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223 Schleswig - Holsteinsche Eisenbahnen. Die Actienschwindelei hat in diesem Lande während des Frühjahrs eine Menge Eisenbahn-Projekte ins Leben gerufen, an welche früher gar nicht gedacht wurde; eine ungefähre Uebersicht derselben dürfte für Manche nicht ohne Interesse sein, wir lassen sie daher hier folgen. Länge in Anlagekosten in deutsche Species ä ^1 V2 Meilen. Thlr. Preuß. I) Glückstadt-Jtzchoe-Hcide . . 8'/, 900,000 2) Rendsburg-Neumünster . . IV2 Ml,OM 3) Rendsbg.-Schleswig-Flensbg. 8 1,200,000 1) Sonderburg-Flensburg . . 8 700,000 8) Lpcnrade-Flensburg . . . 1H, 800,000 O)Apcnrad.-Hadcrslcbn.-Eresund 3'/, 700,000 7) Eckernförde-Rendsburg . . 2'/, 30l),l100 8) Kiel-Eckernförde-SchlcSwig . Oh, 70ll,000 Zusammen Meilen -10 Spee. 5,100,000 oder etwa 8,100,000 Tblr. Preußische Zuverlässige Kosten-Anschläge für diese Bahnen sind überall nicht vorhanden, indem man erst noch mit den Nivellements der verschiedenen Linien beschäftigt ist. Die Comites der einzelnen Bahnen sollen die vorstehenden Ca- pital-Summen nach approximativer Schätzung für dieAc- tien-Zeichnung, welche großentheils in Berlin und Ham burg beschaffen wurden, vorläufig angenommen und für ausreichend erachtet haben. Mit der Ermittlung des auf diesen Bahnen zu erwartenden Verkehrs beschäftigten die Comites sich noch nicht, wenigstens ist darüber nichts zur öffentlichen Kunde gelangt. Die Actionaire können sich vielleicht dabei beruhigen, daß die Regierung keine Eonceffion zu Eisenbahn-Anlagen ertheilt, wenn die Ren tabilität derselben nicht vorher durch ausführliche; und gründliche Wahrscheinlichkeits-Berechnungen außer Zwei fel gestellt wird, wie solches bei der Altona-Kieler und der Flcnsburg-Husum-Tönningcr Bahn seiner Zeit gesche hen ist. Die oben genannten — mit Rücksicht auf die geographische Lage der laugen, schmalen, von zwei Meeren bespülten Halbinsel, zum Theil unklugen — Pro jekte', werden vielleicht bei der plötzlich wieder erwachten Besinnung von selbst zerfallen, besonders da noch für keine derselben die Allerhöchste Erlaubniß ertheilt ist, und die Actienzeichnungen daher laut Rescript vom 22. Juni d. I. „aller Sicherheit entbehren." Dieses Rescript bestimmt ferner: „daß die in der Allerhöchsten Bekannt machung vom 18. Mai 1810 II bis 1-1 angegebenen Begünstigungen, als: ». Die unentgeltliche Abtretung von Grundstücken, welche der Landesherrschafc gehören; b. die Befreiung des zu Eisenbahn - Anlagen erforder lichen Grund und Bodens, nebst Gebäuden w., von allen König!. Steuern, Abgaben; c. die unentgeltliche Ertheilung des erforderlichen Stem pel-Papiers ; ü. die zollfreie Einfuhr aller zur ersten Anlage der Eisenbahnen verwandten Gegenstände, als: Eisen, Holz, Maschinen, Wagen u. s. w. (Letztere Be günstigung erzielt eine Ersparung des Oberbaues und der Bahnbefahruug von mindestens 10 Proc. nur allein zugcstandcn erwartet werden können für solche Eisenbahnen, welche die Verbindung der Ostsee mit der Nordsee durch das Herzogthum Schleswig oder durch das H'crz 0 gthum Hol stein zum Zweck haben." Vorstehende Begünstigungen dürften demnach den oben gedachten projcctirten Bahnen schwerlich zu Theil wer den, da keine derselben der ausdrücklich gestellten Bedin gung entspricht. München-Augsburger Eisenbahn. Die München-Augsburger Eisenbahn wird am I.Oct. d. I. von der Königl. Bayer'schen Staats - Regierung übernommen. Prinz Wilhelms - oder Kosel-Oberbcrger Eisenbahn. Ratibor » 29.. Juni. Nachdem seit der, am 26. Feb. d. I. hier abgehaltenen Generalversammlung der Wil- helms-Bahn-Actionaire dem Publikum keine weitere Nach richt über den Fortgang eines für die Stadt Ratibor hoch wichtigen Unternehmens gegeben ward, sind wir aus gu ter Leuellc nunmehr in den Stand gesetzt worden, in die ser Beziehung serner Mittheilungen zu machen. Im Monate März und April d. I. fanden alle lhunlichen Vorberei tungen zur Beschaffung dec erforderlichen Bau-Utensilien