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Erzgebirgischer Volksfreund : 05.06.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-06-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192706057
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19270605
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19270605
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-06
- Tag 1927-06-05
-
Monat
1927-06
-
Jahr
1927
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 05.06.1927
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locklgu Hoar und sprühend« Augen verwirren lassen. Er fühlte sich -v alt, sein Herz mich nur um einen Spalt zu öffnen, der vielleicht nur L«r« verriet. Und es kamen ganz leise Erin, neurngen au« dem flachsblonden Haar des Mädchen« und der Musik ihrer Stimme, di« besser in der Stille de« Waldes begraben mürben. Am Pfingstsonntag war es aber doch lebhafter in dem Ort geworden. Ausflügler kamen, Kraftwagen und Boote hielten an dem Gee und brachten ein« lärmend« Fröhlichkeit mit. Konrad hatte sich von d«n Fischern einen Kahn geliehen und war weit hlnousgefahren, wohin, von Wald und Hügeln auf. gefangen, keine fremden Stimmen drangen. Und gerade dort, während er im Schilf in der Sonne ausruhte, sah er Inge. Sie kam am Ufer vorbei und winkt« ihm mit ihrem Tüchkin zu. Es wäre zu unhöflich gewesen, das zu übersehen. Mit ein paar Ruderschlägen trieb er das Doot ans Land, und das Mädchen sagte ein wenig müde und träumerisch: „Guten Tag, Herr Konrad, einen herzlichen Pfingstgruß zuerst. Aber werden Sie böse sein, wenn ich gleich mit einer Bitte hierher komme? Ich würde mich freuen, wenn ich ein Stück mitfahren könnte, denn ich bin sehr müde.. ." ,/Sewtß", sagte er und dachte: Eigentlich Ist ste doch kein Kind, sondern eine recht hübsche junge Dame. Aber es wird mich nicht weiter anfechten, wenn ich Hr den Gefallen tue. — Dor der letzten Biogunst des Sees hielten st« an. Und Ange, die bisher still dagesessen hatte, meinte: „Ich wundere mich, daß ein Mann wie Sie sich während der Festtage in dieser stillen Gegend versteckt. Haben Sie nicht die Ausflügler gesehen? Das ist ein Uebermüt, Himmell — und ich glaube, so ist es heute überall. Warum sind Sie nicht dabei?* Konrad runzelte unfreundlich die Stirn. „Weil ich mir einen Quark aus dieser Oberflächlichkeit, dieser sinnlosen Heiterkeit um jeden Preis mache. Vielleicht denkt die Jugend anders darüber. Vernünftige Menschen wissen, daß ein Tag, der zufällig mit einer roten Zahl im Kalender steht, nicht mehr und nicht weniger einen Wert, eine bleibende Freude schaffen kann als jeder andere —* Rasch und verwundert traf ihn der Blick des Mädchens. „Also halten Sie die Menschen am Ufer dort für unser- nünstig?" ,Hören Sie, mein allzu kluges Fräulein,* — Walter Kon- rad senkte plötzlich den Kopf unter der Last anstllrmender Ge- danken, und im Weitersprechen war seine Stimme ungewohnt weich und leise — „ich kannte einmal ein Mädchen, das sah aus wie Sie, dasselbe Haar und — nun kurz, ich hatte sie lieb. Was man damals so nannte: Ehrfürchtig, ungestanden, heim- lich hoffend und in Gedanken die Gestalt der Geliebten ver klärend. Ich stand am Anfang einer guten Laufbahn und war — nun ja — nicht unansehnlich. Ich