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27S Artikel aus Kassel zu gleicher Zeit, und ihrer Fassung nach ganz gleichlautend, in eine Anzahl von fremden Blättern wiedergegeben zu finden, während doch hier von einem solchen zur Reife gediehenen Entschlusse der Re gierung noch gar nichts verlautete, so dürfte es wohl noch mehr auffallen, wenn jene angeblichen Corresponden- ten sogar von den Bedingungen, unter welchen das be- regte Abkommen zwischen der Staats-Regierung und einigen Frankfurter Bankhäusern abgeschlossen sein solle, Kenntniß zu haben behaupten, und damit eine Angabe in Verbindung bringen, als sei die persönliche Betheili gung einer hohen Person bei jenem Unternehmen Vorbe halten worden. Die versteckte Absicht bei Verbreitung solcher ganz ungegründeter Angaben durfte wohl Nie manden täuschen. Es handelt sich davon, schon im Vor aus dem Publikum gegenüber jede zukünftige Maßregel, welche die Kurhessische Regierung zum Wohle des gan zen Landes ergreifen sollte, zu entstellen und zu verdäch tigen. Während sich in einem unserer Nachbarstaaten eine großartige Betheiligung der Mitglieder des Königs hauses an den Eisenbahn-Unternehmungen der größten Anerkennung zu erfreuen hatte, und wir es wahrlich mit nicht minderen Danke wahrnehmen würden, wenn sich die bei uns in Aussicht gestellten Unternehmungen in ähnlicher Weise einer wesentlichen Unterstützung zu er freuen haben sollten, so dursten wir doch nicht anstehen, vorerst jede Insinuation der Art, wie sic in den bezeich neten Artikeln sich vorfindct, mit Entschiedenheit zurück zuweisen." (Pr. I.) München - Augsburg. München. In der Vertragsurkunde über die Ab tretung der München-Augsburger Eisenbahn an den Staat, wie dieselbe in Nr. 229 der Allg. Zeitung und danach auch in diesen Blättern veröffentlicht worden ist, hat sich ein wesentlicher Verstoß im Artikel 2 eingeschli chen, indem daselbst das gesellschaftliche Hypothekschuld- Capital von !,200,009 fl. gar nicht erwähnt ist. Da diese Auslassung bereits verschiedene Anfragen von Seite der Obligationenbesitzer hervorgerufen hat, so wird der fragliche Artikel seinem Gesammtinhalt nach mitgetheilt. H. „Die Königliche Regierung übernimmt dagegen: I) das auf der Bahn hypothekarisch versicherte Schuld- capital von 1,200,000 fl. mit allen Rechten und Ver bindlichkeiten. 2) Das von den Actionairen zusammen geschossene Actiencapital von drei Millionen Gulden und behält sich bezüglich dieses Actiencapitals vor, dasselbe baar abzulösen oder dafür 3^ proc. Obligationen aus zustellen." Potsdam-Magdeburger Eisenbahn. Potsdam, 23. Aug. Gestern Morgen 6 Uhr ist das für Potsdams merkantilische Interessen so hochwichtige, großartige Unternehmen des Baues einer Eisenbahn von hier nach Magdeburg wirklich in Angriff genommen, in-! dem in der Gegend der Landesbaumschule und der so genannten Puppen (kolossale Hermen der Flora und Po mona an der Einfahrt zum neuen Palais) die Erdarbei- ten begonnen haben. Die vorläufige Erlaubniß, eine! Aktiengesellschaft für diesen Zweck zu begründen, hatte der hiesige Juckersiedereibesitzer und Stadtrath Jacobs erhalten, und zwar durch eine Allerhöchste Cabinetsordre vom 3. April d. I. Dem Credit und der industriellen Thätigkeit desselben war es gelungen, das Unternehmen zu Stande zu bringen, trotz aller Hemmnisse und Schwie rigkeiten, und zwar unter thätiger Förderung von Sei ten unsers Herrn Ober-Präsidenten von Meding. So wurden die Actien vertheilt, und zwar auf eine solche Weise, daß die ersten Zeichner durchaus hinreichende Si cherheit für die Einzahlung der ersten 10 Proc. aus eige nen Mitteln gewährten, wodurch von vornherein die Be sorgniß des Schwindels beseitigt und das Unternehmen solide begründet wurde. Von Seiten des Unternehmers und mit höherer Genehmigung wurde nun für die fernere Leitung des Unternehmens ein Comite zusammengesetzt, das aus nachstehenden Personen besteht: dem rc. Jacobs, dem Kammergerichtsrath Augustin aus Halberstadt, dem Regierungsrath v. Unruh, dem Geheimenrath Behr aus Berlin, dem Bürgermeister Stöpel aus Potsdam, dem Ober-Bürgermeister Ziegler aus