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Beilage zu Nr. 147. Sonnabend, den 12. Dezember 1903. Vaterländisches. Wilsdruff, 11. Dezember 1903. — Unsere Stadtkapelle hielt am Mittwoch im Saale des Hotels zum Löwen ihr 1. diesjähriges Winter- abonnementkonzert ab. Die Hauptnummer des Programms war unstreitig die Ouvertüre zu Wagners Oper: „Der fliegende Holländer." Wie schon so oft muß auch hier wieder anerkannt werden, daß die durch Herrn Musikdirektor Römisch gestellte Aufgabe den Verhältnisfen entsprechend zu aller Zufriedenheit gelöst wurde. In Nummer 3 des Programms stellte sich Herr Konzertmeister Both den Konzertbesuchern als I. Violinist vor. Die Vieuxtcmpssche Komposition stellte große Anforderungen an den Solisten, die mit lobenswerter Technik überwunden wurden. Der H. Solist des Abends, Schüler Lein un g, wußte sich durch sein vorzügliches Hornsolo die Gunst der Hörerschaft im Sturme zu erobern. Sein Spiel war so vorzüglich, daß er sich noch zu einer Zugabe verstehen mußte. Von den übrigenProgrammnummern gefiel besonders „Die Mäuschen vor der Falle" v. Köhler und das ganz vorzügliche Starksche Tongemälde: Die Reise ins Riesengebirge." Das trotz des kürzlich stattgefundenen Eilers-Konzerts und der Vorstellungen der Zahnschen Theatergesellschaft sehr zahl reich erschienene Publikum spendete nach jeder Piece wohl verdienten Beifall. Es berührte sehr unangenehm, daß trotz der Bitte des Konzertveranstalters von einigen Konzert besuchern während des I. Teiles geraucht wurde. Es mag wohl im Sinne des Bittenden gewesen sein, die mit er schienenen Damen durch den oft unerträglichen „Zigarren qualm" nicht zu belästigen. Weiter verdienen aber auch solche Konzerte durch den lästigen Rauch nicht zu gewöhn lichen Bierkonzerten gestempelt zu werden. Dem Konzert folgte Ball. — Es sei hier nochmals auf den Volksunterhaltungs abend am Sonntag aufmerksam gemacht. An diesem Abend wird nicht nur eine Weihnachtsfeier mit Deklama tion, Gesang und Bildern, sondern auch von Ludwig Richter, den berühmten Maler Dresdens, Bilder aus dem deutschen Volksleben vorgeführt, denen ein Vortrag vorangeht. Am Sonnabend für unsere Kinder Weihnachtsfeier, Märchen und lustige Geschichten. — Wir verfehleu nicht, auch an dieser Stelle noch mals auf die kommenden Dienstag, den 15. Dez. a. c. (nicht Mittwoch, den 16. Dezbr.) im Hotel Adler statt findende Versammlung des Landwirtsch östlichen Ver eins zu Wilsdruff hinzuweisen. Die Tagesordnung lautet folgend: Eingänge. Bestimmung der Vereinstage für 1904. Vortrag des Herrn Gutsbesitzer Schöne Tre belshain: „Genossenschaftliche Aufgaben". Fragekasten. — Theater. Die gestrige Benifizvorstellung für Fr. Angnes Korb vor ziemlich gut besetztem Hause gestaltete sich zu einem rechten Ehrenabend für die Künst lerin. Die Titelrolle in dem überall mit großem Beifall aufgenommenen 4aktigen Schauspiel „Deborah" oder „Der Fluch der Jüdin" lag in den Händen der Benifiziantin und wurde dieselbe mit großer Bravour zur Durchführung gebracht. Reicher Applaus folgte jeder Szene und wurde der Künstlerin als Zeichen der Anerkennung ihrer vor züglichen Leistungen zwei Blumen-Buketts verehrt. Sämt- liche Mitglieder der Zahn'schen Künstlerschar waren aber auch an diesem Abend auf ihrem Posten. Durch das in jeder Phase der Entwickelung so fein herausgearbeitete Spiel namentlich der Herren Werner-Cordes, Direktor Zahn und Stein er, sowie des Frl. Kusse gestaltete sich der gestrige Abend für den Besucher zu einem wirklichen Kunstgenuß. — Nach einer Reihe von Schauspielvorstel lungen kommt nunmehr wiederum einmal ein gutes, origi nelles Lustspiel an die Reihe. Herr Werner-Cordes und