hatte also guten Grund, schon in Erwartung auf ein Glück mich glücklich zu fühlen. Ob Ellinor etwas von meinem heimlichen Werben verstanden hatte, wußte ich nicht. Bisweilen schien es mir, als fühle sie sich in meiner Nähe wohl und zeichne mich vor anderen aus, aber ich wagte doch nicht, mit einem zu frühen Wort eine Drücke zu zerstören, die vielleicht noch garnicht fertig war. Dann kam Pfingsten, der erste Tag, den wir fern dem Zwang Ler Stadt verlebten ... Und der Tag verging wie jeder andere, versickerte wie ein zugeschütteter Bach. Bald darauf hörte ich auch nichts mehr von Ellinor, ich verlor sie, wie man im Kriege einen Arm oder eine Hand verliert — es tut schon weh, aber man glaubt es noch nicht recht. Und von meinen Träumen, meiner An betung blieb nichts als das Bewußtsein: Was war ich mehr als der Gegenstand einer Laune, eines Spiels? Ich stand am Wege und durfte ein paar Wochen mitgehen. Ich erwartete Wunder von einem Tag, ein Fest des Gestehens, eine Krönung des Glaubens — und es wurde nur ein nüchterner Werkeltag wie andere. Eine sentimentale Geschichte, nicht wahr, kleine Inge? Aber genug, um seine eigenen Gedanken über Festtage zu haben." Inge hatte verwundert den Sprecher angesehen. „Aber nicht die richtigen," sagte sie mit fester Stimme. „Ich habe gelernt, daß Pfingsten nicht nur ein Tag ist, von dem in der Bibel erzählt wird, sondern er bedeutet Frühling, Aufbrechen der Knospen, Fröhlichsein und Allesverstehen. Sie mußten verstehen, was ungesprochen das Mädchen neben Ihnen sagte, vielleicht sogar schrie, und diese Ellinor — sie hat denselben Namen wie meine Mutter — hätte die einzige Sprache ohne Worte verstanden, die Sie sprechen mußten: Sie in die Arme zu nehmen und zu küssen! So wie es die Menschen heute tun, die Sie unvernünftig nennen, die aber den Mut haben, ehrlich ihre Liebe zu bekennen. Wissen Sie denn, ob nicht jene Frau nachher viele Tränen geweint hat und ebenso allein blieb wie Sie? Ich habe in meinem Zimmer zu Hause viele Blumen. Wenn ich sie nicht begieße, verwelken sie. Aber keine sagt mir, Laß ich es tun muß . . ." „Mädchen," stammelte Konrad fassungslos, „woher kom men Ihnen diese Gedanken?" „Meine Mutter erzählt mir viel . . ." „Ja, und dann — da doch nun auch ein Pfingsttag ist — and hier im Doot bei niir eine so schöne Gefährtin — dann müßte ich nun wohl auch ..." Lächelnd hielt sie seine Hände zurück. „Nein, so nicht. Sie sind noch nicht alt. Und jene Frau ist gewiß noch jünger als Sie. Wenn Sie schon küssen wollen — suchen Sie sie —" Mit einem herzhaften Handschlag nahm sie am Steg Ab schied. In seinem Zimmer stand Konrad lange am offenen Fenster. Eine Bibelstelle fiel ihm ein: „. . . und Eure Söhne und Töchter werden weissagen ..." — und seine Gedanken spannen silberne Bogen durch die Nacht in den neuen Früh ling Hine n — zu der Fernen — die vielleicht nahe war — pfingstfahrt. Skizze von Christel Broehl-Delhaes. Zu Bieren waren st« ausgezogen, vier Studenten zur Pfingstfahrt ins blühende Land. Von Heidelberg her wander ten ste durch ben Odenwald, labten sich an der Schönheit rings- um und vergaßen darüber, sich nach geeignetem Nachtlager um- -usehen. Aalt war es noch in den Nächten, und Decken hatten st« nicht bei sich. Mso war die Suche