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diesem der Oberbau mehr als jeder andere Theil ausgebeutct ist. Gegen die allgemeine Annahme in Europa fand ich, daß die meisten Bahnen in Amerika auch auf diesen Gegenstand mehr Sorgfalt verwendet als irgend ein anderes Land, England und Schottland mit seinem soliden Constructions- system nicht ausgenommen. Die oben erwähnte Nordamerikanische Westbahn liefert auch in dieser Beziehung die befriedigendsten Resultate. Nächst- dem ist die jetzt im Bau begriffene große Nordbahn in Irland, vorläufig von Dublin nach Drogheda unter der Leitung des ausgezeichneten Eiscnbahn- baumcisters vr. Macncill, namentlich im Oberbau eine Musterbahn zu nennen. 5) Wagenbau. Das vierrädrige Wagensystem, das anfänglich , auf mehreren Bahnen Amerika's eingeführt war, ! ist dort nun überall durch achträdrige, namentlich i Personenwagen, die man in jeder Beziehung für zweckmäßiger hält, verdrängt. Wenn man in^ Deutschland die innereEinrichtung der achträdrigen! Amerikanischen Personenwagen verwirft, so ändere man diese nach Belieben, behalte aber das Princip der 8 Räder bei. Die neuerdings in Amerika ge bauten Wagen lassen namentlich in den beiden Un tergestellen hinsichtlich der Solidität, Leichtigkeit und Billigkeit in der That nichts zu wünschen übrig. Aber auch in England sind in neuerer Zeit an den vierrädrigen Personenwagen, besonders in den Fe dern, bedeutende Verbesserungen gemacht worden, die der Nachahmung würdig sind. 6) Brücken. Während die Amerikanischen Ingenieure sich stets in dicsemZwcig des Eiscnbahnbauwesenö durch ge niale Holzverbindung ausgezeichnet, und dadurch das bekannte Town'sche und das Long'sche System hervorgcrufen haben, welches in den letzten Jahren fast ausschließlich bei Eisenbahnbauten zur Ausfüh rung kam, sind beide durch eine neue Construction, welche von allen Ingenieuren einstimmig als besser erkannt wird, verdrängt worden; es ist in derselben durch zweckmäßige Verbindung von Holz und Eisen bei der größtmöglichen Einfachheit eine außerordent liche Tragfähigkeit erlangt. Bereits sind Spann weiten von über 200 Fuß für einfache Spurgeleise ausgeführt, die allen Anforderungen vollkommen entsprechen. Eine Erwähnung der Englischen Brückenconstructionöweisen halte ich für überflüssig, da diese in vielen Werken enthalten und allgemein bekannt sind. 7) Elektromagnetische Telegraphen. Hierin haben die HH. Cook und Wheatstone in London, besonders Letzterer, gegen Amerika den Vor zug der größern Vollkommenheit erlangt, indem mit dieser Vorrichtung namentlich das Drucken auf ein facherem und sicherem Wege bewerkstelligt wird. Die vom Prof. Wheatstone neuerdings gemachten Erfindungen haben den ganzen Apparat so sehr vereinfacht, daß eine viel größere Billigkeit dadurch herbeigeführt worden ist. Die Anwendung dessel ben wirb mehr und mehr, namentlich beim Betriebe geneigter Ebenen, als nützlich, oft als unentbehrlich erkannt. 8) Atmosphärische Bahn. Auch hierin hat England den Vorzug vor Amerika und jedem andern Lande. Daß dies System prak tisch und unter gegebenen Verhältnissen auch mit dem größten Vorthcil anwendbarist, unterliegt nicht dem geringsten Zweifel. Ob dasselbe aber in einem nördlichen Klima im Winter sich gleich vortheilhaft bewähren und in Ländern, wo man keine so bedeu tenden Anlagecapitalien zum Bau von Eisenbahnen verwenden kann, und besonders auf langen Linien mit geringem Verkehr anzurathen ist, darüber ent halte ich mich für jetzt einer bestimmten Erklärung. In Frankreich von Paris nach Meur, soll dasselbe auf einer Länge von 26 Engl. Meilen, außerdem auf mehreren inEngland neu zu erbauenden kurzen ! Bahnen, und endlich in Italien für eine Steigung ! von 1 in 25 durch cinenTunnelangewandtwerden. Ich habe, außer einer großen Masse Modelle sür den Eisenbahnbau, auch verschiedene Maschinen für andere Gegenstände, namentlich zur Ziegelfabrica- tion, mir verschafft. ES wird mir zum besonder» Vergnügen, durch diese Andeutungen dem Eisen bahnwesen in Deutschland und Ungarn, wofür ich mein lebendiges Interesse durch die That hinläng lich bewiesen zu haben glaube, vielleicht von einigem Nutzen sein zu können. Ich bin auf Verlangen be reit, die von mir gewonnenen Erfahrungen aus führlicher mitzutheilen. Briefe erbitte ich mir in diesem Falle unter der Adresse der HH. Treu und Nuglisch in Berlin, od. HH. Treu Nug lisch und Comp. in Wien. Im Mai 1844. Eh. F. Zimpel, technischer Tiscnbahndirector. Die Reform des Englischen Eisenbahnwesens. (Anhang.) (Fortsetzung.) 