Frau Mia Werner werden am kommenden Diens tag als Benifiz-Vorstellung das gediegene Lustspiel „Der Probekandidat" aufführen. Wir wissen, daß in allen Kreisen das Werner'sche Ehepaar hervorragende Kräfte der Zahn'schen Gesellschaft sind, ist ja Frau Mia Werner der Liebling des Publikums und freut sich ganz Wilsdruff und Umgegend auf den schönen Theaterabend. Mittwoch darauf geht zum zweiten Male „Die Else vom Erlenhof" über die Bretter. -7 Der militärische Weihnachtsurlaub ist vom 24. bis einschließlich den 28. d. M. festgesetzt worden. Am 29. Dezember müssen alle Urlauber wieder zum Dienste bei ihren Regimentern bereit sein, weil an diesem Tage für die bis dahin zurückgebliebenen Mannschaften der Neujahrsurlaub beginnt, welcher bis einschließlich 2. Januar 1904 erteilt wird. Auch die im Herbst eingetretenen Re kruten erhalten Hcimatsurlaub. - Der heutigen Gesamtauflage liegt ein Prospekt des Manufaktur- und Modewarenhauses Carl Paul, Pötsch appel, bei, worauf wir ganz besonders aufmerk sam machen. , ^... - Kesselsdorf. Durch die Fürsorge der Direktion des Königl. sächs. meteorologischen Instituts und der Kgl. Straßen- und Wasserbauinspektion Meißen n ist unserm Drte vor wenigen Tagen zu dem bereits vorhandenen Schnecmesser auch ein Regenmesser zur Beobachtung zu- Akwiesen worden. Im Hinblick auf die hiesigen bedeudenten Tcrrainerhebungen zwischen Elbe und Weißerritz und dem Schooner- und Saubachtal, dürfte es gewiß dankbar be grüßt werden, wenn künftig noch andere ähnliche Instru mente ausgestellt würden. Wie mächtig beispielsweise die Windstärken auf unserer Hochebene auftreten, dies hat die Staatseisenbahnverwaltung -früher einmal recht empfindlich erfahren müssen, aber auch die Reichstelegrapheneinrich tungen haben beim letzten Orkan schwere Schäden erlitten, in dem die Sturmgewalt auf eine Strecke von nahezu 2 (Kesselsdorf, Zöllmen und Pennrich) sämtliche Stützen und Streben mit 30 Leitungsdrähten während der Nacht aushob und auf die Feider nieder warf; glück licher Weise war der Straßenkörper frei geblieben, sonst wäre eine ganz ungewöhnliche Verkehrsstockung hervorge rufen worden. Seit nahezu 3 Wochen ist die Telegra- phenverwaltuug eifrig mit der Wiederherstellung der Lei tungen beschäftigt. — Das Bezirks-Kommando Meißen gibt bekannt, daß eine größere Anzahl Anmeldung zur Schiffsjungen- Diviston in Friedrichsort erwünscht sind. Alles Nähere ist bei genanntem Kommando zu erfahren. — Dresden, 10. Dezember. Drei Millionen in Gold kamen vorgestern vormittag 10 Uhr 26 Minuten in Kisten verpackt von der Englischen Bank in London über Bremen auf dem Abstellbahnhof hier an. Dieser 1200 Kilo wiegende Goldschatz wurde von der Dampfschifffahrts gesellschaft „Argo" in Bremen von Hamburg nach Deutsch, land befördert. Zwei bewaffnete Beamte bewachten den selben. Die hiesige Paketfahrtgesellschaft sorgte für die Weiterbeförderung der Goldkisten nach Triest, wo sie auf einen nach Egypten gehenden Dampfer verladen werden sollen. Die Empfängerin ist eine egyptische Bankfirma. Die Riesensumme soll für kommerzielle Zwecke Verwendung finden. — In Dresden fand am Donnerstag eine außer ordentliche Generalversammlung der Dresdner Bank statt. Dieselbe genehmigte einstimmig und debattelos die In teressengemeinschaft mit dem A. Schaaffhausenschen Bank verein. — Eine Petition um Erbauung einer Eisenbahn von Klingenberg nach Dittmannsdorf richtete der Gemeinderat zu Niederschöna und Genossen an den Landtag. — Losch Witz. Hier kursieren falsche Zehnpfennig- stücke, die sich dadurch von den echten unterscheiden, oaß der Guß sehr matt ausgeführt worden ist und sie sich fettig angreifen. — Sahlassan. Der