nach Unterkunft geboten. Und ste hatten Glück. In der nächsten Lichtung erhob sich ein Schloß wie ein prachtvolles Gemälde vor dem großartigen Hintergründe des verblassenden Himmels. Don wildem Wein umsponnen, von blütenüberrieselten Wild- und Edelbäumen umstanden, schauten sein« Tare ins Land hinein. Di« vier Pfingstwanderer standen betroffen still vor dem Mmdersamen AnÄick. E« knisterte im Gesträuch de« Walde«. Ein scheue« Döglein zirpte sein geheime« Abendlted. Rehe kamen bi« an den Gee, um zu trinken. „Wie geschaffen, um ein Märchen zu erleben!" btach der Aelteste das Schweigen. „Ich wette, dort wohnt ein blonde« Durgfräulein, da« uns den Wein kredenzt!" schwärmte der Jüngste. „Jedenfalls", meinten die anderen, „müssen wir um Nacht- lager bitten." Sie stimmten ein Wanderlied an und stiegen zum Schloß hinauf. Ihre Fäuste hämmerten gegen da« Schloßtor. „Fahrende Landsknecht' beg<chren Einlaß und Nachtlager!" schallte es übermütig aus den jungen Kehlen. Und erwartungs volle Augen starrten auf das schwer«, eisenbeschlagene Holz. Es dauerte ein« Weile, ehe das Tor aufging. Ein grau haariger Alter hielt eine Fackel hoch, daß der feurige Schein den Wanderern ins Gesicht fiel. Der verträumte Jüngste sah zuerst die schlanke Gestalt auf der Treppe. „Das — Durgfräulein " Sie grüßten und baten noch einmal um Nachtlager. — „Seid Ur fröhliche und kerndeutsche Wanderer, so seid begrüßt im Odenwaldschloß!" klang eine dunkle, volltönend« Stifnme zurück. Der Diener löschte die Fackel und geleitete die späten Gäste auf seiner Herrin Geheiß in die Fremden, zimmer. Bald schon kam er wieder. Seine Herrin bäte die Herren zu Tisch. Da stiegen ste die düsteren Treppen wieder hinab in den Speisesaal. Erst jetzt sahen ste, daß ihre Gastgeberin kein blondes Burgfräulein mehr war. Weißes Haar schimmerte über einem noch jungen Gesicht. Ernst war dies Antlitz und leidgereift, und die vier Studenten staunten es an, des Leides Ursache zu erforschen. Aber es gelang ihnen nicht. Sie sähen auf die weiße Leidenshand der Frau, die eine blutrote Kristallkaraffe umschloß. Und sie erschauerten... Ueber der Tafel hing ein köstlicher Kandelaber, bis auf den letzten Pfeil mit Kerzen über- laden. Die vielen Kerzen funkelten über die roten, dunklen Frührosen hin, die in weißen Schalen dufteten. Und die blauen, stolzen Schwertlilien auf der Kredenz schauten stumm und unnahbar aus ihren hohen Vasen. Pfingstnacht in einem alten Schlosse. Ward da nicht die Vergangenheit lebendig? Standen da nicht die Geister auf und gespensterten durch die mondhell« Nacht? In den Augen der vereinsamten Frau leuchtete es auf. Sie sah die Burschen im Schimmer der Romantik. Ihr Mund, der so lange geschwiegen in verschlossenem Leid, öffnete sich und erzählte die Schicksale des Schlosses, die Schicksale ihrer Vor fahren, ertönte mit wunLenroller, dunkler Stimme und strahlender Begeisterung. Nur von ihrem eigenen Schicksal sprach ste nicht. Es war lange nach Mitternacht, als die Gäste sich erhoben. Verträumt und noch benommen von dem Gehörten, beugten ie sich zum Gruß vor der hohen Frauengestalt. Der Aelteste rankte in bewegten Worten für die empfangene Gastfreund, chaft, früh am Morgen wollten sie weiter wandern. Aber der Jüngste fragte voll