Brandenburg u. A. — Die Concession wird erwartet. Die Richtung der Bahn ist festgestellt; eine Einigung mit der Berlin-Potsdamer Bahn steht von den noch schwebenden Unterhandlungen baldigst zu hoffen; der Bau soll in vier Stationen gleich zeitig in Angriff genommen werden, so daß man hofft, in zwei Jahren die ganzen sechszehn Meilen der Bahn, trotz der kostbaren Wasserbauten, befahren zu können. (Vvssische Zeit.) Miscellen. Die Laguncnbrücke von Venedig wird im künftigen Jahre vollendet werden; die Reisenden, welche bis jetzt eine Stunde brauchen um in den hübschen gro ßen vierruderigen Eisenbahngondeln von Malghera über die Lagune an den Bahnhof in Venedig zu gelangen, werden dann vielleicht in zehn Minuten diese Strecke zu rücklegen, und sich wohl des großen und schöne» Werkes freuen, aber keine Vorstellung mehr haben von der Art, wie dasselbe entstanden ist. Ich denke daher, daß Ihnen einige Worte darüber nicht unwillkommen sein werden. Der Grund der Lagune besteht nach dieser Seite hin aus ei nem ziemlich konsistenten Schlamm, welcher an der Luft bald fest wird und daher zum Auffüllen des Fahrweges über den Brückenbogen gebraucht werden kann, was die Arbeit bedeutend erleichtert. Auch liegt dieser Schlamm nur 3 bis 6 Fuß tief, und darunter ist ein fester, zum Pilotiren sehr geeigneter feiner Sandboden. Eigentliche Schwierigkeiten sind daher bei dem ganzen Bau nicht zu überwinden, doch das Bewundernswerthc besteht in seiner Größe. Die ganze Länge der Brücke beträgt nämlich 3602 Meter, und die Breite — für Doppelschienen nebst Raum zu Fußstegen — 9 Meter. Sie besteht aber aus zwei festen Endstücken (jedes 26 Meter lang und I7>/, Meter breit), einem Hauptstationsplatz in der Mitte 110 M. lang und bis -10 M. breit), vier kleineren Iwi- fchenplätzen (101 M- lang und 17 Vz M. breit), 36 mit diesen Plätzen zusammenhängenden Pfeilern, 180 isolirten Pfeilern (9 Meter breit und 2 Meter 12 Centimeter dick) und 222 flachen Brückenbogen von 10 Meter Spannung. An Material sind zu dem ganzen Werke erforderlich: I) zum Pilotiren und zur Grundlegung 80,000 Pfähle von Lärchenholz und 13,000 Meter Rostwerk; 2) zum Mauerwerk 21 Millionen Ziegelsteine und 1,200,000 große Quader von istrianischem Haustein, nebst dem erforderli chen Cement und Kalk; dann zur Fahrstraße selbst, außer dem erwähnten Schlamm, eine Decke von Kies, auf wel cher die Eisenbahn zu liegen kommt. Die Arbeit wird betrieben durch 300 Maurer nebst 100 Handlangern, 200 Steinhauern, 200 Arbeitern zum Pilotiren und zur Beseitigung des Wassers rc. und 20 Schmieden, und zum Transport der Materialien und Personen dienen 1 Bri gantinen, 20 Trabaccoli (Küstenfahrzeuge), 20 Prahme und etwa 50 verdeckte und offene Boote. Die Arbeit selbst geschieht in folgender Art: zuerst wird un: den für jeden Pfeiler bestimmten Raum ein doppeltes Pfahlwerk eingerammt, gleichsam ein äußerer und inne- > rer Rahmen von hohen senkrechten Palisaden oder Stän dern, und beide dann mit Brettern verschalt; darauf wird der Schlammboden aus dem größern Mittelraum ausgehoben und zwischen die beiden Rahmen geworfen, wodurch dieser Doppelrahmen fest und dicht genug ge macht wird, um die äußere Waffcrmaffe abzuhalten. Nun wird der Sandboden im inner» Raum pilotirt, und wenn der Grund die gehörige Festigkeit erlangt hat, beginnt der Bau des Pfeilers aus istrianischen Hausteinen und Puzzolanerde, bis zu einer Höhe von 2'/» Meter über dem Pfahlwerk untk '/i Meter über der Oberfläche des Wassers. Wenn eine Reihe solcher Pfeiler fertig ist, wird zwischen je zweien derselben ein bogenförmiges Bal kengerüst aufgeführt, und oben mit Bohlen bedeckt, um die Gewölbsteine zu tragen, bis der Schlußstein eingelegt ist. Diese Bogen sind an den Enden I Va Meter, in der Mitte auf 78 Centimeter dick. Nun folgen die Backstein mauern an den Seiten bis zur Höhe der Fahrstraße. Der hohle Raum über den Bogen wird aber zu unterst mit Asphalt belegt, um die Feuchtigkeit von den Gewölb- mauern abzuhalten; darüber sind an der Seite in den Hausteinen Löcher angebracht, um das Regenwaffcr abzu leiten, das durch die aus Kies und