jugendliche Mörder Lehmann, der vorige Woche die Witwe Danneberg in Dresden er mordete und nach seiner Festnahme das Verbrechen ein gestanden hat, stand vor kurzem einige Zeit bei dem hiesigen Gutsbesitzer Brand in Diensten- Als ihm hier sein Arbeit geber eines Tages wegen einer Nachlässigkeit Vorwürfe machte, zog der Bursche ohne weiteres ein dolchartiges Messer und ging damit auf Brand los, dem es jedoch gelang, ihm die Waffe zu entreißen. — Großvater, Vater und Sohn als Gemeindevor stand in einem Ort, ein derartiges Zusammentreffen dürfte nickt allzu häufig vorkommen; nachdem berests der Vater des jetzigen Gemeindevorstandes in Grünstädtel dies Amt bekleidet hatte, muß nun der jetzige Gemeindcvor- staud Wilhelm Weigel krankheitshalber ausscheiden. An seine Stelle tritt auf einstimmige Wahl des dortigen Ge meinderates nun der Sohn des bisherigen Gemeindevor standes, Gutsbesitzer Alwin Weigel daselbst. — Ein bejahrter Kapitolsvogel. Gänse können be kanntlich ein hohes Alter erreichen. Eine Gutsbesttzers- witwe in Taltitz bei Plauen besitzt einen solchen Vogel, der bereits 21 Jahre alt ist, also die Großjährigkeit er- langt hat. Auf einem Auge ist das Tier blind. Ein Junges von ihr hat bereits fünf F ühlinge erlebt. Die Einundzwanzigjährige bekommt das Gnavenbrod. — Meerane, 10. Dezember. Großfeuer. Von einem gewaltigen Feuer wurde das Rittergut im nahen Ponitz (Sachsen-Altenburg) am Mittwoch vormittag be troffen, wodurch die umfangreichen Stallungen und eine Scheune total eingeäschert wurden. Am Brandplatze waren sieben Spritzen erschienen, die ihre Tätigkeit darauf be schränken mußten, die stark bedrohten Nachbarhäuser, ins besondere die Schäferei zu schützen. Das zahlreiche Vieh konnte nach schwerer Arbeit gerettet werden. Die nieder- gebranten Gebäude hatten eine Länge von 95 Metern. Man vermutet Brandstiftung. — Annaberg, 8. Dezember. Am 16. wird in Chemnitz gegen einen hiesigen Bürger Verhandlung statt- finden, der während der Rettungsarbeiten dadurch öffent liches Aergernis erregt haben soll, daß er in unziemlicher Weise die Tätigkeit derjenigen Herren aus der Bürger schaft von Buchholz getadelt hat, welche sich in großer Opferfreudigkeit der Toten und Verunglückten angenommen haben. Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Betreffenden im öffentlichen Interesse Anklage erhoben, wegen der er sich vor der Strafkammer zu verantworten haben wird. — Frankenberg, 8. Dezember. Beim Ausführen eines dreijährigen Pferdes wurde in Garnsdorf der bei dem dortigen Gutsbesitzer Metzler bedienstete Pferdejunge Müller infolge Ausschlagens des Tieres so unglücklich an den Hinterkopf getroffen, daß der Jüngling nach wenigen Stunden verstarb. — Crimmitschau. Seit gestern ist auch die Bahn- hossrestauration von nachts 12 Uhr ab für Nicht-Reisende gesperrt und das Gendarmerie-Kommando von 21 auf 50 Mann erhöht. Die Gendarmerie patrouilliert die Straßen ab und schützt die Arbeitswilligen, jetzt sollen es 1500 sein, einschließlich der Zugewanderten — gegen Be lästigungen. Neuankommende Arbeitswillige werden vom Bahnhof nach den Fabriken eskortiert, wo sie zum Teil Wohnung erhalten. — Crimmitschau. Sozialistische Blätter behaupten, auf die Werdauer Textilfabrikanten sei von interessierter Seite eingewirkt worden, zur Unterstützung der Crimmit- lchauer Unternehmer ihre Arbeiter ebenfalls auszusperren, mir 76 gegen 30 Stimmen hätten die Werdauer Indu striellen diesen Antrag jedoch abgelehnt. Der „Crimmit schauer Anzeiger", das hiesige Amtsblatt, erklärt sich für ermächtigt, mitzuteilen, daß diese Meldung vom Anfang bis zum Ende erfunden sei. — Zwickau, 9. Dezember. Der nach Unterschlagung von