Volltext Seite (XML)
43 digkeit leicht in Folge der Schwungkraft von den Schienen abspringen können. Häufig wird indessen dem Einflüsse der Fliehkraft in Eisenbahnkrüm mungen aus die Sicherheit des Transports ein all zugroßes Gewicht beigelegt und ein großer Theil des Publicums findet den Bestimmungsgrund gro ßer Bahnhalbmesser weit weniger in der Schonung deS Materials, als in der Gefahr des Ablaufens der Wagen in Folge der Ccntrisugalkraft. Um den Einfluß der Fliehkraft in Eiscnbahncurven in seinen wcsentlichstenPunkten darzulegen und die Elemente zu erforschen, welche auf die Erhöhung, Verminde rung oder Vernichtung der bezeichneten Nachtheile Einfluß haben, soll sich vorliegende Untersuchung mit der Behandlung folgender Fragen beschäftigen. I. Wie groß ist der Verlust an mechanischer Arbeit, welcher sich in Bahncurven aus dem Umstande ergibt, daß je zwei an Einer Achse befestigte Räder in gleicher Zeit ungleiche Wegstrecken zurückzule gen haben? Es stelle do, eck, Fig. 1, ein Stück der von dem Mittelpunkte s aus construirten Bahncurve vor, skden mittleren Halbmesser der Kurve und de die Breite der Bahn. Das äußere Rad hat in dersel ben Zeit den Bogen eck zurückzulegen, in welcher das innere Rad auf dem Bogen b e rollt. Die Dif ferenz eck — ds giebt also die Strecke an, durch welche wegen der starren Verbindung beider Räder das äußere Rad in derselben Zeit als schleifend an zusehen ist, in welcher das innere Rad auf dem Bo gen do rollt. Es bezeichne,) die Geschwindigkeit des inneren, o' die des äußeren Rades, k den mittle ren Halbmesser der Bahncurve und k die Spur weite der Bahn. Beide Geschwindigkeiten verhal ten sich offenbar, wie die in gleichen Zeiten beschrie benen Bögen, mithin auch wie die den letzteren zu gehörigen Krümmungshalbmesser; daher: v«: v — k-f-: k —oder r'-o-o-KZ- ^-(k — ... - 2l> mithin 1) o' — v — k— Dies ist der Geschwindigkeitsunterschicd beider Räder. Der Erfolg ist nun so zu betrachten, als ob das äußere Rad mit der Geschwindigkeit v' — o, ohne sich zu drehen, aufderäußerenSchiencschleife. Bezeichnet man daS Gewicht der bewegten Masse mit tz und den Rcibungscoefficienten mit s, so ist der absolute Reibungswiderstand an der äußeren Bahnschicne unter Voraussetzung schleifender Be wegung k.^. Dieser Widerstand bewegt sich mit derGeschwindigkeitv' — o; daherist dasReibungS- moment l. O' -v) oder wenn man für v' — v den oben gefundenen Werth substituirt: 1 tz v b 2K—d und der Verlust an mechanischer Arbeit, in Pferde- krästen ausgedrückt — 2t k tz o b 510 (2K—d) - Dieser Ausdruck zeigt, daß der Verlust an mecha nischer Arbeit um so bedeutender wird, je größer die Last, die Geschwindigkeit und die Spurweite der Bahn ist, und um so geringer, je größer der Bahn halbmesser. Würde sich z.B. ein 200000 Pfd. schwe rer Wagenzug mit 25' Geschwindigkeit durch eine Bahncurve von 3000' Halbmesserbewegen, so wäre bei der gewöhnlichen Spurweite von 4,7' der durch das erwähnte Schleifen herbeigeführte Arbeitsver lust, den ReibungScoefficienten — 0,13 gesetzt, 0,13x200000x25x4,7 510 (2x3000—4,7) — 1 Pferdekraft; bei 500' Bahnhalbmesser würde sich dieser Arbeits verlust auf 6 Pferdekräfte herausstellen. II. Welchen Druck ertheilt die Centrifugal- kraft in Eisenbahnkrümmungen den Spurkränzen der Wagenräder gegen die äußere Bahnschicne? Zur Beantwortung dieser Frage ist cs vorerst nöthig, denWerth derFliehkrast eines in einer Bahn curve sich bewegenden Wagens oder Trains im Allgemeinen zu ermitteln und denselben dann auf die BcrührungSstellcn der Spurkränze mit der Bahn zu reducircn. ES sei gk, Fig. 2, ein Theil kig- 2. des äußeren, g'll' ein Theil des inneren Schienen- > stranges; e der Schwerpunkt des Wagens,; dessen Projection in die Mitte der Wagenbreite und sehr nahe auch in die Mitte der Bahnbreite fällt; ma der Halbmesser deS von der Projection des Schwerpunktes, oder wie man ohne merkbaren Fehler annehmen darf, von dem Schwerpunkte e selbst beschriebenen Kreises. Dieser Halbmesser ist um den mittleren Abstand b k der Sehne (ck von der äußeren Bahncurve kleiner als der mittlere Halbmesser der Bahn, und darfwegen dieses äußerst geringen Unterschiedes dem letzteren gleich gesetzt werden. SchwerpunktundMittelpunktdeSSchwun- ges sind unter den in Rede stehenden Umständen als coincidircnd anzusehen, k und ck seien die Be- rührungsstellen der Spurkränze beider Wagenrä der mit der äußeren Bahncurve; die Sehne (ck be zeichne ihre Entfernung. Für die in Rechnung kommenden Größen wähle ich folgende Bezeichnung. k die Fliehkraft oder Centrifugalkraft; 0 das Gewicht des Wagens oder der bewegten Masse; k — ma der Halbmesser der Krümmung oder auch des von der Projection dcS Schwerpunktes c ! beschriebenen KrciscS; s — ca die Höhe dcS Schwerpunktes über der Bahn; d die Spurweite der Bahn; v die Geschwindigkeit der bewegten Masse; 8 — 15,6 Rheinl. Fuß der bekannte Fallraum eines srei fallenden Körpers inderersten Secunde.*) Der Werth für die im Schwerpunkte o angrei fende und in der Richtung cp wirkende Fliehkraft ist bekannten mechanischen Gesetzen zufolge: Denkt man sich von dem Schwerpunkte aus nach den Berührungspunkten ck und k die Linien e ck und ck gezogen, so entsteht dadurch ein gleichschenkliges Dreieck ko ck. Letzteres gilt bei den gewöhnlichen Transporlwagcn und bei den vierrädrigen Lvcomo- tiven, bei denen wegen der gleichmäßigen Verthei- lung der Last auf beide Achsen die Richtungslinie des Schwerpunktes durch die Mitte des durch die vier Berührungspunkte der Räder gelegt gedachten Rechtcks geht. Um nun den aus der Fliehkraft k in den Punkten ck und k resultircnden Horizontal druck der Räber gegen die Bahnschicncn aufzufin den, zerlege man die Fliehkraft zunächst in zwei Sei- ') Dieser, so wie allen folgenden Berechnungen ist Preu ßisches Maß zu Grunde gelegt.