Enthusiasmus, was sie tun sollten, ihr zu danken. Da lief ein wehes Zucken über den Mund der Schloßherrin. Lange sah sie den Burschen in die Hellen und ehrlichen Augen. „Wenn Ihr einmal wiederkommen wolltet — ferienlang — Ihr mochtet mir eine große FreuLe — —" stammelte sie. Und als die Vier freudig, ungläubig vor glücklicher Ueberraschung, bejahten, fast laut jubelten, da offenbarte sich ihnen das tiefe Leid dieser Frauenseele in den wenigen Worten: „Das Schloß ist still, und ich bin einsam geworden. Meine vier Jungens Hobe ich dem Vaterlande gegeben vier — ich hatte nicht mehr!" pfingfiabenteuer. Skizze von Paulrichard Hensel. Ich hatte Elvira Linge auf einer Gesellschaftsreise durch Italien kennen gelernt. Sie hatte immer und überall ein Lachen, wenn andere mit geheuchelter Bewunderung vor Kunst- werken stehen blieben oder verlegen und ungeschickt gegen Lie Eigenheiten des fremden Landes aufzukommen suchten. Abends, wenn wir auf der Terrasse des Hotels oder am Strand saßen, im Wagen über den Korso fuhren, war sie, die Nimmermüde, am elegantesten und lustigsten. Kein Wunder, daß wir uns alle in sie verliebten. Selbst in der Feierlichkeit der Katakomben Noms, als ich dicht hinter ihr ging, wurde ich bei dem seltsamen Gegensatz von Totenkult und überströmender Jugend den Ge danken nicht los: Warum ist diese Frau an den verschlossenen Schriftsteller, den wortkargen Ligenbrödler gebunden, der so ernste Augen rind harte Lippen hat? Es hatte sich gelohnt, um sie zu kämpfen. —- Jetzt, nach langer Zeit, sah ich sie ungewollt wieder. Der Regen, der wider alle Gesetze der Freude den ganzen Pfingst, tag geströmt war, veranlaßte mich, neugierig auf den immer wieder auftauchenden Namen einer Vortragskünstlerin geworden, eine Eintrittskarte zu erstehen, um mir diese Künst lerin am Abend anzuhören. Und die Frau, die ich dort aus dem Podium sah, war Elvira Linge, — ein wenig älter geworden, herber, aber immer noch schön und elegant. Sie sprach Dichtungen ihres Mannes, schwermütige Verse, die wie Musik an das Ohr drangen, ohne jedoch einen geraden Weg zum Herzen zu finden. Aber das kümmerte mich jetzt auch nicht. Wir waren uns nach jener Reise dann und wann noch in Gesellschaft begegnet, hatten auch Briefe gewechselt, und sie könnt« mir eine Plauderstunde nicht abschlagen wie einem Un- bekannten. Unbefangen reichte sie mir die Hand, als ich sie vor dem Portal des Vortragssaales erwartete. Sie erkannte mich sofort und ersparte mir die umständlichen Phrasen einer Einleitung. Und da der Regen einer klaren, warmen ALendluft gewichen war, sagte ich: „Es wird Ihnen gut tun, gnädig« Frau, wenn wir noch eine halb« Stunde durch den Park fahren. Man soll Pfingsten nicht ganz die Natur vergessen..." Ja, sie war einverstanden. Eine halbe Stunde, denn ste war müde. Aber hernach tranken wir noch eine Flasche Wein — niemand erwartete ste, denn ihr Monn war seit eineinhalb Jahren tot, war an der Hoffnungslosigkeit seines Schaffens zu- gründe gegangen; jetzt sprach ste überall, wo sie Gelegenheit fand, seine Dichtungen, für ihre Anerkennung kämpfend -- halblaut sprach sie davon, als besorge st«, mit traurigen Worten meine Stimmung zu stören. Und — war es der Frühling in meinen Adern ßer der Wein — ich dachte: nun ist