ca. 30000 Mark flüchtig gewordene Krankenkassen- kassierer Colditz aus Niederplanitz ist in Genua verhaftet worden. Die Unterhandlungen wegen seiner Auslieferung sind im Gange. Letzte Nachrichten. Bremen, 11. Dez. Das Schiff „August," Kapitän Albrecht, das am 1. August von New-Jork nachL ssabon abging, ist mit 22 Mann Besatzung verschollen. Schweidnitz, 11. Dez- Der Schneidermeister Peukert aus Freiburg erschoß gestern seine Frau. Schweinitz, 11. Dez. Im Hermannsschacht der Fürstensteiner Gruben ist durch eine Endladung schlagen der Wetter ein Bergmann getötet worden. London, 10. Dezember. Wie die Central News melden, entging Königin Alexandra, die gegenwärtig in Sandringham weilt, in der Nacht einer großen Lebens gefahr. Ihre Hofdame, Miß Knollys, erwachte infolge dichten Qualm in ihrem Schlafzimmer, sie eilte sofort zur Königin, die im Zimmer neben ihr schlief und weckte sie. Beide Damen eilten in Schlafgcwändern aus dem Zimmer. Zwei Minuten danach stürzte der Fußboden an der Stelle ein, wo das Bett der Königin stand. Die Feuerwehr des Schlosses wurde des Brandes bald Herr. Die Ursache des Feuers ist auf mangelhafte Isolierung elektrischer Leitungsdrähte zurückzuführen. König Eduard, der in Clevcden bei Lord Jveagh weilt, wurde durch einen Eil boten von dem Geschehenen benachrichtigt. Der angerichtete Schaden beträgt mehrere Tausend Mark. In Ungarn herrscht im allgemeinen wieder parla mentarischer Frieden, nachdem im Abgeordnetenhause die Kossuthpartei ihre Obstruktion infolge der entgegenkom menden Haltung der neuen Tiszaschen Regierung einge- stellt hat. Im österreichischen Abgeordnetenhause beant wortete Ministerpräsident von Körber am Mittwoch eine ganze Reihe von Interpellationen, worauf sich der Tscheche Forst eine dreistündige Obstruktionsrede leistete. Die Pforte weicht in ihrem diplomatischen Gefecht mit Oesterreich-Ungarn und Rußland wegen den mazedo nischen Reformen allmählich zurück. Soeben sind die Cwilagenten der beiden Mächte zur Kontrolle der mazedo nischen Reformen die beiderseitigen Generalkonsuln in Beirut ernannt worden, wozu die Pforte natürlich Ja und Amen sagen muß, wenn auch noch so widerwillig. Ferner geht man jetzt an die Bildung des besonderen Gendarmeriekorps für Mazedonien, zu dessen Kommandeur ein italienischer General in Aussicht genommen ist. Paris, 11. Dez. Der deutsche Automobilfahrer G. Moder überfuhr gestern auf dem Boulevard 3 Kinder, wovon 1 bereits gestorben ist. Tages-Aale«-ev. Kaiserl. Postamt Wilsdruff. Geöffnet für den Post- und Telegraphen-Dienst: Wochentags von 8 bis 12 vorm., 2 bis 7 nachm.: Sonn- und Feiertags von 7 bis 9 vorm., 12 bis 1 nachm. Für Telegramm annahme geöffnet: täglich 6'/z vorm. bis 10'/i nachm. Bei geschlossenem Schalter befindet sich die Annahmestelle für Telegramme an der Eingangstür zum Dienstzimmer im Hausflur. Geschäftsstunden der Königl. Sächs. Güterver waltung zu Wilsdruff. Für Eilgut: Wochentags 7 -12 Uhr und 1—7 Uhr, Sonntags 8—12, mit Ausschluß der Stunden während des Gottesdienstes, für Wagenladungen: Wochentags 7—12Uhr und 1-7 Uhr, für Frachtgut: Wochentags 7—12 Uhr und 2—7 Uhr. Ferkel werden an Tagen, wo Ferkel markt stattfindet, bereits von ftüh 6 Uhr zur Be- förderung angenommen. Rats-unWPolizei - Expedition, sowie das Königl. Standesamt Wilsdruff ist geöffnet von 8 bis 12 vorm. und 2 bis 4 nachm. Stadtkasse und Steuereinnahme ist geöffnet: Jeden Werktag (außer Mittwochs) von 8 bis 12 vorm. 2 bis 4 nachm. Sparkasse zu Wilsdruff ist geöffnet: Jeden Werktag (außer Mittwochs) von 8 bis 12 Vorm., 2 bis 4 Nachm.; sowie jeden letzten Sonntag rm Monat (für Gehilfen, Dienstboten und Arbeiter) von 1 bis 3 Nachm,