statt. Die größeren Grundbesitzer gestatteten in der freund lichsten Weise den Begin» des Baues auf ihren Lände reien, so daß, nächst dem Wiederaufsuchen und Rectisici- ciren der Bahnlinie bei einzelnen Strecke», am 21. April d. I. auf dem Gebiete Sr. Durchlaucht des Fürsten v. Lichnowsky in Krzizanowitz der erste Spatenstich geschehen konnte. Mittlerweile wurde, während hier nach und nach mehrere Schacher »»traten, auch in den Teichen bei Markowitz am 29. April und bei Tworkau am 10. Mai die Erdarbeiten begonnen. Gleichzeitig wurde» in den letzten Tagen des Aprils beim Herzog!. Raliborschen Vor werke Kempa auf Babitzer Terrain die Erdaröeitcn durch zwei Schachte «»gefangen, während mit Ausschluß des Fürst!. Hohenlohischcn Brzezer Terrains die Bahnlinie in einer Länge von 1100 Ruthen und einer Breite von vorläufig 1 Ruthen auf Hohenlohisch - Sackcnhoimcr und Dzirgowitzer, Herzog Ratiborer-Solarnia- und Nendza- Terrain durchgeholzt wurde. Dasselbe geschah in einem, zum Krzizanowitzer Terrain gehörigen Eichwalde. Ob wohl die Arbeit auf den genannten Punkten der vielen Awischenstrecken wegen, wo das Terrain noch nicht überlasse» ist, bei erschwerter Beaufsichtigu»g und nur mit großer Mühwaltung fortgeführt werden kann, so wurden doch in gleichem Schritte mit Vermehrung der Arbeiterzahl und des Borraches an Geräthschasten, auch bei Birava, so wie auf der Strecke zwischen So- larnia und Ratiborer-Hammer die Erdarbeiten begonnen. Auf der ersten Sektion von Kandrzin bis Ratibor sind I) bei Birawa auf Sackenhoimer Gebiete in Angriff genommen: 1130 laufende Ruthen, von denen 630 vollendet sind. Bewegt wurden hier 1000 Schachtruthen Erde; 2) bei Kempa und Ratiborer Hammer wurden 690 laufende Ruthen, von denen bereits HO abgenom men sind; 3) bei Markowitz aber 190 Ruthen in Angriff genom men, und dabei 3300 Schachtruthen Erde bewegt. Auf der zweiten Sektion von Ratibor bis Oderberg sind bei Krzizanowitz 860 in Angriff und 260^ davon vollendet. Bewegt wurden hier bereits 3291 Schachrru- then. Faßt man diese einzelnen Positionen zusammen, so ergiebc sich, daß 1030'/, laufende Ruthen, oder mehr als eine Halde Meile , des Erddammcs geschüttet und im Ganzen 3190 lausende Ruthen, mithin etwa ein und dreiviertel Meilen durch Erdschüttung sich in Arbeit be finden. Bewegt wurden im Ganzen >2,791 Schachtru then. In diesem Augenblicke arbeiten 1193 Arbeiter un ter 21 Schachtmeistern auf den vorbcmerktrn Bahnstrek- ke». Zu berücksichtigen ist besonders, daß jene zum Lbeil vollendeten Erdarbeite» die schwierigsten auf der ganzen Bahn sind, so daß für die Folgezeit ein bei weitem ge steigertes Resultat uncer Anwendung gleicher Arbeits kräfte gewärtigt werde» muß. Nächst de» Feldarbeiten sind bei der hiesigen Oderbrücke die nöthigcn Vorberei tungen zum Beginn der Rostarbeitcn getroffen, und die selben auch bei den Brücken über die Birawka, Ruda und Rudka eingcleitct worden. Wege» des Baues dec Oderbrücke bei Oderberg schweben Unterhandlungen mit den dabei bctheiligtcn Privat-Personen und den Kaiser!. Oesterreichischen Behörden. Die zu den Brücken erfor derlichen Mauerziegeln, Klinkern und Bruchsteine sind be reits sämmtlich verdungen. Ein Gleiches gilt von den Bruchsteinen zu den Fundamenten der Bahnhofsgebäude, sowie von dem gesummten, zu den Bauwerken der Bahn erforderlichen Kalke. Etwa 150 Schachtruthen Steine und 3000 Cubikfuß gelöschten Kalkes sind sogar schon geliefert. Wegen des ganzen Bedarfes an Eisenschicncn ist zur Hälfte mit Englischen, zur Hälfte indeß mit in ländischen Produccnten contrahirt worden, und sind Trans porte von England bereits unterwegs. Eichene Q.uer- schwelle» sind fast auf Höhe des ganzen Bedarfs zum Preise von 11 bis 22'/, Sgr. franco Bahn verdungen. Vier Locomotivcn leichterer Art zum Preise von 11,500 Thaler das Stück wurden bei Borsig in Berlin bereits bestellt. Nachdem in diesen Tagen das Statut der Wil helms-Bahn der Gesetzsammlung einvcrleibt worden ist, soll nunmehr