sie frei; und wenn sie lacht, ist sie immer noch mein« heimlich verchrte, nie vergessene Elvira Linge. Kann nicht jetzt au« dem Traum MÄWkit wriSen? Auch wenn «« «ur «tn« kurze IflK pfingfilichteln. Mannigfaltig waren die Bräuche, die sich seit alters an das Pfingstfest knüpften. Diele davon sind im Laufe der Zeit ousgestorben, besonders dort, wo der schnell wachsende Verkehr und die um sich greifende Industrie die Menschen aus weit voneinander entfernten Gegenden zusammenwarf. In ab gelegenen ländlichen Bezirken aber haben sich noch viele dieser alten Sitten erhalten, und sie sind es wert, gehegt und ge- pflegt zu werden. Die Pfingstbräuche gehen auf verschiedenartige Ueber- lieferungen zurück. So ist der „Pfingstl", der durch die Dörfer reitet und dann ins Wasser geworfen wird, eine in Altbayern südlich der Donau gebräuchliche Pfingstsitte, sicherlich Heid- nischen Ursprungs. Der schöne Brauch Ler „Pfingstlichteln" dagegen, der im Derchtesgadener Ländchen besteht, trägt ein aus gesprochen christliches Gepräge. In diesem prächtigen Erden- winkel wurde schon frühzeitig, vor fast tausend Jahren, ein geistliches Regiment aufgerichtet; die Pröbste und Mönche des Derchtesgadener Stiftes waren bestrebt, die heidnischen Ge bräuche auszurotten und die Bevölkerung in christlichem Sinn« zu erziehen. Und da sich die Herrschaft der Kirche hier jahr- Hundertelana ungestört auswirken konnte, so ist es nicht ver- wunderlich, Laß die von ihr eingefithrten Lehren unL Sitten so tief im Volk Wurzel faßten und sich big in die neueste Zeit erhielten. Zu Pfingsten werden im Berchtesgadener Ländchen Ker- zen angezündet und von den Kindern in feierlichem Zuge durch die Dorfstraßen getragen. Fenster Und Brüstungen der Häuser erstrahlen im Lichterglanz. Don Häusersims und Mauerrand leuchten die Kerzen in langen Reihen herab. Aber nicht nur zur Freude der Kinder sind die Pfingstlichtel bestimmt. In ihrem Schein lesen alte Frauen ihre Gebetbücher, gleichzeitig darauf bedacht, das Haus vor Feuerschaden zu bewahren. Di« Sitte d«r Pfingstlichteln gilt -er Erlnoerung an di« Ausgießung de« hetügen Geiste«. Die Pfingstrose. Zn unserer Heimat wenig bekannt ist eine in Südeuropa häufig vorkommende Zierpflanze, die Pfingstrose, auch Bauernpäonie (Paeonia officinalis) geheißen, die zu der meist in Europa, Sibirien, Ostindien und China verbreiteten Familie der Ranuüculaceen.gehört. Sie erreicht gewöhnlich eine Höhe von 1^ bis 2 Fuß und weist als besonderes Kennzeichen präch tige purpurrote Blüten und filzige, fast aufrechte Kapseln auf. Ihre Wurzel diente einst als sehr geschätztes Heilmittel gegen die verschißenen Formen der Epilepsie und asthmatische Be- schwerden, ist aber infolge ihrer Wirkungslosigkeit in getrock netem Zustande später überall mehr und mehr außer Gebrauch gekonnnen. Die Wurzel, von bitterlich-süßlichem Geschmack, ent hält außer einigen narkotischen und Extraktivstoffen etwas Tannin, Zucker und Stärkemehl und wirkt in frischem Zustand« krampfmildernd und leicht betäubend. Die Blumenblätter ver. wandte man früher gern zur Verschönerung und Verfeinerung von Räucherpulver. Ihre getrockneten Samen werden noch heute, auf Fäden gereiht, als Halsketten in den Handel gebracht un- stehen bei abergläubischem