagen. Herzliche Grüße von Franz." Da mäßigte sie ihre Schnelligkeit und hörte ihm zu, wie er an ihrer Seite dahinging. „Meinen Sie Franz Buder?" begann sie schüchtern, denn erröten konnte sie unmöglich, da der Frost des Wintermorgens ihrs Wangen bereits mit der Farbe von Borsdorfer Äpfeln übergossen hatte. „Ja, von Franz Buder — ich habe ihn ge sprochen." „Wann?" — „Gestern, in Dresden. Er gab Lie Absicht kund, Sie demnächst zu besuchen. Ich soll Sie schönstens grüßen, Mamsell Gretchen — er hat mir einen großen Dienst geleistet und mir in Aussicht gestellt, Sie würden mir weitere Unter stützung angedeihen lassen." „Weitere Unterstützung? Warum? Wer sind Sie." „Wollen Sie mir erlauben, ein Stück mit j Ahnen zu fahren? Unterwegs sollen Sie alles er fahren." Gretchen schüttelte lächelnd den Kopf. „Was denken Sie, mein Bester? Oder vielmehr, was sollen die Leute von mir denken, wenn ich einem wildfremden Menschen neben mir Platz ge währte." „Margarete, erfüllen Sie meine Bitte — ich «befinde mich in großer Gefahr — unser Gespräch könnte »beobachtet werden. Franz hat Sie mir als eine Jungfrau von recht patriotischer Gesinnung geschildert — retten Sie mich, helfen Sie mir!" „Wer sind Sie?" fragte Gretchen erstaunt, indem sie das Wägelchen zum Stehen brachte. „Sie werden mich nicht verraten?" — Sie ver neinte abermals durch Kopfschütteln, aber ihre Züge trugen jetzt einen ernsten Ausdruck. „Ich bin ein preußischer Offizier, mit einer wichtigen Sendung nach Österreich betraut. Mein Name ist Felix von Dohna, ich trage ein Dokument bei mir verborgen, das den Beweis der Wahrheit meiner Angaben enthält. Sie sollen es lesen — können Sie lesen?" „Jawohl", bestätigte das Mädchen nachdenklich. „Sie sehen ehrlich aus", setzte sie hinzu. „Nun wohl, steigen Sie auf, ich will es wagen." Im Nu saß er an ihrer Seite. Bevor er ein Wort sprach, zog er das Dokument aus der Mütze und reichte es ihr hin. Sie buchstabierte nicht ohne Schwierigkeit den Inhalt heraus. „Haben Sie die Güte, es an sich zu nehmen, bis wir uns trennen", bat der Offizier. „Bei Ihnen sucht man es nicht. Helfen Sie mir, braves Mädchen, wie mir treue Seelen schon mit diesem Bauernanzug meine schwere Aufgabe erleichterten." Darauf erzählte er ihr so viel von seiner Mission und seinen Abenteuern, als er für nötig erachtete. „Selbst in meiner Verkleidung, und selbst, wenn ich die offenen Straßen vermeide, stehen dem Ge lingen meines Werkes tausend Hindernisse entgegen. Ich kann jeden Augenblick entdeckt und verhaftet werden, da zahlreiche Abteilungen so nahe der Grenze Wald und Flur nach mir absuchen. Deshalb halte ich es für sicherer, an Ihrer Seite mich offen den Blicken auszusetzen, wenn Sie mich, wie Franz mir in Aussicht gestellt, für Ihren Bruder oder Mitknecht ausgeben wollen." „Das will ich gern", sagte Gretchen treuherzig. Sie sprachen noch mancherlei über die Gefahr, der er sich aussetzte, und über Franz, von dem er so viel erzählen mußte, als er nur irgend wußte. So schwer es ihm fiel, mußte Felix in diesem heiklen Falle zur Phantasie die Zuflucht nehmen, was er mit der geheimen Absicht tat, bei erster Gelegenheit dem treuherzigen Geschöpf die Wahrheit zu enthüllen. „Vielleicht", warf er hin, „gelange ich so mit Ihnen nach Ihrem Dorfe, Gretchen — wann werden wir dort wohl eintreffen?" — „Gegen vier Uhr" „Sind Sie imstande, mich einige Stunden zu verbergen? Ich würde dann versuchen, während der Nacht über die Grenze zu gelangen. Sie können mir wohl Weg und Steg genau beschreiben." „Das kann ich, obgleich Sie sich leichter verirren als finden dürften. Die Nacht verspricht finster und kalt zu werden, da ist es für einen Einheimischen schwer, nicht fehlzugehen, geschweige denn für einen Fremden." „Eine wenig erfreuliche Aussicht", meinte Felix gedankenvoll. „Um vier Uhr ist es auch noch zu hell, wir müssen uns dann so einrichten, daß wir erst um fünf Uhr das Dorf erreichen. Dann fahre ich hinten herum, so daß ich an unser Haus gelange, ohne erst an den andern Gehöften vorüber zu müssen." (Fortsetzung folgt.)