mit der Expropriation unverzüglich vorge schritten werden, wo eine gütliche Einigung nicht zu be wirken sein wird. Namentlich steht dann zu erwarten, daß einzelne Besitzer kleinerer Grundstücke, besonders in der Nähe der Stadt, welche bisher einem vaterländischen Unternehmen ihre Mitwirkung versagt haben, zur Ermä ßigung ihrer überspannten Forderungen genöchigt sein werden. Die Projekte zu de» hiesigen BahnhofS-Gebäu- den, als Empfanghaus, Locomotiv-, Wagen- und Güter schuppen rc. sind bereits vollendet, und liegen augenblick lich dem Directorio zur Beschlußnahmc vor. (Obcrschl. Anz.) Ungarische Centraleisenbahn. Preßburg, 30. Juni. Aus Anlaß der gestern ab gehaltenen Generalversammlung der II» g a rsch c n-C e n- c ra leise n bah nen wäre» die größten Geldnotabilitäten von Wien und Pesth in unserer Stadt versammelt. Es ging dabei zwar nicht ohne einige Jntriguen ab, doch hat das Eine, was noth thut und auch Vortheil bringen wird, durchgegriffen: dec Bau der Bah», die nicht eine Pferdebahn sein, sondern mittelst Locomotive» befahren werden wird, ist nämlich unverzüglich in Angriff zu neh men beschlossen worden. Vortheühafc für die Gesellschaft stellt sich der Contracc mir der ungarischen Statthalter« hinsichtlich des Tarifs schon aus dem Grunde dar, als derselbe auf achtzig Jabre hinausreicht, und nach Ablauf derselben die Bahn noch immer Eigenthum der Unternehmer bleibt. Im Jahre 1810 wurde» die ersten 5proc. Einzahlungen des ursprünglich veran schlagten Anlagecapitals von 8 Mill. Fl. (100,OM Fl. nämlich) gemacht, aber bis jetzt die Summe von176,300 Fl. davon erübrigt. Die bereits getroffenen umfassenden technische» Arbeite» zum unvecweilte» Angriffe, sowie das Gesuch an die ungarische» Stände um Zusicherung eines Zinsenminimums, mit einer Darlegung aller hierauf Be zug habenden thatsächlichen Verhältnisse, sind der Gene ralversammlung durch den General v. Myrbach bekannt gemacht worden. I» Hinsicht der seit Mai 1810 ststir- tcn Zinsenzahlung wurde bestimmt, daß dieselbe wieder in halbjährigen Raten vom Juli d. I. zu bcrichcigen sei. Der Antrag des provisorischen Eomite, die schon am 25. Juli d. I. ausgeschriebene I5prcc. Einzahlung der zuerst emittirten 8 Mill. Fl. auf 5 Proc. zu ermäßigen, wurde von der Versammlung angenommen, ebenso auch, daß für die, de» bedeutendsten und ersten Wechselhäusern und an dern einflußreichen Personen im Königreich Ungarn be reits überlassene» 3 Mill, neuerer Emission, welche von der Gemralversammlung einstimmig genehmigt wurde, statt 20 Proc. nur IO Proc. in der obenbemerkten Zeit- fcist einzuzahle» seien. Die Aufbringung der weitern Fonds ist statutenmäßig der nächsten Generalversammlung anheim gestellt worden. Rücksichtlich des tz. 2 der Ge- sellfchaftsstatutc», wonach halbjährig 10 Proc. des Ac- tiencapitals «»gezahlt werde» sollen, wurde beschlossen, statt 10 Proc. nur 6 Proc. halbjährig einzahlc» zu dürfen, im Interesse dec Unternehmung selbst, um nämlich die Einzahlungen zu erleichtern. Berlin-Hamburg. Hamburg, 2. Juli. Die k. dänische Regierung hat jetzt entschieden, daß die Eisenbahnlinie zwischen hier und Berlin nicht durch die Stadt Sauenburg, sondern durch den Sachsenwald gehen soll. Dieses wird die Frequenz gewiß sehr vermehren, da genannte Waldgegend, die schon durch die Bergedorfer Eisenbahn um vieles näher gerückt war, doch immer noch zu entfernt von hier blieb, um bequeme Spaziergänge dorthin zu Fuß machen und noch am selben Tage zurückkommcn zu können. Die Stadt Laucnburg prolestirt gegen diese Linie, weil sie zu entfernt von ihr liegt. Sie wünscht die früher von Lind ley vorgeschlagene zu haben. Dadurch würde sic unmit telbar von der Bahn berührt worden sein, der Bau aber nach der Berechnung der preußischen Ingenieure 1 bis IV2 Million Thaler mehr gekostet haben. Die Stadt ist aber nicht bedeutend genug, um solche Mehrausgabe zu rechtfertigen. Auch ist sie durch die Chaussee »ach Schwarzenbeck mit der Eisenbahn verbunden.