Landvolke im Ruse, Kindern das Zahnen zu erleichtern. Auch ihren fremdländischen Schwestern, der Paeonia albiflora und Paeonia anomala in Sibirien, sowie Ler Paeonia arborea Don in Japan und China, schrieb man lange Zeit ähnlich heilkräftige Wirkungen zu. Der Name Paeonia — Päonie entspricht unserer Bezeichnung Gicht- rose und ist abgeleitet von Päon, einem Sohne des Gottes Po seidon. Die Päones waren ein über Thrazien und Mazedonien verbreiteter Dolkssiamm, der während der phrygischen Völker- Wanderung nach Europa gelangte. Die Pfingstrose selbst ver dankt ihre Benennung einfach der Tatsache, daß sie ihre großen, glutvollen Blütenkelche gewöhnlich zur Pfingstzeit voll er schließt. Al« wir dann später vor ihrer Tür standen, sagte ich zögernd: ,Aer Abend war sehr kurz..." Und sie antwortete lächelnd: „Ein« Tasse Tee kann ich Ihnen noch anbieten..." Froh Wer den unverhofft glücklichen Verlauf de« Abends und Loch etwa« beklommen ging ich hinter Elvira Linge m ihre Wohnung. Ein Dunst von Staub und ungelüfteten Zim- mern schlug mir entgegen. Unordnung und Unbehaglichkeit herrschten im Zimmer, va« ich betrat. Achtlos waren Gegen- stände hierhin und dorthin gedellt, lagen Kissen auf dem zer. schlissenen Sofa und häuften sich Bücher auf dem runden, un- gedeckten Tisch, als empfände der Geist, der hier zu walten hatte, nicht mehr die Notwendigkeit, schön zu gestalten, was nur als Zwang oder Nebensächlichkeit ertragen wurde. Denn die Luft in diesem Zimmer schmeckte nach Armut und Altwerden; und ernüchtert, weit fort von Abenteuerlust und frohem Er- warten, fach ich auf die schön« Frau, di« in ihrem seidenen Kleide seltsam genug von der Umgebung obstach. Sie aber, die Kluge, Wissende, sagt«: „Sind Sie mir nun böse, daß ich Sie enttäuscht habe? Sagen Sie nichts — ich weiß, Sie dachten nichts Schlechtes; aber Sie dachten doch, die Frau, die frei ist, wird leichter zu gewinnen sein als die, die Sie in der Erinnerung hatten. Was ich hier trage, ist olles, was ich habe. Di« Menschen wollen den kostbaren Nahmen und denken nicht an die Arbeit, Entbehrung und Kämpfe, die er verbirgt. Es ist nicht leicht, von der Kunst zu leben..." Unbeherrscht ergriff ich ihre Hände. „Elvira, seit den Tagen in Rom denke ich an Sie. Sie müssen aus dieser Um- gebung heraus. Ich will für Sie sorgen, daß Sie Licht, Glanz, Freud« um sich haben. Sie dürfen nicht verwelken um einer fixen Ide« willen..." Sie sah mich ruhig an. „Eine fixe Idee? Und das sagen Sie an dem Festtag, an dem die Jünger das Wort ihres Herrn predigten? Jeder von uns hat für irgend etwas einzutreten; und ich tue es für den Toten, der mir gehörte. Mit Erfolg, denn heute kennt man sein Werk und fängt an, es zu ver- stehen." „UnL macht Sie das glücklich? Ist das Ihr Endziel, das Sie, die Junge und Schön«, sehen?" Sie fuhr mit einer leichten Handbewegung über ihr Gesicht. „Entsinnen Sie sich der Katakomben, Ler Schriftzeichen, die von Petrus und Paulus erzählten? Was ernteten sie aus ihrer Jüngerschaft für sich selbst mehr als den Untergang?" Ich habe mich tief über die Hände der Frau gebeugt; bin leise aus dem Zimmer gegangen. Auf einer Bank im Park saß ich lange, beschämt, verwundert und — dankbar.
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