3. Centralisation. Eine große Abneigung herrscht in unseremLandc gegen daS, was man gewöhnlich „Centralisation" im Gegensätze gegen Localadministration nennt, und eben aus diesem Grunde hat man dem in Vorschlag gebrachten Plane einer Eisenbahnver- besscrung widersprochen; und die Unzufriedenheit, welche das neue Armengesetz in mehreren Gegenden des Landes verursacht hat, ist als Beweis angeführt worden, daß jede auf Centralisation gegründete Veränderung mit den Gewohnheiten und Ansich ten des Volks streiten würde. Ich halte es jedoch für leicht, zu zeigen, daß zwischen beiden Fällen gar keine Analogie stattfindet. Das alte Armengesetz war auf ein System von Localadministration ge gründet, — die Gemcindeglicder hatten die Macht, sich, zu welchem Betrage es ihnen beliebte, selbst zu besteuern, und die Auskünfte durch ihre eignen Be amten, ohne Aufsicht oder Beschränkung, auf die selbe Weise an die Empfänger ihrer milden Gaben auSzahlen zu lassen; diese Macht wurde ihnen nun genommen und in die Hände der Regierung oder der von ihr damit Beauftragten gelegt, und das war die Ursach der Klagen; allein es muß Jedem einleuchten, daß zwischen diesem oder einem ähnli chen Falle, wo eine Localadministration inhibirl wird, und in dem, wo gar keine Localadmi nistration stattfindet, durchaus keine Analo gie vorhanden ist. Die Centralisation kann, jenach- dem sie angewandt wird, sehr gut oder sehr schlecht sein; für alle Localangelegenheiten ist sie im Allge meinen nachtheilig. Aber das Reisen ist auf keine besondere Localität beschränkt; ein Individuum sieht sich genöthigt, wollen wir annehmen, von hier nach einer entfernten Gegend des Landes zu reisen, und muß während seiner Reise ein halbes Dutzend verschiedene Eisenbahnen passiren, — auf der einen kann man ihm einen übermäßig hohen Preis ab fordern, aus einer andern sind die Fahrkarten sehr wohlfeil, — was die größte Ungerechtigkeit ist. Ge setzt, dasselbe Princip würde auf das Briefporto an gewandt — so daß sich die Direktoren einer beson deren Bahnstrecke weigerten, irgend einen Brief für weniger als sechs Pence zu befördern. Warum ! sollte nicht dasselbe Princip Ler Konformität in Be ziehung auf Passagiere und Waaren ebensowohl, als auf Briefe geltend gemacht werden können? Die Centralisation gewährt de» großen Vorthcil, daö ganze System einhellig in Krasl treten zu las sen. Auf unsren Eisenbahnen müssen wir häufig, nach dem wir von der einen zu einer andern über gegangen sind, Stundenlang warten, ehe wirunsre Reise sortsetzen können; da ist an keinen Zusammen hang zu denken; alle Eisenbahn-Compagnieen ar beiten natürlich auf ihren eignen Vortheil hin; waS Weiler aus dem Reisenden wird, darum bekümmern sie sich nicht. Ein anderer wichtiger Umstand ist ein sparsames Verfahren, und ich kann davon kein besseres Bei spiel anführen, als die Wirkung, die cs auf die Ac- tien der Midland, North Mivlano und Birmingham und Derby Eisenbahnen gehabt hat, die bedeutend gestiegen sind, seitdem sich die Compagnieen ent schlossen haben, sich zu amalgamiren. Derselbe Erfolg hat beiderOestlichen,und Nord östlichen Compagnie stattgefunden, und die bloße Diskussion der Frage wegen der Bridge Linien hat die Brightoner Aktien um 4 Pf. auf dem Markte in die Höhe gebracht. 4. Freiheit des Handels und Monopol. „Eisenbahnen sind effektiv Monopole. Sie sind von unermeßlichem Nutzen für die Societät gewe sen; sie verdanken ihr Entstehen unserem hochacht baren England, das in allen Künsten der Civilisa- lion den höchsten Rang einnimmt, und von ihm ist daS Vorbild ausgegangen, das sich bis zu den ent ferntesten Gränzen der Erde verbreiten, — daS Wildnisse in Wohnstätten der Kultur verwandeln, und die ganze Menschheit, wie eine wohlgegliedcrte Kette vereinigen wird." So Hal einer unserer Schriftsteller über die Eisenbahnen gesagt, und hat darin vollkommen Recht. Eisenbahnen müssen im mer effektiv Monopole sein, bis etwas Besseres noch erfunden ist, wozu bisjctzt noch keine große Wahr scheinlichkeit vorhanden sein möchte. Ist ein Mono pol nolhwendig ein Uebel, oder ist cs nur der Miß brauch desselben ? Nach der allgemein herrschenden Meinung sind alle Monopole Uebel; ich meines TheilS bin nicht davon überzeugt. Daß jeder Miß brauch der Monopole ein Uebel ist, kann keinen Zwei- scl leiden, allein, ob sie es an und sür sich sind, ist eine ganz andere Frage. Die Postgercchtigkeil ist ein Monopol; würde daö Publikum aber dabci ge-