Schlammerde beste ¬ hende Unterlage der Schienen durchsickert. Endlich wird die ganze Brücke auf beide» Seiten mit einer Ballustrade aus schönbearbeiteten und polirtcn istrianischen Steinen eingefaßt. — Bis Ende Julius waren, nach dem Be richte des Bauingenieurs Herrn Andrea Noale 61 Pro cent des ganzen Baues fertig, nämlich die beiden Brücken enden, der große Stationsplatz in der Mitte, drei von den kleineren Plätzen, I59 Pfeiler und 113 Bogen. Im kommenden Jahre wird, wie gesagt, das Werk vollendet werden; die Gcsammtkosten aber werden sich auf 5^2 Millionen Franken belaufen, also auf 1 Million mehr als die Anschlagssumme, welche auf einen Brückenplan von geringerer Breite und Stärke berechnet war. Brüssel, 11. August. Seit dem schweren Unfall auf der Eisenbahn bei Ouden God beschäftigen sich viele Per sonen damit, eine gründliche Vorrichtung gegen das Bre chen der Achsen zu ersinnen. Dies scheint dem Mecha niker Aerts zu Tongern gelungen zu sein, der ein Pa tent auf seine Erfindung erhalten hat. Dieselbe beruht auf Folgendem. Wenn ein Wagen eine Bogcnlinie durch läuft, muß das äußere Rad natürlich einen größern Weg machen als das innere, dem Mittelpunkt des Bogens zu gekehrte; da aber Achse und Räder wie ein Ganzes zu sammenhangen, so wird das Rad, das sich weniger schnell drehen muß, mit Gewalt gezwungen, sich mit dem an dern Rad und der Achse gleichmäßig umzuwälzen, wodurch es aus seinem natürlichen Laufe weggcrückt wird. Hier aus entstehen zwei gegen einander wirkende Kräfte an dem Außen- und dem Binnenrade, die auf die Mitte der Achse hin biegend einwirkcn und sie der Gefahr aussetzcn zu brechen. Bei jeder Windung der Eisenbahn wieder holen sich diese Rucke auf die Achse, je nach ihrer Aus schweifung von der einen oder andern Seite, so lange bis sie stärker werden als der innere Halt des Eisens an der Achse, wo diese dann oft bei geringfügiger Gele genheit brechen muß. Herr Aerts hat Versuche im Klei nen auf ovalrnnden Bahnen aus Kupfer angestcllt, die Obiges vollkommen bestätigten. Um dem Uebelstande nun auszuwcichen, hat Herr Aerts durchschnittene Achsen an gebracht, so daß jedes Rad für sich allein sich drehend, unabhängig vom andern bleibt, und mithin jedes eine der Krümmung angemessene Schnelligkeit ohne die mindeste nachtheiligc Einwirkung auf die Achse entwickeln kann. Die Erfindung erscheint von um so höhcrm Werthc, als sie sehr einfach ist, zumal für Eisenbahnen mit häufigen und starken Krümmungen. Die ivamilie Stephenson. Bei dem Mahle, welches bei Gelegenheit der Eröff nung der Eisenbahn von Newcastle nach Darlington ge geben wurde, gab Herr Georg Stephenson, auf einen ihm gemachten Lrinkspruch, zur Erwiederung einige sehr in teressante Aufschlüsse über seine ersten Beziehungen zu den Eisenbahnen, und über die ersten Entwickelungsjahre sei nes berühmten Sohnes Robcrr Stephenson. In dem „Newcastle Advertiser" befindct sich davon folgender Auszug: „Indem ich mich erhebe, um für die liebenswürdige Weise, mit der man meine Gesundheit ausgcbracht, zu danken, fühle ich, daß mir das Talent mangele, um eine passende Erwiederung zu machen. Da jedoch Herr Liddell einige Jahre meiner Jugendzeit berührt hat, so dürfte cs an der Stelle fein, hier etwas den hier anwesenden In genieuren zur Ermunterung hinzuzufügen. Meine ersten Jahre waren die der Mühen. Ich habe an einer Dampf maschine gearbeitet, welche zur Hervorholung der Stein kohlen einer Grube bestimmt war. Während mehr als zwanzig Jahren bin ich genöthigt gewesen, um ein Uhr Morgens aufzustehen und bis spät am Abend zu arbeiten. Mit der Zeit habe ich es versucht, Vervollkommnungen an einigen Maschinen anzubringen. Es war in Killing- worth, wo ich meine erste Locomotivc baute, und cs war Lord Ravensworth, welcher mir die dazu nöthigen Aus lagen verschaffte. Ja, Lord Ravcnsworth und seine Ge sellschaft waren es, welche zuerst mir Geld anvcrtraut haben, um eine Locomotive zu bauen. Einige meiner Ar beiten in ihren Kohlenbergwerken hatten nämlich ihren Beifall gefunden, und ich hatte ihnen vorgcschlagen, ihnen eine Maschine zu bauen, die auf glatten Schienen gehen